Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache des Antragstellers Dr. Werner F*****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin V***** V*****gesmbH, ***** vertreten durch Dr. Robert Brande, Rechtsanwalt in Wien, wegen §§ 3, 6, 37 Abs 1 Z 2 MRG, infolge „außerordentlichen" Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. Juli 2009, GZ 38 R 12/09k-12, mit dem über Rekurs des Antragstellers der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 25. November 2008, GZ 58 Msch 14/08b-8, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Das Erstgericht hat mit seinem Sachbeschluss den Antrag des Antragstellers, dem Antragsgegner aufzutragen, näher bezeichnete Erhaltungsarbeiten unverzüglich vorzunehmen, abgewiesen.
Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Es sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige nicht 10.000 EUR und der Revisionsrekurs sei nicht zulässig.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich das primär erhobene, als „außerordentlicher" Revisionsrekurs bezeichnete Rechtsmittel des Antragstellers; nur in eventu führt der Antragsteller auch eine Zulassungsvorstellung gemäß § 63 AußStrG aus. Der Antragsteller macht geltend, der Oberste Gerichtshof sei an den Bewertungsausspruch des Rekursgerichts nicht gebunden. Seinem Antrag (gemeint: an die Schlichtungsstelle) sei als Beilage ein Kostenvoranschlag angeschlossen und darin seien die Kosten der von ihm begehrten Erhaltungsarbeiten (gemeint: mit einem über 10.000 EUR) gelegenen Betrag beziffert gewesen. Die Antragsgegnerin habe nicht vorgebracht, dass der veranschlagte Betrag (der Höhe nach) unrichtig sei, womit in diesem Punkt eine Parteienübereinkunft vorliege, die dem Rekursgericht den Ermessensspielraum bei der Bewertung des Entscheidungsgegenstands entziehe. Das Rechtsmittel sei daher zulässig, sofern das Rekursgericht seinen Bewertungsausspruch nicht ohnehin noch nach § 419 ZPO berichtige.
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht hat das Rechtsmittel des Antragstellers dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vorgelegt. Der Oberste Gerichtshof ist derzeit nicht zur Entscheidung in der Sache berufen:
1. Nach § 37 Abs 3 Z 16 MRG gelten für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses die §§ 62 bis 64 AußStrG mit der Maßgabe, dass die in § 37 Abs 1 MRG genannten Entscheidungsgegenstände rein vermögensrechtlicher Natur sind und dass die gemäß § 62 Abs 3 und 5 und § 63 Abs 1 AußStrG maßgebliche Wertgrenze 10.000 EUR beträgt. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt (hier:) 10.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht - wie hier - den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Hat das Rekursgericht - wie hier - ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig ist, so kann gemäß § 62 Abs 5 AußStrG ein Revisionsrekurs (nur dann) erhoben werden, wenn der Entscheidungsgegenstand insgesamt (hier:) 10.000 EUR übersteigt oder soweit er nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist (außerordentlicher Revisionsrekurs). Übersteigt der Entscheidungsgegenstand nicht insgesamt (hier:) 10.000 EUR und hat das Rekursgericht ausgesprochen, der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig, so kann eine Partei (nur) gemäß § 63 Abs 1 AußStrG einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung).
2. § 59 Abs 2 AußStrG verpflichtet das Rekursgericht (nur) zu einem Bewertungsausspruch. Eine Begründung für diese Bewertung mag im Einzelfall - zur Vermeidung eines Verdachts in Richtung eines Ermessensexzesses - angezeigt sein; sie ist aber - anders als nach § 59 Abs 3 dritter Satz AußStrG für den Ausspruch nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG - nicht zwingend vorgesehen (5 Ob 278/08f = EWr W/52/61).
3. Der Bewertungsausspruch des Gerichts zweiter Instanz ist unanfechtbar, wenn zwingende Bewertungsvorschriften nicht verletzt wurden, eine offenkundige Unter- oder Überbewertung nicht vorliegt oder eine Bewertung nicht überhaupt hätte unterbleiben müssen (5 Ob 150/08g; 5 Ob 212/08z; RIS-Justiz RS0042450; RS0109332; RS0042410; RS0042437; RS0042515; RS0042385).
4. Dass es sich beim Begehren nach Durchführung von Erhaltungsarbeiten nicht um ein Geldleistungsbegehren handelt und daher eine Bewertung des Entscheidungsgegenstands geboten ist, hat der erkennende Senat bereits entschieden (5 Ob 58/93 = EWr I/37/45 = MietSlg 45.712) und dies bezweifelt auch der Antragsteller im Grundsatz nicht. In einem solchen Fall besteht aber für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands keine (grundsätzliche) Bindung des Rekursgerichts an die im verfahrenseinleitenden Antrag bezifferte Kostenhöhe (5 Ob 58/93 = EWr I/37/45 = MietSlg 45.712).
Eine vom Antragsteller behauptete „Parteienübereinkunft" über die Höhe der Kosten der fraglichen Erhaltungsarbeiten ist den Verfahrensakten nicht zu entnehmen und überdies könnte auch die (subjektive, übereinstimmende) Einschätzung der Parteien das Rekursgericht bei der Bewertung des Entscheidungsgegenstands nicht binden (vgl 4 Ob 2263/96i).
Schließlich sind in dem im Verfahren vor der Schlichtungsstelle eingeholten Gutachten die Höhe der angemessenen Kosten der Erhaltungsarbeiten mit (netto) 6.738,20 EUR beziffert, sodass auch für eine (krasse) Unterbewertung des Entscheidungsgegenstands durch das Rekursgericht oder für einen nach § 419 ZPO (gemeint wohl: § 41 AußStrG iVm § 419 ZPO) zu berichtigenden Fehler keine Anhaltspunkte vorliegen.
Im Hinblick auf den - aus den dargestellten Gründen den Obersten Gerichtshof bindenden - Bewertungsausspruch des Rekursgerichts wird das Erstgericht das hilfsweise ohnehin mit einer Zulassungsvorstellung verbundene Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen haben.
Textnummer
E92560European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0050OB00212.09A.1110.000Im RIS seit
10.12.2009Zuletzt aktualisiert am
02.10.2012