Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch seinen Präsidenten Mag. Grauszer über die auf Art. 129a Abs 1 Z 2 B-VG und § 88 Abs 1 SPG gestützte Beschwerde vom 27.03.2012 des Herrn Mag. G. B. (in der Folge als Beschwerdeführer kurz ?BF? genannt), geboren am ***, wohnhaft in ***, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Ausspruch seiner Wegweisung und Anordnung eines Betretungsverbotes betreffend das Reihenhaus ***, *** sowie die Straße *** in *** und die Durchsetzung beider Maßnahmen mit Zwangsgewalt am 14.02.2012 gegen 01:45 Uhr durch Polizeibeamte im Verantwortungsbereich der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See (BH) zu Recht erkannt:
Gemäß § 88 Abs. 1 SPG in Verbindung mit § 67c Abs. 3 AVG werden die obgenannten Maßnahmen für rechtswidrig erklärt.
Gemäß § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 und § 52 Abs 1 VwGG hat der Bund (Bundesministerin für Inneres) dem BF Kosten für Schriftsatzaufwand von 4 x 737,60 Euro, für Verhandlungsaufwand von 922 Euro und für Stempelgebühren von 26,-- Euro binnen zwei Wochen zu bezahlen.
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen die im Vorspruch genannten Maßnahmen. Die Lebenspartnerin des BF, U.F., habe nach einem häuslichen verbalen Streit seine Vorwürfe nicht mehr hören wollen und deshalb das Haus verlassen. Sie habe entschieden, die Nacht nicht im Hause zu verbringen und deshalb ein paar Sachen vom Haus holen wollen. Da sie befürchtet habe, dass er sie nicht hineinlassen werde, sei sie zur Polizei gefahren, um diesbezüglich Hilfe zu erhalten. Sie sei mit zwei Polizisten zum Haus zurückgekehrt. Sie hätte sich mittlerweile beruhigt gehabt, es habe keine Auseinandersetzung mehr gegeben. U.F. sei ins Schlafzimmer gegangen, um ihre Sachen zu holen. Er sei im Arbeitszimmer gesessen und auf den Flur hinaus getreten, als er Stimmen gehört habe. Er habe die dort angetroffenen Polizisten gefragt, was sie wollen, jedoch keine Antwort erhalten sondern sei eine Gegenfrage gestellt worden. Da er keinen Anlass für ihre Anwesenheit gesehen habe, habe er sie zum Gehen aufgefordert. Daraufhin habe der Beamte Z. die den BF betreffende Wegweisung und das Betretungsverbot ausgesprochen. Da er diese Maßnahmen als rechtswidrig erkannt habe, habe er sich geweigert, das Haus zu verlassen, worauf er von den Polizisten mit Gewalt aus dem Haus entfernt worden sei. Er habe seine Lebensgefährtin nicht gefährlich angegriffen. Im Zeitpunkt der Polizeiintervention habe er mit ihr nicht gesprochen. Sie habe den Polizisten sogar mehrfach erklärt, dass kein Grund für eine Wegweisung bestehe und sie nur ein paar Sachen für die Nacht holen wolle. Für die Prognose seines bevorstehenden gefährlichen Angriffs auf seine Lebensgefährtin habe damals kein Grund bestanden. Die erforderlichen Voraussetzungen für die Verhängung des Betretungsverbotes sowie der Wegweisung wären deshalb nicht vorgelegen. Somit sei auch die gewaltsame Durchsetzung des Betretungsverbotes und der Wegweisung rechtswidrig.
1.2. Die BH legte den Akt vor, gab jedoch keine inhaltliche Stellungnahme zur Beschwerde ab. Die Abweisung der Beschwerde wurde beantragt. Im Akt erliegt ein Bericht der PI *** vom 14.02.2012, GZ E1/1468/2012, aus dem ein Vorfall am 14.2.2012 um 01.00 Uhr, und eine Wegweisung und ein Betretungsverbot um 01.45 ersichtlich sind. Darin ist auch festgehalten, dass der BF mit Zwang aus der Wohnung gewiesen worden sei. Aus dem Außenbereich habe er öfters versucht, in die Wohnung zurückzukehren, weshalb er mit Zwang von der Tür entfernt worden sei. Weiters wurde ein Bericht des BPK *** an die Staatsanwaltschaft Eisenstadt vom 14.2.2012, B5/1468/2012-***, vorgelegt, der sich mit dem Vorfall und die Festnahme des BF und den Verdacht gerichtlich strafbarer Handlungen befasst.
1.3. Hierüber wurde am 05.06.2012 eine mündliche Verhandlung vom UVS durchgeführt, an der auch die BH teilnahm. Als Zeugen wurden die Lebensgefährtin des BF sowie jene Polizeibeamten einvernommen, die an der Amtshandlung im Sinne des Beschwerdevorbringens beteiligt waren.
1.3.1. Die Lebensgefährtin des BF, Frau U.F., sagte aus:
?[..].Ich war zu Hause, als mein Lebenspartner Einlass ins Haus forderte. Ich öffnete ihm und er sagte mir dass er keinen Schlüssel hätte und machte mir Vorwürfe, dass ich nicht vorher schon im Hause gewesen sei. Als ich die Tür öffnete, stürzte er herein, wobei er mit beiden Händen auf meine beiden Oberarme griff. Wegen des Schwunges wich ich zurück und stürzten wir beide zu Boden, wobei ich wahrscheinlich über einen im Flur liegenden Gegenstand stolperte. Ich habe dies nicht als Angriff empfunden, sondern war überrascht, dass er so auf mich zukam. Er hat meinen Kopf nicht zu Boden gedrückt und er hat mich nicht geschlagen. Er war sehr aufgebracht und hat mit mir geschrien, weil ich nicht schon früher zu Hause gewesen bin. Mein Lebensgefährte war betrunken und in diesem Zustand redet er sehr viel. Ich habe dann das WC zu einer bestimmungsgemäßen Benutzung aufgesucht (und nicht um dorthin zu ?flüchten?), mein Lebenspartner ist dann gekommen und hat gesagt ich soll die WC-Tür aufmachen. Er hat mir dann gesagt, er könne die Türe mit der Bohrmaschine öffnen. Ich habe dann die Türe aufgesperrt, und mich aber auf die WC-Muschel gestellt. Er hat mich dann beim Fuß genommen und ich bin freiwillig heruntergestiegen. Er hat keine Gewalt angewendet, um mich aus dem WC zu bringen. Ich habe mir überlegt, dass ich nicht im Haus bleiben wollte. Ich habe ihm gesagt, dass ich für heute das Haus verlasse. Er hat nur gesagt, ja geh nur, und hat mich aus dem Haus bugsiert (ohne Gewaltanwendung). Ich habe dann das Haus verlassen und wollte mit meinem davorstehenden Auto wegfahren. Ich habe das Auto gestartet, als ich beim Wegfahren war, kam er mit einer Schneeschaufel aus dem Haus und schlug von vorne mehrfach auf die Kühlerhaube. Nachdem er dann Platz gemacht hatte, bin ich weggefahren.
Ich bin dann zum nächsten Polizeiposten gefahren. Ich wollte zurück ins Haus um mir Kleidungstücke, meine Handtasche und mein Handy zu holen. Ich wollte aber nicht allein zurückgehen, weil ich mir die Schreiereien meines Lebensgefährten nicht wieder anhören wollte. Ich habe gedacht, dass, wenn er einen Polizisten sieht, wird er damit aufhören.
Als ich mit den Polizisten in Kontakt kam, habe ich sie gebeten, mich zum Haus zu begleiten, damit ich meine Sachen holen wollte. Anfangs wollten sie nicht mitkommen, weil sie keinen Grund zum Einschreiten gesehen hätten, schließlich sind sie aber doch mitgekommen. Ich habe die Haustür aufgesperrt und bin über die Treppe in den Stock gegangen, um meine Sachen aus dem Schlafzimmer zu holen. Meinen Lebensgefährten habe ich nicht gesehen. Ich habe dann bemerkt, dass die Polizisten die Treppe hochgekommen sind und vor dem Arbeitszimmer mit meinem Lebensgefährten geredet haben. Er hat sie gefragt was sie da wollten und sie haben ihn dann gefragt, ob er das nicht ohnehin wisse. Sie haben ihm dann gesagt, dass ich bei ihnen gewesen wäre. Sie haben ihn jedoch nicht gesagt, dass ich nur um Begleitung gebeten hätte, um meine Sachen aus dem Haus zu holen. Von dem Sturz im Flur und dem Vorgang im WC habe ich den Beamten nichts erzählt. Dies war erst bei der nachfolgenden Einvernahme durch einen Polizeioffizier. Ich habe dann mitbekommen, dass einer der Beamten meinen Lebensgefährten gegenüber eine Wegweisung und ein Betretungsverbot verhängt hat und sich mein Lebensgefährte geweigert hat, freiwillig das Haus zu verlassen. Sie haben ihn dann an den Armen genommen und aus dem Haus gebracht. Ob ihm die Gewaltanwendung zur Durchsetzung der Wegweisung angedroht oder angekündigt wurde, weiß ich nicht. Als ich gesehen habe, dass die Amtshandlung eskaliert und mein Lebensgefährte weggewiesen wurde, habe ich gesagt, dass ich das nicht wolle, weil ich hätte doch die Absicht, diese Nacht außer Haus zu verbringen, weshalb ich ja zurückgekehrt sei, um meine Sachen zu holen. Als ich aus dem Schlafzimmer in den Flur trat, weil ich dort ein Gespräch hörte, hat mich ein Beamter gebeten, ins Arbeitszimmer zu gehen, weil ?sie das jetzt alleine machen würden?.
Auf Befragen der belangten Behörde, warum die Zeugin in der (Anmerkung des UVS: polizeilichen) Einvernahme (am 14.2.2012, siehe Bericht des BPK an die Staatsanwaltschaft) angab, aus Angst das WC aufgesucht zu haben, gibt die Zeugin an:
?Ich hatte keine Angst, aber ich wusste, dass mein Lebensgefährte nicht aufhören würde zu reden und mich nicht schlafen lassen würde. Deshalb wollte ich das Haus verlassen.?
1.3.2. Der Zeuge BI M.Z. sagte aus:
?Ich war an dem Abend Dienstführender einer Polizeistreife und sind wir auf der PI *** in Kontakt mit Frau F. gekommen. Sie machte auf mich einen auswegslosen Eindruck und berichtete sie von einem partnerschaftlichen Streit. Sie hat mir erzählt, dass sie ihr Lebenspartner zu Boden gedrückt hätte und mit der Schneeschaufel auf die Motorhaube geschlagen hat. Sie hat auch gesagt, dass sie nicht geschlagen worden sei und haben wir auf dem Auto nach Abdrücken der Schneeschaufel geschaut. Sie bat uns sie zum Haus zu begleiten, damit sie ihre Sachen holen könne, weil sie über Nacht aus dem Hause gehen wolle, weil sie sich die Schreiereien von ihrem Lebenspartner nicht anhören wolle. Wir sind dann mit ihr ins Haus gegangen und sie hat sich aus einem Zimmer ihre Sachen geholt. Ich habe sie gebeten in dem Zimmer zu bleiben, weil ich die Streitparteien trennen wollte, um in Ruhe die Amtshandlung durchzuführen. Ich habe gegenüber Herrn Mag. B. eine Wegweisung und ein Betretungsverbot ausgesprochen und er hat sich geweigert, dem Folge zu leisten. Für den Fall der weiteren Weigerung habe ich die Anwendung von Körpergewalt angedroht, es hat nichts genützt. Nach Ankündigung wurde er von meinem Kollegen und mir an den Oberarmen gefasst und aus dem Haus gebracht. Sobald wir aus dem Haus getreten waren, haben wir seine Arme losgelassen. Ich habe mir schon vorgestellt, dass aufgrund der Erzählungen der Frau F. eine Wegweisung und ein Betretungsverbot möglicherweise bevor stand. Bei der Amtshandlung im Stiegenhaus gab es keine Vorfälle, die von mir als unmittelbar drohender Angriff gegen Frau F. gewertet wurde, weil sie im Zimmer war.?
Frau F. wurde neuerlich in den Zeugenstand geholt.
Der Verhandlungsleiter hält der Zeugin Ihre Aussage von vorhin vor, worauf sie angibt, den Polizisten doch von der Schaufelattacke ihres Lebensgefährten erzählt zu haben.
1.3.3. Der Zeuge GI J.W. gab an:
?Bei der Kontaktaufnahme mit Frau F. habe ich mitbekommen wie sie gesagt hat, dass sie ihr Lebensgefährte zu Boden gedrückt habe, dass sie sich ins WC eingesperrt habe und dass sie flüchten konnte und dass mit der Schneeschaufel auf das Auto geschlagen wurde.
Ich kann mich nicht erinnern an das genaue Gespräch im Haus. Ob die Gewaltanwendung angedroht oder angekündigt wurde, weiß ich nicht mehr.?
2. Über die Beschwerde wurde erwogen:
2.1. Nach § 88 Abs. 1 SPG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über die Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein (Art. 129a Abs 1 Z 2 B-VG). Jeder Rechtssphäreneingriff setzt - soll er rechtmäßig sein - voraus, dass eine Befugnis vorgesehen ist, die die erwogenen sicherheitspolizeilichen Maßnahmen, auf deren Rechtmäßigkeit der Betroffene gemäß § 87 SPG 1991 einen Rechtsanspruch hat, trägt (VwGH 29.07.1998, 97/01/0448). Ein gleiches Beschwerderecht gilt nach § 88 Abs 2 SPG bei schlichtem Polizeihandeln in Besorgung der Sicherheitsverwaltung.
Im Anlassfall ist die Befugnis nach § 38a SPG von Bedeutung, der in seinen Absätzen 1 und 2 lautet:
?(1) Ist auf Grund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs, anzunehmen, es stehe ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevor, so sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Menschen, von dem die Gefahr ausgeht, aus einer Wohnung, in der ein Gefährdeter wohnt, und deren unmittelbarer Umgebung wegzuweisen. Sie haben ihm zur Kenntnis zu bringen, auf welchen räumlichen Bereich sich die Wegweisung bezieht; dieser Bereich ist nach Maßgabe der Erfordernisse eines wirkungsvollen vorbeugenden Schutzes zu bestimmen.
(2) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einem Menschen das Betreten eines nach Abs. 1 festzulegenden Bereiches zu untersagen; die Ausübung von Zwangsgewalt zur Durchsetzung dieses Betretungsverbotes ist jedoch unzulässig.
[..].?
Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Maßnahmen setzt voraus, dass der einschreitende Polizeibeamte im Zeitpunkt seiner Entscheidung mit gutem Grund annehmen konnte, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des § 38a SPG vorlagen. Mit anderen Worten: Er musste aufgrund bestimmter Tatsachen damals in zulässiger Weise davon ausgehen können, dass ein gefährlicher Angriff auf das Leben, die Gesundheit oder Freiheit einer gefährdeten Person bevorstand. Diese Erwartung muss auf ?bestimmte Tatsachen? gründen, wobei das Gesetz als solche insbesondere einen vorangegangenen gefährlichen Angriff nennt. Für diese (schwierige) Gefährlichkeitsprognose (aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung und besonderer Polizeierfahrung) sind die Aussage und das Verhalten des Opfers und der Person, von der die Gefahr ausgeht, insbesondere während des Einschreitens der Polizei (aber auch früher) maßgebend. Hier war zu prüfen, ob der Polizeibeamte BI M.Z. aufgrund des sich bietenden Gesamtbildes in vertretbarer Weise annehmen konnte, dass mit einiger Wahrscheinlichkeit (Sicherheit) erwartet werden konnte, dass ein gefährlicher Angriff des BF auf seine Lebensgefährtin U.F. bevorstand.
2.2. Folgender Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt:
Aus der Beschwerde und den Angaben des BF und der Zeugin U.F. in der Verhandlung ergibt sich zwar ein häuslicher Streit aber keine Gewaltanwendung des BF gegen seine Lebensgefährtin im Haus. Er hat mit ihr geschrien, weil sie zuvor, als er ins gemeinsame Haus wollte, noch nicht zuhause war (er hatte keinen Schlüssel mit). Sie wurde weder geschlagen noch verletzt. Sie hat dann das Haus in *** verlassen, weil sie sich die lautstarken Vorwürfe ihres damals betrunkenen Lebensgefährten nicht weiter anhören wollte und beabsichtigte, die Nacht woanders zu verbringen. Beim Wegfahren mit ihrem Auto hat der BF mit einer Schneeschaufel mehrmals auf die Kühlerhaube geschlagen.
Hier sei zum Verständnis des Geschehens eingefügt, was im Hinblick auf den Verfahrensausgang nicht relevant ist. Nach der übereinstimmenden Darstellung des BF und seiner Lebensgefährtin hat sie ihm die Haustüre geöffnet, worauf er schwungvoll und Vorwürfe schreiend ins Haus gestürmt ist und sie an den Armen gepackt hat. Sie ist über einen im Flur liegenden Gegenstand nach hinten gestolpert und sie sind zusammen auf den Boden gefallen. Dabei wurde ihr Kopf von ihm nicht gewaltsam zu Boden gedrückt und sie auch nicht von ihm geschlagen. Dies hat sie nicht als körperlichen Angriff auf sie verstanden. Sie hat nach ihren Angaben das WC zu einer bestimmungsgemäßen Benutzung aufgesucht und nicht, um von ihm aus Angst dorthin zu ?flüchten?. Hinsichtlich der Öffnung der WC-Tür gibt es unterschiedliche Angaben, was jedoch nicht weiter aufgeklärt werden muss. Sie wurde von ihm - ihren Aussagen zu Folge und übereinstimmend mit seinen Angaben - nicht gewaltsam aus dem WC geholt.
Da sie die Nacht außer Haus verbringen wollte (um in der Nacht Ruhe von ihrem alkoholisierten Partner, der sie in diesem Zustand nicht schlafen gelassen hätte, zu finden), wollte sie sich im Haus zurückgelassene Sachen (Handtasche, Handy) und Kleidungsstücke aus dem Haus holen. Sie hoffte, dass ihr Lebensgefährte nicht mehr mit ihr schreien würde, wenn sie von Polizisten begleitet ins Haus zurückkehre, um ihre Sachen zu holen. Deshalb hat sie die Polizei aufgesucht und den Beamten dies auch ausdrücklich gesagt. Ob und wie detailliert sie den Polizisten bei der Kontaktaufnahme erzählt hat, dass ihr Kopf von ihrem Lebensgefährten zu Boden gedrückt worden sei und wie die Sache mit dem WC abgelaufen ist, kann wegen des Verfahrensausgangs dahin gestellt bleiben (die Aussagen der Polizisten und der Zeugin divergieren). Sie hat der Polizei die Schaufelattacke und erzählt, dass sie nicht geschlagen worden sei. Die Polizisten wollten sie anfangs zu diesem Zweck nicht ins Haus begleiten, schließlich haben sie ihrem Wusch doch entsprochen. Auf den Polizisten BI M.Z. machte die Frau einen ausweglosen Eindruck.
Sie hat das Haus mit den Polizisten betreten und suchte das Schlafzimmer auf, um dort ihre Sachen zu holen. BI.M.Z. fordert sie auf, dort zu bleiben (weil er die Streitparteien trennen und in Ruhe die Amtshandlung - er erwartete eine Wegweisung und ein Betretungsverbot - abführen wollte). Während der Amtshandlung im Flur gab es kein Verhalten des BF, aus dem die Polizei einen bevorstehenden Angriff auf Frau U.F. abgeleitet hätte. Der BF fragte die Polizisten, was sie im Haus wollten, worauf sie jedoch mit der Gegenfrage antworteten, ob er dies nicht wisse. Dies ergibt sich aus den übereinstimmenden Angaben der Lebenspartner in der Verhandlung. Die Polizei hat gegenüber dem BF nur die Schaufelattacke erwähnt, ihn jedoch auch dazu nicht näher befragt, obwohl er sie damals abgestritten hat. Anderes früheres Verhalten (wie tätliche Angriffe und die WC-Geschichte) wurden ihm nicht vorgehalten. Dies wurde auch gar nicht behauptet. Zu den Polizisten verhielt sich der BF ungehalten, er war über ihr Einschreiten erbost, nicht jedoch zu seiner Partnerin, mit der er bei der Amtshandlung gar nicht gesprochen hat. Dann erfolgten die Wegweisung und das Betretungsverbot. Frau U.F. sagte den Beamten, dass dafür kein Grund bestehe, weil sie nur ihre Sachen holen (und nicht ins Haus für die Nacht zurückkehren wolle). Die gewaltsame Verbringung des BF aus dem Haus durch die Polizisten ist unstrittig. Die Androhung und Ankündigung der Gewaltmaßnahme wird vom Zeugen BI.M.Z. behauptet und vom BF nicht in Frage gestellt. Aus dem Polizeiformularbericht und der Aussage des letztgenannten Zeugen geht hervor, dass der BF öfters versucht habe, ins Haus zurückzukehren, daran jedoch gehindert wurde, ?indem er mit Zwang von der Tür entfernt wurde?. Der UVS geht davon aus, dass diese polizeilichen Angaben stimmen, weil nicht erkennbar ist, warum man sonst von einer Gewaltmaßnahme (in deren Folge es sogar zu einer Festnahme und gerichtlichen Strafanzeige kam) berichtet hätte. Daran ändert nichts, dass der BF in seiner Aussage vor dem UVS bestritt, dass er versucht habe, ins Haus zu kommen.
2.3. Aus dem gesamten Vorbringen und dem Akt geht hervor, dass insgesamt vier Maßnahmen vorliegen. Die Wegweisung, das Betretungsverbot, das gewaltsame Verbringen des BF aus dem Haus (als Durchsetzung der Wegweisung) und seine Hinderung durch Polizisten, das Haus über die Türe wieder zu betreten (als Durchsetzung des Betretungsverbots). Die Wegweisung und das Betretungsverbot sind sachlich trenn- und unterscheidbare Maßnahmen, mögen sie auch zeitlich zusammenhängend ausgesprochen worden sein (was wohl regelmäßig passiert). Insoweit liegen zwei Maßnahmen vor. Die Durchsetzung der Wegweisung und des Betretungsverbots wurden zwar unter c) im Beschwerdeschriftsatz nur als eine Maßnahme bekämpft, jedoch sind auch dies zwei sachlich trenn- und unterscheidbare Maßnahmen, die einer isolierten Betrachtung zugänglich sind. Die Durchsetzung des Betretungsverbots wurde ausdrücklich bekämpft, mag der BF auch kein Verhalten konkretisiert haben, das er als Durchsetzungsmaßnahme ansah. Die gewaltsame Hinderung am Betreten des Hauses durch die Polizei ist aktenkundig und damit erwiesen.
2.4. Ein gefährlicher Angriff ist iSd § 16 Abs 2 SPG die Bedrohung eines Rechtsguts durch die Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand u.a. nach dem StGB handelt. Das bloße Misshandeln bildet eine gerichtlich strafbare Handlung nur, wenn es öffentlich oder vor mehreren Leuten begangen wird oder eine fahrlässige Körperverletzung zur Folge hat. Wegen des Verfahrensausgangs kann es dahin gestellt bleiben, ob es vor dem polizeilichen Einschreiten mit den angefochtenen Maßnahmen einen gefährlichen Angriff des BF auf Frau U.F. gab und welches konkrete Verhalten für sich allein oder in der Zusammenschau als solcher zu werten ist. Dazu hat sich die belangte Behörde auch nicht geäußert.
2.5. Im Anlassfall gab es vom Erscheinen der Polizisten im Haus bis zur bekämpften Wegweisung und dem Betretungsverbot keinen Hinweis auf einen bevorstehenden gefährlicher Angriff gegen eines der in § 38a SPG genannten Rechtsgüter. Der häusliche Streit zwischen dem BF und U.F. war bereits beendet. Sie hatte das Haus verlassen, um die Nacht außerhalb zu verbringen. Sie ist nur zurück ins Haus gekommen, um ein paar Sachen für die Nacht zu holen (und nicht um zu bleiben), was die Polizisten wussten. Während der Amtshandlung hat der BF nicht mit ihr gesprochen. Der BF war zwar gegenüber den Beamten verbal aggressiv. Gegen U.F. gab es keine Drohungen oder Ankündigungen, sie hat den Polizisten sogar gesagt, dass sie keine Wegweisung wolle, weil sie doch die Nacht außer Haus verbringen wolle. Die Anwendung von Körpergewalt durch die Polizisten war durch den passiven Widerstand des BF verursacht, der nach der Wegweisung nicht freiwillig das Haus verlassen wollte. Ein gefährlicher Angriff gegen seine Lebenspartnerin, die das Haus bereits verlassen hatte und nach Abholung der Sachen wieder verlassen wollte, kann sohin damals nicht als ?bevorstehend? angesehen werden. Mit anderen Worten: Mangels (weiterer) Anwesenheit einer gefährdeten Person in der Wohnung konnte kein gefährlicher Angriff auf sie ?bevorstehen?. Darauf deutete nach dem Wissensstand der Polizei im Zeitpunkt der Amtshandlung nichts hin, zumindest ist in der Verhandlung nichts hervorgekommen oder von der BH vorgebracht worden. Deshalb liegt die genannte Voraussetzung für die Wegweisung nicht vor und ist sie rechtswidrig. Das an dieselben Voraussetzungen geknüpfte Betretungsverbot ist sohin auch rechtswidrig. Wegen der Rechtswidrigkeit der Wegweisung war auch die gewaltsame Verbringung aus dem Haus rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit der Zwangsgewalt zur Durchsetzung des Betretungsverbots stützt sich auf § 38 Abs 1 zweiter Halbsatz SPG, der eine solche Ausübung von Zwangsgewalt ausdrücklich verbietet.
Bemerkt sei, dass nach dem Akt nicht nachvollziehbar ist, warum das Betretungsverbot auch auf die ganze Straße, in der sich das Haus befindet, ausgedehnt wurde. Die BH hat zwar im Akt vermerkt, dass sie das Betretungsverbot überprüft und seine Aufrechterhaltung der PI mitgeteilt hat. Was konkret sie wie überprüft hat und welche Erwägungen für das erzielte Ergebnis maßgebend waren, ist nicht aktenkundig. Diese Mängel hätten auch zur Rechtswidrigerklärung führen können.
2.6. Der Kostenzuspruch stützt sich auf die zitierten Vorschriften. Aus 2.3. ergeben sich vier angefochtene Maßnahmen, weshalb der Ersatz des Aufwandes für Schriftsatz vierfach zuzusprechen war. Zum nur einfachen Ersatz des Verhandlungsaufwandes (über alle vier Maßnahmen wurde eine gemeinsame Verhandlung abgeführt) siehe die Ausführungen dazu in Eisenberger/Ennöckl/Helm, Die Maßnahmenbeschwerde, Verlag Österreich, 1. Auflage, Seiten 92 und 93.