Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte-GmbH in Zell am See, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Franz-Christian Sladek und Dr. Michael Meyenburg, Rechtsanwälte in Wien, wegen 8.874,81 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 9. Juli 2008, GZ 53 R 123/09h-23, womit das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 10. Februar 2009, GZ 31 C 558/08m-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.298,98 EUR (darin 216,50 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 21. 2. 2006 kaufte die ***** Leasing GmbH von der beklagten Partei einen Neuwagen der Marke Fiat Ulysse 2,2 l, 16V Turbodiesel. Dieser PKW wurde der Klägerin als Leasingfahrzeug zur Verfügung gestellt. Die Klägerin überließ das Fahrzeug ihrem Dienstnehmer D***** W***** zur Nutzung als Dienstfahrzeug.
Am 1. 2. 2008 trat bei diesem Fahrzeug ein Motorschaden auf, der in einer Fachwerkstätte repariert wurde.
Die Klägerin begehrt die Kosten dieser Reparatur sowie einen Pauschalbetrag für Unkosten. Dieser Anspruch wird einerseits auf die zwischen den Streitteilen bestehende Garantievereinbarung, andererseits auf Gewährleistung und Schadenersatz gestützt. Die Klägerin sei aktiv klagslegitimiert, weil die Leasingnehmerin die Reparaturkosten selbst getragen habe, sodass eine Abtretung der Forderungen nicht notwendig sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Nach den Feststellungen des Erstgerichts wurden die Wartungsarbeiten bei einer Werkstätte durchgeführt, die keine Fiat Vertragswerkstätte ist.
Im Garantie- und Serviceheft der Fiat Group Automobiles Austria GmbH, 3. Auflage, heißt es im Punkt 6. „Garantie" wie folgt:
„Diese Garantie besteht in der Verpflichtung des Herstellers, die Funktion von defekten Teilen oder Teilen, die Werksfehler aufweisen, durch Original FIAT-Ersatzteile ... zu ersetzen oder durch eine Reparatur wiederherzustellen."
Ausdrücklich besteht unter anderem dann keine Garantieverpflichtung, wenn es sich „um Reparaturen handelt, die auf Grund eines einsatzbedingten Verschleißes unter Berücksichtigung der Kilometerleistung notwendig wurden (Ergänzung oder Austausch von Betriebsmitteln - zB Motoröl etc und Austausch der folgenden Komponenten: sämtliche Filter, Zündkerzen, Vorglühkerzen, Einspritzdüsen (Benzin, Diesel), Wischerblätter (vorne und hinten), Glühbirnen, Kupplungsscheiben, Keil- und Antriebsriemen, Bremsscheiben und Bremsbeläge (vorne und hinten), Bremstrommeln und Bremsbacken (hinten), Auspuffendtopf, Aufhängungen etc)".
Ursache des beim Klagsfahrzeug aufgetretenen Motorschadens ist ein Defekt am Turbolader. Hierbei handelt es sich um eine häufig auftretende Verschleißerscheinung an der Welle des Turboladers. Ein solcher Verschleißschaden tritt häufig ab einer Laufleistung von ca 150.000 km auf, kann jedoch auch schon bei einer Laufleistung wie der des Klagsfahrzeugs von 116.144 km auftreten. Ein Zusammenhang mit unsachgemäß oder nicht entsprechend den Wartungsvorschriften von Fiat durchgeführten Service- oder Wartungsarbeiten oder mit dem verwendeten Motoröl besteht hinsichtlich des Schadenseintritts nicht. Bei Übergabe des Fahrzeugs war der Turbolader in einwandfreiem Zustand; der Schaden trat erst im Lauf des Betriebs des Fahrzeugs durch normalen Verschleiß ein.
Rechtlich würdigte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahingehend, dass Gewährleistungsansprüche nicht in Betracht kämen, weil im Zeitpunkt der Übergabe des Kaufgegenstands das Fahrzeug in mängelfreiem Zustand gewesen sei. Schadenersatzansprüche scheiterten jedenfalls am fehlenden Verschulden der beklagten Partei.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Für die Geltendmachung von Ansprüchen aus der Garantie fehle der Klägerin die Aktivlegitimation.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil hinsichtlich der Aktivlegitimation eines Leasingnehmers zur Geltendmachung von Garantieansprüchen eine gesicherte oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die ordentliche Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
1.1. Rechtsgeschäftliche Garantien können als „echte" oder unechte Garantien ausgestaltet sein (vgl Reidinger, Rechtsprobleme der Garantieabrede [1987] 1 ff). Ein echter Garantievertrag liegt vor, wenn sich jemand einem anderen gegenüber verpflichtet, beschränkt oder unbeschränkt für den Erfolg eines Unternehmens einzustehen oder für den Schaden, der durch ein Unternehmen entsteht, aufzukommen. Der garantierte Erfolg geht dabei weiter als die vertragsmäßige Leistung; der Vertragspartner übernimmt eine Haftung, die dem Wesen nach über Gewährleistungspflichten und gesetzliche Schadenersatzpflichten hinausgeht (7 Ob 699/89, JBl 1990, 558).
1.2. Die echte Garantie tritt neben das Veräußerungsgeschäft (Koziol, Der Garantievertrag [1981] 3 ff; Hack/Semrau-Deutsch, Herstellergarantie - Kostenüberwälzung auf Vertriebsgesellschaft im Konzern zulässig? taxlex 2007, 521; vgl auch Ofner in Schwimann, ABGB³ § 922 Rz 43). Eine echte Garantie liegt vor, wenn ein anderer als ein Vertragspartner Zusicherungen abgibt oder wenn ein Vertragspartner dem anderen gegenüber eine Haftung übernimmt, die dem Wesen nach über die Gewährleistungspflichten und über die gesetzlichen Schadenersatzpflichten hinausgeht (RIS-Justiz RS0017004 [T1]; RS0017001). Die unechte Garantie ist hingegen eine Vereinbarung zwischen dem Käufer und dem Verkäufer, mit der die auf den Kauf anwendbaren gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften modifiziert oder ersetzt werden (1 Ob 138/05h; Ofner in Schwimann, ABGB³ § 922 Rz 42).
1.3. Im Rahmen der Herstellergarantie verpflichtet sich der Hersteller in der Regel, für die Mangelfreiheit einer Sache einzustehen, wobei sich die Garantieerklärung meist auf der Verpackung der Ware oder auf einer eigenen Urkunde, die der Garant der Sache beilegt und die der letzte Verkäufer dem Käufer als Bote übermittelt und in der Regel stillschweigend angenommen wird (Ofner in Schwimann, ABGB³ § 922 Rz 43). Ein Zugang der Annahmeerklärung wird nach der Verkehrssitte nicht erwartet (Kriegner, RdW 2008/92 FN 1). Daneben finden sich auch Garantievereinbarungen mit dem Händler.
1.4. Ob es sich im vorliegenden Fall um eine Herstellergarantie oder eine Händlergarantie handelt, kann jedoch dahingestellt bleiben:
2.1. Durch den Leasingvertrag wird ein Dauerschuldverhältnis eigener Art begründet (RIS-Justiz RS0098754). Der Leasingnehmer hat ohne besondere Vereinbarung keine unmittelbaren eigenen Gewährleistungsansprüche (RIS-Justiz RS0018690; RS0020739 [T2]). Auch in der Entscheidung 6 Ob 639/88 geht der Oberste Gerichtshof vom Erfordernis einer Abtretung von Gewährleistungsansprüchen aus. Daraus ergibt sich aber, dass dem Leasingnehmer auch bei einem Garantievertrag ohne Abtretung der daraus erfließenden Ansprüche durch die Leasinggeberin keine aktive Klagslegitimation zur Geltendmachung von Garantieansprüchen zukommt.
2.2. Dies gilt auch für Ansprüche aus einem Garantievertrag, weil die Garantie eine über die Gewährleistung hinausgehende Haftungsübernahme darstellt.
2.3. Bei gegenteiliger Beurteilung würde die Stellung des Eigentümers ausgehöhlt werden. Grundsätzlich stehen die aus dem Kaufvertrag und dem Garantievertrag resultierenden Rechte dem Leasinggeber als jeweiligem Vertragspartner und Eigentümer des Leasinggegenstands zu. Aus diesem Grund sind in der Praxis auch Abtretungsklauseln in Bezug auf Gewährleistungs- und Garantierechte in derartigen Fällen üblich. Sofern Gewährleistungsansprüche des Leasingnehmers ausgeschlossen werden sollen, ist eine derartige Abtretung sogar erforderlich, weil dann dem Leasingnehmer die Rechte des Käufers und Leasinggebers gegenüber dem Lieferanten zustehen (JBl 1980, 259; RdW 1995, 260; 3 Ob 12/09z; Binder in Schwimann, ABGB3 § 1090 Rz 86; Krejci, JBl 1988, 493 ff; Fischer/Czermak, Mobilienleasing, 195 ff; Harrich, Das mangelhafte Leasingobjekt-Gewährleistung beim mittelbaren Finanzierungsleasing, Zak 2009, 347).
3.1. Die Rechtsprechung zu Schadenersatzansprüchen im Zusammenhang mit Leasingverträgen kann auf die vorliegende Konstellation nicht übertragen werden: Nach ständiger Rechtsprechung steht dem Leasingnehmer Ersatz für eigene Schäden, etwa Mietwagenkosten, gegen einen dritten Schädiger zu. Dabei handle es sich um typische Folgen einer Beschädigung eines Kraftfahrzeugs, für die der Leasingnehmer, der weiterhin zur Zahlung der Leasingrate verpflichtet ist, aufzukommen habe. In diesem Fall liege eine bloße Schadensverlagerung vor, sodass ein Schadenersatzanspruch des Leasingnehmers zu bejahen sei (2 Ob 17/92 SZ 65/83 = VersR 1993, 732 = ZVR 1992, 339 = RdW 1992, 337; Grüblinger, Der Leasingvertrag - ein Überblick, Zak 2009, 343 [345]; kritisch Fischer/Czermak, ecolex 1992, 776 f).
3.2. Hingegen handelt es sich beim Substanzschaden jedenfalls um einen Schaden des Eigentümers, den der Leasingnehmer nur im Wege der Drittschadensliquidation vom Schädiger verlangen kann. Wenn bei Aufspaltung der dem Eigentümer an sich zustehenden Rechte der Schaden, der sich typischerweise beim Eigentümer verwirklichen würde, bei demjenigen eintritt, an den ein Teil der Eigentümerbefugnisse - sei es auch bloß aufgrund obligatorischer Abrede - übertragen worden ist, kann von einer Ausuferung des Schadensumfangs keine Rede sein (2 Ob 33/95 JBl 1996, 114 [Lukas]).
3.3. In der Entscheidung 7 Ob 514/91 hat der Oberste Gerichtshof einen Schadenersatzanspruch des Leasingnehmers aus positiver Vertragsverletzung gegen den Hersteller oder den Händler bejaht (vgl RIS-Justiz RS0020808). Allerdings hatte in dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall der Leasingnehmer den Kaufgegenstand selbst gewählt und ihn direkt vom beklagten Händler erhalten. In dieser Konstellation bejahte der Oberste Gerichtshof das Vorliegen eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und daher die Aktivlegitimation des Klägers. Dabei betonte der Oberste Gerichtshof, dass die Figur des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter all jenen Personen zugute komme, die der Vertragspartner erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstige oder an denen er ein sichtbares eigenes Interesse habe oder denen er selbst offensichtlich rechtlich zur Fürsorge verpflichtet sei (vgl RIS-Justiz RS0020769).
3.4. Außerdem hatte in diesem Fall die Leasinggeberin sämtliche Gewährleistungsansprüche an den Leasingnehmer abgetreten. Schadenersatzansprüche kommen im vorliegenden Fall jedoch schon mangels Verschuldens nicht in Betracht. In der Revision stützt die Revisionswerberin sich vielmehr ausschließlich auf Ansprüche aus dem Garantievertrag. Für diese ist aus der angeführten, ausschließlich Schadenersatzansprüche betreffenden Rechtsprechung aber nichts abzuleiten.
4. Im Übrigen wäre für die klagende Partei auch bei Bejahung ihrer Aktivlegitimation nichts zu gewinnen, handelt es sich nach den Feststellungen doch um einen ausdrücklich von der Garantie ausgenommenen Verschleißschaden.
5. Das angefochtene Urteil erweist sich daher als frei von Rechtsirrtum, sodass der unbegründeten Revision ein Erfolg zu versagen war.
6. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Textnummer
E92570European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0060OB00217.09V.1112.000Im RIS seit
12.12.2009Zuletzt aktualisiert am
04.11.2010