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32 STEUERRECHTNorm
B-VG Art139 Abs1 / PräjudizialitätLeitsatz
Keine Präjudizialität von Bestimmungen über die land- und forstwirtschaftliche Vollpauschalierung bei der Gewinnermittlung in einem Einkommensteuerverfahren betreffend Einkünfte aus selbständiger Arbeit; keine mit dem Grundtatbestand der Steuerpflicht in systematischem Zusammenhang stehenden AusnahmebestimmungenRechtssatz
Dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid liegen ausschließlich Einkünfte aus selbständiger Arbeit zugrunde. Die vom Beschwerdeführer als verfassungs- bzw gesetzwidrig erachteten Regelungen des §17 Abs5 Z2 lita EStG 1988 und der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft BGBl II 258/2005 (kurz: LuF PauschVO 2006) betreffen jedoch ausschließlich land- und forstwirtschaftliche Betriebe bzw deren Gewinnermittlung. Es ist daher von vornherein ausgeschlossen, dass die belangte Behörde im Einkommensteuerverfahren des nunmehrigen Beschwerdeführers diese Bestimmungen anzuwenden hatte. Wenn sie sich dessen ungeachtet in der Begründung des Bescheides mit diesen Vorschriften auseinandersetzt, dann ist dies daraus zu erklären, dass vom Beschwerdeführer in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid geltend gemacht wurde, dass ihm die land- und forstwirtschaftliche Vollpauschalierung vorenthalten werde. Der Abspruch, dass für die Anwendung dieser Regelungen die gesetzlichen Voraussetzungen fehlen, bedeutet bei der gegebenen Sachlage, bei der es dem Beschwerdeführer ersichtlich darauf ankommt, (verfassungs)rechtliche Bedenken gegen Vorschriften geltend zu machen, von denen er selbst nicht betroffen ist, keine Anwendung der betreffenden Normen iSd Art140 Abs1 bzw Art139 Abs1 B-VG.
Die Präjudizialität der angegriffenen Vorschriften lässt sich aber auch nicht aus den von der Beschwerde zitierten hg Entscheidungen VfSlg 14805/1997, 15267/1998 und 16223/2001 (Präjudizialität von Grundtatbestand und Ausnahmebestimmung) ableiten.
Im nunmehr zu beurteilenden Fall wurde von der belangten Behörde zwar der Grundtatbestand des EStG 1988 angewendet. §17 EStG 1988 ist jedoch keine den §1 leg cit einschränkende Bestimmung, die mit letzterer in einem systematischen Zusammenhang steht. Diese Vorschrift nennt lediglich alternative (und nicht abschließend aufgezählte) Kriterien für die Erlassung von Verordnungen, die der Verordnungsgeber dann zu beachten hat, wenn er die Ermittlung von Einkünften mit einem Durchschnittssatz ermöglichen will. Der normative Inhalt des §1 EStG 1988 erschließt sich somit nicht erst durch zusätzliche Berücksichtigung des §17 leg cit. Gleiches gilt umso mehr für die LuF PauschVO 2006. Diese kann daher im Abgabenverfahren nicht einmal als "negatives Tatbestandsmerkmal" angewendet worden sein. Das wird durch die Überlegung bestätigt, dass eine allfällige Gesetzwidrigkeit der fraglichen Verordnung zwar zur Aufhebung der Verordnung führen würde, keinesfalls aber eine Aufhebung des §1 EStG 1988 begründen könnte.
Für eine amtswegige Prüfung der vom Beschwerdeführer angegriffenen Normen fehlen somit die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen.
Da der Beschwerdeführer der Sache nach nur die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen behauptet hat, war nicht darauf einzugehen, ob die Verletzung eines anderen (verfassungsgesetzlich gewährleisteten) Rechtes vorliegt.
Abweisung der Beschwerde.
Schlagworte
Einkommensteuer, Gewinnermittlung, Einkünfte, Einkunftsarten, Land- und Forstwirtschaft, Arbeit selbständige, Ausnahmeregelung - Regel, VfGH / PräjudizialitätEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2012:B539.2012Zuletzt aktualisiert am
12.10.2012