TE AsylGH Erkenntnis 2012/10/23 C1 415790-1/2010

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Veröffentlicht am 23.10.2012
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Spruch

C1 415790-1/2010/8E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin MMag. Dr. Fischer-Szilagyi als Vorsitzende und den Richter Mag. Marth als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX alias XXXX, StA. Afghanistan, vom 08.10.2010 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.09.2010, Zl. 09 13.635-BAI, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchteil I. des Bescheides des Bundesasylamtes gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, abgewiesen.

 

Der Beschwerde gegen Spruchteil II. des Bescheides des Bundesasylamtes wird stattgegeben. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wird XXXX alias XXXX der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

 

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wird XXXX alias XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 22.10.2013 erteilt.

 

In Erledigung der Beschwerde wird Spruchteil III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben.

Text

Entscheidungsgründe:

 

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, hat sein Heimatland verlassen, ist illegal in die Republik Österreich eingereist und hat am 03.11.2009 nach Aufgriff in einem internationalen Reisezug von Italien nach Österreich gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

 

Im Zuge der Erstbefragung am selben Tag gab er an, afghanischer Staatsangehöriger und Schiit zu sein. Er sei am XXXX in XXXX geboren und ledig. Seine Heimatadresse habe er vor etwa 30 Tagen mit einem PKW legal mit seinem Reisepass, ausgestellt in Teheran/Iran, verlassen und sei über den Iran, die Türkei und Italien nach Österreich eingereist. Den Reisepass habe er in der Türkei weggeworfen; dort sei er auch von der Polizei festgenommen und vier Tage angehalten worden. Als Fluchtgrund führte er aus, dass in seinem Wohngebiet in Karabagh und Umgebung "täglich Angriffe seitens der Taliban gegen die Gegner der Regierung" geführt würden. Er sei ebenfalls Gegner der Taliban, die verhindern würden, dass Afghanistan Fortschritte mache. Daher habe er in ständiger Angst gelebt; man könne nie sagen, ob man nach dem Einkaufen wieder gesund nach Hause komme - er fürchte deshalb um sein Leben. Bei einer Rückkehr befürchte er, dass er "in diesem ewigen Krieg" getötet werde, konkrete Hinweise gebe es aber nicht.

 

Im durchgeführten Konsultationsverfahren gemäß der Verordnung (EG) 343/2003 des Rates mit Italien teilten die italienischen Behörden mit, dass der Antragsteller in Italien unbekannt sei. Sohin wurde dem Antragsteller am 20.11.2009 eine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG ausgefolgt.

 

Laut ärztlicher Stellungnahme eines Arztes für Allgemeinmedizin (vermutlich vom 29.12.2009) sei aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes "mit relativer Sicherheit" von einem Jugendlichen auszugehen.

 

Bei der Einvernahme am 11.05.2010 gab der Antragsteller im Beisein des gesetzlichen Vertreters zu seiner Person und seinen Lebensumständen Folgendes zu Protokoll:

 

"Ich wurde im Dorf XXXX im Bundesland XXXX geboren. Ich bin dort bei meinen Eltern in unserem Haus aufgewachsen.

 

Mit ca. 8 Jahren habe ich angefangen gemeinsam mit meiner älteren Schwester unsere Schafe zu hüten. Es war aber aufgrund der Trockenheit schwierig, die Schafe zu halten. Wir haben keine eigenen Grundstücke. Seit ca. 4 Jahren haben wir keine Schafe mehr. Nachdem wir keine Schafe mehr hatten, habe [ich] 3 Jahre lang die Schule besucht. Ich kann daher lesen und schreiben. Ich spreche Dari und Farsi.

 

Mein Vater ist einfacher Arbeiter. Er hat in unterschiedlichen Landwirtschaften gearbeitet. Meine Mutter ist Hausfrau. Uns ist es finanziell mittelmäßig gegangen.

 

Nach der Schule war ich gemeinsam mit meinem Vater 2 Jahre im Iran. Ich habe im Iran bei der Stadt Isfehan in der Siedlung XXXX gelebt. Ich habe dort in einer Fabrik gearbeitet. Dort habe ich an einer Maschine gearbeitet, die die Wolle in Fäden aufgearbeitet hat. Ich habe auch in der Fabrik gemeinsam mit 6 anderen Arbeitern in einem Zimmer gelebt. Mein Vater hat als Steinmetz gearbeitet und dort geschlafen. Die Firma war in einer anderen Siedlung. Einmal die Woche bin ich zu ihm gefahren.

 

Ich wurde im Iran dann von der Polizei aufgehalten, aber wieder gehen gelassen. Es gibt im Iran kein Asyl und wenn man von der Polizei verhaftet wird, wird man zurückgeschickt. 2 Wochen später bin ich gemeinsam mit meinem Vater wieder zurück nach Afghanistan gegangen. Das war ungefähr 2 Wochen vor meiner Ausreise.

 

Danach war ich bei meiner Familie, gearbeitet habe ich nicht. Dann habe ich mich entschlossen die Heimat zu verlassen.

 

Ich habe 4 Schwestern und 2 Brüder. Meine ältere Schwester ist verheiratet und lebt mit ihrer Familie in einem eigenen Haushalt im Dorf XXXX. Das liegt in der Nähe von XXXX. Meine restlichen Geschwister sind noch ledig und leben bei meiner Mutter in Afghanistan. Vor kurzem hat mein jüngerer Bruder begonnen auf der Baustelle einer Moschee im Dorf zu arbeiten, um die Familie finanziell zu unterstützen. Mein Vater ist nach meiner Ausreise wieder in den Iran gegangen. Meine Familie lebt derzeit von dem Verdienst meines Vaters und meines Bruders. Ich bin ledig und habe keine Kinder.

 

Meine Familie und ich sind Hazaren und Schiiten (Moslem)."

 

Zu seinem Fluchtgrund befragt gab er an, in seiner Heimat keine Probleme mit den Behörden gehabt zu haben. Er selbst sei nie Mitglied einer politischen Gruppierung oder Partei gewesen. Sein Vater habe aber für die "Islamische Partei" gekocht. Der Antragsteller sei nie verfolgt worden, sein Vater sei aber früher, als die Taliban an der Macht gewesen seien, von diesen wegen seiner Mitgliedschaft bei der Partei verfolgt worden. Der einzige Grund, weswegen der Antragsteller seine Heimat verlassen habe, sei die Angst vor Unruhen gewesen. In seinem Heimatgebiet würden viele Paschtunen wohnen, es sei öfters vorgekommen, dass man von diesen aufgehalten und beraubt worden sei. Auch hätte man getötet werden können. Etwa vier Jahre vor der gegenständlichen Einvernahme habe er gesehen, wie eine bereits verwesende Leiche, vermutlich ein Hazara, aus dem unterirdischen Bewässerungssystem gezogen worden sei. Danach habe man noch zwei weitere Leichen gefunden. Seitdem habe sich seine Angst gesteigert. Persönlich angegriffen oder bedroht sei er nie worden, lediglich zu Talibanzeiten, als er noch sehr jung gewesen sei, sei das gesamte Dorf von Taliban angegriffen worden. Später, als er im Iran gewesen sei, seien der Chef der Partei, die in dem Gebiet für die Sicherheit zuständig gewesen sei, und dessen Männer von Taliban getötet worden. Näheres wisse er aber nicht darüber. In einen anderen Landesteil in Afghanistan hätte die Familie nicht ziehen können, da sie nicht die finanziellen Möglichkeiten gehabt hätten. Es sei auch schwierig, alleine zurechtzukommen. Es wäre für ihn nicht möglich gewesen, alleine für sich zu sorgen. Bei einer Rückkehr habe er Angst, dass die Taliban seinen Vater und seine Familie umbringen könnten. Er könnte in Afghanistan nicht alleine überleben.

 

Zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich befragt gab er an, dass er Deutschkurse besuche und mit Putzarbeiten etwas Geld verdiene. Nahe Verwandte oder Familienangehörige habe er in Österreich nicht. Sein Vater und zwei Tanten seien im Iran aufhältig, in der Provinz XXXX würden zwei weitere Tanten sowie seine restliche Familie leben. Er telefoniere alle ein bis zwei Monate mit seiner Mutter, es gehe der Familie bis auf gesundheitliche Probleme gut. Auf entsprechende Frage des gesetzlichen Vertreters führte der Antragsteller noch aus, dass sein Vater drei Jahre für die Partei gearbeitet habe, danach sei er ausgetreten und habe in der Landwirtschaft gearbeitet. Wie lange das vor der Ausreise in den Iran gewesen sei, wisse er nicht. Sein Vater sei damit einverstanden gewesen, dass der Antragsteller ausgereist sei. Die Mutter sei dagegen gewesen, da nicht nur er in Gefahr wäre und er bei seiner Familie bleiben sollte.

 

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und ihm der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zuerkannt. Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.

 

In der Begründung wurde festgestellt, dass die Identität mangels vorgelegter Dokumente nicht feststehe, er seit XXXX volljährig sei, Farsi und Dari spreche, zur Volksgruppe der Hazara gehöre und Schiit sei. Die Angaben zu den Ausreisegründen seien "weitestgehend nachvollziehbar und daher auch glaubwürdig", er habe die Heimat aus Furcht vor möglichen Unruhen verlassen. Es stehe fest, dass er von staatlicher Seite aus keinem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe verfolgt werde. Es könne nicht festgestellt werden, dass bei einer Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Afghanistan für den Beschwerdeführer eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde und ihm im Herkunftsland die Lebensgrundlage gänzlich entzogen gewesen wäre oder dass er bei einer Rückkehr in eine die Existenz bedrohende (oder medizinische) Notlage gedrängt werden würde. Nach Feststellungen zu Afghanistan anhand einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesasylamtes mit Stand 01/2010 hielt das Bundesasylamt im Rahmen der Beweiswürdigung Folgendes fest:

 

" - betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

 

In Ermangelung irgendwelcher echter, personenbezogener nationaler Urkunden oder sonstiger der Feststellung der Identität Ihrer Person dienlichen Unterlagen war es dem Bundesasylamt nicht möglich, verbindlich Ihren Namen und Ihr Geburtsdatum festzustellen, weshalb Sie hinsichtlich Ihrer Person nicht glaubwürdig waren.

 

Die hier in diesem Zusammenhang verwendete Personenbezeichnung dient somit lediglich der Individualisierung Ihrer Person als Verfahrenspartei, die Richtigkeit der von Ihnen vorgetragenen Personaldaten lässt sich daraus nicht ableiten.

 

Bezüglich Ihrer Herkunft geht das Bundesasylamt, basierend auf Ihren Aussagen und aufgrund der von Ihnen verwendeten Sprache und Ihrer Ortskenntnisse, davon aus, dass Sie Staatsangehöriger von Afghanistan sind.

 

Geglaubt wird Ihnen, weil sich im Zuge des Ermittlungsverfahrens keine gegenteiligen Hinweise ergeben haben, dass Sie psychisch und physisch gesund sind.

 

betreffend die Feststellungen der Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes:

 

Geglaubt wird Ihnen, dass Sie weder vorbestraft sind, noch von einer Behörde gesucht werden und in der Heimat von staatlicher Seite aus keinem den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt wurden.

 

Anlässlich Ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt Außenstelle Innsbruck vom 11.05.2010 haben Sie angegeben, dass Sie die Heimat aufgrund Ihrer Angst vor Unruhen verlassen hätten. Auch hätten Sie vor ca. 4 Jahren die Bergung einer Leiche aus dem Bewässerungssystem gesehen und von 2 weiteren dort gefundenen Leichen erfahren, was Ihre Angst gesteigert hätte. Sie persönlich wären jedoch nie angegriffen, bedroht oder verletzt worden und hätten vor Ihrer Ausreise 2 Wochen lang ohne jegliche Vorfälle bei Ihrer Familie in Afghanistan gelebt. Da Ihre diesbezüglichen Angaben im Wesentlichen gleich bleibend und weitestgehend nachvollziehbar waren, waren sie aus diesem Grund auch glaubwürdig.

 

Bei Ihren weiteren Ausführungen bei den 3 gefundenen Leichen würde es sich um Hazaren handeln, welche von den Paschtunen beraubt worden wären, handelt es sich jedoch lediglich um Vermutungen. So war Ihre Erklärung, Sie wüssten das, da ein kleines ¿hazarisch' geschriebenes Heft bei der Leiche gewesen wäre, die Glaubwürdigkeit zu versagen, da nach allgemeiner Lebenserfahrung davon ausgegangen werden kann, dass ein Dokument das in einem Bewässerungssystem gefunden worden wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr lesbar gewesen wäre und anhand der von Ihnen angegebenen bereits eingesetzten Verwesung der Leiche auch ein Dokument von einem derartigen Zersetzungsprozesses betroffen gewesen wäre. Auch kann nur aufgrund der Tatsache, dass bei einer der Leichen ein derartiges Schriftstück gefunden worden wäre nicht automatisch daraus geschlossen werden, dass diese von Paschtunen umgebracht worden ist.

 

Die erkennende Behörde kommt zusammengefasst aufgrund Ihrer Angaben zum Ergebnis, dass Sie eine Verfolgungsgefahr oder konkrete Verfolgung aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählten Gründen nicht glaubhaft machen konnten, weil Ihr Vorbringen unter keinen dieser Gründe subsumiert werden konnte. Ihre (subjektive) Furcht die allgemeine Sicherheitslage betreffend steht mit keinem der Konventionsgründe in Zusammenhang.

 

betreffend die Feststellung Ihrer Situation im Falle der Rückkehr:

 

Glaubwürdig war, dass Sie in der Heimat bei Ihren Eltern und Ihren Geschwistern im Dorf XXXX aufgewachsen sind und Ihre Eltern dort auch ein eigenes Haus besitzen. Eine Ihrer Schwestern ist bereits verheiratet und lebt mit Ihrer Familie in einem eigenen Haushalt im Dorf XXXX, welches in der Nähe von XXXX liegt. Ihre Mutter und Ihre 5 anderen Geschwister leben noch im familieneigenen Haus.

 

Als Kind haben Sie mit Ihrer Schwester Schafe gehütet und anschließend 3 Jahre lang die Schule besucht, weshalb Sie lesen und schreiben können. Für 2 Jahre haben Sie mit Ihrem Vater im Iran - örtlich getrennt - gearbeitet. Die letzten beiden Wochen vor Ihrer Ausreise haben Sie nicht mehr gearbeitet und vom Einkommen Ihres Vaters gelebt. Dieser arbeitet in unterschiedlichen Landwirtschaften in Afghanistan und ist vor Ihrer Ausreise wieder zum Arbeiten in den Iran gegangen. Um die Familie finanziell zu unterstützen arbeitet auch Ihr Bruder seit einiger Zeit auf einer Baustelle im Dorf.

 

Das Bundesasylamt geht aufgrund dieser Fakten davon aus, dass Sie im Falle einer Rückkehr in keine ausweglose Lage geraten würden, da Sie in der Heimat über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen.

 

Mit den Rückkehrbefürchtungen vermochten Sie dem vom Gesetz geforderten Glaubhaftigkeitsanspruch nicht gerecht zu werden. Ihre diesbezüglichen Befürchtungen stützen sich lediglich auf vage Vermutungen, konkrete Anhaltspunkte oder Hinweise konnten jedoch Ihrem Vorbringen nicht entnommen werden und vermochten Sie solche auch nicht glaubhaft darzulegen. Wie Sie selbst behauptet haben, haben Sie von staatlicher Seite nichts zu befürchten und wurden gegen Sie nie irgendwelche Sanktionen seitens der Behörden gesetzt.

 

Überdies haben Sie bei Ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt Außenstelle Innsbruck am 11.05.2010 nach konkreten Befürchtungen im Falle einer Rückkehr befragt angeführt, dass Sie Angst hätten die Taliban könnten Ihren Vater oder Ihre Familie umbringen und Sie in Afghanistan nicht alleine überleben. Eine Ihre Person betreffende Gefährdung durch Dritte haben Sie dabei jedoch nicht angeführt.

 

Dem Bundesasylamt liegen auch keine Informationen über eine gezielte Verfolgung von abgewiesenen Asylwerbern vor, sodass Sie bei einer Rückkehr von staatlicher Seite nichts zu befürchten haben.

 

Sie vermochten somit nicht glaubhaft darzulegen, dass Sie im Falle der Rückkehr keine Lebensgrundlage mehr hätten, weil Ihnen zugemutet werden kann, dass Sie im Falle der Rückkehr in Ihr Heimatland selbst für Ihren Lebensunterhalt aufkommen können."

 

Betreffend die Lage im Herkunftsland wurde darauf verwiesen, dass die Feststellungen zum Heimatland dem gesetzlichen Vertreter im Zuge der Einvernahme am 11.05.2010 zur Einsichtnahme vorgelegt und diese dem Beschwerdeführer erläutert worden seien. Dem gesetzlichen Vertreter sei die Möglichkeit geboten worden, im Rahmen des Parteiengehörs innerhalb einer zweiwöchigen Frist dazu eine Stellungnahme abzugeben. Da jedoch weder der Beschwerdeführer noch sein gesetzlicher Vertreter innerhalb offener Frist eine Stellungnahme zu den Länderfeststellungen des Bundesasylamtes zu Afghanistan abgegeben hätten, seien sie diesen nicht entgegengetreten.

 

Letztlich sei der Antragsteller durch seine in den Raum gestellten Behauptungen auch nicht im Stande gewesen, die vom Bundesasylamt zum Heimatland getroffenen Feststellungen zu entkräften, weil diese auf verschiedenen, internationalen, objektiven Quellen beruhen und diesen daher aus objektiver Sicht mehr Glaubwürdigkeit beizumessen sei, als den Behauptungen des Antragstellers.

 

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung wurde ausgeführt, dass der vom Antragsteller vorgebrachte Sachverhalt mit keinem der Konventionsgründe in Zusammenhang stehe. Weder eine Bürgerkriegssituation im Heimatstaat noch Nachteile aufgrund allgemeiner politischer, wirtschaftlicher oder sozialer Lebensbedingungen würde eine Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes darstellen. Ein möglicher Wunsch nach Emigration in der Erwartung einer besseren Lebensqualität rechtfertige die Gewährung von Asyl nicht. Weiters wurde Folgendes ausgeführt:

 

"Zu der von Ihnen ins Treffen geführten Angst aufgrund der allgemeinen Lage in Ihrem Heimatstaat, wird angeführt, dass die allgemeine schlechte Situation in der Heimat nicht als geeignet anzusehen ist, das Vorliegen begründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen, weil den aus solchen Verhältnissen resultierenden Handlungen, Benachteiligungen und Beschränkungen sämtliche dort lebende Bewohner ausgesetzt sind und solche Verhältnisse daher nicht als konkrete, individuell gegen den Antragsteller gerichtete Verfolgungshandlungen eingestuft werden können (vergleiche Erkenntnis des VwGH vom 21.01.1999, Zahl 98/18/0394).

 

Der Vollständigkeit halber wird von der erkennenden Behörde darauf hingewiesen, dass die von Ihrem gesetzlichen Vertreter aufgezeigte Mitgliedschaft Ihrer Vaters bei einer - mittlerweile nicht mehr existierenden - Partei, welche er noch vor der Ausreise in den Iran - also vor über 2 Jahren - mit einem Austritt beendet hat, keinerlei asylrechtliche Relevanz für Ihr Vorbringen hat. So muss eine Verfolgung erstens persönlich gegen Sie selbst gerichtet sein und zweitens in zeitlicher und sachlicher Hinsicht ein genügend enger Kausalzusammenhang zwischen ¿Verfolgung' und Ausreise bestehen.

 

Sie vermochten somit im gesamten Verlauf des Verfahrens mit Ihrem Vorbringen eine konkrete Verfolgung oder drohende Verfolgung aus Gründen, wie in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählt, ebenso wenig glaubhaft zu machen, wie wohlbegründete Furcht im Sinne der Grundaussage dieser internationalen Norm.

 

Da Sie das Heimatland somit unverfolgt verlassen haben, kommt es auf das Bestehen einer inländischen Fluchtalternative außerhalb Ihrer Heimatregion, also in anderen Landesteilen von Afghanistan nicht an.

 

Das Bundesasylamt gelangt nach eingehender rechtlicher Würdigung zur Ansicht, dass es nicht glaubhaft ist, dass Ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung droht und ist der Asylantrag aus diesem Grund abzuweisen."

 

Zu der Abweisung des Antrages in Bezug auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde insbesondere festgehalten, dass es dem Antragsteller bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan möglich gewesen sei, in seinem Heimatdorf im Kreis seiner Familie trotz der allgemeinen Sicherheitslage zu leben. Es seien auch keine konkreten Anhaltspunkte hervorgekommen, wonach er in seinem Heimatdorf, wo sich die Sicherheitslage nicht grundsätzlich verschlechtert habe, nicht leben könnte. Er habe ein familiäres Umfeld in Afghanistan, sei jung, gesund und arbeitsfähig, habe zwei Jahre Berufserfahrung in einer Fabrik und verfüge über Schulkenntnisse, wie Lesen und Schreiben. Es sei daher festzustellen, dass beim Antragsteller keine individuellen Umstände vorliegen würden, die dafür sprechen würden, dass er bei einer Rückkehr in die Heimat in eine derart extreme Notlage gelangen würde, die eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Artikels 3 EMRK darstellen würde. Es hätten sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine Verletzung bzw. Gefährdung im Sinne dieses Bundesgesetzes ergeben. Ein Familienbezug bzw. Familienleben liege in Österreich nicht vor. Aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer in Österreich und mangels Vorliegens sonstiger Anknüpfungspunkte sei ein schützenswertes Privatleben nicht entstanden und sohin die Ausweisung geboten.

 

Hiegegen wurde fristgerecht Rechtsmittel eingebracht und der Bescheid zur Gänze angefochten. Begründend wurde insbesondere Folgendes ausgeführt:

 

"Sämtliche Fluchtgründe werden wiederholt und es wird neues vorgebracht:

 

Mein Leben war in Afghanistan in Gefahr, deshalb habe ich um Asyl beantragt. Meine gesamte Familie wurde bedroht und lebte in höchster Gefahr. Aufgrund fehlender finanzielle[r] Mittel konnte nur ich Afghanistan verlassen und nun in Sicherheit leben. Viele Menschen, die mit meinem Vater gearbeitet haben, sind umgebracht worden, weil sie zuvor mit der Regierung gearbeitet haben und [M]acht über sie hatten. Die Taliban wissen ganz genau wer mit der Regierung zusammengearbeitet hat. [M]ein Vater ist nur deshalb am Leben geblieben, weil er nicht zuhause war.

 

Ich war ethnische[n] Übergriffe[n] durch die Mehrheitsbevölkerung der Paschtunen ausgesetzt. Da bereits Hazara von den Paschtunen in meiner näheren Umgebung umgebracht worden sind, hatte ich begründet Angst um mein Leben. Man muss ja nicht warten bis man umgebracht wird oder bis Übergriffe tatsächlich stattgefunden haben. Genau das möchte das Bundesasylamt mit [seiner] Rechtsprechung suggerieren, was jedoch verfehlt ist und den Intentionen der GFK zuwiderlauft."

 

Er habe Angst, dass er "einfach von einem Paschtunen umgebracht werde und diese Angst ist real, wenn man die Leidensgeschichte der Hazaras unter den Paschtunen kennt".

 

Zu Spruchpunkt II wurde lediglich die gesetzliche Bestimmung wiederholt und der Antrag gestellt, ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen. Zu seiner Ausweisung führte er aus, dass er in Vorarlberg Freunde gefunden und Deutschkurse absolviert habe. Er sei bestens integriert und "selbstverständlich" strafrechtlich unbescholten. Seine Ausweisung sei daher unzulässig.

 

Mit Verfahrensanordnung vom 07.11.2011 wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer die ARGE-Rechtsberatung zur Seite gestellt.

 

Am 19.03.2012 wurde dem Asylgerichtshof ein Konvolut von Bestätigungen als Stellungnahme zur Integration des Beschwerdeführers übermittelt:

 

Bestätigung der Caritas Flüchtlings- und Migrantenhilfe vom 08.03.2012, wonach der Beschwerdeführer seit September 2010 über das Projekt "Nachbarschaftshilfe" beschäftigt werde;

 

Leistungsbeurteilung im Hauptschulabschlusskurs vom 05.03.2012;

 

österreichisches Sprachdiplom A2 vom 11.07.2011;

 

mehrere Kursbestätigungen aus den Jahren 2010 und 2011 betreffend Deutschkurse.

 

Mit hg. Schreiben vom 11.09.2012 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, binnen einer Frist von zwei Wochen dem Asylgerichtshof bekannt zu geben und gegebenenfalls durch entsprechende Unterlagen nachzuweisen, ob über die im bisherigen Verfahren vorgebrachten Gründe hinaus allenfalls weitere Gründe vorliegen, die einer Ausweisung seiner Person aus Österreich in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen würden. Der Beschwerdeführer wurde des Weiteren in Kenntnis gesetzt, von welchen Länderfeststellungen der Asylgerichtshof auszugehen beabsichtige, und dass er sich dabei auf folgende Unterlagen und Berichte stütze:

 

Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, September 2012;

 

ANSO Quarterly Report, Juni 2012;

 

United Nations Assistana Mission in Afghanistan (UNAMA), Mid-year report, Juli 2012;

 

Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, 10.01.2012;

 

United States, Country Reports on Human Rights Practices, 24.05.2012;

 

Daisuke Yoshimura, Sicherheitslage in Afghanistan und humanitäre Lage in Kabul, Asylmagazin des Informationsverbunds Asyl und Migration vom Dezember 2011;

 

U.K. Home Office, Border Agency, "Country of Origin Information Report: Afghanistan", 11.10.2011;

 

Danish Immigration Service, Report from Danish Immigration Service¿s fact finding mission to Kabul, 29.05.2012;

 

Human Right Watch, World Report 2012, vom 22.01.2012;

 

Informationsverbund Asyl und Migration, Länderschwerpunkt Afghanistan, Sicherheitslage in Afghanistan und humanitäre Lage in Kabul, Dezember 2011, Asylmagazin;

 

Schweizerische Flüchtlingshilfe, Die aktuelle Sicherheitslage, 23.08.2011;

 

UNHCR, Anfragebeantwortung an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 11.11.2011;

 

Gutachterliche Stellungnahme Dr. Karin Lutze an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 08.06.2011;

 

UNHCR-Richtlinien, Zusammenfassung vom 24.03.2011;

 

U.S., Department of State, "International Religious Freedom Report 2010: Afghanistan", 17.11.2010;

 

Amnesty International, Amnesty Report 2012, vom 24.05.2012;

 

APA-Meldungen: 14.05.2012, 08.07.2012.

 

Es stehe den Parteien des Verfahrens frei, innerhalb von zwei Wochen zu den oben genannten Berichten Stellung zu nehmen. Diese könnten - nach vorheriger Anmeldung - beim Asylgerichtshof Einsicht in die genannten Unterlagen nehmen.

 

Mit Schreiben vom 28.09.2012 übermittelte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zum hg. Schreiben vom 11.09.2012 und brachte weitere Kursbestätigungen betreffend absolvierte Deutschkurse zur Vorlage. Der Beschwerdeführer würde demnächst die Deutschprüfung B1 ablegen und sich danach in der Schule XXXX anmelden, um dort die Hauptschule abzuschließen. Er habe bereits einige Fächer abgeschlossen und werde in XXXX die restlichen Prüfungen ablegen. Er habe viele Freunde in Österreich und sei auch sonst gut integriert.

 

Der Beschwerdeführer gab an, er habe seit ungefähr einem Jahr keinen Kontakt zu seiner Familie mehr, da es ihm seither nicht möglich gewesen sei, diese telefonisch zu erreichen. Seine letzte Information sei gewesen, dass seine Mutter und seine Geschwister sich noch in seinem Heimatort aufhalten würden, was seither passiert sei, wisse er jedoch nicht. Ansonsten habe er keine Verwandten in anderen Teilen Afghanistans und sei noch nie in seinem Leben in Kabul oder einer anderen größeren Stadt in Afghanistan gewesen.

 

Zur Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers zitierte dieser eine ACCORD-Anfragebeantwortung vom 10.08.2012 ("Allgemeine Sicherheitslage (vor allem Kundus, Nangarhar, Ghazni, Jaghuri, Kandahar, Wardak); Brennpunkte der instabilen Sicherheitslage; Angriffe der Kuchis in Ghazni [a-8093-4 (8097)]") und führte einen Auszug aus dem Länderbericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 03.09.2012 (zur Sicherheitslage im Osten und Süden Afghanistans) an.

 

Aufgrund seiner fehlenden sozialen Bindung oder sonstigen Vernetzung, der allgemein sehr schlechten Sicherheitslage in Afghanistan, welche auch aus den vorliegenden Länderfeststellungen hervorgehe, sowie einer immer noch überall verbreiteten Diskriminierung von Hazara sei ihm eine Rückkehr in sein Heimatland nicht möglich.

 

Im Zuge des Asylverfahrens des Beschwerdeführers wurden - ausgenommen die Nachweise zur Integration - keine Beweismittel vorgelegt oder beigeschafft.

 

Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

 

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und der Volksgruppe der Hazara sowie der schiitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig, stammt aus der Provinz Ghazni, Distrikt Qarabagh, hat sein Heimatland verlassen, ist illegal in die Republik Österreich eingereist und hat am 03.11.2009 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Der Beschwerdeführer ist volljährig und in Österreich nicht straffällig.

 

Der Beschwerdeführer hat seinen Herkunftsstaat aus Angst vor den Taliban bzw. den Paschtunen im Zusammenhang mit der allgemeinen Sicherheitslage in seiner Heimatregion verlassen.

 

Diese Feststellungen ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers, dessen Sprach- und Landeskenntnissen sowie aus dem Akteninhalt. Die Identität des Beschwerdeführers konnte mangels Vorliegen geeigneter, unbedenklicher Dokumente nicht festgestellt werden.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der ehemaligen Mitgliedschaft seines Vaters zur "Islamischen Partei" Verfolgung durch die Taliban droht. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu den Hazara durch die Paschtunen Verfolgung droht.

 

Festgestellt wird weiters, dass der Beschwerdeführer keiner asylrechtlich relevanten Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt war bzw. ihm solche Verfolgung im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt der in Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 6.10.1999. Zl.99/01/0279, mwN).

 

Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. So ist dem Herkunftsstaat eine Verfolgung sowohl dann zuzurechnen, wenn sie von dessen Organen direkt gesetzt wird, als auch, wenn der Staat nicht in der Lage oder nicht gewillt ist, die von anderen Stellen ausgehende Verfolgungshandlung hintan zu halten (vgl. VwGH vom 06.10.1998, ZI. 96/20/0287; VwGH vom 23.07.1999, ZI. 99/20/0208).

 

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. hiezu VwGH 21.01.1999, 98/18/0394; 19.10.2000, 98/20/0233, mwH). Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (vgl. VwGH vom 17.06.1993, Zl. 92/01/1081; VwGH vom 14.03.1995, Zl. 94/20/0798).

 

Wie bereits vom Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid festgehalten wurde, ist es dem Beschwerdeführer im Laufe seines gesamten Asylverfahrens nicht gelungen, eine begründete Furcht vor Verfolgung im Zusammenhang mit einem Konventionsgrund darzutun, zumal der Beschwerdeführer am 11.05.2010 selbst vorgebracht hat, der einzige Grund, aus dem er seine Heimat verlassen habe, sei die Angst vor Unruhen gewesen.

 

Auch unter Zugrundelegung der übrigen Angaben des Beschwerdeführers ist dessen ins Treffen geführte subjektive Furcht unter Berücksichtigung seiner individuellen Situation sowie der Verhältnisse im Herkunftsstaat mangels konkreter Anhaltspunkte für eine aktuell drohende Verfolgung nicht objektiv nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer stützt sich in diesem Zusammenhang lediglich auf vage Vermutungen (03.11.2009: "Konkrete Hinweise gibt es nicht, aber ich fürchte um mein Leben."; 11.05.2010: "Wo meine Familie wohnt, ist es nicht sicher. In diesem Gebiet wohnen viele Paschtunen. Wenn man in die Stadt will, kommt es öfters vor, dass man von Paschtunen aufgehalten wird. Man wird von diesen beraubt. Wenn sie wollen, lassen sie einen frei und wenn nicht, wird man getötet. [...] Ich habe Angst vor den Taliban. [...] Ich könnte in Afghanistan nicht alleine überleben."), hat keinen aktuellen Anlass für seine Ausreise dargetan (11.05.2010: "Der einzige Grund für meine Ausreise ist, dass ich Angst vor Unruhen hatte.") und im Ergebnis keinerlei Vorbringen erstattet, dem substantiierte Hinweise auf eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung zu entnehmen waren.

 

Soweit der Beschwerdeführer eine Bedrohungssituation aufgrund der ehemaligen Mitgliedschaft seines Vaters bei der "Islamischen Partei" durch die Taliban ins Treffen geführt hat, ist festzuhalten, dass es diesen Angaben auch an einem hinreichenden zeitlichen Konnex zur Ausreise des Beschwerdeführers mangelt. Der Beschwerdeführer hat in diesem Zusammenhang lediglich vorgebracht, sein Vater und auch er selbst seien zur Zeit der Talibanherrschaft bedroht bzw. verfolgt worden und sei der Beschwerdeführer damals "noch sehr jung" gewesen. Der Vater des Beschwerdeführers habe überdies für die genannte Partei nur gekocht, sei nach drei Jahren ausgetreten und würde es diese Partei mittlerweile gar nicht mehr geben. Der einzige vom Beschwerdeführer vorgebrachte Vorfall mit Taliban aus jüngerer Vergangenheit betrifft Personen, die "für die Sicherheit zuständig" gewesen seien bzw. mit der Regierung zusammengearbeitet hätten - beides trifft weder auf den Beschwerdeführer noch auf seinen Vater zu.

 

Auch hinsichtlich der ins Treffen geführten Bedrohung durch Paschtunen haben sich keinerlei konkrete Hinweise für eine für eine den Beschwerdeführer treffende Verfolgungsgefahr ergeben. Der Beschwerdeführer hat explizit angegeben, er selbst sei keinen Übergriffen oder Bedrohungen ausgesetzt gewesen (11.05.2010: "F:

Wurden Sie persönlich jemals von einem Paschtunen angesprochen oder angehalten? A: Nein.") und ist auch dem Vorbringen bezüglich der ungefähr vier Jahre vor der Einvernahme vor dem Bundesasylamt im unterirdischen Bewässerungssystem aufgefundenen Leichen weder ein persönlicher oder zeitlicher Zusammenhang zum Beschwerdeführer und seiner aktuellen Ausreise noch - mangels Kenntnis der Täter oder des Tatmotivs - ein Hinweis auf ethnische motivierte Übergriffe erkennbar. Der Beschwerdeführer hat vielmehr selbst angegeben, dass in seiner Heimatregion die Hazara und Paschtunen "immer Konflikte wegen den Landwirtschaften" hätten, seine Familie aber über keinen Grundbesitz verfüge und sein Vater überdies seit seiner erstmaligen Ausreise aus Afghanistan in den Iran nicht mehr in einem örtlichen Landwirtschaftsbetrieb gearbeitet habe. Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass es sich den Länderberichten zufolge bei dem ins Treffen geführten Konflikt zwischen Paschtunen und Hazara nicht um gezielte Verfolgung der Hazara durch Paschtunen bzw. Kuchis handelt, sondern um teilweise bewaffnete Auseinandersetzungen um die Wasser- und Weiderechte in den betroffenen Gebieten (vgl. Bericht des Auswärtiges Amt vom 10.01.2012: "In einer besonderen Lage befinden sich die ca. eine Million Nomaden (Kutschi), die mehrheitlich Paschtunen sind, da sie in besonderem Maße unter den ungeklärten Boden- und Wasserrechten leiden. Die alljährlich in den Sommermonaten wiederkehrende Migration von Kutschis in fruchtbare Weidegebiete der sesshaften Hazara in der Provinz Wardak führte 2008 und 2010 zu bewaffneten Auseinandersetzungen, die mitunter auch mit schweren Waffen ausgetragen wurden."). Im Bericht des Danish Immigration Service vom Mai 2012 wird diesbezüglich ausgeführt, dass es sich laut UNHCR im Prinzip um einen geografisch isolierten Konflikt zwischen zwei Gemeinschaften um lokale Ressourcen handelt.

 

Eine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers aufgrund der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara bzw. zur schiitischen Religionsgemeinschaft hat sohin weder der Beschwerdeführer substantiiert vorgebracht noch haben sich hiefür Hinweise aus den in das Verfahren eingebrachten Länderberichten ergeben (vgl. etwa UK Home Office, Country of Origin Information Report, 11.10.2011, S. 124 f und 135 f; Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 10.01.2012, S. 16 f), zu denen auch die von der beschwerdeführende Partei mit Schreiben vom 28.09.2012 zitierten Berichte nicht in Widerspruch stehen. Auch hat sich weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch aktuellen Länderberichten (vgl. Auswärtiges Amt vom 10.01.2012, S. 27 ff) ergeben, dass eine Asylantragstellung im Ausland oder eine rechtswidrige Ausreise zu Sanktionen oder Repressionen in Afghanistan führen würde.

 

Soweit der Beschwerdeführer mit gegenständlicher Rechtsmittelschrift vorgebracht hat, viele Menschen, die mit seinem Vater gearbeitet hätten, seien umgebracht worden, weil sie zuvor mit der Regierung gearbeitet hätten und Macht über sie gehabt hätten, ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer nur eine Tätigkeit seines Vaters für die "Islamische Partei" als Koch angegeben, allerdings nie behauptet hat, er habe auch für die Regierung gearbeitet. Ebenso wurde vom Beschwerdeführer nie ein gegen ihn erfolgter (ethnisch motivierter) Übergriff durch Paschtunen vorgebracht und ist das diesbezügliche Vorbringen in der Rechtsmittelschrift, er sei ethnischen Übergriffen durch die Mehrheitsbevölkerung der Paschtunen ausgesetzt gewesen, entweder als unglaubhafte Steigerung zu werten oder - im Hinblick auf die Ausführungen des Beschwerdeführers im selben Absatz der Rechtsmittelschrift, man müsse ja nicht warten, bis man umgebracht werde oder bis Übergriffe tatsächlich stattgefunden hätten - dahingehend zu verstehen, dass der Beschwerdeführer lediglich einer Gefahr von ethnisch motivierten Übergriffen ausgesetzt gewesen sei.

 

Im Übrigen ist hinsichtlich eines allfälligen neuen Vorbringens im Rahmen der Rechtsmittelschrift auf das Neuerungsverbot des § 40 AsylG hinzuweisen.

 

Da sich sohin weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch aus internationalen Länderberichten hinreichende Anhaltspunkte für eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung des Beschwerdeführers ergeben haben, ist kein unter Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention zu subsumierender Sachverhalt ableitbar.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.2.2004, Zl. 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

 

Das Vorliegen eines tatsächlichen Risikos ist im Zeitpunkt der Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Artikel 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH 31.3.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095).

 

Der Schutzbereich des Artikels 3 EMRK umfasst nicht nur Fälle, in denen der betroffenen Person unmenschliche Behandlung (absichtlich) zugefügt wird. Auch die allgemeinen Umstände, insbesondere unzulängliche medizinische Bedingungen im Zielstaat der Abschiebung können - in extremen Einzelfällen - in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK fallen. Allgemein ist der Rechtsprechung des EGMR zu entnehmen, dass "allein" schlechtere oder schwierigere (auch kostenintensivere) Verhältnisse in Bezug auf die medizinische Versorgung nicht ausreichen, um - in Zusammenhang mit einer Abschiebung - in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu reichen. Dazu sei - jeweils - das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände erforderlich. Der EGMR betonte weiters im Fall Bensaid gg. Vereinigtes Königreich, dass auf die "hohe Schwelle" des Artikels 3 besonders Bedacht zu nehmen sei, wenn der Fall nicht die "direkte" Verantwortung eines Vertragsstaates (des abschiebenden Staates) für die Zufügung von Leid betreffe (vgl. Putzer/Rohrböck, Leitfaden für Asylrecht (2007) Rz 183, mwH).

 

Eine Verletzung des Artikels 3 EMRK ist im Falle einer Abschiebung nach der Judikatur des EGMR, der sich die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts angeschlossen haben, jedenfalls nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. hiezu EGMR ¿ U 2.5.1997, D vs. United Kingdom, Nr. 30240/96; EGMR E 31.5.2005, Ovdienko Iryna and Ivan vs. Finland, Nr. 1383/04 sowie VfGH vom 6.3.2008, Zl. B 2400/07, mwH).

 

Anhand der in das Verfahren eingeführten Länderdokumente, denen der Beschwerdeführer auch im Rahmen der Stellungnahme vom 28.09.2012 nicht konkret entgegengetreten ist, sondern zu denen er lediglich ergänzend weitere - nicht im Widerspruch stehende - Länderberichte angeführt hat, ist derzeit die Sicherheitslage in Afghanistan - insbesondere in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers in der Provinz Ghazni, Distrikt Qarabagh, einschließlich der Erreichbarkeit - sehr schlecht.

 

Der Süden und Südosten Afghanistans ist nach wie vor am stärksten von den schweren Kämpfen betroffen. Der Konflikt in den südlichen, südöstlichen und östlichen Regionen des Landes hat zu Vertreibungen und etlichen Todesopfern geführt. Es gibt Berichte über wahllose gewalttätige Übergriffe.

 

Das Bundesasylamt hat im angefochtenen Bescheid zwar festgehalten, dass die Sicherheitslage in Afghanistan als prekär zu bezeichnen sei und sich innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt unterscheide, aber trotzdem jedwede konkrete Auseinandersetzung mit der Sicherheitslage im Heimatdistrikt des Beschwerdeführers unterlassen und insbesondere auch die Frage der Erreichbarkeit nicht berücksichtigt.

 

Aus den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender (Zusammenfassende Übersetzung vom 24.03.2011) geht hervor, dass trotz der relativ stabilen Sicherheitslage in Provinzen und Distrikten, in welchen die Hazara die Mehrheit oder eine größere Minderheit darstellen, wie die Distrikte Jaghatu, Jaghori und Malistan in der Provinz Ghazni, sich die Sicherheitslage in der restlichen Provinz, einschließlich der Zufahrtsstraßen zu und von diesen Distrikten, verschlechtert hat.

 

Auch dem Bericht der D-A-CH Kooperation Asylwesen zur Sicherheitslage in Afghanistan vom 21.03.2011, an dessen Erstellung das Bundesasylamt mitgewirkt hat, ist zu entnehmen, dass eine Untersuchung der Lage in Ghazni die oft getroffene Feststellung bestätigt, dass die Sicherheitslage in Afghanistan regional sehr unterschiedlich ist. Die Provinz Ghazni ist ein Beispiel dafür, dass die Lage nicht nur von Provinz zu Provinz variiert, sondern auch innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt. Eine Auswertung verschiedener Quellen ergibt, dass die Distrikte Ghazni (Zentrum), DehYak, Rashidan, Waghaz, Qarabagh, Andar, Ajristan, Giro, Muqur, und Gelan als unsicher gelten müssen.

 

Als interne Fluchtalternative könnte allenfalls Kabul in Betracht kommen. Existenzmöglichkeiten am Ausweichort sind aber von den persönlichen Umständen des Betroffenen und der jeweils aktuellen Sicherheits- und Versorgungslage abhängig. Eine Rückkehr kommt sohin nur dann in Betracht, wenn der betreffende Afghane in der Lage ist, sofort und aus eigenen Mitteln oder auf Grund von bestehendem Familienanschluss in einem hinreichend sicheren Ort sich ein sicheres Rückzugsgebiet vor allem für die Nacht zu schaffen.

 

Aufgrund des mit Schreiben vom 28.09.2012 erstatteten Vorbringens des Beschwerdeführers, er habe seit etwa einem Jahr keinen Kontakt zu seiner Familie mehr und daher auch keine Informationen über deren aktuellen Aufenthaltsort, kann unter Berücksichtigung der örtlichen Sicherheitslage sowie in Anbetracht der auch von der belangten Behörde festgestellten grundsätzlichen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers ("Ihre Angaben zu den Ausreisegründen waren weitestgehend nachvollziehbar und daher auch glaubwürdig.") mangels sonstiger Anhaltspunkte für den Fall einer Rückkehr nach Afghanistan in die Provinz Kabul nicht mit ausreichender Gewissheit vom Bestehen eines familiären Netzwerkes ausgegangen werden. Der Beschwerdeführer verfügt zwar über rudimentäre Schulbildung und etwas Arbeitserfahrung, hat sich aber - bis auf zwei Wochen im Jahre 2009 - seit 2007 nicht mehr in seinem Herkunftsstaat aufgehalten und verfügt vor allem betreffend Kabul über keinerlei Kenntnisse der dort vorherrschenden Verhältnisse und örtlichen Gegebenheiten.

 

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat und einer Neuansiedlung in Kabul - auch infolge der dortigen Kriminalität - in eine hoffnungslose Lage kommt.

 

Aus den ins Verfahren eingebrachten internationalen Berichten ergibt sich sohin, dass insbesondere die Heimatregion des Beschwerdeführers als derzeit unsicher einzustufen ist. Es ist dem Beschwerdeführer unter Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse nicht zumutbar, in seine Heimat zurückzukehren, da er für den Fall einer Abschiebung nach Afghanistan in eine aussichtlose Situation kommen würde, sodass diese im Blickwinkel des Artikels 3 EMRK unzulässig ist.

 

Auf das vom Beschwerdeführer erstatte Vorbringen zu einer allgemeinen Bedrohung durch Taliban bzw. Paschtunen war daher aus dem Blickwinkel des Artikels 3 EMRK nicht weiter einzugehen, zumal dem Beschwerdeführer ohnehin subsidiärer Schutz zuzuerkennen war.

 

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, von der zuerkennenden Behörde gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt für ein Jahr.

 

Da im gegenständlichen Fall die "zuerkennende Behörde" der Asylgerichtshof ist, ist dieser gehalten, dem Beschwerdeführer gleichzeitig mit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auch eine befristete Aufenthaltsberechtigung in der gesetzlich vorgesehenen Dauer zu erteilen.

 

Da der Beschwerde gegen Spruchteil II. des im Spruch bezeichneten Bescheides stattzugeben war, war Spruchteil III. des Bescheides pro forma zu beheben.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Das Verfahren war gemäß der Bestimmung des § 23 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008 idgF, zu führen.

Schlagworte
befristete Aufenthaltsberechtigung, gesteigertes Vorbringen, Glaubwürdigkeit, Identität, individuelle Verhältnisse, mangelnde Asylrelevanz, Neuerungsverbot, Sicherheitslage, subsidiärer Schutz, Volksgruppenzugehörigkeit
Zuletzt aktualisiert am
13.11.2012
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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