TE OGH 2009/11/19 13Os112/09h

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Veröffentlicht am 19.11.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. November 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Annerl als Schriftführer in der Finanzstrafsache gegen Wolfgang S***** wegen Finanzvergehen des Schmuggels nach §§ 11 dritter Fall, 35 Abs 1 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 19. Mai 2009, GZ 36 Hv 163/08b-6, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wolfgang S***** (richtig:) mehrerer Finanzvergehen nach §§ 11 dritter Fall, 35 Abs 1 lit a FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er in Hallein vom 27. Dezember 2002 bis 13. November 2003 anlässlich der Einfuhr von für die B***** GmbH als Empfängerin bestimmten unverzollten Heizelementen der Warennummer 85160809900 des Versenders B***** L***** s.r.o, SK-***** V***** L*****, im Rechnungswert von insgesamt 7.607.940,43 Euro veranlasst, dass diese ohne ordnungsgemäße Beendigung des anlässlich der Einbringung in das Zollgebiet der Gemeinschaft eröffneten vereinfachten Versandverfahrens und nachfolgender Abfertigung zum zoll- und steuerrechtlichen freien Verkehr zur Ausfuhr nach Polen abgefertigt wurden, wodurch diese Lieferungen der zollamtlichen Überwachung entzogen wurden.

Rechtliche Beurteilung

Im Wesentlichen gegen die Nichtanwendung des § 191 Abs 1 und Abs 2 StPO richtet sich die, lediglich aus dem Grund der Z 9 lit b (der Sache nach teilweise auch Z 9 lit a) des § 281 Abs 1 StPO erhobene, Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Das Erstgericht trat dieser Maßnahme aus generalpräventiven Überlegungen nicht näher, weil nach seiner Überzeugung die Bewilligung der Durchführung des Zollverfahrens im vereinfachten Versandverfahren eine besondere Vertrauensstellung der damit befassten Mitarbeiter bedinge und ein großes Maß an Genauigkeit und Verlässlichkeit und die strikte Einhaltung der vorgesehenen Bestimmungen erfordere (US 9).

Die unsubstantiierte Kritik des Beschwerdeführers, „durch die Bestrafung lediglich aus generalpräventiven Gründen" werde „diese Bestimmung" (gemeint: § 191 StPO) „ad absurdum geführt", lässt eine methodengerechte, an den gesetzlichen Voraussetzungen für das angestrebte Vorgehen, wonach zusätzlich zum geringen Störwert der Tat (§ 191 Abs 1 Z 1 StPO) das (selbstständig zu prüfende) Fehlen (auch) generalpräventiver Bedenken (§ 191 Abs 1 Z 2 StPO) erforderlich ist (vgl Schroll, WK-StPO § 191 Rz 35 und 68), orientierte Argumentation vermissen (RIS-Justiz RS0116565).

Die Behauptung, das „für den Angeklagten mit spürbaren Unannehmlichkeiten verbundene Einschreiten des Zollamtes Salzburg" habe „den Erfordernissen der Generalprävention" entsprochen, weil es „prompt" erfolgt sei, entfernt sich von den Urteilsannahmen und gelangt daher ebenso wenig prozessordnungsgemäß zur Darstellung (RIS-Justiz RS0099810). Nach den Feststellungen praktizierte der Beschwerdeführer die inkriminierte Vorgangsweise nämlich mehr als zehn Monate (vgl auch ON 2 S 5, wonach die erste Verdachtsmeldung des Zollamts Berg an das Hauptzollamt Salzburg erst nach beinahe neun Monaten erfolgte) in einer nicht näher spezifizierten Anzahl von Angriffen und mit Beziehung auf einen beträchtlichen Warenwert. In welcher Weise die Reaktion des Staates zudem „nach außen hin sichtbar" geworden sei - mithin fallbezogen unter dem Aspekt der Generalprävention zur Stärkung und Bestätigung des Rechtsbewusstseins anderer beigetragen habe - führt die Rüge nicht aus. Die abschließende - im Widerspruch zum übrigen Rechtsmittelvorbringen stehende - Kritik, das Erstgericht habe für die Abstandnahme von einer Einstellung aus generalpräventiven Erfordernissen „nur spezialpräventive Gründe angeführt", entzieht sich mangels argumentativen Substrats einer sachbezogenen Erwiderung. Weshalb die Feststellungen „über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der subjektiven Tatseite nichts aussagen" (vgl demgegenüber US 6) und daher „den Schuldspruch nicht zu tragen" vermögen (der Sache nach Z 9 lit a), legt der Beschwerdeführer schließlich - den Anforderungen an eine gesetzmäßige Rechtsrüge zuwider - nicht im einzelnen bestimmt dar (RIS-Justiz RS0099620, RS0098664).

Demnach waren die Nichtigkeitsbeschwerde (§ 285d Abs 1 StPO) und die - im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene - Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe folgt (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Anmerkung

E9264713Os112.09h

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0130OS00112.09H.1119.000

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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