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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1997 §61;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde der AE in W, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 18. Februar 1998, Zl. IV- 665.428-FrB/98, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 18. Februar 1998 wurde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 61 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 (FrG) zur Sicherung ihrer Abschiebung die Schubhaft angeordnet. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach der Entlassung der Beschwerdeführerin aus der Untersuchungshaft bzw. Strafhaft eintreten.
Dieser Bescheid wird damit begründet, dass die Beschwerdeführerin seit 1991 in Österreich aufhältig sei und am 15. Juli 1991 einen österreichischen Staatsbürger geheiratet habe. Am 22. Dezember 1997 sei sie vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen §§ 80, 81 Z. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr rechtskräftig verurteilt worden und befinde sich derzeit in Strafhaft. Zuletzt sei sie bei einer "Reinigungsfirma" tätig und in Wien polizeilich aufrecht gemeldet gewesen. Sie besitze keinerlei Barmittel; sie sei nunmehr verwitwet und es lebten zwei Kinder in Österreich. Die beiden Kinder befänden sich in Obsorge und Betreuung der österreichischen Angehörigen bzw. des Jugendamtes. Der Beschwerdeführerin sei die Obsorge per Gerichtsbeschluss entzogen worden. Beziehungen und Bindungen zum Bundesgebiet seien somit durch den Sachverhalt eingeschränkt zu sehen. Einerseits bestehe ein langjähriger Aufenthalt, andererseits sei die Beschwerdeführerin wegen des Vergehens der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen rechtskräftig in der angeführten Höhe verurteilt und die Obsorge für ihre Kinder sei ihr entzogen worden, sodass eine Abwägung zu ihrem Nachteil vorgenommen werde. Auf Grund des Sachverhaltes sei gegen die Beschwerdeführerin ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden. Politische oder strafrechtliche Verfolgung habe sie im Falle einer Abschiebung in ihr Heimatland keine zu befürchten. Somit bestehe kein Abschiebungshindernis. Die Anordnung der Schubhaft sei daher zur Sicherung der Abschiebung notwendig und unumgänglich, weil die Annahme gerechtfertigt sei, dass sich die Beschwerdeführerin dem Verfahren entziehen werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
§ 61 FrG lautet (auszugsweise):
"(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.
(2) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.
§ 66 FrG lautet (auszugsweise):
"(1) Die Behörde kann von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.
(2) Als gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen. Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese hätte bereits aus dem Grunde des § 96 Abs. 1 Z 1 von amtswegen zu erfolgen.
..."
Die Beschwerdeführerin bestreitet insbesondere die Feststellungen der belangten Behörde zu ihren persönlichen Verhältnissen und weist schließlich darauf hin, dass die belangte Behörde unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin zu dem Ergebnis hätte kommen müssen, dass die Anwendung gelinderer Mittel ausreichend gewesen sei.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht:
Wie der vorstehend wiedergegebenen und insoweit maßgebenden Begründung des angefochtenen Bescheides zu entnehmen ist, hat sich die belangte Behörde offenbar in Verkennung der Rechtslage nicht mit der Frage auseinander gesetzt, ob an Stelle der Anordnung der Schubhaft gelinderere Mittel zur Anwendung gelangen hätten können.
Der angefochtene Bescheid erweist sich damit als inhaltlich rechtswidrig; er war schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. Dezember 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998020155.X00Im RIS seit
15.03.2001