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L9 SozialrechtNorm
B-VG Art10 Abs1 Z11Leitsatz
Teilweise Zulässigkeit der Drittelanträge von Landtagsabgeordneten auf Aufhebung von Bestimmungen des Kärntner Landeskrankenanstalten-Betriebsgesetzes; Verstoß einer Bestimmung über die Zusammensetzung der durch eine Novelle neu geschaffenen Expertenkommission gegen die Kärntner Landesverfassung wegen fehlender Zweidrittelmehrheit bei Beschlussfassung angesichts der Übertragung der zuvor dem Aufsichtsrat zukommenden Aufgaben auf das neue Gremium; Kompetenzwidrigkeit von Regelungen über die Anwendung des Landesvertragsbedienstetengesetzes auf Beschäftigte in Unternehmen der Krankenanstalten-Betriebsgesellschaft sowie über die Erklärung von Organisationseinheiten zu Betrieben im Sinne des Arbeitsverfassungsgesetzes; keine Grundsatzgesetzwidrigkeit einer Bestimmung über die Kompetenz des Betriebsdirektors; Unzulässigkeit der Anfechtung von NovellierungsanordnungenRechtssatz
Zulässigkeit der von (mehr als) einem Drittel der Mitglieder des Kärntner Landtages eingebrachten Anträge auf Aufhebung des §3 Abs6 zweiter Satz, §13a Abs1, §16 Abs5, §21 Abs1 und Abs2, §29 Abs3 zweiter und dritter Satz und §51 Abs7
Krnt Landeskrankenanstalten-BetriebsG (K-LKABG), LGBl 44/1993 idF LGBl 74/2010.
Zurückweisung der Anträge hinsichtlich der Novellierungsanordnungen in der Novelle LGBl 74/2010 (Krnt Gesetz vom 08.07.10 zur Stärkung der Versorgungssicherheit der Kärntner Bevölkerung mit Leistungen der Gesundheitsversorgung).
Anfechtung einer Novellierungsanordnung nur zulässig, wenn eine Bestimmung durch eine Novelle aufgehoben worden ist und sich das Bedenken gegen diese Aufhebung richtet.
Die Antragsteller rügen nicht die Streichung von ursprünglich dem Aufsichtsrat überantworteten Aufgaben, sondern vielmehr die Übertragung dieser Aufgaben auf ein neu geschaffenes Organ, nämlich die Expertenkommission.
Auch hinsichtlich der Zusammensetzung der Gremien wird die Verfassungswidrigkeit nicht in der Aufhebung, sondern in der Abänderung von Bestimmungen erblickt, welche die Übertragung von bisherigen Aufgaben des Aufsichtsrates an ein neu geschaffenes Gremium bewirken, sowie in der Einfügung jener Bestimmungen, die dieses Gremium selbst konstituieren.
Die nunmehr bloße Beiratsfunktion des Aufsichtsrates ergibt sich vor allem aus §21 und nicht aus den angefochtenen Vorschriften des §19 Abs4 und §51 K-LKABG.
Die Einschränkung des Weisungsrechts der Landesregierung in dienst- und besoldungsrechtlichen Angelegenheiten gegenüber Landesbediensteten auf öffentlich-rechtliche Bedienstete ergibt sich aus der geänderten Fassung des nicht angefochtenen §27 Abs2a K-LKABG.
Aufhebung des §13a Abs1 K-LKABG wegen Verstoßes gegen Art27 Abs3 Krnt Landesverfassung.
§13a Abs1 K-LKABG idF LGBl 74/2010 regelt die Zusammensetzung jener Expertenkommission, der durch §19 leg cit idF dieser Novelle (und andere Bestimmungen) jene Aufgaben übertragen wurden, für die bis zu dieser Novelle der Aufsichtsrat zuständig war. Die Besetzung des Aufsichtsrats wird in §14 Abs1 leg cit festgelegt, der gemäß Art27 Abs3
Krnt Landesverfassung nur mit Zweidrittelmehrheit im Landtag geändert oder aufgehoben werden darf.
Der Aufsichtsrat der Landeskrankenanstalten-Betriebsgesellschaft (KABEG) hatte vor der Erlassung der Novelle wesentliche Überwachungs- und Kontrollaufgaben. Es würde dem Sinn und Zweck des Art27 Abs3 Krnt Landesverfassung widerstreiten, wenn der Gesetzgeber die in dieser landesverfassungsrechtlichen Bestimmung vorgesehene Beschlussmehrheit dadurch umgehen könnte, dass er die dem Aufsichtsrat zugewiesenen Aufgaben zur Gänze einem neu geschaffenen Organ der KABEG zuordnet und die gesetzlichen Regelungen über die Zusammensetzung des nun zuständigen Überwachungsorgans ohne Zweidrittelmehrheit erlassen dürfte.
Gerade dies hat der Landesgesetzgeber aber mit der Erlassung des §13a Abs1 K-LKABG ohne Einhaltung des gemäß Art27 Abs3 Krnt Landesverfassung erforderlichen Beschlussquorums getan.
Da die Aufhebung des §13a Abs1 des K-LKABG ausreicht, um die beschriebene Verfassungswidrigkeit zu beseitigen, war nur die genannte Bestimmung und nicht auch §21 Abs1 und Abs2 K-LKABG als verfassungswidrig aufzuheben.
Aufhebung des §3 Abs6 zweiter Satz K-LKABG als kompetenzwidrig.
Personen, die in Unternehmungen der KABEG tätig sind, sind nicht Bedienstete des Landes iSd Art21 Abs1 B-VG, da sie nicht bei der Gebietskörperschaft angestellt sind (vgl auch VfSlg 16733/2002).
§3 Abs6 zweiter Satz K-LKABG verpflichtet die KABEG zur vertraglichen Vereinbarung des Landesvertragsbedienstetengesetzes, sofern nicht "kollektivvertragliche Bestimmungen oder sonst zwingende rechtliche Bestimmungen zur Anwendung kommen". Die insoweit durch bundesgesetzlich geregelte arbeitsrechtliche Normen nicht eingeschränkte Privatautonomie der Partner des Arbeitsvertrages wird durch §3 Abs6 zweiter Satz K-LKABG landesgesetzlich beschränkt, wobei es unter Kompetenzgesichtspunkten keinen Unterschied macht, ob die Normen des Landesvertragsbedienstetengesetzes für unmittelbar anwendbar erklärt werden oder ob - wie hier - lediglich die Organe der KABEG gesetzlich dazu verpflichtet werden, diese Normen im Wege einer Vertragsschablone zur Geltung zu bringen. Materiell liegt in beiden Fällen eine Regelung auf dem Gebiet des Arbeitsrechtes vor, zu deren Regelung nicht der Landesgesetzgeber nach Art21 Abs1 B-VG, sondern der Bundesgesetzgeber gemäß Art10 Abs1 Z11 B-VG zuständig gewesen wäre.
Aufhebung auch des §51 Abs7 K-LKABG als kompetenzwidrig.
Diese Vorschrift ist nicht bloß normwiederholender, sondern vielmehr normativer Natur. Sie erklärt nämlich Organisationseinheiten der KABEG ohne Rücksicht darauf, ob alle Elemente des Betriebsbegriffes des §34 Abs1 ArbVG vorliegen und auch ohne Rücksicht darauf, ob - denkbarerweise - mehrere Betriebe vorliegen, kraft Gesetzes zu einheitlichen Betrieben iSd ArbVG, ordnet für diese Organisationseinheiten die Errichtung eines (gemeinsamen) Betriebsrates an und sieht ohne Bedachtnahme auf arbeitsverfassungsrechtliche Regelungen über die vorzeitige Beendigung der Funktionsdauer eines Betriebsrates (vgl §62 ArbVG) vor, dass diese, soweit sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes in Funktion gewesen sind, während der gesamten Funktionsperiode bestehen bleiben.
Damit werden Regelungen auf dem Gebiet des Arbeitsverfassungsrechts getroffen, für die der Landesgesetzgeber nicht zuständig ist (vgl VfSlg 16733/2002).
Keine Verfassungswidrigkeit des §16 Abs5 K-LKABG.
Keine Auswirkung der Bestimmung auf bestehende Dienstverhältnisse (she dazu §16 Abs1 leg cit). Die angefochtene Norm sieht nur vor, dass Mitglieder der Expertenkommission "sowie der andere Eheteil oder ein eingetragener Partner, ein Verwandter oder Verschwägerter in auf- oder absteigender Linie, ein Geschwisterkind, oder eine noch näher verwandte oder im gleichen Grad verschwägerte Person" in keiner aufrechten Geschäftsbeziehung zur KABEG stehen oder keine solche begründen dürfen. Im Kern werden darunter nicht bloß punktuelle, geschäftliche, berufliche oder kommerzielle Beziehungen in Verbindung mit einer selbständigen Erwerbstätigkeit verstanden. Nach der Wortbedeutung in Verbindung mit der Systematik des Gesetzes sind unter diesem Begriff weder Dienstverhältnisse noch Behandlungsverträge als Patient zu verstehen.
Kein Widerspruch des §29 Abs3 K-LKABG zur grundsatzgesetzlichen Vorschrift des §6a Abs1 KAKuG.
Die kollegiale (Betriebs-)Führung einer Krankenanstalt (vgl §6a KAKuG) erfolgt ungeachtet des jedem Mitglied der kollegialen Führung weisungsfrei vorbehaltenen Verantwortungsbereiches unter der (Letzt-)Verantwortung der zuständigen Leitungsorgane des Krankenanstaltenträgers.
Gem §25 Abs1 Krnt KAO 1999 entsprechend §6a KAKuG kollegiale Führung durch ärztlichen Leiter, Verwalter und Leiter des Pflegedienstes; durch das K-LKABG Einrichtung der KABEG als Krankenanstaltenträger anstelle des Landes; Verwalter als Betriebsdirektor.
Insoweit eine Kompetenz des Betriebsdirektors zur Koordinierung der Betriebsführung mit der Wirtschaftsführung der Unternehmensleitung besteht (vgl §29 Abs4 K-LKABG), die sich notwendigerweise auch auf die medizinischen und pflegerischen Belange der Krankenanstalt auswirkt, besteht keine fachliche Autonomie der beiden anderen Leitungsfunktionäre, sodass der Landesgesetzgeber frei ist - unter Wahrung der diesen Leitungsorganen nach den Bestimmungen des KAKuG zukommenden jeweiligen fachlichen Autonomie - in den für das Gesamtunternehmen maßgebenden Belangen handhabbare Entscheidungsstrukturen zu schaffen.
Die Sonderfunktion des Betriebsdirektors leitet sich lediglich aus der der kollegialen Führung übergeordneten obersten Leitungskompetenz des Krankenanstaltenträgers ab und ist auf die Wirtschaftsführung und Wirtschaftsaufsicht beschränkt.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Krankenanstalten, Landesverfassung, Novellierung, Gesetz Erlassung, Kompetenz Bund - Länder Arbeitsrecht, Kompetenz Bund - Länder Dienstrecht, Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung, Arbeitsverfassung, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / VerwerfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2012:G206.2010Zuletzt aktualisiert am
11.03.2013