TE OGH 2009/11/19 4Ob166/09d

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Veröffentlicht am 19.11.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch Dr. Maria Windhager, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Mag. H***** K*****, vertreten durch Gheneff-Rami-Sommer Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 17 Cg 58/01p des Handelsgerichts Wien (Unterlassung [69.039,19 EUR] + Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufs [1.453,46 EUR] + 2.180,19 EUR), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 15. Juli 2009, GZ 2 R 112/09v-13, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 9. April 2009, GZ 17 Cg 68/08v-9, samt dem vorangegangenen Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.059,74 EUR (darin 343,29 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Wiederaufnahmsklägerin ist Medieninhaber eines Druckwerks, in dessen Ausgabe Nr 4 (Juni/Juli 2000) eine Darstellung erschien, die in satirischer Weise auf den Wiederaufnahmsbeklagten Bezug nahm. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 30. 1. 2001, 9a E Vr 5741/00, Hv 3399/00, wurde die Wiederaufnahmsklägerin wegen dieser Darstellung gemäß § 6 MedienG iVm § 111 Abs 1 und 2 StGB verurteilt, dem Wiederaufnahmsbeklagten eine Entschädigung von 726,73 EUR zu zahlen. Diese Entscheidung wurde mit Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Wien vom 26. 9. 2001, 24 Bs 177/01, bestätigt und erwuchs damit in Rechtskraft.

Gestützt auf diese Darstellung nahm der Wiederaufnahmsbeklagte die Wiederaufnahmsklägerin vor dem Handelsgericht Wien zu 17 Cg 58/01p auf Unterlassung, Widerruf, Veröffentlichung des Widerrufs und Zahlung von Schadenersatz in Anspruch. Der Wiederaufnahmsbeklagte stützte seine damalige Klage auf alle erdenklichen Rechtsgründe, insbesondere auf §§ 16, 43, 1041, 1330 Abs 1 und 2 ABGB und §§ 78, 87 UrhG, wobei er sich auf die Bindungswirkung des gegen die Wiederaufnahmsklägerin ergangenen Strafurteils vom 30. 1. 2001 berief. Da die Wiederaufnahmsklägerin die Frist zur Einbringung einer Klagebeantwortung ungenützt verstreichen ließ, fällte das Handelsgericht Wien auf Antrag des Wiederaufnahmsbeklagten am 6. 12. 2001 ein stattgebendes Versäumungsurteil. Diese Entscheidung wurde unangefochten rechtskräftig.

Mit Urteil vom 8. 5. 2008, 15 Os 6/08h, 15 Os 7/08f, hob der Oberste Gerichtshof (OGH) aufgrund einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gemäß §§ 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall, 292 letzter Satz StPO die erwähnten Urteile des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 30. 1. 2001 und des Oberlandesgerichts Wien vom 26. 9. 2001 auf und trug dem Landesgericht für Strafsachen Wien die neuerliche Verhandlung und Entscheidung auf. Dieses Urteil wurde dem damaligen Vertreter der Wiederaufnahmsklägerin am 10. 6. 2008 zugestellt. In weiterer Folge zog der Wiederaufnahmsbeklagte seine verfahrenseinleitenden Anträge zurück, worauf das Landesgericht für Strafsachen Wien das Verfahren mit Beschluss vom 22. 7. 2008 gemäß § 227 Abs 1 StPO iVm § 8a Abs 1 MedienG einstellte. Der Einstellungsbeschluss wurde der Wiederaufnahmsklägerin am 30. 10. 2008 zugestellt. Den Rechtsvertretern der Wiederaufnahmsklägerin wurde infolge ihrer telefonischen Anfrage nach dem Verfahrensstand schon am 6. 10. 2008 mitgeteilt, dass das Verfahren seit 22. 7. 2008 infolge Rückziehung der verfahrenseinleitenden Anträge eingestellt worden sei.

Die Wiederaufnahmsklägerin begehrte mit ihrer am 5. 11. 2008 eingebrachten Wiederaufnahmsklage die Aufhebung des im Verfahren 17 Cg 58/01p des Handelsgerichts Wien gefällten Versäumungsurteils vom 6. 12. 2001 (Punkt I.) und die Abweisung der diesem Versäumungsurteil zugrunde liegenden Klagebegehren (Punkt II.). Der Beschluss über die Einstellung des Strafverfahrens sei ihren damaligen Rechtsvertretern am 30. 10. 2008 zugestellt worden und dadurch in Rechtskraft erwachsen. Erst zu diesem Zeitpunkt habe sich der Tatbestand des § 530 Abs 1 Z 5 ZPO verwirklicht. Die Wiederaufnahmsklage sei deshalb rechtzeitig eingebracht.

Der Wiederaufnahmsbeklagte beantragte die Zurückweisung, hilfsweise Abweisung der Klage. Die Wiederaufnahmsklage sei verfristet; fristauslösendes Ereignis sei das Urteil des OGH vom 8. 5. 2008. Auch habe sich das Versäumungsurteil des Handelsgerichts Wien vom 6. 12. 2001 nicht auf ein strafgerichtliches Erkenntnis gegründet.

Das Erstgericht bewilligte die Wiederaufnahme des Verfahrens 17 Cg 58/01p des Handelsgerichts Wien und hob das in diesem Verfahren gefällte Versäumungsurteil vom 6. 12. 2001 auf. Das Versäumungsurteil habe sich auf ein strafgerichtliches Erkenntnis gegründet, das in weiterer Folge aufgehoben worden sei. Die vierwöchige Frist zur Einbringung der Wiederaufnahmsklage sei durch die Zustellung des Einstellungsbeschlusses in Gang gesetzt und durch die Wiederaufnahmsklägerin gewahrt worden.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil und das ihm vorangegangene Verfahren mit dem angefochtenen Beschluss als nichtig auf und wies die Wiederaufnahmsklage zurück. Der Wiederaufnahmsbeklagte habe seine Klage im wiederaufzunehmenden Verfahren ausdrücklich auf das rechtskräftige Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 30. 1. 2001 gestützt und - zutreffend - auf die Bindungswirkung dieses verurteilenden Erkenntnisses hingewiesen. Das stattgebende Versäumungsurteil im wiederaufzunehmenden Verfahren habe sich deshalb auf dieses rechtskräftige Strafurteil „gegründet" iSd § 530 Abs 1 Z 5 ZPO. Durch das kassatorische Urteil des OGH vom 8. 5. 2008 sei das Strafverfahren in jenes Stadium getreten, in dem es sich vor der Verurteilung befunden habe. Eine dem § 358 zweiter Satz StPO vergleichbare Anordnung, wonach die Wiederaufnahme eines Strafverfahrens die gesetzlichen Folgen der im aufgehobenen Erkenntnis ausgesprochenen Verurteilung einstweilen fortbestehen lasse, enthalte das Verfahren bei Nichtigkeitsbeschwerden (§§ 284 bis 293 StPO) nicht. Die auf § 358 zweiter Satz StPO gegründete Auffassung, wonach die Bindung des Zivilgerichts an ein verurteilendes Straferkenntnis so lange bestehe, als es nicht nach Wiederaufnahme des Strafverfahrens zu dessen rechtskräftiger Einstellung oder einem rechtskräftigen Freispruch gekommen sei, lasse sich daher auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht übertragen. Die Verurteilung vom 30. 1. 2001 sei durch die Entscheidung des OGH vom 8. 5. 2008 auch iSd § 530 Abs 1 Z 5 ZPO „aufgehoben" worden. Die vierwöchige Notfrist für die Einbringung einer Wiederaufnahmsklage habe für die Klägerin - entgegen dem Wortlaut des § 534 Abs 2 Z 3 ZPO - erst zu laufen begonnen, sobald sie vom kassatorischen Urteil des OGH Kenntnis erlangt habe oder bei pflichtgemäßer Sorgfalt Kenntnis habe erlangen können. Der Senat habe im Zuge der gebotenen amtswegigen Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Wiederaufnahmsklage Einsicht in den Strafakt genommen und erhoben, dass das in Rede stehende Urteil des OGH der damaligen Rechtsvertreterin der Wiederaufnahmsklägerin am 10. 6. 2008 zugestellt worden sei. Die damit in Gang gesetzte vierwöchige Frist zur Einbringung einer Wiederaufnahmsklage habe daher mit Ablauf des 28. 7. 2008 [richtig: 8. 7. 2008] geendet. Die am 5. 11. 2008 eingebrachte Wiederaufnahmsklage sei somit verspätet. Dies führe zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und des vorangegangenen Verfahrens als nichtig, wobei die Wiederaufnahmsklage gleichzeitig gemäß § 543 ZPO zurückzuweisen gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Wiederaufnahmsklägerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Wenn das Berufungsgericht unter Nichtigerklärung des erstinstanzlichen Verfahrens und des Urteils die Klage zurückweist, ist sein Beschluss gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO stets, also unabhängig vom Streitwert und vom Vorliegen erheblicher Rechtsfragen, anfechtbar (Kodek in Rechberger³, § 519 ZPO Rz 8; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 519 ZPO Rz 70; RIS-Justiz RS0043882; RS0043861).

2. Die Wiederaufnahmsklägerin macht geltend, trotz des Fehlens einer dem § 358 StPO vergleichbaren Norm in den Vorschriften der StPO über die Nichtigkeitsbeschwerde müsse diese Bestimmung wegen der gleichen Interessenlage im Anlassfall analog angewendet werden. Die Verurteilung vom 30. 1. 2001 sei durch das kassatorische Urteil des OGH vom 8. 5. 2008 noch nicht endgültig aufgehoben gewesen, weil im fortgesetzten Strafverfahren auch ein neuerlicher Schuldspruch möglich gewesen wäre. Im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme eines Zivilverfahrens sei nicht die Aufhebung des dem Zivilurteil zugrunde liegenden strafgerichtlichen Erkenntnisses entscheidend; eine Wiederaufnahme sei vielmehr erst dann gerechtfertigt, wenn dem Zivilurteil durch die (mit materieller Rechtskraftwirkung ausgestattete) Beendigung der Strafverfolgung - sei es durch Freispruch oder durch Einstellungsbeschluss - seine Grundlage entzogen worden sei. Andernfalls müsse eine Wiederaufnahmsklage schon zu einem Zeitpunkt eingebracht werden, in dem nicht ausgeschlossen sei, dass es im zweiten Rechtsgang des Strafverfahrens zu einem neuerlichen Schuldspruch komme; dies sei unzumutbar. Die Frist des § 534 Abs 2 Z 3 ZPO sei daher erst am 30. 10. 2008 (Kenntnis der Rechtsvertreter der Wiederaufnahmsklägerin vom rechtskräftigen Einstellungsbeschluss) ausgelöst worden.

3.1. Ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, kann auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden, wenn ein strafgerichtliches Erkenntnis, auf welches die Entscheidung gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist (§ 530 Abs 1 Z 5 ZPO). Die Klage ist binnen der Notfrist von vier Wochen zu erheben (§ 534 Abs 1 ZPO). Diese Frist ist in den Fällen des § 530 Z 1 bis 5 ZPO von dem Tage zu berechnen, an welchem das strafgerichtliche Urteil oder der die Einstellung eines strafgerichtlichen Verfahrens aussprechende Beschluss in Rechtskraft erwachsen ist (§ 534 Abs 2 Z 3 ZPO).

3.2. Der Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 5 ZPO setzt voraus, dass die rechtskräftige präjudizielle Vorentscheidung (auf die sich die angefochtene Entscheidung im wiederaufzunehmenden Verfahren stützt) durch eine andere rechtskräftige Entscheidung aufgehoben worden ist (RIS-Justiz RS0108294). Entgegen dem Gesetzeswortlaut beginnt der Fristenlauf erst dann, wenn die Rechtskraft der aufhebenden Entscheidung nach außen erkennbar in Erscheinung tritt und der Wiederaufnahmskläger davon Kenntnis erlangt oder bei pflichtgemäßer Sorgfalt Kenntnis erlangen konnte (Jelinek in Fasching/Konecny² IV/1 § 534 ZPO Rz 22; E. Kodek in Rechberger³ § 534 Rz 4 je mN).

3.3.1. Im Fall der Wiederaufnahme eines mit Schuldspruch beendeten Strafverfahrens, auf das sich die Entscheidung des wiederaufzunehmenden Zivilverfahrens gründet, ist nach herrschender Auffassung nicht die Aufhebung des verurteilenden strafgerichtlichen Erkenntnisses durch die Bewilligung der Wiederaufnahme entscheidend, sondern erst die mit materieller Rechtskraftwirkung ausgestattete Beendigung der Strafverfolgung hinsichtlich jenes Straftatbestands, der dem wiederaufzunehmenden Zivilverfahren zugrundegelegt wurde. Danach besteht die Bindung des Zivilgerichts an das Straferkenntnis so lange, als es nicht nach Wiederaufnahme des Strafverfahrens zu dessen rechtskräftiger Einstellung oder einem rechtskräftigen Freispruch gekommen ist (E. Kodek aaO § 530 Rz 10; Jelinek aaO § 530 ZPO Rz 104; RIS-Justiz RS0044637).

3.3.2. Diese Bindung des Zivilgerichts an die vorangegangene strafgerichtliche Verurteilung über die Bewilligung der Wiederaufnahme des Strafverfahrens hinaus bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens ergibt sich aus § 358 StPO. Danach wird das frühere Urteil durch den Beschluss, der der Wiederaufnahme des Strafverfahrens stattgibt, nur insoweit für aufgehoben erklärt, als es die strafbare Handlung betrifft, hinsichtlich der die Wiederaufnahme bewilligt wird. Die gesetzlichen Folgen der im ersten Erkenntnis ausgesprochenen Verurteilung dauern aber einstweilen fort und sind nur dann und insoweit als aufgehoben anzusehen, als sie nicht auch durch das neue Erkenntnis einzutreten haben (6 Ob 211/07h).

4.1. Die Klägerin stützt ihre Argumentation auf die zu 3.3. dargestellte Rechtsprechung: Das verurteilende Straferkenntnis, auf das sich die Entscheidung im wiederaufzunehmenden Zivilverfahren gründet, sei aufgrund einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gemäß §§ 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall, 292 letzter Satz StPO aufgehoben und zugleich dem Strafgericht die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufgetragen worden; bei analoger Anwendung des § 358 StPO dauere die Bindung des Zivilgerichts an die vorangegangene strafgerichtliche Verurteilung über das aufhebende Straferkenntnis hinaus bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens.

4.2. Die Klägerin lässt dabei außer Acht, dass § 358 StPO als Sonderregelung für das strafgerichtliche Wiederaufnahmeverfahren geschaffen wurde, um in diesen Fällen die Fortdauer der mit der (früheren) strafgerichtlichen Verurteilung verbundenen gesetzlichen Folgen zu sichern. Eine vergleichbare Regelung findet sich im Zusammenhang mit der Aufhebung strafgerichtlicher Verurteilungen aus anderen Gründen als jenem der Bewilligung der Wiederaufnahme nicht. Es besteht kein Anlass, die (nur) für das Wiederaufnahmeverfahren geschaffene Sonderbestimmung in Fällen anzuwenden, in denen die strafgerichtliche Verurteilung aufgrund einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes aufgehoben wurde.

Gegen eine analoge Anwendung des § 358 StPO spricht im vorliegenden Fall auch, dass das von der Klägerin eingeleitete Privatanklageverfahren nach §§ 6 ff MedienG zwar in die Zuständigkeit der Strafgerichte, die dort geltend gemachten Entschädigungsansprüche aber - vertragsautonom iSd Art 6 MRK betrachtet - zivilrechtliche Ansprüche sind, für die der Medieninhaber nach Art einer verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung einzustehen hat (13 Os 127, 128/95 = MR 1995, 171; 13 Os 16/09s; Berka in Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz² Vor §§ 6-8a MedienG Rz 22 unter Hinweis auf die Materialien). Eine analoge Anwendung des auf eine Verurteilung wegen einer strafbaren Handlung zugeschnittenen § 358 StPO, dessen ratio ua darin liegt, dass nicht schon die Bewilligung der Wiederaufnahme eines Strafverfahrens zur Enthaftung führt (vgl 6 Ob 211/07h), kommt damit im hier zu beurteilenden Medienstrafverfahren über einen zivilrechtlichen Ersatzanspruch schon deshalb nicht in Betracht. Es bleibt daher im vorliegenden Fall weiterhin beim Grundsatz des § 530 Abs 1 Z 5 ZPO, dass die Präjudizwirkung eines Strafurteils, auf das sich die Entscheidung des wiederaufzunehmenden Zivilverfahrens gründet, mit Rechtskraft der das Strafurteil aufhebenden Entscheidung endet.

4.3. Soweit es die Wiederaufnahmsklägerin für unzumutbar hält, eine Wiederaufnahmsklage einbringen zu müssen, noch bevor eine endgültige Entscheidung im zweiten Rechtsgang des Strafverfahrens ergangen ist, übersieht sie, dass den Parteien im Zivilverfahren nach erfolgreichem Aufhebungsverfahren (iudicium rescindens) die Möglichkeit offensteht, aus Gründen der Verfahrensökonomie durch Vereinbarung eines einfachen Ruhens des Erneuerungsverfahrens (iudicium rescissorium) das Ergebnis des Strafverfahrens abzuwarten.

4.4. Allgemein gilt: Wird - im Fall der Verurteilung zur Zahlung eines zivilrechtlichen Entschädigungsanspruchs wegen eines über Privatanklage eingeleiteten Medienstrafverfahrens gemäß §§ 6 ff MedienG - das strafgerichtliche Erkenntnis, auf welches die Entscheidung gegründet ist (§ 530 Abs 1 Z 5 ZPO), infolge einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes durch Urteil des OGH aufgehoben, so beginnt die Frist des § 534 Abs 2 Z 3 ZPO, sobald der Wiederaufnahmskläger von diesem aufhebenden Urteil Kenntnis erlangt hat oder bei pflichtgemäßer Sorgfalt Kenntnis erlangen konnte, mag auch dem Medienstrafgericht erster Instanz im aufhebenden Urteil die neuerliche Verhandlung und Entscheidung über den verfolgten Privatanklageanspruch aufgetragen worden sein.

5. Die Wiederaufnahmsklägerin hat nicht bestritten, dass im Medienstrafverfahren das aufhebende Urteil des OGH vom 8. 5. 2008 ihren damaligen Rechtsvertretern am 10. 6. 2008 zugestellt worden ist. Damit wurde die am 5. 11. 2008 eingebrachte Wiederaufnahmsklage aber - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - erst nach Ablauf der vierwöchigen Notfrist des § 534 Abs 2 Z 3 ZPO gerichtsanhängig. Dem Rekurs kann deshalb kein Erfolg beschieden sein.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

Textnummer

E92475

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0040OB00166.09D.1119.000

Im RIS seit

19.12.2009

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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