Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Spenling und Mag. Ziegelbauer als weitere Richter im Konkurs über das Vermögen des Mag. Burkhard D*****, über dessen Delegierungsantrag den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Delegierungsantrag wird abgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Beim Erstgericht sind neben dem Konkursverfahren über das Vermögen des Antragstellers weitere Konkursverfahren über das Vermögen der S***** KG (*****), der D*****gesellschaft mbH (*****) und der R***** GmbH (*****) anhängig.
Der Gemeinschuldner beantragte die Delegierung aller dieser Verfahren an das Landesgericht St. Pölten mit der wesentlichen Begründung, dass er seinen Wohnsitz nach *****, verlegt habe. Die S***** KG betreibe ein Einkaufszentrum in A*****, sodass die Geschäftstätigkeit ausschließlich in A***** ausgeübt werde. Da der Masseverwalter nur sporadisch vor Ort „nach dem Rechten" gesehen habe, habe sich der Gemeinschuldner zur Vermeidung größerer Schäden gezwungen gesehen, seinen Wohnsitz in der Nachbargemeinde zu nehmen. Insbesondere habe sich die Lage durch die eingesetzte Hausverwaltung gravierend verschärft. Die Delegierung sei daher „aus ökonomischen und verwaltungstechnischen Gründen" sowie „zur Vermeidung von Gefahr für Leib und Leben" erforderlich.
Der Masseverwalter sprach sich gegen den Antrag aus. Die Liegenschaft des Gemeinschuldners in ***** A***** samt dem darauf errichteten Einkaufszentrum ***** hätten zwei Gesellschaften mit Kaufvertrag vom ***** aus der Konkursmasse erworben. Dieser Kaufvertrag sei mit noch nicht rechtskräftigem Beschluss des Konkursgerichts genehmigt worden. Im Einkaufszentrum ***** seien die S***** KG sowie die R***** GmbH als Vermieter unternehmerisch tätig. Der Gemeinschuldner sei Kommanditist der S***** KG und Geschäftsführer deren Komplementärin, der D*****gesellschaft mbH. Er sei auch Geschäftsführer der R***** GmbH. Zwischen seinem dem Konkursverfahren unterworfenen Vermögen und dem genannten Einkaufszentrum bestehe jedoch kein rechtlicher Bezug. Die Schließung des Unternehmens der Gemeinschuldnerinnen S***** KG und R***** GmbH sei konkursgerichtlich genehmigt worden. Der Masseverwalter habe sich daher veranlasst gesehen, mit beiden Käuferinnen der Liegenschaft zum Vorteil der Konkursmasse eine vorläufige Regelung über die Einsetzung einer Hausverwaltung zu treffen, von deren fachlicher Qualifikation auszugehen sei. Zweckmäßigkeitsgründe für eine Delegierung lägen daher nicht vor. Das Konkursgericht schloss sich den Ausführungen des Masseverwalters an und erachtete die Zweckmäßigkeit der beantragten Delegierung für nicht gegeben.
Eine Delegierung gemäß § 31 JN soll nur in Ausnahmefällen erfolgen, um nicht durch eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung zu bewirken. Voraussetzung für eine Delegierung ist die Zweckmäßigkeit der Führung des Verfahrens vor einem anderen Gericht (8 Nc 36/04t).
Davon kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn (wie hier) das Verfahren bereits weit fortgeschritten ist, sodass die Befassung eines anderen Gerichts und die erforderliche Neubestellung der Organe des Konkursverfahrens zwangsläufig zu einer Verfahrensverzögerung führt (RIS-Justiz RS0046294 [T4]; RIS-Justiz RS0046329 [T4]). Dass sich der Wohnsitz des Antragstellers sowie das Einkaufszentrum ***** im Sprengel des Landesgerichts St. Pölten befinden, begründet für sich allein keine Zweckmäßigkeit gemäß § 31 Abs 1 JN und tritt gegenüber den Nachteilen, die sich durch die Verzögerung des Verfahrens und die Notwendigkeit der Neubestellung des Masseverwalters ergeben, völlig in den Hintergrund (8 Nd 1/97).
Anmerkung
E923558Nc29.09wEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0080NC00029.09W.1120.000Zuletzt aktualisiert am
28.12.2009