Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Kundegraber über die Berufung des H A F, geb. am, vertreten durch Dr. G St, Rechtsanwalt in T, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Leoben vom 10. April 2012, Zl.: S 5301/11, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 26.09.2011 um (von-bis) 20:10 - 20:30 Uhr in L, Sch, durch Hämmern, Bohren und Zuschlagen von Kastentüren Lärm verursacht, wodurch ungebührlicherweise störender Lärm erregt wurde und habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs 1 Steiermärkisches Landes-Sicherheitsgesetz (StLSG) begangen. Hiefür wurde gemäß § 4 Abs 1 leg cit eine Geldstrafe von ? 50,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 25 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und gemäß § 64 VStG als Kosten des Strafverfahrens der Behörde erster Instanz ein Betrag von ? 5,00 vorgeschrieben.
Mit 01. Mai 2011 trat die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde L vom 31. März 2011, zum Schutz von Lärmimmissionen, die das örtliche Gemeinschaftsleben beeinträchtigen (Leobener Immissionsschutzverordnung-LISVO) in Kraft. Dort wird in § 1 (lärmerzeugende Arbeiten) normiert, dass während der Zeit von 12:00 Uhr bis 13:00 Uhr und von 19:00 Uhr bis 07:00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen, alle im Hauswesen anfallenden lärmerzeugenden Arbeiten in Höfen, Gebäuden und Gärten (wie Teppichklopfen, Entstauben von Textilien, Entrümpeln) sowie lärmerzeugende Wald- und Gartenarbeiten (wie Rasenmähen, Heckenschneiden, Baumschneiden oder -fällen), mit Ausnahme solcher auf Grünanlagen, die öffentlichen Zwecken dienen, verboten wird.
In § 3 werden Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmung dieser Verordnung als Verwaltungsübertretung erklärt und werden diese gemäß § 101 c Abs 1 Stmk. Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 115/1967 idgF von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu ? 1.500,00 bestraft.
Grundsätzlich wird hiezu ausgeführt, dass der Verwaltungsstraftatbestand der ungebührlichen störenden Lärmerregung gemäß § 1 Abs 1 StLSG nur zur Anwendung kommt, wenn keine besondere Regelung (lex specialis) besteht. Die auf den Lärm abzielenden Bestimmungen des Steiermärkischen Landes-Sicherheitsgesetzes sind reine Auffangtatbestände, das heißt sie sind auf jene Maßnahmen der Lärmabwehr beschränkt, die aus sicherheitspolizeilichen - nicht jedoch aus anderen Verwaltungsmaterien bezogenen - Rücksichten notwendig sind (VfSlg. 81550/1977; VfGH 08.10.1985, Slg. 10614; UVS Steiermark 26.01.1998, UVS 30.3-12/97; UVS Steiermark 05.02.1999, UVS 30.3-8/99; UVS Steiermark 29.07.2010, UVS 30.3-24/2010-5). Somit kommt die im angeführten Straferkenntnis angeführte Gesetzesbestimmung (§ 1 Abs 1 StLSG) nur dort zur Anwendung, wo die Erregung von störenden Lärm nicht nach den Vorschriften einzelner Verwaltungsmaterien, zB des Verkehrswesens (Verkehrslärm), der Gewerbe- und Industrieangelegenheiten (Betriebslärm) oder des Bauwesens (Baulärm) zu beurteilen ist.
Der ortspolizeiliche Verordnungsgeber zielt bei seiner Regelung auf das örtliche Gemeinschaftsleben ab und schafft hier Möglichkeiten zu bestimmten Zeiten als auch bestimmten Tagen lärmerzeugende Arbeiten im Rahmen eines Haushaltes sowie lärmerzeugende Arbeiten im Rahmen von Wald- und Gartenarbeiten zu verbieten. Die dem Berufungswerber vorgeworfenen lärmerzeugenden Arbeiten, nämlich Hämmern, Bohren und Zuschlagen von Kastentüren sind als lärmverursachende Tätigkeiten in einem Haushalt zu qualifizieren (siehe auch VwSlg. 8766A/1975). Diese Verursachung des sogenannten Haus- oder Wohnungslärms wird für die Zeit von 20:10 Uhr bis 20:30 Uhr nach § 1 Leobener Immissionsschutzverordnung zu ahnden sein und nicht nach dem Steiermärkischen Landes-Sicherheitsgesetz.
Da somit dem Berufungswerber der falsche Tatbestand vorgeworfen wurde und wesentliche Tatbestandselemente außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht neuerlich vorgehalten werden können, war dem Berufungsantrag das angefochtene Straferkenntnis, S 5301/11 vom 10.04.2012 der Bundespolizeidirektion Leoben, ersatzlos beheben und das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen stattzugeben. Es erübrigt sich daher auf die übrig vorgebrachten Gründe in der Berufung näher einzugehen.