Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Melissa S*****, geboren am 3. Dezember 1996, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding, über den „außerordentlichen" Revisionsrekurs des Vaters Michael E*****, vertreten durch GKP Gabl Kogler Papesch Leitner Rechtsanwälte OG, Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 21. Juli 2009, GZ 6 R 223/09z-U24, womit der Rekurs des Vaters gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Schärding vom 2. Juni 2009, GZ 1 P 100/03h-U19, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Minderjährige beantragte, den Vater - zusätzlich zum monatlichen Unterhalt - im Rahmen der Deckung eines Sonderbedarfs (kieferorthopädische Behandlung) zur Zahlung von insgesamt 2.654,80 EUR zu verpflichten.
Das Erstgericht gab diesem Antrag statt.
Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs des Vaters als verspätet zurück und sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Das Erstgericht legte den vom Vater gegen den Beschluss des Rekursgerichts erhobenen „außerordentlichen" Revisionsrekurs unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.
Diese Vorgangsweise widerspricht der Rechtslage. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Dies gilt auch für verfahrensrechtliche Entscheidungen (RIS-Justiz RS0010504) - hier:
die Zurückweisung eines Rekurses als verspätet (RIS-Justiz RS0010054 [T8]). Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts - beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen (Zulassungsvorstellung), den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; die Zulassungsvorstellung, die mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses verbunden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs - entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts - für zulässig erachtet wird. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch die Zurückweisung eines Rekurses durch das Rekursgericht mangels einer dem § 519 Abs 1 Z 1 ZPO vergleichbaren Regelung nicht jedenfalls, sondern nur unter den Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG anfechtbar ist (RIS-Justiz RS0120974 [T7], RS0007169). Im vorliegenden Fall übersteigt der Gegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, nicht 20.000 EUR. Eines Bewertungsausspruchs des Rekursgerichts nach § 59 Abs 2 AußStrG bedarf es nicht, weil der Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist und ausschließlich in einem Geldbetrag besteht. Das Rechtsmittel des Vaters war daher dem Obersten Gerichtshof nicht vorzulegen, weil im Streitwertbereich des § 63 AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch des § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz sofort vorzulegen sind (§ 69 Abs 3 AußStrG). Dies gilt auch, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches" bezeichnet wird und direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist (10 Ob 82/07t mwN).
Das Erstgericht wird daher den Revisionsrekurs des Vaters dem Rekursgericht vorzulegen haben. Ob der darin gestellte Antrag, der Oberste Gerichtshof möge den Revisionsrekurs für zulässig erachten, den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (6 Ob 142/06k mwN).
Anmerkung
E923759Ob77.09bEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0090OB00077.09B.1029.000Zuletzt aktualisiert am
28.12.2009