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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §13 Abs5;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2000/10/0128Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerden 1. (zu Zl. 2000/10/0127) des F in Aschach und 2. (zu Zl. 2000/10/0128) des P in Aschach, beide vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 4. Juli 2000, Zl. VwSen-240376/2/Gf/Km u.a., betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus den Beschwerden und der ihnen angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Mit mehreren Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 30. März 2000 wurden die Beschwerdeführer wegen Übertretungen des Lebensmittelgesetzes bestraft. Diesen Straferkenntnissen war folgende Rechtsmittelbelehrung beigegeben:
"Sie haben das Recht, gegen diesen Bescheid innerhalb von zwei Wochen nach seiner Zustellung schriftlich oder mündlich bei uns eine Berufung einzubringen. Die Berufung hat den Bescheid, gegen den sie sich richtet, zu bezeichnen und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten."
Die Beschwerdeführer brachten am letzten Tag der Rechtsmittelfrist per Telefax Berufungen gegen diese Straferkenntnisse ein.
Diese Berufungen wurden vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit der Begründung als verspätet zurückgewiesen, die die Berufungen enthaltenden Telefaxsendungen seien am letzten Tag der Rechtsmittelfrist außerhalb der Amtsstunden der Bezirkshauptmannschaft eingebracht worden.
Die Beschwerdeführer stellten daraufhin Wiedereinsetzungsanträge. Darin machten sie geltend, in der Rechtsmittelbelehrung der Straferkenntnisse sei nicht auf das Erfordernis der Einbringung der Berufungen während der Amtsstunden hingewiesen worden. Auch gingen aus der Rechtsmittelbelehrung die Amtsstunden nicht hervor. Es sei dem Staatsbürger nicht zumutbar, vor Einbringung einer Berufung zur Bezirkshauptmannschaft zu gehen und sich nach den Amtsstunden zu erkundigen.
Die Wiedereinsetzungsanträge wurden von der Bezirkshauptmannschaft als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer beriefen. Sie machten geltend, die Rechtsmittelbelehrungen der Straferkenntnisse hätten keinen Hinweis auf die Erfordernisse einer Berufungserhebung mittels Telefax enthalten. Es könne ihnen daher als juristischen Laien kein Vorwurf gemacht werden.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 4. Juli 2000 wies die belangte Behörde die Berufungen der Beschwerdeführer ab.
Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die Beschwerdeführer bringen vor, eine in irreführender Weise unvollständige Rechtsmittelbelehrung sei einer falschen Rechtsmittelbelehrung gleichzuhalten. Die erstinstanzlichen Straferkenntnisse hätten zwar den Hinweis darauf enthalten, dass binnen 14 Tagen in schriftlicher Form Berufung eingelegt werden könne, "für die Modalität der Einbringung per Telefax" sei jedoch kein Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung enthalten. Insbesondere fehle der Hinweis, dass bei Einbringung mittels Telefax eine Einbringung nur während der Amtsstunden zulässig sei. Es sei daher von einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung im Sinne des § 71 Abs. 1 Z. 2 AVG auszugehen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1 Z. 2 AVG nicht vorlägen, sei die Wiedereinsetzung zu bewilligen gewesen. Die Beschwerdeführer hätten die Rechtsmittelfrist auf Grund von für sie unabwendbaren Ereignissen bzw. unvorhersehbaren Ereignissen versäumt, wobei sie daran kein Verschulden treffe. Den Beschwerdeführern als rechtsunkundigen Laien sei nicht bekannt gewesen und habe auch nicht bekannt sein müssen, dass auf Grund einer Novellierung des AVG die Einbringung eines Rechtsmittels per Telefax voraussetze, dass das Rechtsmittel bereits während der Amtsstunden bei der Behörde eingehe. Zu entsprechenden Erkundigungen bei einem rechtskundigen Berater seien die Beschwerdeführer schon deshalb nicht verpflichtet gewesen, da sie bereits in der Vergangenheit Rechtsmittel per Telefax am letzten Tag der Frist außerhalb der Amtstunden eingebracht hätten und diese Rechtsmittel als rechtzeitig gewertet worden seien. Lediglich der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass die Amtsstunden der Bezirkshauptmannschaft für die Parteien keinesfalls in nachvollziehbarer Form kundgemacht worden seien, sodass von einer gehörigen Kundmachung von Amtsstunden im Verordnungsweg nicht gesprochen werden könne.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 71 Abs. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:
1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder
2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.
Nach § 61 Abs. 1 AVG hat die Rechtsmittelbelehrung anzugeben, ob der Bescheid noch einem weiteren Rechtszug unterliegt oder nicht und bejahendenfalls, innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel einzubringen ist. Sie hat ferner auf die gesetzlichen Erfordernisse der Bezeichnung des angefochtenen Bescheides und eines begründeten Rechtsmittelantrages hinzuweisen.
Nach § 13 Abs. 1 AVG können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen, sofern in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, bei der Behörde schriftlich oder, soweit es der Natur der Sache nach tunlich erscheint, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Schriftliche Anbringen können nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten auch telegraphisch, fernschriftlich, mit Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingebracht werden.
Nach § 13 Abs. 5 AVG ist die Behörde zur Entgegennahme mündlicher oder telefonischer Anbringen, außer bei Gefahr in Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit, zur Entgegennahme schriftlicher Anbringen nur während der Amtsstunden verpflichtet. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind bei der Behörde durch Anschlag kundzumachen. Mit Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingebrachte Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden bei der Behörde einlangen, gelten erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als bei ihr eingelangt.
Im Beschwerdefall wurde eine Berufung mittels Telefax eingebracht. Diese musste, um als rechtzeitig zu gelten, innerhalb der Amtsstunden des letzten Tages der Rechtsmittelfrist eingebracht werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Oktober 2000, 2000/03/0200 mit entsprechender Auseinandersetzung mit der gegenteiligen Auffassung des VfGH). Dass dies nicht der Fall war, wird auch von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Deren Berufungen waren daher verspätet.
§ 61 Abs. 1 AVG sieht nicht vor, dass die Rechtsmittelbelehrung auch einen Hinweis auf die Modalitäten einer Berufungserhebung mittels Telefax zu enthalten hat. Eine falsche Rechtsmittelbelehrung und damit der Wiedereinsetzungsgrund des § 71 Abs. 1 Z. 2 AVG liegen daher nicht vor.
Die Ausführungen der Beschwerdeführer über die Kundmachung der Amtsstunden bei der Bezirkshauptmannschaft Eferding sind unklar. Eine konkrete Behauptung des Inhalts, dass ein Anschlag im Sinne des § 13 Abs. 5 AVG unterblieben sei, enthält die Beschwerde nicht. Abgesehen davon handelt es sich bei den Beschwerdeausführungen über die Kundmachung der Amtsstunden um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung.
Dass sich die Beschwerdeführer nicht über die Rechtslage informiert haben, kann nicht als minderer Grad des Versehens angesehen werden. Auch insofern liegt kein Wiedereinsetzungsgrund vor.
Da bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen lässt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung abzuweisen.
Wien, am 18. Dezember 2000
Schlagworte
BerufungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000100127.X00Im RIS seit
03.04.2001