TE OGH 2009/10/22 3Ob211/09i

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Veröffentlicht am 22.10.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** GmbH & Co KG,*****, vertreten durch Mag. Franz Hofmann, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, gegen die beklagte Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Thomas Willeit, Rechtsanwalt in Götzis, wegen 94.647,31 EUR sA, über die außerordentliche Revision und den Rekurs der klagenden Partei gegen das Teilurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 6. August 2009, GZ 1 R 145/09x-68, womit über die Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 20. März 2009, GZ 6 Cg 19/06s-61, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird richtiggestellt auf „F***** GmbH".

2. Der der Sache nach erhobene Rekurs gegen Punkt I. und den aufhebenden Teil des Punktes II. der angefochtenen Entscheidung wird zurückgewiesen.

3. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

1. Wie sich aus dem offenen Firmenbuch ergibt - und von der klagenden Partei im Rubrum ihrer Eingaben bereits seit dem Schriftsatz ON 35 berücksichtigt wird - übernahm die bisherige Komplementärin der ursprünglich klagenden GmbH & Co KG deren Vermögen gemäß § 142 HGB. Dies wurde bereits am 22. Juni 2006 im Firmenbuch eingetragen (FN *****; *****). Nach der Rechtsprechung gilt die Anwachsung im Sinne des § 142 HGB (nunmehr: UGB) als Universalsukzession. Diese Gesamtrechtsnachfolge führt zu einer Berichtigung der Parteibezeichnung gemäß § 235 Abs 5 ZPO (RIS-Justiz RS0039306) - auch von Amts wegen.

2. Die klagende Partei begehrt Schadenersatz von der beklagten Werkunternehmerin, weil diese Lochblechtassen mangelhaft beschichtet habe. Diese hätte nachfragen müssen, ob diese Metallteile im Außenbereich zum Einsatz kämen. Sie habe ihre Prüf- und Warnpflicht verletzt. Der Klagsbetrag sei für die Mängelbehebung aufgewendet worden.

Die beklagte Partei wendete ein, die in Auftrag gegebene einfache Beschichtung mängelfrei vorgenommen zu haben. Dass die Lochblechkassetten für eine Fassade bestimmt waren, habe man ihr nicht mitgeteilt. Die Kosten einer geeigneten Beschichtung von 40.000 - 60.000 EUR seien als Sowieso-Kosten kein ersatzfähiger Schaden. Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung von 24.157,78 EUR sA und wies das Mehrbegehren von 70.490,53 EUR ab. Es stellte ua fest, dass eine für den Außenbereich geeignete Beschichtung, die alle Anforderungen der Anbotsaufforderung erfüllt hätte, 40.000 - 60.000 EUR gekostet hätte.

Über Berufung beider Seiten hob das Berufungsgericht mit Beschluss das erstinstanzliche Urteil im Umfang vorprozessualer Kosten von 8.382,28 EUR sA als nichtig auf und wies insoweit die Klage zurück (I.), außerdem hob es das Ersturteil im Umfang von 24.157,78 EUR sA und 25.411,39 EUR sA auf und verwies insoweit die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück (II.). Schließlich bestätigte es mit Teilurteil die Abweisung von 36.596,86 EUR sA (II.).

Das Berufungsgericht sprach zum bestätigenden Teil der Entscheidung aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Das als außerordentliche Revision bezeichnete Rechtsmittel der klagenden Partei, mit dem sie die Stattgebung des Klagebegehrens „zur Gänze" anstrebt, ist teils jedenfalls unzulässig, teils nicht zulässig.

2.1. Vorerst ist zu klären in welchem Umfang die zweitinstanzliche Entscheidung angefochten wird. Die Anfechtungserklärung lautet: „Das Urteil wird seinem vollen Umfang nach angefochten". Auch der Hauptrevisionsantrag ist darauf gerichtet, dass „dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde". Dagegen scheint die - offenbar aus der Berufung übernommene Angabe des Streitwerts (70.489,53 EUR sA) eher für eine bloß teilweise Anfechtung zu sprechen. Ein derartiger Betrag findet sich aber in der zweitinstanzlichen Entscheidung nicht. Inhaltlich befasst sich die klagende Partei ausschließlich mit dem Thema der „Sowieso-Kosten". Wie sich aus § 84 Abs 3 zweiter Satz ZPO ergibt, treten Teilanfechtung und damit Teilrechtskraft nur ein, wenn die Teilanfechtung zweifelsfrei nach objektiven Auslegungskriterien erklärt ist, wobei der gesamte Inhalt des Rechtsmittels heranzuziehen ist (RS0036653). Für das vorliegende Rechtsmittel ist eine zweifelsfreie Klärung in diesem Sinn aber nicht möglich. Das zeigt sich insbesondere darin, dass zwar der Inhalt des Rechtsmittels nur das bestätigende Teilurteil trifft, dass aber die Nennung des Ziels einer Anfechtung des gesamten „Urteils" zweiter Instanz, die ja über das gesamte Klagebegehren absprach, mit dem Rechtsmittelantrag auf Abänderung im Sinn einer Stattgebung des gesamten Klagebegehrens in Einklang steht. Dazu kommt der fast mit dem Doppelten des Umfangs des Teilurteils angegebene Streitwert, der sich auch in den verzeichneten Rechtsanwaltskosten und der Pauschalgebühr niederschlug. Die Zweifelsregelung führt somit zur Annahme einer Anfechtung im vollen Umfang.

2.2. Das führt aber, was die Bekämpfung des eine Teilaufhebung des erstinstanzlichen Urteils als nichtig aussprechenden Teil (Beschluss I.) angeht, zur Zurückweisung des der Sache nach vorliegenden Rekurses nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO mangels gesetzmäßiger Ausführung. Dieser wäre ohne das Vorliegen der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zulässig. Auch im Rekursverfahren muss aber vom Rechtsmittelwerber verlangt werden anzugeben, inwieweit er sich durch den angefochtenen Beschluss beschwert erachtet; mangels jeglicher Ausführungen zu diesem Entscheidungsteil ist der Rekurs insoweit zurückzuweisen (stRsp, RIS-Justiz RS0006674, besonders [T12, 13 und 18]).

2.3. Zu seinem Aufhebungsbeschluss nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO (II. zweiter Teil) unterließ das Berufungsgericht einen Zulassungsausspruch. Daraus folgt, dass die Entscheidung zweiter Instanz nach dieser Norm insoweit unanfechtbar ist. Der Rekurs ist daher auch in diesem Umfang zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0043898, zuletzt 1 Ob 240/08p uva).

2.4. Im Umfang des Teilurteils vermag die klagende Partei nicht darzulegen, dass erhebliche Rechtsfragen zu beantworten wären. Auch wenn man zu ihren Gunsten von einer - nach Auffassung des Gerichts zweiter Instanz noch nicht feststehenden - Warnpflichtverletzung der beklagten Partei ausginge, steht dessen Rechtsansicht durchaus im Einlang mit der Judikatur des Obersten Gerichtshofs zu „Sowieso-Kosten". Nach dieser ist der Geschädigte so zu stellen, wie wenn der Warnpflicht entsprochen worden wäre; dann wären aber nach den Feststellungen (richtig) Mehrkosten von 36.596,86 EUR gegenüber dem verrechneten Werklohn angefallen, weil die Beschichtung für Außenfassadenteile um diesen Betrag teurer gewesen wäre. Dass diese Kosten nach Ansicht des Berufungsgerichts demnach „Sowieso-Kosten" sind, die nicht durch eine allenfalls schuldhaft unterlassene Warnung verursacht wurden, steht im Einklang mit dieser Rechtsprechung (3 Ob 274/01t mwN; RIS-Justiz RS0102085 [T2 und 3]).

Soweit sich die klagende Partei auf erstmals in ihrer Berufung erstattetes Vorbringen bezieht, ist sie an das Neuerungsverbot des § 472 ZPO zu erinnern.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Anmerkung

E923123Ob211.09i

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0030OB00211.09I.1022.000

Zuletzt aktualisiert am

28.12.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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