Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Präsidentin Hon. Prof. Dr. Griss in der Strafsache gegen Johann P***** wegen § 107 Abs 1, §§ 15, 105 Abs 1 StGB, AZ 17 Hv 152/09t des Landesgerichts Klagenfurt, über die Anzeige der Ausgeschlossenheit des Präsidenten des Oberlandesgerichts Graz, des Vizepräsidenten und aller Richter und Richterinnen des Oberlandesgerichts Graz den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Präsident des Oberlandesgerichts Graz, der Vizepräsident und alle Richter und Richterinnen des Oberlandesgerichts Graz sind von der Entscheidung über die Ausschließung aller Richter und Richterinnen des Landesgerichts Klagenfurt, 45 Ns 15/09x des Landesgerichts Klagenfurt, ausgeschlossen.
Die Rechtssache wird dem Oberlandesgericht Wien übertragen.
Text
Gründe:
Johann P***** wird (ua) beschuldigt, die Senatspräsidenten und Richter des Oberlandesgerichts Graz Dr. Wolfgang Rotter, Dipl.-Ing. Dr. Hermann Luger, Dr. Thomas Hofmann und Dr. Heimo Kollmann gefährlich bedroht zu haben. Die Generalprokurator hat die Strafsache der im Sprengel der Oberstaatsanwaltschaft Graz gelegenen zuständigen Staatsanwaltschaft abgenommen und gemäß § 28 StPO der Staatsanwaltschaft Wien übertragen. Die Staatsanwaltschaft Wien hat am 17. 8. 2009, 12 St 216/09g, beim Landesgericht Klagenfurt einen Strafantrag gegen Johann P***** eingebracht.
In der Folge haben sich sämtliche Richter und Richterinnen des Landesgerichts Klagenfurt einschließlich der Vizepräsidenten für befangen erklärt; der Präsident des Landesgerichts Klagenfurt befindet sich im Krankenstand; seine Rückkehr ist derzeit nicht abzusehen. Ihre Ausgeschlossenheit angezeigt haben auch der zur Entscheidung über die Ausschließung berufene Präsident des Oberlandesgerichts Graz sowie auch alle Richter und Richterinnen dieses Gerichts einschließlich des Vizepräsidenten (11 Ns 21/09i des Oberlandesgerichts Graz).
Rechtliche Beurteilung
Nach § 43 Abs 1 Z 3 StPO ist ein Richter vom gesamten Verfahren ausgeschlossen, wenn (andere) Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Der Präsident, der Vizepräsident und alle Richter und Richterinnen des Oberlandesgerichts Graz haben angezeigt, dass sie zu den Tatopfern freundschaftliche Beziehungen unterhalten. Das Bestehen solcher Beziehungen ist geeignet, die volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit zweifelhaft erscheinen zu lassen und damit einen Ausschließungsgrund zu verwirklichen.
Sind aber der Präsident, der Vizepräsident und alle Richter und Richterinnen des Oberlandesgerichts Graz vom Verfahren ausgeschlossen, so kann über die Ausschließung der Richter und Richterinnen des Landesgerichts Klagenfurt nicht entschieden werden. Die Rechtssache war daher dem Oberlandesgericht Wien zu übertragen (§ 45 Abs 2 StPO).
Textnummer
E92418European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:001PRA05167.09B.1118.000Im RIS seit
18.12.2009Zuletzt aktualisiert am
13.10.2010