TE AsylGH Erkenntnis 2012/10/24 D13 421801-1/2011

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Veröffentlicht am 24.10.2012
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Spruch

D13 421801-1/2011/7E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Dajani als Vorsitzenden und den Richter Mag. Auttrit als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, StA. der Russischen Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.09.2011, FZ. 11 07.429-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 Asylgesetz 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe, reiste am 19.07.2011 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz (in weiterer Folge auch als Asylantrag bezeichnet). Hiezu wurde sie am 19.07.2011 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und führte im Wesentlichen aus, dass sie legal unter Vorweis ihres Inlandsreisepasses aus der Russischen Föderation ausgereist sei. In Österreich befinde sich ihre Tochter.

 

Hinsichtlich ihrer Fluchtgründe führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie in XXXX eine Zweizimmerwohnung gehabt und nach der Scheidung ein Zimmer an einen jungen Mann vermietet habe. Dieser sei nach zwei Monaten plötzlich nicht mehr gekommen. Nach ein paar Tagen seien bewaffnete Männer zu ihr gekommen, hätten nach diesem jungen Mann gefragt und ihre Wohnung durchsucht. Sie hätten sie angeschrieen und bedroht und ihr vorgeworfen, dass sie einen Kämpfer untergebracht und unterstützt habe. Trotz ihrer Beteuerungen, nichts von der Kämpfertätigkeit dieses jungen Mannes gewusst zu haben, seien die bewaffneten Männer wieder und wieder gekommen. Sie hätten ihr gedroht, dass sie spurlos verschwinden könne, unabhängig von ihrem Alter. Sie habe Angst bekommen und sei zu ihrem Bruder gefahren, welcher ihr zur Flucht geraten habe. Im Falle der Rückkehr fürchte sie sich vor diesen Männern und habe sie Angst um ihr Leben. Außerdem hoffe sie, ihre Tochter in Österreich wieder zu finden.

 

Am 08.09.2011 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesasylamt im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die tschetschenische Sprache vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter niederschriftlich einvernommen und führte im Wesentlichen aus, dass sie seit ihrer Kindheit an Epilepsie leide, es sich jedoch jetzt etwas gebessert habe. Sie nehme dagegen auch keine Tabletten und sei deswegen auch nie beim Arzt gewesen. Sie habe auch Probleme mit dem Knie, könne jedoch keine Befunde vorlegen. Sie habe ihre Tochter mittlerweile schon getroffen, wisse deren Adresse jedoch nicht. Sie sehe ihre Tochter ab und zu, lebe mit dieser jedoch nicht in einem gemeinsamen Haushalt. Auf Nachfrage, ob Österreich ihr Reiseziel gewesen sei, führte die Beschwerdeführer aus, dass sie den Plan gehabt habe, nach Österreich zu kommen.

 

Ihr Ex-Ehemann sei seit der Hochzeit Alkoholiker gewesen und habe er sie immer unter Druck gesetzt. Er habe sie auch geschlagen und habe sie es erst vor zwei Jahren geschafft, sich von ihm scheiden zu lassen.

 

Zu ihren Fluchtgründen befragt, führte die Beschwerdeführerin neuerlich aus, dass sie ein Zimmer ihrer Zweizimmerwohnung in XXXX an einen jungen Mann vermietet habe - sie habe das Zimmer seit der Scheidung immer vermietet gehabt, doch habe es bisher mit den Mietern keine Probleme gegeben -, wobei sie zu diesem keine Angaben machen könne, da dieser bei ihr ohne irgendwelche Sachen eingezogen sei und nur das, was er direkt bei sich gehabt habe, mitgenommen habe. Sie kenne nicht einmal dessen Namen, da sie nie miteinander gesprochen hätten - er sei in der Früh weggegangen und am Abend wieder gekommen. Dieser junge Mann habe im April und Mai 2011 dieses Zimmer auch bewohnt, sei dann jedoch plötzlich nicht mehr gekommen. Nach ein paar Tagen seien plötzlich drei oder vier bewaffnete und uniformierte Leute gekommen und hätten behauptet, dass der junge Mann ein Rebell gewesen sei. Sie hätten sie gefragt, weswegen sie diesem ein Zimmer vermietet habe. Sie wisse nicht, wer diese Leute gewesen seien, diese hätten sich nicht vorgestellt. Sie haben diesen Leuten immer wieder gesagt, dass sie von dem jungen Mann nichts wisse und auch von dessen Rebellentätigkeit nichts gewusst habe. Diese Uniformierten seien mehrmals zu ihr gekommen, wobei sie nicht sagen könne, wie oft. Jedes Mal wenn sie gekommen seien, hätten sie die ganze Wohnung durchsucht. Diese Männer hätten sie angeschrieen und ihr gar nicht zugehört. Sie hätten sie an die Wand gedrückt und ihr gedroht, dass sie verschwinden oder getötet werden könnte. Im Juni seien sie glaublich das letzte Mal gekommen. Danach habe sie Angst gehabt, weiter in der Wohnung zu bleiben und habe am 12.07.2011 die Ausreise angetreten. Sie habe aber bis zur Ausreise in ihrer Wohnung gewohnt, da sie ihre Verwandten nicht in Schwierigkeiten bringen habe wollen. Zudem habe sie ihren Bruder so verstanden, dass dieser gemeint habe, er habe sie ohnehin zuvor gewarnt, das Zimmer an Fremde zu vermieten, und nun müsse sie selbst schauen, wie sie damit zurecht komme. Dennoch habe ihr Bruder ihr bei der Ausreise geholfen. Sie habe seit der Ausreise keinen Kontakt mehr zu ihren Verwandten (Mutter, zwei Brüder) in Tschetschenien gehabt.

 

Ihre Tochter sei ihr einziges Kind, wobei sie nicht wisse, seit wann sich diese in Österreich aufhalte. Sie habe zu dieser immer telefonischen Kontakt gehabt.

 

Im Falle der Rückkehr wisse sie nicht, was ihr passieren könnte. Sie habe ansonsten niemals Probleme mit der Polizei, den Behörden oder Zivilpersonen in ihrem Heimatland gehabt. Sie könne sich nicht vorstellen, in jenes Dorf zu ziehen, wo ihre Mutter und ihre Brüder leben.

 

Die Beschwerdeführerin legte dem Bundesasylamt ihren russischen Inlandsreisepass vor.

 

Mit Bescheid vom 27.09.2011, Zahl: 11 07.429-BAT, wies das Bundesasylamt den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz sowohl in Bezug auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. ab (Spruchpunkt II.) und wies die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation aus (Spruchpunkt III.). Begründend führte das Bundesasylamt darin aus, dass den Angaben der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer vagen und allgemein gehaltenen Angaben kein Glauben geschenkt werden könne. Die Beschwerdeführerin habe weder angeben können, wie oft die Uniformierten zu ihr gekommen seien noch sei dieser der Name ihres Mieters bekannt gewesen. Zudem sei nicht nachvollziehbar, weswegen die Uniformierten mehrmals kommen hätten sollen, obwohl sie in der gesamten Wohnung niemals Hinweise zu dem jungen Mann gefunden hätten. Weiters hätte diesen klar sei müssen, dass ein tschetschenischer Mann aufgrund der Tradition einer fremden Frau keine Details seiner Pläne und Tätigkeiten berichte, da dies mitunter nicht einmal zwischen Eheleuten der Fall sei. Darüber hinaus stelle der Umstand, dass die Beschwerdeführerin angeblich keinen Kontakt zu ihren Verwandten in Tschetschenien unterhalte, ein massives Indiz dafür dar, dass die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Fluchtgeschichte nicht der Wahrheit entspreche, widrigenfalls sie wohl Informationen einholen würde, was mit ihrer Wohnung passiert sei bzw. ob die Uniformierten nach wie vor nach ihr suchen würden. Zudem seien die Angaben der Beschwerdeführerin in ihren beiden Einvernahmen widersprüchlich gewesen. So habe diese in ihrer Ersteinvernahme am 19.07.2011 ausgeführt, zunächst zu ihrem Bruder gezogen zu sein, um den Verfolgungen zu entgehen, welcher sie dann von der Flucht überzeugt habe. In der Einvernahme am 08.09.2011 habe die Beschwerdeführerin hingegen ausgeführt, bis zu ihrer Ausreise in ihrer Wohnung wohnhaft gewesen zu sein.

 

Selbst wenn die Beschwerdeführerin solchen "Besuchen" durch Uniformierte ausgesetzt gewesen sein soll, so hätte diese die Möglichkeit gehabt, zu ihren Verwandten ins Dorf zu ziehen. Zusammenfassend müsse das Bundesasylamt davon ausgehen, dass die Ausreise der Beschwerdeführerin eher familiäre Hintergründe gehabt habe und in dem Umstand begründet gewesen sei, dass diese zu ihrer einzigen Tochter nach Österreich gewollt habe. Von einer asylrelevanten Verfolgung kann im Fall der Beschwerdeführerin somit nicht ausgegangen werden.

 

Das Vorliegen subsidiärer Schutzgründe habe sich im gesamten Verfahren nicht ergeben und stelle sich die allgemeine Lage in Tschetschenien und der Russischen Föderation auch nicht derart schlecht dar, dass quasi jedermann im Falle der Rückkehr in eine ausweglose Lage geraten würde. Abgesehen davon verfüge die Beschwerdeführerin in Tschetschenien nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte (Mutter, Brüder), weswegen nicht davon auszugehen sei, dass diese im Falle der Rückkehr in eine ausweglose Lage geraten werde.

 

Die Beschwerdeführerin verfüge in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte zu einer zum dauerhaften Aufenthalt berechtigten Person. In Österreich lebe zwar ihre, als Konventionsflüchtling anerkannte Tochter, doch lebe die Beschwerdeführerin mit ihrer Tochter nicht in einem gemeinsamen Haushalt und komme es nur gelegentlich und sporadisch zu Besuchen, weswegen im Fall der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter nicht von einem schützenswerten Familienleben iSd Art. 8 EMRK gesprochen werden könne. Aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführerin in Österreich von lediglich zwei Monaten, könne auch nicht von einer nachhaltigen Integration (Deutschkenntnisse, Mitgliedschaft in einem Verein, Absolvierung von Kursen, private Kontakte) die schwerer als die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung wiegen würden ausgegangen werden, weswegen deren Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet keinen ungerechtfertigten Eingriff in deren gemäß Art. 8 EMRK geschützten Rechte auf Privat- und Familienleben darstelle.

 

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 07.10.2011 fristgerecht das Rechtsmittel einer Beschwerde, in welcher sie den Bescheid in seinem vollen Umfang wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhaltes anfocht und im Wesentlichen Folgendes ausführte:

 

Soweit ihr das Bundesasylamt vorwerfe, dass es nicht glaubwürdig sei, dass sie erst nach zwei Jahren erstmals Probleme wegen des Vermietens ihres Zimmers bekommen habe, müsse sie ausführen, dass sie nicht wegen des Vermietens an sich sondern wegen dieses neuen Mieters Probleme bekommen habe. Auch sei es nachvollziehbar, dass die Uniformierten mehrmals gekommen seien, da sich ihre Wohnung als letzter Wohnsitz dieses jungen Mannes erwiesen habe und die Uniformierten daher zu Recht davon ausgehen haben können, dass der junge Mann dort wieder auftauche oder sie etwas in seinen persönlichen Sachen über seinen Aufenthalt finden könnten. Dass diese dort nichts gefunden haben liege wohl daran, dass ihr Mieter früh genug gewarnt worden und deshalb untergetaucht sei bzw. wichtige Dinge mitgenommen habe. Dass ihr die näheren Umstände dazu nicht bekannt seien, liege - wie schon das Bundesasylamt zu Recht ausgeführt habe - daran, dass sie wenig persönlichen Kontakt mit ihrem Mieter gehabt habe. Ihr angeblicher Widerspruch - vor der Ausreise bei ihrem Bruder gewohnt zu haben bzw. bis zur Ausreise in ihrer Wohnung gelebt zu haben - lasse sich damit erklären, dass sich die Wohnung bis zuletzt in ihrem Besitz befunden und ihren Lebensmittelpunkt dargestellt habe. Ihr Bruder habe ihr die Ausreise nahe gelegt, da er berechtigterweise Angst um den Rest der Familie gehabt habe, da ihr Verbleib in Tschetschenien für diese eine Gefahr bedeutet habe. Die Sicherheitsbehörden hätten nicht aufgehört, sie aufzusuchen, selbst wenn sie den Wohnsitz gewechselt hätte. Diese wären somit auch bei ihrem Bruder aufgetaucht, wäre sie dorthin gezogen. Das Vorgehen ihres Bruders sei ihr verständlich und habe sie dieser auch von Anfang an davor gewarnt, ein Zimmer an Fremde zu vermieten. Unter diesen Umständen sei sie ihrem Bruder dankbar, dass er ihr zumindest bei der Ausreise geholfen habe. Sie möchte mit ihren Verwandten in Tschetschenien auch keinen telefonischen Kontakt mehr haben, da die tschetschenischen Sicherheitsbehörden sicher über die technischen Möglichkeiten verfügen, Telefonate abzuhören und könnte ihr Bruder daher erst recht Probleme wegen ihr bekommen.

 

Hinweisen wolle sie nochmals auf ihre Epilepsie und ihre bestehenden gesundheitlichen Probleme, die ihrer Rückkehr nach Tschetschenien ebenfalls entgegen stehen würden. Sie werde sich bemühen, in nächster Zeit entsprechende Befunde in Vorlage zu bringen.

 

Mit Schriftsatz vom 5.3.2012 langte beim Asylgerichtshof ein klinisch-psychologscher Befundbericht von Frau XXXX vom 29.9.2012 ein, welche eine Posttraumatische Belastungsstörung bei der Beschwerdeführerin diagnostizierte.

 

Am 31.7.2012 fand eine persönliche Untersuchung und Befunderhebung durch Univ. Prof. XXXX statt, welcher durch den Asylgerichtshof zum Sachverständigen bestellt wurde.

 

In seinem Gutachten stellte XXXX fest, dass aus psychiatrischer Sicht eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion zu diagnostizieren sei. Hinweise auf das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung, wie in den Vorbefunden angeführt, hätten sich aber zum nunmehrigen Untersuchungszeitpunkt nicht gefunden. Obwohl die Rückführung in die Russische Föderation entgegen den Wünschen der Beschwerdeführerin zu einer vorübergehenden Verschlechterung der vorhandenen Anpassungsstörung führen könne, sei die Reisefähigkeit aus psychiatrischer Sicht gegeben. Es seien weiters keine psychischen Störungen fassbar gewesen, die die Fähigkeit den Geschäften des täglichen Lebens nachzukommen beeinträchtigen würden. Ebenso sei die Verhandlungs- und Einvernahmefähigkeit gegeben. Hingewiesen wurde weiters auf das sehr einfache Bildungsniveau, den Analphabetismus sowie die sehr einfach strukturierte Persönlichkeit der Beschwerdeführerin. Vage Angaben wären somit nicht durch eine krankheitswertige Störung , sondern eher durch die Persönlichkeitsstruktur erklärbar. Es sei aber keine psychische Erkrankung fassbar gewesen, die die Beschwerdeführerin außerstande setzen würde, das Erlebte wiederzugeben. Eigen oder Fremdgefährdung aufgrund einer psychischen Erkrankung sei nicht fassbar gewesen. Die Bestellung eines Sachwalters sei aber aus psychiatrischer Sicht nicht indiziert.

 

Der Asylgerichtshof erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Beschwerdeführerin samt Beschwerdeschrift.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:

 

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin wird folgendes festgestellt:

 

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe. Sie führt die im Spruch genannte Identität.

 

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu den Fluchtgründen wird den Feststellungen mangels Glaubwürdigkeit nicht zugrunde gelegt. Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführerin in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten bedroht wäre. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung der Beschwerdeführerin in Tschetschenien festgestellt werden.

 

Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführerin im Fall ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre. In diesem Zusammenhang wird insbesondere hervorgehoben, dass die Beschwerdeführerin arbeitsfähig und an keinen schwerwiegenden und in der Heimat nicht behandelbaren oder lebensbedrohlichen Krankheiten leidet, obwohl die Beschwerdeführerin unter einer Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion leidet. Die Reisefähigkeit konnte festgestellt werden. Selbst wenn sich der gesundheitliche Zustand der Beschwerdeführerin verschlechtern sollte, so ist unter Verweis auf die im o.a. Bescheid enthaltenen Länderberichte festzustellen, dass in Tschetschenien und der Russischen Föderation eine ausreichende medizinische Grundversorgung gegeben ist.

 

Die Beschwerdeführerin verfügt in Österreich über kein schützenswertes Privat- oder Familienleben. Sie befindet sich lediglich seit vier Monaten im österreichischen Bundesgebiet und hat in Österreich keine ausreichenden integrativen Maßnahmen gesetzt, welche ihrer Ausweisung in die Russische Föderation entgegenstehen würden.

 

Zu ihrer als Konventionsflüchtling anerkannten und daher zum dauerhaften Aufenthalt in Österreich berechtigten Tochter, besteht keine ausreichende Beziehungsintensität (gemeinsamer Haushalt, finanzielles oder persönliches Abhängigkeitsverhältnis), als dass dieses familiäre Verhältnis als Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK zu beurteilen wäre, weswegen auch dies einer Ausweisung der Beschwerdeführerin nicht entgegensteht.

 

1.2. Zum Herkunftsland der Beschwerdeführerin (Russische Föderation bzw. Tschetschenien) wird Folgendes festgestellt:

 

Der Asylgerichtshof schließt sich im vorliegenden Fall den vom Bundesasylamt getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Situation in der Russischen Föderation bzw. Tschetschenien, die sich - vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles - in unbedenklicher Weise auf verschiedene aktuelle Länderberichte unterschiedlichster Quellen stützen können (vgl. S. 12 - 28 des o.a. Bescheides), an. Die Länderfeststellungen beruhen auf den angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen und besteht für den erkennenden Senat kein Grund an diesen zu zweifeln, sodass der erkennende Senat des Asylgerichtshofes diese zum Bestandteil dieses Erkenntnisses erhebt. Bis zum Entscheidungsdatum sind dem Asylgerichtshof keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen der Ländersituation bekannt geworden.

 

2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus folgender Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen zur Person (Identität) der Beschwerdeführerin, ihrer familiären bzw. privaten Situation und ihrer Staatsangehörigkeit ergeben sich aus dem diesbezüglich glaubwürdigen Vorbringen der Beschwerdeführerin sowie aus der Vorlage ihres (im Verwaltungsakt des Bundesasylamtes in Kopie einliegenden) russischen Inlandsreisepasses. Im vorliegenden Verfahren ist auch kein Grund hervorgekommen, wieso an diesen Angaben zu zweifeln ist.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich den Feststellungen zur Situation in der Russischen Föderation bzw. Tschetschenien an, da sich diese auf verschiedene aktuelle Länderberichte unterschiedlichster Quellen stützen, denen die Beschwerdeführerin auch nicht substantiiert entgegengetreten ist.

 

Das Bundesasylamt hat in der Begründung des Bescheides vom 27.09.2011, Zahl: 11 07.429-BAT, die Ergebnisse eines ordnungsgemäßen und mängelfreien Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage hinsichtlich der behaupteten Flüchtlingseigenschaft klar und übersichtlich zusammengefasst und den rechtlich maßgeblichen Sachverhalt in völlig ausreichender Weise erhoben. Der Asylgerichtshof hat daher auch keine Bedenken gegen die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zum Sachverhalt und schließt sich diesen an. Es konnte folglich nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin Bedrohungshandlungen ausgesetzt war bzw. im Falle ihrer Rückkehr ausgesetzt wäre.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur erkannt, dass es für die Glaubhaftmachung der Angaben des Fremden erforderlich ist, dass er die für die ihm drohenden Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert (vgl. VwGH 26.06.1997, 95/21/0294, 95/18/1291) und dass diese Gründe objektivierbar sind (vgl. VwGH 05.04.1995, 93/18/0289), wobei zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des "Glaubhaftseins" der Aussage des Asylwerbers selbst wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. auch VwGH 23.01.1997, 95/20/30303, 0304). Damit ist die Pflicht des Antragstellers verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen für eine Asylgewährung spricht, um diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefern. Insoweit trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht (s.a. VwGH 11.11.1991, 91/19/0143, 13.04.1988 86/01/0268). Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

 

Sofern daher einzelne Sachverhaltselemente ihre Wurzeln im Ausland haben, ist die Mitwirkungspflicht in dem Maß höher, als die Pflicht der Behörde zur amtswegigen Erhebung wegen des Fehlens entsprechender Möglichkeiten geringer ist (vgl. VwSlg. 6511 F 1990).

 

Das Bundesasylamt hat im o.a. Bescheid vom 27.09.2011 bereits in seiner Beweiswürdigung völlig schlüssig dargelegt, dass die von der Beschwerdeführerin präsentierte Fluchtgeschichte bzw. Bedrohungssituation aufgrund der nicht nachvollziehbaren Angaben der Beschwerdeführerin nicht der Wahrheit entsprechen kann und als nicht den Tatsachen entsprechend gewertet werden muss. Wie das Bundesasylamt in schlüssiger Weise ausgeführt hat, handelt es sich bei den Angaben der Beschwerdeführerin in ihrem Asylverfahren offensichtlich um ein frei erfundenes Fluchtvorbringen ohne jeglichen Wahrheitsgehalt.

 

Auch der erkennende Senat des Asylgerichthofes muss im Einklang mit der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes zu dem Ergebnis gelangen, dass den Fluchtausführungen der Beschwerdeführerin keinerlei Glaubwürdigkeit beigemessen werden kann. Die Beschwerdeführerin ist weder in ihrer Ersteinvernahme am 19.07.2011 noch in ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 08.09.2011 in der Lage gewesen, ihre Fluchtgeschichte ausführlich und nachvollziehbar darzulegen. Vielmehr hat die Beschwerdeführerin beim erkennenden Senat den Eindruck entstehen lassen, den von Seiten des einvernehmenden Organwalters gezielt gestellten Nachfragen ausweichen zu wollen. Offensichtlich hat die Beschwerdeführerin durch das Auslassen näherer Details ihrer angeblichen Fluchtgeschichte vermeiden wollen, sich in ihren Einvernahmen in Widersprüche zu verstricken.

 

Die Angaben der Beschwerdeführerin sind auch hinsichtlich der Anzahl sowie des Beginns und des Endes der Besuche durch die Uniformierten wenig aussagekräftig geblieben. Weder ist es der Beschwerdeführerin möglich gewesen anzugeben, wann diese Männer das erste Mal gekommen sind (vgl. AS 65: "Zwei Monate hat er bei mit gewohnt, am Ende kam er einmal vier Tage nicht mehr heimgekommen. Da standen eines Tages drei oder vier Leute vor meiner Tür und haben angeklopft." Frage:

"Können Sie sich erinnern, wann das gewesen ist?" Antwort: "Der hat bei mit April - Mai gewohnt, und danach kamen diese Leute."), noch wie oft diese gekommen sind (vgl. AS 67: "mehrmals" und "immer wieder") oder wann der letzte "Besuch" stattgefunden hat (vgl. AS 69: "Ich glaube, im Monat Juni."). Nun mag es für den zuständigen Senat noch verständlich sein, dass man - vor allem in Hinblick auf die Einfache Persönlichkeitsstruktur der Beschwerdeführerin - sich nicht das genaue Datum und die exakte Uhrzeit solcher Besuche merken kann, doch stellen diese Besuche einerseits doch sehr einschneidende Erlebnisse im Leben der Beschwerdeführerin dar, die diese angeblich auch zur Flucht bewogen haben sollen, weswegen wohl davon ausgegangen werden kann, dass der Beschwerdeführerin der Beginn dieser Belästigungen sowie deren Intensität genauer in Erinnerung bleiben hätte müssen als die allgemeine Umschreibung "mehrmals". Andererseits liegen diese Erlebnisse noch nicht so weit zurück, dass das Vergessen solcher Details in der seither vergangenen Zeit begründet gesehen werden kann. Vielmehr haben diese Ausführungen beim zuständigen Senat den Eindruck entstehen lassen, dass die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Fluchtgründe nicht der Wahrheit entsprechen und es ihr deswegen nicht möglich gewesen ist, detailliertere Angaben zu machen.

 

Im Zuge seiner Überlegungen ließ der erkennende Senat nicht außer Acht, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Person mit einfach strukturierter Persönlichkeit und kaum vorhandener Bildung handelt. Jedoch wurde im Gutachten von XXXX festgestellt, dass die Beschwerdeführerin sehr wohl in der Lage sein müßte das Erlebte grundsätzlich wiederzugeben. Selbst wenn man ein beginnendes dementielles Geschehen nicht mit Sicherheit ausschließen kann (vgl. Gutachten Seite 10) und vage Aussagen mit der Persönlichkeitsstruktur der Beschwerdeführerin erklärt werden können (vgl. Gutachten Seite 12) , kann das Vorbringen der Beschwerdeführerin keinesfalls mit einer Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin in Einklang gebracht werden. Dies aus folgenden Gründen:

 

Unabhängig von der mangelnden Detailtiefe im Vorbringen der Beschwerdeführerin, hat sich deren Fluchtgeschichte aber auch als unschlüssig und nicht nachvollziehbar dargestellt. Für den erkennenden Senat des Asylgerichtshofes stellt es sich insbesondere nicht als glaubwürdig dar, dass der Beschwerdeführerin weder der Name noch die sonstige Identität ihres Mieters bekannt sein will (vgl. AS 65 und 67 des Verwaltungsaktes des Bundesasylamtes). Insbesondere im Hinblick auf die nachvollziehbaren und verständlichen Warnungen ihres Bruders, dass das Vermieten eines Zimmers an unbekannte Männer gefährlich sein könnte, kann aus Sicht des zuständigen Senates davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin zumindest grundlegende Informationen über ihre Mieter eingeholt oder sich zumindest deren Namen notiert hätte. Selbst wenn die Beschwerdeführerin diesen jungen Mann lediglich sporadisch gesehen haben will, da dieser angeblich nur die Nächte in der Wohnung verbracht haben soll, stellt es sich für den erkennenden Senat als unglaubwürdig dar, dass der Beschwerdeführerin gar nichts über ihren Mieter bekannt gewesen sein soll. Dagegen vermag auch das Argument der Beschwerdeführerin - aufgrund der tschetschenischen Tradition sei es nun einmal so, das Frauen die Tätigkeiten von Männern nicht hinterfragen und es zwischen diesen keinen wirklichen Gesprächsaustausch gebe - nichts zu bewirken, da gerade im Hinblick auf die in Tschetschenien herrschenden und festgefahrenen patriarchalischen Strukturen nicht davon auszugehen ist, dass sich alleinstehende Frauen wildfremde Männer in ihre Wohnungen einmieten. Für den zuständigen Senat stellt es sich somit nicht nur im Hinblick auf die Sicherheit der Beschwerdeführerin als unglaubwürdig dar, dass sich diese einen ihr gänzlich unbekannten Mann, von welchem ihr nicht einmal der Vorname bekannt sein will, in ein Zimmer ihrer Wohnung einmietet, sondern lässt insbesondere die tschetschenische Gesellschaft, die das Zusammenwohnen einer alleinstehenden Frau mit einem ihr wildfremden Mann wohl mehr als verpönen würde, das Gesamtvorbringen der Beschwerdeführerin massiv unglaubwürdig wirken.

 

In diesem Zusammenhang stellt es sich für den erkennenden Senat weiters als massiv unglaubwürdig dar, dass der junge Mieter der Beschwerdeführerin, laut ihren Angaben angeblich lediglich mit den bei sich getragenen Sachen in das Zimmer eingezogen sein soll (vg. AS 67). Selbst wenn es sich bei dem jungen Mann um einen Rebellen gehandelt haben soll, der keine Spuren hinterlassen wollte und deswegen keinerlei persönliche Gegenstände in ein möbliert zur Verfügung gestelltes Zimmer mitgenommen hat, kann wohl davon ausgegangen werden, dass dieser zumindest etwas Gewand und Toiletteartikel in seinem Zimmer aufbewahrt hätte. Insbesondere hätte es sich für die Beschwerdeführerin - welche laut eigenen Angaben dieses Zimmer bereits seit zwei Jahren an verschiedene Personen vermietet haben will und welche daher etwas Erfahrung im Verhalten von Mietern und der Mitnahme von persönlichen Gegenständen gehabt haben hätte müssen - als befremdlich darstellen müssen, dass ein junger Mann ohne jegliches Hab und Gut in ein Zimmer einzieht und dieses lediglich zum Schlafen benützt haben soll.

 

Zudem können die Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde nicht mit ihren Angaben vor dem Bundesasylamt, der junge Mann sei nur mit den bei sich getragenen Sachen eingezogen und habe während seines zweimonatigen Aufenthaltes auch nichts in sein Zimmer gebracht, in Einklang gebracht werden. In der Beschwerde hat die Beschwerdeführerin wörtlich Folgendes ausgeführt: "Mein Untermieter scheint auf die Gefahr rechtzeitig aufmerksam geworden zu sein, ansonsten wäre er ja auch nicht untergetaucht. Wichtige Gegenstände wird er dabei mitgenommen haben." (vgl. AS 183). Für den erkennenden Senat des Asylgerichtshofes ist in diesem Zusammenhang jedoch nicht nachvollziehbar, wie eine Person, die lediglich mit den am Leib befindlichen Sachen - was wohl näher betrachtet lediglich die Kleidung, Schuhe und etwa in die Hosentaschen passende Dokumente bedeuten kann - in ein Zimmer eingezogen ist und in dieses auch während ihres zweimonatigen Aufenthaltes keine Dinge verbracht hat, in der Lage sein soll, "Gegenstände" - wobei der Begriff an sich bereits auf größere physische Dinge schließen lässt - bei seinem überstürzen Auszug wieder mitzunehmen. Zudem lässt die Wortfolge "wichtige Gegenstände" aus Sicht des erkennenden Senates darauf schließen, dass "unwichtige" Gegenstände des jungen Mannes in dem Zimmer verblieben sind. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen der Beschwerdeführerin ist somit in keiner Weise mit ihren Angaben vor dem Bundesasylamt in Einklang zu bringen.

 

In Summe haben sich die Angaben der Beschwerdeführerin bereits auf dieser Grundebene als derart lebensfern, unplausibel und widersprüchlich dargestellt, dass dem gesamten darauf aufbauenden Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin von Seiten des erkennenden Senates kein Glauben geschenkt werden kann.

 

Dabei fällt auch ins Auge, dass die Beschwerdeführerin laut eigenen Angaben am 12.07.2011 ihre Wohnung in XXXX verlassen haben will, die "Besuche" durch die Uniformierten jedoch bereits im Juni 2011 geendet haben sollen. Für den erkennenden Senat des Asylgerichtshofes stellt es sich zwar noch als nachvollziehbar dar, dass solche Besuche durch fremde, uniformierte Männer eine einschüchternde Wirkung auf eine alleinstehende Frau haben mögen, doch ist es für den zuständigen Senat nicht nachvollziehbar, weswegen die Beschwerdeführerin angeblich zahlreiche solcher Besuche über sich ergehen hat lassen und erst nahezu einen Monat nach Ende dieser Besuche ihre Wohnung aufgrund angeblich großer Angst vor weiteren "Besuchen" verlassen haben will, um nach Europa zu fliehen. Mit anderen Worten stellt der Umstand, dass die Beschwerdeführerin zwar angegeben hat, durch die einschüchternden Besuche große Angst gehabt zu haben, in ihrer Wohnung zu bleiben (vgl. AS 69), diese jedoch erst einen Monat nach Beendigung dieser Besuche verlassen haben will, ein massives Indiz für die Gesamtunglaubwürdigkeit der Fluchtgeschichte der Beschwerdeführerin dar.

 

Für den erkennenden Senat stellt es sich in diesem Zusammenhang zudem auch nicht glaubwürdig dar, dass die Sicherheitskräfte tatsächlich ein Interesse an der Person der Beschwerdeführerin gehabt haben sollen. Selbst wenn die Angaben der Beschwerdeführerin der Wahrheit entsprechen sollten, so kann davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin lediglich als Vermieterin Opfer dieser "Besuche" gewesen ist und die Sicherheitskräfte dort lediglich deswegen Nachschau gehalten haben, da dies der letzte Aufenthaltsort des jungen Mannes gewesen sein soll. Offensichtlich hat man sich von der Beschwerdeführerin Informationen über den jungen Mann und dessen nunmehrigen Aufenthaltsort erhofft bzw. ist man davon ausgegangen, in der Wohnung der Beschwerdeführerin nähere Details zu dem jungen Mann in Erfahrung bringen zu können. Dass der junge Mann jedoch keinerlei persönliche Gegenstände, Unterlagen oder Dokumente bei der Beschwerdeführerin aufbewahrt hat, hätte den Sicherheitskräften bereits bei ihrem ersten Besuch auffallen können bzw. hätten diese nach einigen Besuchen einerseits feststellen können, dass sich an der Situation bei der Beschwerdeführerin nichts ändert - der junge Mann taucht bei dieser nicht mehr auf und es finden sich dort auch nicht mehr persönliche Dinge von diesem als bei der ersten Wohnungsdurchsuchung - andererseits hätten diese wohl an den Aussagen der Beschwerdeführerin erkennen können, dass ihr einerseits die Identität des jungen Mannes und dessen Tätigkeit als Rebelle und andererseits dessen Aufenthaltsort gänzlich unbekannt sind. Mit anderen Worten kann selbst bei Glaubwürdigkeit der Angaben der Beschwerdeführerin davon ausgegangen werden, dass es sich um ein temporäres und zeitlich sehr begrenztes Problem der Beschwerdeführerin gehandelt hätte und für die Person der Beschwerdeführerin keinerlei Gefahr von Seiten der Sicherheitskräfte ausgegangen ist bzw. sie nicht ins Visier der Behörden geraten ist. Dafür spricht insbesondere auch, dass die "Besuche" durch die Uniformierten laut Angaben der Beschwerdeführerin lediglich im Monat Juni 2011 stattgefunden haben können (der junge Mann soll im April und Mai bei ihr gewohnt haben und dann verschwunden sein, danach hätten die Besuche durch die Uniformierten angefangen - vgl. AS 65; im Juni soll jedoch auch der letzte Besuch der Uniformierten gewesen sein - vgl. AS 69). Den Sicherheitskräften ist somit bereits nach wenigen Tagen oder Wochen bewusst geworden, dass von Seiten der Beschwerdeführerin keine weiteren Informationen zu erwarten sind, weswegen man diese in weiterer Folge bis zu ihrer Ausreise auch nicht mehr aufgesucht hat.

 

Dafür, dass die Person der Beschwerdeführerin keiner Verfolgung durch die Sicherheitskräfte ausgesetzt (gewesen) ist und diese - selbst bei angenommener Glaubwürdigkeit ihrer Fluchtgründe - lediglich als Mittelfigur bei der Suche nach dem jungen Mann zwischen die Fronten geraten ist, spricht zudem insbesondere der Umstand, dass der Beschwerdeführerin laut eigenen Angaben, die legale Ausreise aus der Russischen Föderation unter Vorweis ihres russischen Inlandsreisepasses möglich gewesen ist. Sollte die Beschwerdeführerin tatsächlich von Seiten der tschetschenischen Sicherheitsbehörden verfolgt werden, so kann aus Sicht des erkennenden Senates ausgeschlossen werden, dass dieser die Ausreise aus der Russischen Föderation auf legalem Wege möglich gewesen wäre.

 

Weiters ist für den erkennenden Senat auch nicht glaubwürdig, dass die Verwandten der Beschwerdeführerin dieser keinen Schutz angedeihen lassen hätten wollen (vgl. AS 69). Gerade in den tschetschenischen Teips hat der Familienzusammenhalt einen sehr großen Stellenwert und stellt es sich für den zuständigen Senat daher als äußerst zweifelhaft dar, dass eine alleinstehende Frau, die von den Sicherheitskräften massiv bedroht werden soll, tatsächlich von ihren Brüdern und ihrer Mutter im Stich gelassen worden sein soll.

 

Zusammenfassend muss der erkennende Senat des Asylgerichtshofes daher zu dem Schluss kommen, dass den Fluchtangaben der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer massiv oberflächlichen, vagen, unsubstantiierten und detailarmen, aber auch unschlüssigen und unplausiblen Ausführungen jegliche Glaubwürdigkeit zu versagen gewesen ist. Der Beschwerdeführerin ist es mit ihren Angaben somit in keinerlei Hinsicht gelungen, glaubhaft, schlüssig und nachvollziehbar darzulegen, in Tschetschenien einer Verfolgung ausgesetzt (gewesen) zu sein. Für den erkennenden Senat des Asylgerichtshofes hat sich vielmehr der Eindruck erhärtet, die Beschwerdeführerin hat Tschetschenien nicht wegen einer tatsächlichen Gefährdung oder Bedrohung, sondern wegen des Wunsches verlassen, ihr Leben gemeinsam mit ihrer bereits seit dem Jahr 2004 in Österreich aufhältigen, einzigen Tochter verbringen zu können. Dafür spricht auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin selbst angegeben hat, von Anfang an den Plan gehabt zu haben, nach Österreich zu kommen und Österreich ihr Zielland gewesen sei (vgl. AS 61). Die Beschwerdeführerin hat somit ganz offensichtlich eine asylzweckbezogene "Fluchtgeschichte" bzw. Bedrohungssituation ohne jeglichen Wahrheitsgehalt konstruiert.

 

Das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschwerdeschrift konnte der schlüssigen und nachvollziehbaren Beweiswürdigung des Bundesasylamtes nichts in glaubwürdiger Weise entgegen setzen.

 

Das Bundesasylamt ist daher zu Recht von einem unglaubwürdigen Vorbringen der Beschwerdeführerin ausgegangen.

 

Auch aus den im o.a. Bescheid festgestellten Länderberichten ergibt sich eindeutig, dass eine Gruppenverfolgung ethnischer Tschetschenen nicht existiert. Auch hat sich die allgemeine Lage in Tschetschenien in gewissem Ausmaß stabilisiert, die Zahl von Übergriffen und Menschenrechtsverletzungen ist insgesamt gesehen eindeutig zurückgegangen, die Phase der aktuellen Krisensituation ist vorbei. Auch das Bestehen einer Grundversorgung ergibt sich aus den Quellen eindeutig. Für die allgemeine Stabilisierung der Lage ist auch die Entscheidungspraxis in den anderen europäischen Staaten bezeichnend, die mehrheitlich eine Anerkennungsquote von Asylwerbern aus Tschetschenien von unter 10% aufweisen (Irland, Schweden, Norwegen, Schweiz, Deutschland; vgl. Herzog/Liebinger in die innerstaatliche Fluchtalternative - ein Rechtsvergleich "Pro Libris Verlag").

 

Der Asylgerichtshof verkennt dabei andererseits nicht, dass das Regime von Kadyrow eindeutig diktatorische Züge hat, und dass weiterhin mannigfaltige Bedrohungsszenarien in Tschetschenien bestehen und (auch schwere) Menschenrechtsverletzungen geschehen können. Diese Szenarien rechfertigen in vielen Fällen die Gewährung von Asyl und entspricht dies auch der ständigen Praxis der entscheidenden Richter des Asylgerichtshofes in diesem Zusammenhang. Im Ergebnis ist die aktuelle Situation in Tschetschenien daher dergestalt, dass weder von vornherein Asylgewährung generell zu erfolgen hat, noch dass eine solche nunmehr regelmäßig auszuschließen sein wird. Die allgemeine Lage in Tschetschenien erlaubt nunmehr auch die Erlassung von negativen Entscheidungen zur Abschiebung in Fällen, in denen eine solche individuelle Verfolgung nicht anzunehmen ist.

 

Im vorliegenden Fall konnten individuelle Fluchtgründe nicht glaubhaft gemacht werden. Die allgemeine Situation in Tschetschenien ist so, dass der Beschwerdeführerin eine gefahrlose Rückkehr zuzumuten sein wird. Wäre eine Situation einer systematischen Verfolgung weiterer Bevölkerungsschichten derzeit gegeben, wäre jedenfalls anzunehmen, dass vor Ort tätige Organisationen, wie jene der Vereinten Nationen, diesbezügliche Informationen an die Öffentlichkeit gegeben hätten. Eine allgemeine Gefährdung von allen Rückkehrern wegen des Faktums ihrer Rückkehr lässt sich aus den Quellen ebenso wenig folgern.

 

Die Feststellungen zu familiären oder privaten Bindungen der Beschwerdeführerin in Österreich basieren auf den diesbezüglichen glaubwürdigen Angaben der Beschwerdeführerin in ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 08.09.2011, in welcher sich angegeben hat, dass sie mit ihrer Tochter nicht in einem gemeinsamen Haushalt lebe und es lediglich sporadisch zu gegenseitigen Besuchen komme (vgl. AS 77). Über sonstige familiäre Anknüpfungspunkte verfügt die Beschwerdeführerin in Österreich nicht. Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin in der Einvernahme am 08.09.2011 auch ausgeführt, weder Deutsch zu sprechen, noch eine Ausbildung begonnen oder eine Arbeit gefunden zu haben (vgl. AS 77), weswegen - neben der kurzen Aufenthaltsdauer von lediglich vier Monaten - davon ausgegangen werden kann, dass sich die Beschwerdeführerin in Österreich nicht nachhaltig integriert hat.

 

Hinsichtlich der gesundheitlichen Situation der Beschwerdeführerin ist auszuführen, dass diese zwar angegeben hat, seit ihrer Kindheit an Epilepsie zu leiden, doch kann diesem Vorbringen der Beschwerdeführerin kein Glauben geschenkt werden. Dies insbesondere deswegen, da sich die Beschwerdeführerin laut eigenen Angaben deswegen noch nie in ärztliche Behandlung begeben hat und auch keine Medikamente dagegen nimmt (vgl. AS 79). Für den erkennenden Senat stellt es sich jedoch als ausgeschlossen dar, dass ein Epileptiker wegen seiner Erkrankung niemals in ärztlicher Behandlung gewesen sein will bzw. seine Erkrankung ohne Einnahme von Medikamenten unter Kontrolle haben will. Mangels Vorlage eines entsprechenden Befundes muss der erkennende Senat somit davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin nicht an Epilepsie leidet.

 

Auch hinsichtlich der übrigen, von der Beschwerdeführerin in Geltung gebrachten körperlichen Beschwerden (Kopfschmerzen, Knieschmerzen, Augen-, Bein- und Ohrenschmerzen), muss der erkennende Senat davon ausgehen, dass diese von der Beschwerdeführerin lediglich refoulementzweckbezogen in den Raum gestellt worden sind, ohne dass diese Beschwerden tatsächlich der Wahrheit entsprechen. Dies insbesondere deswegen, da die Beschwerdeführerin weder in ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 08.09.2011 noch in ihrer Beschwerde in der Lage gewesen ist, entsprechende Befunde in Vorlage zu bringen. Zudem würden diese, von der Beschwerdeführerin angegebenen allgemeinen Beschwerden einem Refoulement der Beschwerdeführerin nach Tschetschenien ohnehin nicht entgegenstehen, da diese die unbestreitbar hohe Schwelle des Art. 3 EMRK nicht erreichen.

 

Die Feststellungen zum psychischen Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin beruhen auf dem Psychiatrisch-Neurologischen Gutachten des XXXX. Das Gutachten ist ausführlich, widerspruchsfrei und schlüssig sowie nachvollziehbar aufgebaut.. Das Sachverständigen-Gutachten von XXXX erweist sich darüber hinaus nicht nur aktueller als der Befundbericht von XXXX; auch weist der Befundbericht im Vergleich zum Sachverständigen-Gutachten einen weitaus geringeren Umfang auf. Im Übrigen ist die Beschwerdeführerin dem Sachverständigen-Gutachten auch nicht inhaltlich entgegen getreten, weshalb die Ergebnisse des Gutachtens den Feststellungen zugrunde gelegt werden konnten.

 

Die Behandelbarkeit der vorgebrachten Erkrankungen in der Russischen Föderation ergibt sich aus den vorgelegten Länderberichten.

 

Auch der Beschwerde vermag der Asylgerichtshof keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen, weshalb die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof unterbleiben konnte, da der maßgebende Sachverhalt durch die Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war (vgl. § 41 Abs. 7 AsylG iVm § 67d AVG idgF).

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG wäre der Sachverhalt lediglich dann nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 2.3.2006, Zl. 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.1.2003, Zl. 2002/20/0533; 12.06.2003, Zl. 2002/20/0336).

 

Im Ergebnis war daher der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes zuzustimmen.

 

3. Rechtlich ergibt sich daraus:

 

3.1. Gemäß § 23 AsylGHG idF BGBl. I Nr. 147/2008 sind - soweit sich aus dem AsylG 2005 nichts anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005 idgF ist das AsylG 2005 am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren. Da der vorliegende Antrag auf internationalen Schutz erst am 19.07.2011 gestellt wurde, kommt das AsylG 2005 zur Anwendung.

 

Gemäß § 66 Abs.4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

3.2. Zum Status der Asylberechtigten:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Der Status eines Asylberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen. Diese liegen vor, wenn sich jemand aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, der Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Ebenso liegen die Voraussetzungen bei Staatenlosen, die sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befinden und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt sind, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/011). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.2.1997, 95/01/0454; 9.4.1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr -Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl VwGH 18.4.1996, 95/20/0239; vgl. auch VwGH 16.2.2000, 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose.

 

Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. dazu VwGH 9.3.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99720/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.6.1994, 94/19/0183; 18.2.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn die Entscheidung erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 9.3.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Das Bundesasylamt hat im o.a. Bescheid vom 27.09.2011 bereits in seiner Beweiswürdigung völlig schlüssig dargelegt, dass die Angaben der Beschwerdeführerin nicht den Tatsachen entsprechen können. Das gesamte Vorbringen der Beschwerdeführerin, in ihrem Herkunftsstaat einer Verfolgung ausgesetzt zu sein, stellt - wie schon das Bundesasylamt zu Recht festgestellt hat - keinen den Tatsachen entsprechenden Sachverhalt dar (siehe oben II.2.). Wie bereits oben ausführlich dargetan, war es der Beschwerdeführerin mit ihren Angaben nicht möglich, glaubwürdig eine ihr in Tschetschenien drohende Verfolgung darzulegen. Wie das Bundesasylamt in schlüssiger Weise ausgeführt hat, handelt es sich bei den Angaben der Beschwerdeführerin in ihrem Asylverfahren offensichtlich um ein frei erfundenes Fluchtvorbringen ohne jeglichen Wahrheitsgehalt.

 

Im Ergebnis hat das Bundesasylamt demzufolge zu Recht ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen eine konkrete und aktuelle Verfolgung oder drohende Verfolgung aus den in der GFK taxativ aufgezählten Gründen nicht glaubhaft zu machen vermocht hat. Daher ist insgesamt der ausführlichen und schlüssigen Beweiswürdigung des Bundesasylamtes und dessen Schlussfolgerung zu folgen, wonach die Beschwerdeführerin aufgrund der von ihr vorgebrachten Gründe keiner Verfolgung oder Bedrohung in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien ausgesetzt ist und aufgrund des Vorbringens der Beschwerdeführerin kein asylrelevanter Sachverhalt als Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG 2005 festgestellt werden konnte. Die Beschwerdeführerin konnte daher nicht darlegen, dass sie in ihrem Herkunftsstaat konkrete Verfolgungsmaßnahmen von gewisser Intensität zu befürchten hätte und sind die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt.

 

Auch mit ihrem Beschwerdevorbringen konnte die Beschwerdeführerin der ausführlichen und schlüssigen Beweiswürdigung und den einschlägigen Argumenten des Bundesasylamtes nichts in schlüssiger Weise entgegensetzen.

 

Somit war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.

 

3.3. Zum Status der subsidiär Schutzberechtigten:

 

Wird einem Fremden der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt, hat die Behörde von Amts wegen zu prüfen, ob dem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist.

 

§ 8 Abs. 3 iVm § 11 Abs. 1 AsylG beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Teil des Herkunftsstaates des Antragstellers, in dem für den Antragsteller keine begründete Furcht vor Verfolgung und keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht. Gemäß § 1 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter dem Herkunftsstaat der Staat zu verstehen, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder im Falle der Staatenlosigkeit, der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.

 

Wird der Antrag auf internationalen Schutz eines Fremden in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ordnet § 8 Abs. 1 AsylG an, dass dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, wenn eine mögliche Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat für ihn eine reale Gefahr einer Verletzung in seinem Recht auf Leben (Art. 2 EMRK iVm den Protokollen Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe) oder eine Verletzung in seinem Recht auf Schutz vor Folter oder unmenschlicher Behandlung oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Art. 3 EMRK) oder für den Fremden als Zivilperson eine reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, Zl. 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

 

Nach der Judikatur des EGMR obliegt es der betroffenen Person, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle einer Abschiebung behauptet, so weit als möglich Informationen vorzulegen, die den innerstaatlichen Behörden und dem Gerichtshof eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlauben (vgl. EGMR vom 05.07.2005 in Said gg. die Niederlande). Bezüglich der Berufung auf eine allgemeine Gefahrensituation im Heimatstaat, hat die betroffene Person auch darzulegen, dass ihre Situation schlechter sei, als jene der übrigen Bewohner des Staates (vgl. EGMR vom 26.07.2005 N. gg. Finnland).

 

Das Vorliegen eines tatsächlichen Risikos ist von der Behörde im Zeitpunkt der Entscheidung zu prüfen (vgl. EGMR vom 15.11.1996 in Chahal gg. Vereinigtes Königsreich).

 

Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Ob die Verwirklichung der im Zielstaat drohenden Gefahren eine Verletzung des Art. 3 EMRK durch den Zielstaat bedeuten würde, ist nach der Rechtsprechung des EGMR nicht entscheidend.

 

Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Asylwerbers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.

 

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen.

 

Den Fremden trifft somit eine Mitwirkungspflicht, von sich aus das für eine Beurteilung der allfälligen Unzulässigkeit der Abschiebung wesentliche Tatsachenvorbringen zu erstatten und dieses zumindest glaubhaft zu machen. Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer derartigen Gefahr ist es erforderlich, dass der Fremde die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert und, dass diese Gründe objektivierbar sind.

 

Weder aus den Angaben der Beschwerdeführerin zu den Gründen, die für ihre Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat maßgeblich gewesen sein sollen, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.8.2001, Zl. 2000/01/0443).

 

Es ist nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin nach ihrer Rückkehr nach Tschetschenien in eine ausweglose Lebenssituation geraten könnte, zumal es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Frau (auf die entsprechenden Ausführungen in der Beweiswürdigung darf verwiesen werden) handelt, die an keinen gegenständliche relevanten schweren oder chronischen Erkrankungen leidet. Der Beschwerdeführerin ist es bereits vor ihrer Ausreise aus Tschetschenien möglich gewesen, ihren Lebensunterhalt aus Eigenem zu bestreiten und ist davon auszugehen, dass diese auch im Falle der Rückkehr das für ihr Überleben Notwendige erwirtschaften können wird. Zudem verfügt die Beschwerdeführerin in Tschetschenien nach wie vor über eine familiäre Infrastruktur, da sich ihre beiden Brüder sowie ihre Mutter nach wie vor in Tschetschenien aufhalten und kann davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle der Rückkehr von ihren Verwandten

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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