Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Oktober 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Metzler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Sekou K***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG, § 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Juli 2009, GZ 061 Hv 38/09t-17, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen - auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthaltenden - Urteil wurde Sekou K***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG und § 15 StGB (A./) sowie des Vergehens (richtig: der Vergehen) des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (B./) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien vorschriftswidrig
A./ Suchtgift in einer die Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Menge (ergänze:) von jedenfalls mehr als 3 Gramm Reinsubstanz (US 11) in gewerbsmäßiger Begehung und trotz einer Verurteilung im Sinne des § 28a Abs 1 SMG anderen
I./ überlassen, indem er von etwa Mitte 2007 bis zum 13. Juni 2009 in regelmäßig wiederholten Angriffen insgesamt zumindest 102 Gramm Heroin zum Grammpreis von etwa 35 Euro an Philipp Ko***** und Christoph A***** verkaufte;
II./ zu überlassen versucht, indem er am 22. Juni 2009 12 Kugeln mit insgesamt ca 11 Gramm Kokain oder Heroin (brutto) für den geplanten unmittelbaren Weiterverkauf an Philipp Ko***** und andere bereit hielt;
B./ von Anfang 2009 bis zum 22. Juni 2009 Suchtgift, nämlich wöchentlich etwa 4 Gramm Marihuana für den Eigenkonsum erworben und besessen.
Rechtliche Beurteilung
Erkennbar ausschließlich gegen die Schuldsprüche A./I./ und A./II./ richtet sich die auf Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte, die Anwendung der privilegierenden Bestimmung des § 28a Abs 3 SMG reklamierende Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Sie geht jedoch prozessordnungswidrig nicht von den getroffenen Feststellungen aus, wonach der Beschwerdeführer bereits seit Mitte 2007 durch den Verkauf von Suchtgiften seinen Lebensunterhalt finanzierte (US 6), wohingegen er erst ab Anfang 2009 selbst regelmäßig Marihuana konsumierte (US 7). Die Behauptung, die Suchtgiftverkäufe hätten vorwiegend zur Verschaffung von Suchtmitteln für den persönlichen Gebrauch gedient, geht daher bereits aufgrund der zum größten Teil inkongruenten Tatzeiträume ins Leere.
Überdies legt der Beschwerdeführer nicht dar, weshalb der konstatierte wöchentliche Konsum von etwa vier Gramm Marihuana während eines Zeitraums von knapp einem halben Jahr einen auch ohne besonderen Anlass, gewissermaßen mit Selbstverständlichkeit erfolgten Gebrauch eines Suchtgifts (vgl 12 Os 102/08d) und damit eine Gewöhnung im Sinne des § 28a Abs 3 iVm § 27 Abs 5 SMG begründen sollte.
Anzumerken ist, dass der Angeklagte nach den tatrichterlichen Feststellungen seit Anfang des Jahres 2009 Marihuana für den Eigenkonsum erworben und besessen hat (US 2, 7 f). Dennoch sprachen ihn die Tatrichter des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG schuldig (B./), obwohl die privilegierende Strafbestimmung des § 27 Abs 2 SMG zur Anwendung hätte kommen müssen, hat der Angeklagte das den Schuldspruch B./ betreffende Suchtgift doch ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen.
In Ansehung der richtig nach § 28a Abs 2 SMG vorgenommenen Strafzumessung blieb dies aber ohne nachteilige Auswirkung für den Angeklagten, sodass es keines Vorgehens nach § 290 Abs 1 StPO bedarf (Ratz WK-StPO § 290 Rz 22 f), zumal keine - dem Berufungswerber zum Nachteil gereichende - Bindung des Oberlandesgerichts an den Ausspruch des Erstgerichts über das anzuwendende Strafgesetz nach § 295 Abs 1 erster Satz StPO besteht (RIS-Justiz RS0118870). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Anmerkung
E9227012Os139.09xEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0120OS00139.09X.1029.000Zuletzt aktualisiert am
18.12.2009