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L9 SozialrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerordnungLeitsatz
Gesetzwidrigkeit einer Regelung über die Anrechnung der Familienbeihilfe bei der Richtsatzbemessung für das subsidiäre Mindesteinkommen im Fall eines Hauptleistungsbezuges nach dem Oberösterreichischen Chancengleichheitsgesetz; unsachliche Differenzierung zur Gruppe der Sozialhilfe beziehenden Personen mit BeeinträchtigungenRechtssatz
Aufhebung des §4 Abs1 Z1 der Verordnung der Oö Landesregierung, mit der die Beiträge zu den Leistungen sowie die Richtsätze für das subsidiäre Mindesteinkommen nach dem Oö ChG festgelegt werden (Oö ChG-Beitrags- und RichtsatzV), LGBl 78/2008 idF LGBl 39/2009.
Personen mit körperlichen und/oder geistigen Beeinträchtigungen, die keine Hauptleistung iSd §8 ff des Oö LG betr die Chancengleichheit von Menschen mit Beeinträchtigungen (Oö ChancengleichheitsG - Oö ChG), LGBl 41/2008, beziehen, unterliegen weiterhin den Vorschriften des Oö SozialhilfeG 1998 (Oö SHG 1998).
Vergleichbarkeit der wirtschaftlichen Verhältnisse von Menschen mit Beeinträchtigungen, die durch ihre Beschäftigung in geschützten Werkstätten eine solche Hauptleistung beziehen, welche die Bedürfnisse des täglichen Lebens (vgl §16 Abs1 Oö ChG) nur dadurch und insoweit deckt, als für die Arbeitsleistung ein Entgelt gewährt wird, das auf den (um die Familienbeihilfe verminderten) Richtsatz aber ohnehin anzurechnen ist, mit jenen Personen, die keine Hauptleistungen nach dem Oö ChG beziehen und daher Geldleistungen nach dem Oö SHG 1998 beanspruchen können.
Es ist daher unsachlich, wenn auf diese Weise hinsichtlich ihres Bedarfes zum Lebensunterhalt im Prinzip vergleichbare Gruppen von hilfebedürftigen Menschen mit Beeinträchtigungen bei der Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt je nachdem unterschiedlich behandelt werden, ob sie Leistungen nach dem Oö SHG 1998 oder - wegen Inanspruchnahme einer Hauptleistung - nach dem Oö ChG beziehen.
Argument der Oö Landesregierung betr Vermeidung einer Ungleichbehandlung mit Personen, die wegen einer nach Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen Beeinträchtigung keinen Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe (vgl §2 Abs1 litc FamilienlastenausgleichsG 1967), allenfalls jedoch auf eine Pension hätten, welche auf den Richtsatz angerechnet würde, nicht stichhaltig.
Es ist kein sachlicher Grund dafür erkennbar, dass sich der Oberösterreichische Landesgesetzgeber nur bei den unter das Oö ChG fallenden Personen veranlasst sieht, Pensionen hinsichtlich der Anrechnung auf den Richtsatz mit Familienbeihilfen gleich zu behandeln, wohingegen er bei jenen Personen mit Benachteiligungen, die eine Geldleistung nach dem Oö SHG 1998 beziehen, eine derartige Gleichbehandlung nicht vorsieht.
Aufhebung der mit LGBl 101/2010 geänderten, jedoch mit einem auf die Vergangenheit bezogenen Geltungsbereich weiterhin dem Rechtsbestand angehörenden Verordnungsbestimmung.
Anlassfall B1124/09 ua, E v 29.06.12, Aufhebung der angefochtenen Bescheide.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Behinderte, Sozialhilfe, FamilienlastenausgleichEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2012:V3.2012Zuletzt aktualisiert am
11.03.2013