Index
32 SteuerrechtNorm
B-VG Art140 Abs5 / FristsetzungLeitsatz
Zurückweisung des Antrags auf Ausspruch der Nichtanwendung der unterFristsetzung aufgehobenen Regelung der Erbschaftssteuer in beim UFSanhängigen Berufungsverfahren; kein Antragsrecht auf die im Ermessendes Verfassungsgerichtshofes gelegene Ausdehnung derAnlassfallwirkungSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Die Antragsteller bringen vor, gegen näher bezeichnete Bescheide, mit denen ihnen Erbschaftssteuer vorgeschrieben worden sei, jeweils am 13. November 2003 Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat erhoben zu haben. Die Berufungsverfahren seien beim Unabhängigen Finanzsenat unter den Geschäftszahlen RV/3678-W/07, RV/3677-W/07 und RV/3676-W/07 protokolliert und derzeit noch anhängig. Mit ihrem an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Antrag begehren sie,
"Der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, dass die verfassungswidrige Bestimmung des §1 Abs1 Z1 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes auch auf [die beim Unabhängigen Finanzsenat] zur GZ RV RV/3678-W/07, RV/3677-W/07 und RV/3676-W/07 anhängige[n] Berufungsverfahren nicht mehr anzuwenden ist".
2. Mit Erkenntnis VfSlg. 18.093/2007 hat der Verfassungsgerichtshof §1 Abs1 Z1 des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1955, betreffend die Erhebung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer (ErbStG), BGBl. 141, als verfassungswidrig aufgehoben. Er hat in diesem Erkenntnis weiters ausgesprochen, dass die verfassungswidrige Bestimmung auch in den zu Zlen. 2004/16/0143, 2005/16/0065, 2006/16/0081, 0082 und 2006/16/0209 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden ist. Für das Inkrafttreten der Aufhebung hat der Verfassungsgerichtshof - gestützt auf Art140 Abs5 B-VG - eine Frist bis zum Ablauf des 31. Juli 2008 gesetzt.
Die Antragsteller begründen ihren Antrag inhaltlich damit, dass der Unabhängige Finanzsenat in den Verfahren über ihre Berufungen säumig sei und dass sie bei zeitgerechter Erledigung ihrer Berufungen rechtzeitig Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erheben hätten können und dadurch in den Genuss der Anlassfallwirkung des oben zitierten Erkenntnisses gekommen wären.
3. Gemäß Art140 Abs7 zweiter Satz B-VG ist ein vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenes Gesetz auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Art140 Abs5 B-VG setzt, ist das Gesetz gemäß Art140 Abs7 dritter Satz B-VG auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände (mit Ausnahme des Anlassfalles) anzuwenden.
Der Antrag ist unzulässig. Ein Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes, mit dem eine von der Rechtsfolge des Art140 Abs7 erster Satz B-VG abweichende Anordnung getroffen wird, hat "in seinem aufhebenden Erkenntnis" zu erfolgen. Ein solcher Ausspruch liegt im Ermessen des Verfassungsgerichtshofes (vgl. auch Rohregger, Art140 B-VG, in: Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, Rz 326). Ein darauf abzielendes Antragsrecht ist - selbst für die Parteien des Gesetzesprüfungsverfahrens - nicht vorgesehen. Keinesfalls kann aus der Rechtsordnung ein solches Antragsrecht daher für jene Personen abgeleitet werden, die nicht Parteien des Gesetzesprüfungsverfahrens und auch nicht Partei eines Verfahrens gewesen sind, durch das das Gesetzesprüfungsverfahren veranlasst wurde. Der Antrag ist unzulässig. Ein Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes, mit dem eine von der Rechtsfolge des Art140 Abs7 erster Satz B-VG abweichende Anordnung getroffen wird, hat "in seinem aufhebenden Erkenntnis" zu erfolgen. Ein solcher Ausspruch liegt im Ermessen des Verfassungsgerichtshofes vergleiche auch Rohregger, Art140 B-VG, in: Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, Rz 326). Ein darauf abzielendes Antragsrecht ist - selbst für die Parteien des Gesetzesprüfungsverfahrens - nicht vorgesehen. Keinesfalls kann aus der Rechtsordnung ein solches Antragsrecht daher für jene Personen abgeleitet werden, die nicht Parteien des Gesetzesprüfungsverfahrens und auch nicht Partei eines Verfahrens gewesen sind, durch das das Gesetzesprüfungsverfahren veranlasst wurde.
Zum Schutz vor Säumnis steht das Rechtsinstitut der Säumnisbeschwerde (des Devolutionsantrags) zur Verfügung. Die Frage, ob die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Bestimmung in den von den Antragstellern genannten Berufungsverfahren weiterhin anzuwenden ist oder ob diese Fälle im Sinne des Art140 Abs7 B-VG als Anlassfälle zu werten oder diesen gleichzuhalten sind, ist in den genannten Berufungsverfahren zu lösen und unterliegt der nachprüfenden Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof.
4. Der Antrag war daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Fristsetzung, VfGH / Anlassverfahren, VfGH / AufhebungWirkung, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Säumnis, DevolutionEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2008:G119.2008Zuletzt aktualisiert am
19.08.2010