TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/18 2000/10/0003

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Veröffentlicht am 18.12.2000
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Index

L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
NatSchG Tir 1997 §18;
NatSchG Tir 1997 §6 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde der T AG in Innsbruck, vertreten durch Dr. Heinz Knoflach und Dr. Eckart Söllner, Rechtsanwälte in Innsbruck, Schmerlingstraße 2, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 24. November 1999, Zl. U-11.216/278, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. November 1999 wurde der beschwerdeführenden Partei unter Berufung auf die §§ 6 lit. b, 7 Abs. 1 lit. a, 27 Abs. 2 lit. a Z. 1 und 40 Abs. 2 lit. a des Tiroler Naturschutzgesetzes 1997, LGBl. Nr. 33 (TNSchG 1997) die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Räumung der Kiesfalle Thaler im Ausmaß von höchstens 120.000 m3 und bis spätestens 30. April 2000 mittels Saugbaggerung erteilt (Spruchabschnitt I).

Unter Spruchabschnitt II wurde eine Verwaltungsabgabe festgesetzt.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es, im Zusammenhang mit der Errichtung des Innkraftwerkes Langkampfen sei zunächst für die Baudauer eine Kiesfalle naturschutzrechtlich bewilligt worden. Deren Räumung sei jeweils einzeln beantragt und antragsgemäß bewilligt worden. Nach der Bauzeit sei der Bestand befristet entsprechend der Konsensdauer des Kraftwerkes (31. Dezember 2089) und die Räumung bis zu einem Ausmaß von 700.000 m3 befristet bis zum 31. Dezember 2004 bewilligt worden. Dieser Bescheid vom 12. März 1999 sei vom Verwaltungsgerichtshof wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften teilweise aufgehoben worden und es sei daher in diesem Verfahren im Umfang der Aufhebung ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchzuführen. Um die unmittelbar anstehende Räumung der Kiesfalle zu gewährleisten, habe die beschwerdeführende Partei mit Eingabe vom 22. November 1999 die Räumung im Winter 1999/2000 im Ausmaß von 120.000 m3 beantragt. Dazu seien die bisher beteiligten Sachverständigen mündlich befragt worden und sie hätten auf ihre bereits in den Vorverfahren abgegebenen Stellungnahmen verwiesen, aus denen sich im Wesentlichen ergebe, dass durch die antragsgemäße Räumung mit der gewählten Methode (Saugbaggerschiff) keine (zusätzlichen) Beeinträchtigungen der Naturschutzinteressen zu erwarten seien. Das Parteiengehör sei gewahrt worden und es sei daher im Sinne des § 27 Abs. 1 lit. a bzw. Abs. 2 lit. a Z. 1 (TNSchG 1997) die naturschutzbehördliche Bewilligung zu erteilen gewesen.

In einem dem Bescheid angefügten Hinweis heißt es, es werde darauf hingewiesen, dass auf Grund der dringend anstehenden Räumung die vom Verwaltungsgerichtshof aufgetragene Ergänzung des Ermittlungsverfahrens zur Frage, ob das entnommene Material eine Gewinnung nutzbarer Materialien darstelle, die im Wirtschaftskreislauf weiter verwendet werden sollten, nicht durchgeführt werden könne. Diesbezüglich werde auf die Aufforderung vom 27. Oktober 1999 verwiesen und es werde diese Frage im zitierten Verfahren weiter behandelt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die beschwerdeführende Partei geltend macht, die Errichtung der Kiesfalle sei längst rechtskräftig bewilligt. Es liege im Wesen dieser Kiesfalle, dass sie auch geräumt werden müsse. Der Antrag auf Bewilligung zur Räumung sei nur prophylaktisch gestellt worden. Sollte trotz der vorhandenen Bewilligungen für diese Räumung eine weitere "Betriebsbewilligung" für die Kiesfalle erforderlich sein, so liege lediglich ein Fall einer bloßen Ausbaggerung vor, ohne dass diese aber auf die Verwertung der Aushubmaterialien gerichtet sei. Eine zusätzliche Genehmigungspflicht bestehe gesetzlich nicht. Der Betrieb der Kiesfalle bestehe ausschließlich und unverändert in der notwendigen Räumung bzw. in der bloßen Ausbaggerung. Einziger Zweck der Kiesfalle sei die Erfüllung und Gewährleistung der Betriebssicherheit. Eine isolierte Betrachtung sei weder sachlich noch rechtlich zulässig, sondern allenfalls fiskalisch erklärbar. Im angefochtenen Bescheid würde auch nicht dezidiert angeführt, nach welchen Normen des TNSchG 1997 die Bewilligung erteilt worden sei. Auf Grund der bisherigen Entscheidungen der Naturschutzbehörde solle durch die Zitierung des § 6 lit. b TNSchG 1997 nur im Einleitungssatz (somit dem Spruch vorgelagert) eine Grundlage für die Vorschreibung einer künftigen Naturschutzabgabe in nicht rechtskonformer Art und Weise gegeben sein. Dies sei aber unzutreffend. Dies hätte vielmehr Bestandteil des Spruches selbst zu sein. Es gebe keinen Abbau mineralischer Rohstoffe.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

In der Gegenschrift erklärt die belangte Behörde, sie bleibe bei der Auffassung, dass es sich bei der bewilligten Räumung der Kiesfalle um einen "maschinellen Abbau von Rohstoffen" handle und führt die ihrer Meinung nach für diese Auffassung sprechenden Gründe an.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unzutreffend ist die Auffassung der beschwerdeführenden Partei, für die Räumung der Kiesfalle bedürfe es schon deswegen keiner eigenen naturschutzrechtlichen Bewilligung, weil diese in der Errichtungsbewilligung eingeschlossen sei. Der Bescheid der belangten Behörde vom 5. September 1995, mit welchem die Errichtungsbewilligung für die Kiesfalle erteilt wurde, und auf den sich die beschwerdeführende Partei beruft, enthält ausdrücklich den Hinweis, dass mit dieser Bewilligung lediglich die Errichtung der Kiesfalle gestattet wird, während die Räumung der errichteten Kiesfalle naturschutzrechtlich gesondert bewilligungspflichtig sei. Damit hat die Behörde ihren Willen ausgedrückt, mit der Errichtungsbewilligung nicht gleichzeitig auch eine - allenfalls erforderliche - Räumungsbewilligung zu erteilen.

Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei zeigt der angefochtene Bescheid eindeutig die ihn tragenden gesetzlichen Grundlagen auf. Dass diese in der Einleitung zum Spruch und nicht im Spruch selbst genannt werden, ist nicht rechtswidrig, da bei der von der belangten Behörde gewählten Art und Weise der Offenlegung der von ihr angewendeten gesetzlichen Bestimmungen im Beschwerdefall kein Zweifel darüber aufkommen kann, auf welchen Teil des Spruches sich diese Bestimmungen beziehen.

Die Frage, auf welche gesetzlichen Grundlagen sich der angefochtene Bewilligungsbescheid stützt, ist deswegen von entscheidender Bedeutung, da sich daran abgabenrechtliche Konsequenzen knüpfen.

Unter den angewendeten Gesetzesbestimmungen findet sich § 6 lit. b TNSchG 1997. Diese Bestimmung unterwirft die Errichtung und die Aufstellung von Anlagen zur Gewinnung oder Aufbereitung von mineralischen Rohstoffen und von Anlagen zur Aufbereitung von Mischgut oder Bitumen sowie den maschinellen Abbau von mineralischen Rohstoffen einer naturschutzbehördlichen Bewilligung.

Nach § 18 TNSchG 1997 ist für die Inanspruchnahme der Natur durch Vorhaben nach Abs. 3, für die eine naturschutzrechtliche Bewilligung erteilt wurde, eine Naturschutzabgabe zu entrichten.

Zur Entrichtung der Naturschutzabgabe ist nach § 18 Abs. 3 leg. cit. der Inhaber der naturschutzrechtlichen Bewilligung für eines der in lit. a bis e genannten Vorhaben verpflichtet. Zu den naturschutzbehördlich bewilligungspflichtigen Vorhaben, für die eine Naturschutzabgabe zu entrichten ist, zählt nach § 18 Abs. 3 lit. a TNSchG 1997 der maschinelle Abbau von Rohstoffen.

Nach § 18 Abs. 4 TNSchG 1997 entsteht der Abgabenanspruch mit dem Eintritt der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides. Die Abgabe wird mit dem Beginn der Ausführung des betreffenden Vorhabens fällig.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. September 1999, 99/10/0072, ausgeführt hat, ist der naturschutzbehördliche Bewilligungsbescheid demnach eine Art "Grundlagenbescheid" für den Abgabenfestsetzungsbescheid. Stützt sich der naturschutzrechtliche Bewilligungsbescheid (auch) auf den Tatbestand "maschineller Abbau von mineralischen Rohstoffen", dann ist für das Vorhaben auch eine Naturschutzabgabe zu entrichten.

Anders als in dem mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 1999, 99/10/0072, entschiedenen Fall ist im Beschwerdefall neben der Anführung des § 6 lit. b TNSchG 1997 der Begriff "maschineller Abbau von mineralischen Rohstoffen" in verbaler Form nicht enthalten. Dies ist der einzige Tatbestand aus den Tatbeständen des § 6 lit. b, der durch § 18 TNSchG 1997 einer Abgabenpflicht unterworfen wird. Da aber die übrigen Tatbestände des § 6 lit. b TNSchG 1997 im Beschwerdefall von vornherein nicht in Betracht kommen, bedeutet die Stützung des angefochtenen Bescheides auf § 6 lit. b TNSchG 1997, dass eine Bewilligung zum maschinellen Abbau von mineralischen Rohstoffen erteilt wurde. Warum ein maschineller Abbau von mineralischen Rohstoffen vorliegen soll, wurde im angefochtenen Bescheid - ebenso wie in dem mit dem bereits zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 1999, 99/10/0072, entschiedenen Fall - nicht begründet. Dass für eine derartige Begründung die Zeit nicht ausreichte, wie dem Hinweis im angefochtenen Bescheid zu entnehmen ist, vermag den angefochtenen Bescheid nicht vor seiner Aufhebung zu retten.

In der Gegenschrift kann ein im Fehlen einer ausreichenden Sachverhaltsfeststellung und Begründung gelegener wesentlicher Verfahrensmangel nicht mehr saniert werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1996, 95/07/0105 u. a.). Auf die Ausführungen in der Gegenschrift, dass und aus welchen Gründen die Räumung der Kiesfalle einen maschinellen Abbau von mineralischen Rohstoffen darstelle, war daher nicht einzugehen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Mit der Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG sind alle Stempelgebühren für die Beschwerde und die Beilagen abgedeckt. Über den Betrag von S 2.500,-- hinausgehende Stempelgebührenersätze waren daher nicht zuzuerkennen.

Wien, am 18. Dezember 2000

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Besondere Rechtsgebiete Diverses Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000100003.X00

Im RIS seit

08.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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