Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** AG, *****, vertreten durch Berger Saurer Zöchbauer Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei M***** KG, *****, vertreten durch Beck Krist Bubits & Partner Rechtsanwälte in Mödling, wegen Unterlassung (Streitwert 35.000 EUR), Urteilsveröffentlichung (Streitwert 1.000 EUR) und 29.970 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 23. Juni 2009, GZ 2 R 41/09b-11, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.1. Wer ohne jede eigene Leistung, ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang das ungeschützte Arbeitsergebnis eines anderen ganz oder doch in erheblichen Teilen glatt übernimmt, um so dem Geschädigten mit dessen eigener mühevoller und kostspieliger Leistung Konkurrenz zu machen, handelt unlauter im Sinne des § 1 UWG (vgl RIS-Justiz RS0078341). Als Kennzeichen einer „glatten Übernahme" wird vor allem gesehen, dass das Nachahmen mittels eines meist technischen Vervielfältigungsverfahrens unter Ersparung eigener Kosten geschieht, das Nachgeahmte also kopiert oder abgeschrieben wird (4 Ob 90/07z mwN). Entscheidend ist dabei nicht, welches Mittel zur Vervielfältigung angewendet wird, sondern ob die Anwendung dieses Mittels unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bewirkt, dass der Schöpfer des Originals in unbilliger Weise um die Früchte seiner Arbeit gebracht wird, für die er Mühe und Kosten aufgewendet hat (vgl RIS-Justiz RS0078341, zur Übernahme von Inseratentexten insbesondere 4 Ob 274/00y und 4 Ob 225/00t).
1.2. Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze der ständigen Rechtsprechung zur unmittelbaren Übernahme fremder Leistungen zutreffend dargestellt und mit nachvollziehbarer Begründung auf den konkreten Sachverhalt - die genehmigungslose systematische „Absaugung" von Stellenanzeigen einer Internetplattform mittels eines „Spider"-Programms, um sie in der Folge auf die eigene Internetplattform zu stellen - angewendet. Seine Entscheidung entspricht insoweit auch der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung des Senats zu 4 Ob 225/00t und 4 Ob 274/00y, als auch dort in beiden Fällen der Lauterkeitsverstoß mit der glatten Übernahme eines Arbeitsergebnisses durch technischen Vorgang begründet worden ist und kein ins Gewicht fallender eigener Schaffensvorgang des Nachahmers durch Neugestaltung vorlag.
1.3. Entgegen der Auffassung der Beklagten macht es für die Beurteilung der Unlauterkeit ihres Verhaltens keinen Unterschied, ob sie aus eigenem Antrieb oder in Erfüllung eines entgeltlichen oder unentgeltlichen Auftrags eines Dritten tätig geworden ist und ob sie die betreffenden Daten unmittelbar von der Website der Klägerin oder mittelbar im Wege einer Drittseite erlangt hat. Die Beklagte hat sich durch den angewendeten digitalen Kopiervorgang und durch die Übernahme der auf diese Weise erlangten Inserate eine eigene Leistung erspart und damit im Wettbewerb um Inseratenaufträge ihre Finanzkraft zu Lasten des klagenden Mitbewerbers auf unlautere Weise gestärkt. Für den verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch bei der unmittelbaren Leistungsübernahme kommt es auf die Kenntnis der Beklagten von der Herkunft der auf unlautere Weise erlangten Daten nicht an.
2. Das Unterlassungsgebot hat sich immer am konkreten Wettbewerbsverstoß zu orientieren (RIS-Justiz RS0037607 [T34]); es ist daher auf die konkrete Verletzungshandlung sowie - um Umgehungen durch den Verpflichteten nicht allzu leicht zu machen (vgl RIS-Justiz RS0037607 und RS0037733) - auf ähnliche Fälle einzuengen (4 Ob 54/05b; 4 Ob 49/06v). Die angefochtene Entscheidung weicht von diesen Grundsätzen höchstgerichtlicher Rechtsprechung nicht ab.
3. Zweck der Urteilsveröffentlichung ist es, unlautere Wettbewerbshandlungen in aller Öffentlichkeit aufzudecken und das Publikum über den wahren Sachverhalt aufzuklären (stRsp ua 4 Ob 405/79 = ÖBl 1980, 73 - Nerzölcreme Mona Lisa; 4 Ob 312/99g = SZ 72/206 uva). Ob und in welchem Umfang dazu eine Veröffentlichung des Urteils geboten ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falls. Gleiches gilt für die Frage, an welcher Stelle eines Internetauftritts (Start- oder Unterseite) die Veröffentlichung zu erfolgen hat. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt in diesen Fragen daher - von einer hier nicht gegebenen groben Fehlbeurteilung abgesehen - regelmäßig nicht vor (RIS-Justiz RS0042967).
Schlagworte
„Spider"-Programm - Internetstellenanzeigen,Textnummer
E92473European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0040OB00164.09K.1119.000Im RIS seit
19.12.2009Zuletzt aktualisiert am
21.01.2011