TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/18 97/18/0503

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.12.2000
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

PauschV VwGH 1994 Art1 Z4;
PauschV VwGH 1994 Art1 Z5;
VwGG §47;
VwGG §48 Abs2 Z1;
VwGG §48 Abs2 Z2;
VwGG §49 Abs2;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde 1. der am 21. Juni 1962 geborenen P S, 2. der am 10. Juni 1982 geborenen

M S, und 3. der am 19. Oktober 1987 geborenen S A, alle vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 25. August 1997, Zl. SD 752/97, betreffend Ausweisung,

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführerin als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund hat der Erstbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin findet ein Kostenersatz nicht statt;

2. zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde der Drittbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.

Die Drittbeschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 1.521,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien wurden die Beschwerdeführer, Staatsangehörige Mazedoniens, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Die Erstbeschwerdeführerin sei am 28. November 1994 sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist und habe am 19. Dezember 1994 einen österreichischen Staatsbürger geheiratet. Unmittelbar darauf habe sie ihre beiden leiblichen Kinder, die Zweit- und Drittbeschwerdeführerinnen, die bis dahin in der Heimat der Erstbeschwerdeführerin gelebt hätten, in das Bundesgebiet nachgeholt. Weder die Erstbeschwerdeführerin noch ihre Kinder seien bislang in den Besitz einer Aufenthaltsbewilligung gelangt. Die Erstbeschwerdeführerin habe zwar für sich und ihre Kinder zweimal, nämlich am 9. Oktober 1995 und am 29. Juli 1996, Anträge nach dem Aufenthaltsgesetz gestellt, die aber mangels Antragstellung vor der Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig abgewiesen worden seien.

Die Erstbehörde sei daher zu Recht davon ausgegangen, dass in allen drei vorliegenden Fällen die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG gegeben seien.

Was die Zulässigkeit der Ausweisungen im Grund des § 19 leg. cit. betreffe, sei zunächst festzuhalten, dass sich die Beschwerdeführerinnen auf Grund ihres insgesamt nur kurzen und darüber hinaus unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht mit Erfolg auf einen mit dieser Maßnahme verbundenen Eingriff in ihr Privatleben berufen könnten. Ein Eingriff in das Familienleben der Beschwerdeführerinnen liege aber insofern vor, als sie im Bundesgebiet im gemeinsamen Haushalt lebten und die Erstbeschwerdeführerin mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sei und mit diesem ein gemeinsames Kind habe.

Dessen ungeachtet sei die Zulässigkeit der Ausweisungen als dringend geboten zu erachten, komme doch gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Diese Regelungen seien von den Beschwerdeführerinnen in gravierender Weise missachtet worden. Zu ihren Ungunsten falle, abgesehen von ihrem langjährigen unrechtmäßigen Aufenthalt, weiters ins Gewicht, dass sie ihren Aufenthalt trotz der rechtskräftigen Abweisung ihrer Anträge nach dem Aufenthaltsgesetz fortgesetzt hätten. Auch der Ehe der Erstbeschwerdeführerin komme kein entscheidendes Gewicht zu, habe sie doch zum Zeitpunkt der Eheschließung über keine Aufenthaltsberechtigung verfügt. Es liefe dem öffentlichen Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens grob zuwider, wenn sich ein Fremder bloß auf Grund von Tatsachen, die von ihm geschaffen worden seien, als er rechtens nicht mit einem weiteren Aufenthalt in Österreich habe rechnen dürfen (hier: Eheschließung und Familiengründung), den Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen könnte. Die durch das Fehlverhalten der Beschwerdeführerinnen bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise der Beschwerdeführerinnen aus dem Bundesgebiet. Bekräftigt werde dieses Abwägungsergebnis durch den Umstand, dass die Beschwerdeführerinnen rechtens nicht in der Lage seien, ihren Aufenthalt in Österreich von hier aus zu legalisieren.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie unter Hinweis auf die der Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin erteilten, bis 23. Dezember 2002 gültigen gewöhnlichen Sichtvermerke bzw. der der Zweitbeschwerdeführerin darüber hinaus erteilten, bis 23. Dezember 2002 gültigen Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck beantragte, die Beschwerde hinsichtlich dieser Beschwerdeführerinnen als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen. Hinsichtlich der Drittbeschwerdeführerin, die nach wie vor (zu ergänzen: nicht) im Besitz einer behördlichen Bewilligung für ihren Aufenthalt im Bundesgebiet sei, wurde die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zunächst ist festzuhalten, dass dem angefochtenen Bescheid nach den wiedergegebenen unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen kein Bescheid zu Grunde liegt, mit dem die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt oder mit dem Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde; die Übergangsbestimmung des § 114 Abs. 5 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, kommt vorliegend daher nicht zum Tragen.

2. Die Beschwerde lässt die Auffassung der belangten Behörde, dass sich die Beschwerdeführerinnen - im maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - nicht berechtigt in Österreich aufhielten, unbekämpft. Auf der Grundlage der diesbezüglich maßgeblichen, nicht bestrittenen Feststellungen hegt der Gerichtshof gegen diese Beurteilung keine Bedenken. Die Behörde hat somit das Vorliegen der Voraussetzung des § 17 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich der Prüfung nach § 19 leg. cit. - zutreffend bejaht.

3. Durch die mit der Erteilung des gewöhnlichen Sichtvermerkes bzw. der Niederlassungsbewilligung (siehe I.3.) bewirkten Legalisierung des rechtswidrigen Aufenthaltes der Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführerin ist der mit deren Ausweisung verfolgte Zweck erfüllt. Der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Beschwerde käme daher insoweit nur mehr abstrakt-theoretische Bedeutung zu (vgl. den hg. Beschluss vom 13. November 1997, Zlen. 96/18/0139, 0140).

Infolge des nachträglichen Wegfalles des Rechtsschutzinteresses war die Beschwerde der Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin - ohne dass ein Fall der Klaglosstellung vorliegt - in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

4.1. Nach Auffassung der Beschwerde hätte im Grunde des § 19 FrG die Ausweisung der Beschwerdeführerinnen nicht erfolgen dürfen. Diesbezüglich verweist die Erstbeschwerdeführerin insbesondere darauf, dass sie mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sei. Die übrigen Beschwerdeführerinnen machen geltend, in Österreich die Schule zu besuchen und mit der Erstbeschwerdeführerin im gemeinsamen Haushalt zu leben.

4.2. Dieses Vorbringen hätte die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin - falls sie nicht gegenstandslos geworden wäre - zum Erfolg geführt. Die Erstbeschwerdeführerin ist unstrittig mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet. Die belangte Behörde hat weiters im Beschwerdefall allein im bisher rechtswidrigen Aufenthalt der Erstbeschwerdeführerin eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Sinn des § 19 FrG erblickt. Von daher gleicht der vorliegende Beschwerdefall - sowohl hinsichtlich des Sachverhaltes als auch der zu lösenden Rechtsfragen - jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 12. April 1999, Zl. 96/21/0012, zu Grunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf diese Entscheidung verwiesen. Aus den dort genannten Erwägungen wäre auch der vorliegend angefochtene Bescheid hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben gewesen.

4.3. Das von der Zweit - und der Drittbeschwerdeführerin in Österreich geführte Familienleben gemäß § 19 FrG steht entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht der Ausweisung nicht entgegen, haben doch die Beschwerdeführerinnen das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, dem nach der hg. Rechtsprechung aus der Sicht der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 97/18/0373) durch ihren auch nach Abweisung ihrer Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung fortgesetzten unberechtigten Aufenthalt in der Dauer von knapp zweieinhalb Jahren gravierend verletzt. Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wäre daher - falls sie nicht gegenstandslos geworden wäre - abzuweisen gewesen, die Beschwerde der Drittbeschwerdeführerin ist nach den vorstehenden Ausführungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, hinsichtlich der Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin auch iVm § 58 Abs. 2 VwGG idF BGBl. I Nr. 88/1997.

Von der belangten Behörde wurde der alle drei Beschwerdeführerinnen betreffende Verwaltungsakt vorgelegt und eine sich auf alle Beschwerdeführerinnen beziehende Gegenschrift erstattet. Der von ihr gestellte Antrag auf Kostenzuspruch (S 565,- - Vorlageaufwand, S 4.000,-- Schriftsatzaufwand) erfasst in des ausschließlich die Drittbeschwerdeführerin, sodass dieser ein Drittel der begehrten Kosten aufzuerlegen (und das darüber hinaus gehende Mehrbegehren abzuweisen) und hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin auszusprechen war, dass kein Kostenersatz stattfindet.

Wien, am 18. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997180503.X00

Im RIS seit

07.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten