TE AsylGH Erkenntnis 2012/10/22 C6 406161-3/2009

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.10.2012
beobachten
merken
Spruch

C6 406.161-3/2009/7E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. PUTZER als Vorsitzende und den Richter Dr. SCHADEN als Beisitzer über die Beschwerde des Herrn XXXX, StA. Afghanistan, gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesasylamtes vom 27.11.2009, FZ. 09 01.626-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.9.2012 zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird stattgegeben und Herrn XXXX gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 1 Z 3 und Abs. 4 Asylgesetz 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Die Ehefrau des Beschwerdeführers, XXXX, stellte am 8.2.2009 den Antrag, ihr internationalen Schutz zu gewähren (in der Folge auch als Asylantrag bezeichnet). Mit Bescheid vom 27.11.2009, FZ. 09 01.627-BAT, wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005, Art. 2 BG BGBl. I 100 (in der Folge: AsylG 2005) ab und erkannte der Beschwerdeführerin den Status des Asylberechtigten nicht zu (Spruchpunkt I); gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG 2005 erkannte es ihr den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II); gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 erteilte es ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 27.11.2010 (Spruchpunkt III). Gegen Spruchpunkt I dieses Bescheides erhob sie eine Beschwerde.

 

1.2. Der Beschwerdeführer stellte gleichfalls am 8.2.2009 einen Asylantrag.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I), gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG 2005 erkannte es ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II); gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 erteilte es ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 27.11.2010 (Spruchpunkt III).

 

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 30.11.2009 persönlich zugestellt.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerechte Beschwerde vom 14.12.2009.

 

1.3. Am 27.9.2012 führte der Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, seine Ehefrau und die Kinder als Parteien teilnahmen und der eine Dolmetscher für die Sprache Dari beigezogen wurde. Das Bundesasylamt hatte auf die Teilnahme an der Verhandlung verzichtet.

 

1.4. Das Verfahren, das die Ehefrau des Beschwerdeführers betrifft (und das beim Asylgerichtshof zu 406.163 geführt wird), hat ergeben, dass ihr auf Grund ihrer Verfolgung gemäß § 3 AsylG 2005 Asyl zu gewähren ist.

 

2. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

2.1. Die Feststellungen über den Verfahrensgang ergeben sich aus den Akten des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau.

 

Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass sich der Beschwerdeführer im Zuge von Kriegshandlungen eines Verbrechens schuldig gemacht hätte.

 

2.2.1.1. Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005 ist das AsylG 2005 am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.

 

Gemäß § 73 Abs. 7 AsylG 2005 idF des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2009 BGBl. I 122 (in der Folge: FrÄG 2009) sind ua. § 2 Abs. 3, § 7 Abs. 2 bis 4 und § 34 Abs. 2 bis 4 und 6 AsylG 2005 idF des FrÄG 2009 am 1.1.2010 in Kraft getreten. Gemäß § 73 Abs. 8 AsylG 2005 idF des BG BGBl. I 135/2009 sind ua. § 2 Abs. 1 Z 22 und § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG 2005 idF des BG BGBl. I 135/2009 am 1.1.2010 in Kraft getreten.

 

Das vorliegende Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig; das Beschwerdeverfahren ist daher nach dem AsylG 2005 zu führen. In welchem Verhältnis die Absätze 7 und 8 des § 73 AsylG 2005 (die - nach ihrem Wortlaut - unterschiedliche Fassungen des § ?4 Abs. 6 AsylG 2005 in Kraft setzen) zueinander stehen und in welchem Verhältnis dazu weiters § 75 Abs. 9 AsylG 2005 steht (der den Anwendungsbereich des § 34 Abs. 6 AsylG 2005 idF des FrÄG 2009 auf Verfahren beschränkt, die am 31.12.2009 noch nicht anhängig waren), braucht hier nicht untersucht zu werden.

 

2.2.1.2. Gemäß § 23 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (in der Folge: AsylGHG, Art. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz BGBl. I 4/2008) idF der DienstRNov. 2008 BGBl. I 147 ist auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof grundsätzlich das AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 23 Abs. 1 AsylGHG hat der Asylgerichtshof, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener des Bundesasylamtes zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2.2.2.1. § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 idF des BG BGBl. I 135/2009 definiert als "Familienangehörigen": "wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat."

 

§ 34 AsylG 2005 idF des FrÄG 2009 und des BG BGBl. I 135/2009 steht unter der Überschrift "Familienverfahren im Inland" und lautet:

 

"(1) Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Abs. 1 Z 22) von

 

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

 

3. einem Asylwerber

 

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

 

1. dieser nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3);

 

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

 

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

 

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

 

1. dieser nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3);

 

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;

 

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

 

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

 

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Asylgerichtshof.

 

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

 

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

 

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind."

 

2.2.2.2. Der Beschwerdeführer ist "Familienangehöriger" (iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005) seiner Ehefrau; dies gilt auch umgekehrt. Beide haben Asylanträge gestellt, keiner wurde bisher Asyl, beiden aber subsidiärer Schutz gewährt. Daher ist jedenfalls nur § 34 Abs. 4 AsylG 2005 anzuwenden.

 

2.3. Der Ehefrau des Beschwerdeführers ist Asyl zu gewähren, daher ist gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 auch ihm Asyl zu gewähren, ohne dass allfällige eigene Fluchtgründe untersucht werden mussten.

 

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

 

2.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
13.11.2012
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten