TE UVS Steiermark 2012/06/26 30.10-14/2012

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Veröffentlicht am 26.06.2012
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karin Clement über die Berufung des Herrn A W, geb. am, Wd, K, vertreten durch Dr. Wo Sch, Rechtsanwalt, S, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 27.01.2012, GZ: BHGU-15.1-62548/2009, wie folgt entschieden:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung zu Punkt 2.) und 4.) des Straferkenntnisses abgewiesen, wobei zu Punkt 2.) des Straferkenntnisses die Satzfolge Obwohl bei der Verabreichung des Futters die Bedürfnisse der Tiere in Bezug auf das Nahrungsaufnahmeverhalten und den Fressrhythmus zu berücksichtigen sind. Rinder haben über den Tag verteilt mehrere Fress- bzw. Wiederkauphasen. Werden Rinder in Stallhaltung nur zweimal am Tag gefüttert, sind sie hinsichtlich ihres Fressrhythmus und ihres natürlichen Futteraufnahmeverhaltens nicht bedürfnisgerecht versorgt. Deshalb ist es in der guten landwirtschaftlichen Praxis üblich, Rinder in Anbindehaltung zweimal täglich mit Kozentratfutter zu versorgen und zwischen den Fütterungszeiten ein ständiges Angebot von Raufutter zu gewährleisten. Dadurch wird den Tieren ein natürliches Futteraufnahmeverhalten ermöglicht. zu entfallen hat und die Anzahl der Rinder mit 12 ergänzt wird.

 

Zu Punkt 4.) des Straferkenntnisses hat der Spruch wie folgt zu lauten:

Sie haben als Halter von insgesamt 12 Rindern und 7 Kälbern nicht dafür gesorgt, dass die Liegeflächen trocken und ausreichend mit Stroh oder ähnlich strukturiertem Material eingestreut waren, da insbesondere im kleinen Stall aufgrund des Defektes des Tränkesystems das Wasser übergelaufen ist, sodass der Stall teilweise unter Wasser gestanden ist und in der Box der Kälber 10 cm hoch die Ausscheidungen der Tiere vorhanden waren. Einstreu war kaum vorhanden.

 

Sie haben dadurch die Rechtsvorschriften des § 13 Abs 2 TSchG BGBl. Nr. 118/2004 i.V.m. Punkt 2.1.1. der Anlage 2 der 1. THV BGBl. Nr. 485/2004 verletzt und wird eine Geldstrafe von ? 220,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 38 Abs 3 TSchG BGBl. Nr. 118/2004 verhängt.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von ? 88,00 binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung zu den Punkten 1.), 3.), 5.), 6.) und 7.) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 13.10.2009, um 11.30 Uhr, in K, Wd,

 

1.) Im kleineren Stall 4 Rinder, 2 Kälber, 2 Ziegen und 1 Stier und im Hauptstall 8 Kühe und 5 Kälber gehalten und dabei nicht dafür gesorgt, dass Art, Beschaffenheit, Qualität und Menge des Futters der Tierart, dem Alter und dem Bedarf der Tiere entsprechen müssten. Das Futter müsse so beschaffen und zusammengesetzt sein, dass die Tiere ihr arteigenes mit dem Fressen verbundenes Beschäftigungsbedürfnis befriedigen könnten.

 

Qualität und/oder Menge des angebotenen Futters entsprechen nicht den Bedürfnissen der Tiere. Dies erkläre sich aus der Tatsache, dass zumindest 2 Tiere eine für ihr Alter viel zu geringe Körpermasse aufweisen (AT 299.929.716: soll 400 - 450 KG; ist 250 - 300 KG; AT 478.389.517: soll 140 - 160 KG; ist 100 KG) und alle Rinder im Durchschnitt einen mittel- bis minderguten Ernährungszustand aufweisen. Weiters liege eine schlechte Stallhygiene vor.

 

2.) Nicht dafür gesorgt, dass die Verabreichung des Futters den Bedürfnissen der Tiere im Bezug auf das Nahrungsaufnahmeverhalten und den Fressrhythmus berücksichtigt werde, obwohl bei der Verabreichung des Futters die Bedürfnisse der Tiere im Bezug auf das Nahrungsaufnahmeverhalten und den Fressrhythmus zu berücksichtigen seien. Rinder hätten über den Tag verteilt mehrere Fress- bzw. Wiederkauphasen. Würden Rinder in Stallhaltung nur zweimal am Tag gefüttert, seien sie hinsichtlich ihres Fressrhythmus und ihres natürlichen Futteraufnahmeverhaltens nicht bedürfnisgerecht versorgt. Deshalb sei es in der guten landwirtschaftlichen Praxis üblich, Rinder in Anbindehaltung zweimal täglich mit Konzentratfutter zu versorgen und zwischen den Fütterungszeiten ein ständiges Angebot von Raufutter zu gewährleisten. Dadurch werde den Tieren ein natürliches Futteraufnahmeverhalten ermöglicht. Die erste Fressperiode setze bei Rindern kurz vor Sonnenaufgang ein und sei die intensivste des Tages. Würden Rinder, wie im gegenständlichen Fall, gegen Mittag erstmals mit Futter versorgt, werde ihrem natürlichen Bedürfnis im Bezug auf das Nahrungsaufnahmeverhalten und den Fressrhythmen keinesfalls Rechnung getragen.

 

3.) Hätte im kleineren Stall 4 Rinder, 2 Kälber und 2 Ziegen gehalten und dabei nicht dafür gesorgt, dass die Fütterungs- und Tränkeeinrichtungen sauber gehalten und so gestaltet seien, dass eine artgemäße Futter- und Wasseraufnahme möglich sei und so angeordnet und betrieben werden, dass alle Tiere ihren Bedarf decken könnten, obwohl die Fütterungs- und Tränkeeinrichtungen sauber zu halten seien und so gestaltet sein müssten, dass eine artgemäße Futter- und Wasseraufnahme möglich sei. Sie müssen so angeordnet sein und betrieben werden, dass alle Tiere ihren Bedarf decken könnten. Rinder würden bei Bedarf in kurzer Zeit große Mengen an Wasser aufnehmen (10 bis 20 Liter in 2 bis 3 Minuten). Die schadhaften Tränken könnten diesen Bedürfnissen nicht Rechnung tragen, bei den Kälbern fehlten die Tränken gänzlich.

 

4.) Nicht dafür gesorgt, dass die Liegeflächen trocken und so gestaltet seien, dass alle Tieren gleichzeitig und ungehindert liegen könnten, obwohl die Böden rutschfest und so gestaltet und unterhalten werden müssten, dass die Rinder keine Verletzungen oder Schmerzen erleiden. Würden geschlossene Böden im Liegebereich der Tiere keine Belege aufweisen, die ihren Ansprüchen auf Weichheit oder Wärmedämmung genügten, seien sie ausreichend mit Stroh oder ähnlich strukturiertem Material einzustreuen. Die Liegeflächen der Tiere müssten trocken und so gestaltet sein, dass alle Tiere gleichzeitig und ungehindert liegen könnten. Bei der Kontrolle sei festgestellt worden, dass die Liegeflächen sofort mit Stroh eingestreut wurden, wobei vorher nicht ausgemistet wurde. Das Einstreuen erfolgte offensichtlich zur Überdeckung der vorhandenen Ausscheidungen. In der Box der Kälber stünden 10 cm hoch die Ausscheidungen der Tiere, Einstreu sei kaum vorhanden.

 

5.) Nicht dafür gesorgt, dass eine trockene, weiche und verformbare Liegefläche vorhanden sei. Gemäß dieser Bestimmung muss bei Kälbern bis 150 kg eine trockene, weiche und verformbare Liegefläche vorhanden sein.

 

6.) Nicht dafür gesorgt, dass ein ausreichender Zugang zu geeignetem Frischwasser oder anderen Flüssigkeiten vorhanden sein, obwohl alle Kälber mindestens zweimal täglich gefüttert werden müssten. Kälber müssten ihrem Alter, ihrem Gewicht und ihren verhaltensmäßigen und physiologischen Bedürfnissen entsprechend ernährt werden. Insbesondere muss ab Beginn der zweiten Lebenswoche Raufutter mit ausreichendem Rohfasergehalt in steigenden Mengen so zur Verfügung gestellt werden, dass die Mindestmenge für acht Wochen alte Kälber 50 g und für 20 Wochen alte Kälber 250 g betrage. Die tägliche Futerration müsse genügend Eisen enthalten, damit ein durchschnittlicher Hämoglobinwert von mindestens 4,5 mmol/l Blut gewährleistet sei. Kälber müssen so schnell wie möglich nach der Geburt, auf jeden Fall innerhalb der ersten sechs Lebensstunden Rinderkilostralmilch erhalten. Über zwei Wochen alte Kälber müssen über die Milch und Milchaustauschertränke hinaus Zugang zu geeignetem Frischwasser oder anderen Flüssigkeiten in ausreichender Menge haben um ihren Flüssigkeitsbedarf decken zu können. Bei erhöhtem Flüssigkeitsbedarf, insbesondere bei sehr hohen Temperaturen oder bei Krankheit muss in jedem Fall der ständige Zugang zu geeignetem Frischwasser sichergestellt sein. Laut Aussage des Herrn W jun. sei das Tränkesystem schon seit längerer Zeit defekt. Zur Tränkung der Tiere würden die Tränken zwischenzeitig aufgedreht. Dabei laufe Wasser über, sodass der Stall unter Wasser stehe.

 

7.) Nicht dafür gesorgt, dass der Boden in den Boxen, in denen sich Ziegen befunden hätten, trockene Liegeflächen aufweise. Würden geschlossene Böden im Liegebereich der Tiere keine Belege aufweisen, die ihren Ansprüchen an Weichheit und Wärmedämmung genügen, seien sie ausreichend mit Stroh oder ähnlich strukturiertem Material einzustreuen. Zum Zeitpunkt der Kontrolle sei festgestellt worden, dass die Boxen der Ziegen stark verkotet seien und keine trockene Liegefläche aufweisen.

 

Der Berufungswerber habe dadurch die Rechtsvorschriften des § 38 Abs 3 i.V.m. § 17 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 Tierschutzgesetz (im Folgenden TSchG), sowie i.V.m. der 1. Tierhaltungsverordnung (im Folgenden 1. THV), Anlage 2, Punkt 2.2.1., Punkt 3.1 und Punkt 3.3 sowie Anlage 4 Punkt 2.1. verletzt und wurden jeweils Geldstrafen von ? 220,00 (3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

 

Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit welcher zu Punkt 1.) ausgeführt wird, dass die Behörde ihren Vorhalt nur auf den Umstand stütze, dass von insgesamt 12 Rindern nur 2 Kühe ein Untergewicht aufgewiesen haben und nur diese verwogen worden seien. Bei den Kälbern, Ziegen und dem Stier würden keine Gewichtserhebungen vorliegen und somit auch keinerlei Beweisergebnisse. Von der Behörde werde aufgrund des Umstandes der vermeintlichen Unterernährung zweier Kühe, der anfechtbare Schluss gezogen, dass die Qualität oder Menge des angebotenen Futters nicht den Bedürfnissen der Tiere entsprochen hätte. Der Berufungswerber habe aber ausgeführt, dass es infolge eines Parasitenbefalles der beiden Kühe zu einer Minderernährung gekommen sei. Die belangte Behörde sei dieser Behauptung etwa durch Einvernahme des behandelnden Tierarztes oder aber durch labortechnische Untersuchung in keiner Weise nachgekommen. Die Tiere würden nicht ständig in Stallhaltung gehalten werden und wird diesbezüglich auf das Schreiben des Tierarztes Dr. C Ki vom 26.03.2010 verwiesen. Vom behandelnden Tierarzt sei die Entwurmung aller Rinder empfohlen worden. Die Einvernahme des Dr. Ki sei trotz Antrages nicht durchgeführt worden und liege hier ein Verfahrensmangel zugrunde.

Zu Punkt 2.) wird vorgebracht, dass es sich hier um ein fortgesetztes Delikt zur ersten Übertretung im Sinne des § 30 VStG handle, zumal ein örtlicher Zusammenhang bestehe, das Delikt auf ein einheitliches Handeln zurückgehe und gegen dieselben Vorschriften verstoße. Zufolge Scheinkonkurrenz sei eine mehrmalige Unterstellung einer Übertretung des § 17 TSchG ausschließlich dann zulässig, wenn nicht dieselben Tiere betroffen wären, was hier nicht der Fall sei. Auch könne von der vorgehaltenen einmaligen arbeitsbedingten, verspäteten Futterabgabe dem Beschuldigten kein Verhaltensvorwurf gemacht werden.

Zu Punkt 3.) wird ausgeführt, dass zwar richtig sei, dass das Tränkesytem zum Zeitpunkt der Beschau defekt gewesen wäre, dass aber den Tieren händisch ausreichend sauberes Wasser verabreicht worden sei. Das Gesetz regle lediglich, dass die Tiere entsprechend ihres Bedarfes ausreichend Zugang zu einer entsprechenden Wassermenge haben müssten, nicht aber wie dieser Zugang herzustellen sei. § 44 Abs 4 TSchG regle, dass bei Inkrafttreten des Gesetzes bestehende Anlagen oder Haltungseinrichtungen nur dann dem Tierschutzgesetz und dessen Verordnungen zu unterwerfen seien, wenn deren Einhaltung ohne bauliche Maßnahmen möglich sei. Für Rinderhaltungsanlagen treten die entsprechenden Regelungen frühestens ab 01.01.2012 in Kraft. Zum Tatzeitpunkt 13.10.2009 mussten die baulichen Voraussetzungen noch nicht vorliegen.

Auch zu Punkt 4.) und 5.) des Straferkenntnisses wird auf § 44 Abs 4 TSchG und die bereits getätigten Ausführungen verwiesen.

Zu Punkt 6.) wird vorgebracht, dass lediglich der Gesetzestext der 1. Tierhaltungsverordnung wiedergegeben werde und sich nicht entnehmen lasse, was dem Beschuldigten hier vorgehalten werde. Das Fehlverhalten des Beschuldigten sei nicht ausreichend umschrieben und das Delikt nicht eindeutig determiniert.

Auch zu Punkt 7.) des Straferkenntnisses wird vorgebracht, dass die zum Tatzeitpunkt in Kraft stehende Regelung der 1. Tierhaltungsverordnung bestehende Anlagen und Haltungseinrichtungen zur Anbindehaltung bis zum Ablauf des 31.12.2009 nach Maßgabe der zitierten Bestimmungen weiter betrieben werden dürfte. Es sei zum Nachteil des Berufungswerbers von der Übergangsbestimmung kein Gebrauch gemacht worden. Weiters habe die Behörde von § 38 Abs 6 TSchG trotz gebundenen Ermessens keinen Gebraucht gemacht. Von einem großen Verschulden des Beschuldigten und bedeutender Gesundheitsschäden der Tiere sei im Bescheid nichts enthalten. Die Behörde hätte daher bei bestimmungsgemäßem Vorgehen nicht gleich mit einer Geldstrafe von extremen ? 1.694,00 vorgehen müssen, sondern dem Beschuldigten ermahnen müssen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde ausdrücklich beantragt.

 

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der mündlichen Verhandlungen vom 19.03.2012 und 16.05.2012, wobei festgehalten wird, dass der gegenständliche Verwaltungsakt erst am 13.02.2012 dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark zur Entscheidung vorgelegt worden ist, kann nachfolgender Sachverhalt festgestellt werden:

 

Der Berufungswerber war Tierhalter der am 13.10.2009 in Wd, K, in den Ställen am landwirtschaftlichen Betrieb gehaltenen landwirtschaftlichen Nutztiere, nämlich 20 Rinder und 2 Ziegen. Am 13.10.2009 wurde die Tierhaltung von Amtstierarzt Dr. D H, nachdem er bereits am 28.04.2009 bereits einmal eine Kontrolle durchgeführt hat, wo er festgestellt hat, dass die Tränken nicht ordnungsgemäß im Nebenstall funktionierten und die Liegeflächen stark verschmutzt waren, kontrolliert. Dabei stellte er fest, dass ein Jungrind mit der Ohrmarke AT 299.929.760 ein geschätztes Gewicht von 250 bis 300 kg hatte, statt einem Sollgewicht von etwa 400 bis 450 kg. Dieses Jungrind war männlich und 14 Monate alt und gehörte der Rasse Fleckvieh an. Das Rind mit der Ohrmarke AT 478.389.517, welches am 21.07.2009 geboren war, Rasse Fleckvieh weiblich, wurde mit einem Gewicht von 100 kg geschätzt und sollte es ein Gewicht von 140 bis 160 kg haben. Diese beiden Tiere wurden im Stall gehalten. Die übrigen Rinder in Stallhaltung wiesen einen guten, mittelguten bis minderguten Ernährungszustand auf. Das weibliche Jungrind war im Kuhstall, wobei für das Kalb eine Art Kälberbox aus Paletten aufgestellt war. Es hatte keinen Zugang ins Freie und zur Mutter, da dann die Paletten weggeräumt hätten werden müssen. Der Stier war im sogenannten Nebenstall untergebracht (kleiner Stall). Im kleineren Stall befanden sich drei Boxen, wobei in einer Box Kälber waren, in einer anderen Box waren die Ziegen untergebracht. Darüber hinaus gab es noch fünf Anbindevorrichtungen für Rinder. In der Kälberbox war ein Kübel mit Wasser. In der Palettenbox im Kuhstall fehlte die Wasserversorgung der Kälber. Im Nebenstall funktionierte das Tränkesystem nicht, das Leitungssystem war defekt, sodass wenn das Wasser aufgedreht wurde, das Wasser übergelaufen ist, sodass der Stallboden zur Gänze feucht geworden ist. In der Kälberbox im kleinen Stall war weder eine weiche noch wärmgedämmte Unterlage vorhanden, es befanden sich die Ausscheidungen der Tiere am Boden und kaum Einstreu. Die Ausscheidungen der Tiere in der Kälberbox im kleinen Nebenstall waren etwa 10 cm hoch. Die Ausscheidungen in der Ziegenbox im kleinen Nebenstall waren ebenfalls nicht aus der Box entfernt, die Box wies keine trockene Liegefläche auf und war nicht eingestreut.

 

Zwei bis drei Monate vor dem Tatzeitpunkt verendete eine einjährige Kalbin auf der Weide, der Krankheitsverlauf war rapide, der hinzugezogene Tierarzt Dr. C Ki hat eine Kotprobe genommen und hat sich ergeben, dass eine Verwurmung in Form von Strongyliden vorgelegen hat. Dr. Ki hat dann bei allen Rindern des Betriebes eine Entwurmung veranlasst. Dr. Ki hat die Rinder des Berufungswerbers erst wieder im Winter (nach dem Tatzeitpunkt) im Stall anlässlich einer Geburt gesehen, zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Rinder von der Strongylidenerkrankung erholt. Es dauert etwa zwei bis sechs Monate bis sich der Ernährungszustand nach einem Parasitenbefall wieder erholt. Dr. Ki hat bei seinen angekündigten Besuchen festgestellt, dass die Sauberkeit am Betrieb vernachlässigt wird, allerdings war bei seinen Besuchen immer sehr gut eingestreut. Die Wände im Stall waren verschmutzt. Der Berufungswerber arbeitete Vollzeit bei den B Br in Kb und betrieb die Landwirtschaft im Nebenerwerb. Die Fütterung der Tiere und das Ausmisten wird von seiner Ehegattin M W besorgt. Betriebsführer zum Tatzeitpunkt war laut AMA Rinderdatenbank A W.

 

Mit Bescheid vom 16.12.2009 wurden dem Berufungswerber und M W Maßnahmen gemäß § 35 Abs 6 TSchG i.V.m. § 17 Abs 1, 2 und 5 TSchG i.V.m. mit der 1. Tierhaltungsverordnung, Anlage 2 und Anlage 4 zur sofortigen Umsetzung vorgeschrieben, welcher Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist.

 

Beweiswürdigend ist zur mangelnden Stallhygiene am kontrollierten Betrieb zum Tatzeitpunkt festzuhalten, dass sich diese auf die Angaben des kontrollierenden Amtstierarztes Dr. D H stützen. Auch wenn hiezu vom Tatzeitpunkt keine Lichtbilder vorliegen, kann den Angaben dieses Zeugen, welcher einen glaubwürdigen Eindruck hinterließ, gefolgt werden. Die Angaben des Zeugen werden insbesondere auch durch die Angaben des Tierarztes Dr. Ki gestützt, welcher bestätigte, dass die Wände im Stallbereich verschmutzt waren, auch wenn frisch eingestreut war und dies den Schluss zulasse, dass das Ausmisten vernachlässigt und aufgeschoben wird. Auch die vom Amtstierarzt vorgelegten Lichtbilder von Kontrollen am Betrieb des Berufungswerbers, sowohl vor als auch nach dem Tatzeitpunkt lassen die Angaben des Zeugen Dr. H hinsichtlich der Stallhygiene glaubwürdig erscheinen. Auf dem Lichtbild Beilage./B sieht man, dass die Rinder über die Hufe hinauf im Gatsch stehen und auf den anderen Lichtbildern ist ersichtlich, wie verschmutzt die Tiere und die Stallwände sind. Zu diesem Vorhalt waren auch die Antworten der Zeugin M W ausweichend, indem sie sagte, es sei eh nicht viel Mist gewesen, der Amtstierarzt bekrittle alles und sie hätten damals einen alten Stall gehabt. Auch der Berufungswerber hat diesbezüglich nur ausweichende Antworten gegeben und angegeben, dass die Rinder manchmal am Tränkesystem anstoßen und das System dann undicht werde. Es sei schon ein bisschen Mist in den Boxen gewesen, aber es sei trocken gewesen. Auch wenn die im Akt erliegenden Lichtbilder somit nicht vom Tatzeitpunkt sind, kann den Angaben des Berufungswerbers weniger Glauben geschenkt werden als denen des kontrollierenden Amtstierarztes, wobei ja auch vom Berufungswerber zugegeben worden ist, dass zum Zeitpunkt der Kontrolle das Tränkesystem kaputt war. Es ist daher nicht unschlüssig davon auszugehen, dass Wasser übergelaufen ist und sich mit dem Kot der Rinder im Stall vermischt hat und daher die Böden nass und verschmutzt waren. Die Qualität des angebotenen Futters wurde vom Amtstierarzt nicht kontrolliert. Hinsichtlich des Futterangebotes wurden auch vom Zeugen Ki keinerlei Feststellungen gemacht, sodass diesbezüglich auch im abgeführten Verwaltungsstrafverfahren keine Feststellungen zur Futterqualität getroffen werden können. Die Minderernährung der beiden Tiere mit den Ohrmarken AT 299.929.716 und AT 478.389.517 ist laut den schlüssigen Ausführungen des Amtstierarztes Dr. H auf das Zusammenwirken mehrerer Faktoren zurückzuführen und nicht ausschließlich auf Minderernährung. Dass die Rinder jedoch zum Tatzeitpunkt erst um 11.00 Uhr mit Futter versorgt wurden, kann aufgrund der glaubwürdigen Angaben des Zeugen Dr. H nachvollzogen werden und ist diesbezüglich den Angaben der Zeugin M W kein Glauben zu schenken. Die Zeugin betonte nämlich, ebenso wie der Berufungswerber, mehrmals, dass es ihre Sache sei, wann die Tiere gefüttert werden. Insgesamt schien die Zeugin M W mit der Tierhaltung überfordert, auch wenn sie sich nach ihrem Ermessen um eine gute Versorgung der Tiere bemüht. Sie hat auf einfache Fragen immer wieder ausweichende Antworten gegeben, so wie z. B. dass sie die Milch um 07.00 Uhr ja schon drüben haben musste und daher sicher schon eingefüttert gewesen wäre. Hinsichtlich der Wasserversorgung in der Kälberbox ist ebenfalls den Angaben des Zeugen Dr. H zu glauben, zumal zu diesem Zeitpunkt keine Kübel in der Kälberbox mit Wasser vorhanden waren und auch keine Tränker dort installiert waren. Der Zeuge legte glaubwürdig dar, dass die Tränker erst später montiert worden seien, wie er dies bei einer weiteren Kontrolle anlässlich der BVT-Untersuchung gesehen habe. Weder in der Kälberbox noch bei den Ziegen war frisch eingestreut und waren keine trockenen Liegeflächen vorhanden, wobei auch diesbezüglich auf die bereits getätigten Ausführungen zur Stallhygiene und der defekten Wasserleitung zu verweisen ist. Aus dem Gesamteindruck, der aufgrund der Lichtbilder entsteht, in Zusammenhalt mit der Aussage des Zeugen Dr. H, aber auch des Zeugen Dr. Ki, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Tierhaltung in diesem Punkt den Anforderungen der 1. Tierhaltungsverordnung entsprochen hat und trockene Liegeflächen zum Tatzeitpunkt vorhanden waren.

 

In rechtlicher Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ist vorerst davon auszugehen, dass die Erstbehörde die von ihr zur Last gelegten Übertretungen einerseits auf § 17 TSchG andererseits auf die 1. Tierhaltungsverordnung, Anlage 2 und Anlage 4 stützt. Diese Bestimmungen lauteten zum Tatzeitpunkt wie folgt:

 

TSchG:

§ 17 (1) Art, Beschaffenheit, Qualität und Menge des Futters müssen der Tierart, dem Alter und dem Bedarf der Tiere entsprechen. Das Futter muss so beschaffen und zusammengesetzt sein, dass die Tiere ihr arteigenes mit dem Fressen verbundenes Beschäftigungsbedürfnis befriedigen können.

(2) Die Verabreichung des Futters hat die Bedürfnisse der Tiere in Bezug auf das Nahrungsaufnahmeverhalten und den Fressrhythmus zu berücksichtigen.

(3) Die Tiere müssen entsprechend ihrem Bedarf Zugang zu einer ausreichenden Menge Wasser von geeigneter Qualität haben.

(4) Futter und Wasser müssen in hygienisch einwandfreier Form verabreicht werden.

(5) Die Fütterungs- und Tränkeeinrichtungen sind sauber zu halten und müssen so gestaltet sein, dass eine artgemäße Futter- und Wasseraufnahme möglich ist. Sie müssen so angeordnet sein und betrieben werden, dass alle Tiere ihren Bedarf decken können.

 

§ 44 (4) Die Neuerrichtung von Anlagen oder Haltungseinrichtungen darf nur nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes und der darauf gegründeten Verordnungen erfolgen. Für bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes bestehende Anlagen oder Haltungseinrichtungen gelten die Anforderungen dieses Bundesgesetzes und der auf dessen Grundlage erlassenen Verordnungen, soweit

1.

deren Einhaltung ohne bauliche Maßnahmen, die über die Instandsetzung oder über die Ersetzung einzelner Elemente hinausgehen, möglich ist oder

2.

darüber hinausgehende bauliche Maßnahmen an von diesen Anforderungen betroffenen Teilen der Anlagen oder Haltungseinrichtungen durchgeführt werden.

Soweit dies zur Durchführung von Rechtsakten im Rahmen der Europäischen Union erforderlich ist, sind in den Verordnungen gemäß § 24 die notwendigen Regelungen zu treffen.

 

1. THV, Anlage 2, Punkt 2.1. und 2.1.1.:

2.1. Bodenbeschaffenheit

2.1.1. Grundlegende Anforderungen

Die Böden müssen rutschfest sein und so gestaltet und unterhalten werden, dass die Rinder keine Verletzungen oder Schmerzen erleiden. Weisen geschlossene Böden im Liegebereich der Tiere keine Beläge auf, die ihren Ansprüchen auf Weichheit oder Wärmedämmung genügen, sind sie ausreichend mit Stroh oder ähnlich strukturiertem Material einzustreuen. Die Liegeflächen der Tiere müssen trocken und so gestaltet sein, dass alle Tiere gleichzeitig und ungehindert liegen können.

 

1. THV, Anlage 2, Punkt 3.1:.

Für Kälber bis 150 kg muss eine trockene, weiche und verformbare Liegefläche vorhanden sein. Für Kälber unter zwei Wochen muss eine geeignete Einstreu zur Verfügung stehen.

 

1. THV, Anlage 2, Punkt 3.3.:

Ernährung

Alle Kälber müssen mindestens zweimal täglich gefüttert werden. Kälber müssen ihrem Alter, ihrem Gewicht und ihren verhaltensmäßigen und physiologischen Bedürfnissen entsprechend ernährt werden.

Insbesondere muss ab Beginn der zweiten Lebenswoche Raufutter mit ausreichendem Rohfasergehalt in steigenden Mengen so zur Verfügung gestellt werden, dass die Mindestmenge für acht Wochen alte Kälber 50 g und für 20 Wochen alte Kälber 250 g beträgt. Die tägliche Futterration muss genügend Eisen enthalten, damit ein durchschnittlicher Hämoglobinwert von mindestens 4,5 mmol/l Blut gewährleistet ist.

Kälber müssen so schnell wie möglich nach der Geburt, auf jeden Fall innerhalb der ersten sechs Lebensstunden, Rinderkolostralmilch erhalten.

Über zwei Wochen alte Kälber müssen über die Milch- oder Milchaustauschertränke hinaus Zugang zu geeignetem Frischwasser oder anderen Flüssigkeiten in ausreichender Menge haben, um ihren Flüssigkeitsbedarf decken zu können. Bei erhöhtem Flüssigkeitsbedarf, insbesondere bei sehr hohen Temperaturen oder bei Krankheit, muss in jedem Fall der ständige Zugang zu geeignetem Frischwasser sichergestellt sein.

 

1. THV, Anlage 4, Punkt 2.1.:

Bodenbeschaffenheit

Die Haltung von Ziegen in Buchten mit durchgehend perforierten Böden ist verboten. Weisen geschlossene Böden im Liegebereich der Tiere keine Beläge auf, die ihren Ansprüchen an Weichheit und Wärmedämmung genügen, sind sie ausreichend mit Stroh oder ähnlich strukturiertem Material einzustreuen.

 

§ 13 Abs 2 TSchG:

Wer ein Tier hält, hat dafür zu sorgen, dass das Platzangebot, die Bewegungsfreiheit, die Bodenbeschaffenheit, die bauliche Ausstattung der Unterkünfte und Haltungsvorrichtungen, das Klima, insbesondere Licht und Temperatur, die Betreuung und Ernährung sowie die Möglichkeit zu Sozialkontakt unter Berücksichtigung der Art, des Alters und des Grades der Entwicklung, Anpassung und Domestikation der Tiere ihren physiologischen und ethologischen Bedürfnissen angemessen sind.

 

Gemäß § 38 Abs 3 TSchG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu ? 3.750,00 im Wiederholungsfall bis zu ? 7.500,00 zu bestrafen, wer außer in den Fällen der Absätze 1 und 2 gegen die §§ 5, 8a, 9, 11 bis 32, 36 Abs 2 oder 39 oder gegen auf diese Bestimmungen gegründete Verwaltungsakte verstößt.

 

Zum Berufungseinwand, dass die entsprechenden Regelungen für Rinderhaltungsanlagen frühestens ab 01.01.2012 in Kraft treten und zum Tatzeitpunkt 13.10.2009 die baulichen Voraussetzungen noch nicht vorliegen mussten, ist festzuhalten, dass die Übergangsregelung des § 44 Abs 4 TSchG, sich nur auf den Bauzustand von Anlagen oder Haltungseinrichtungen zur Tierhaltung, nicht jedoch auf die Anforderungen an die Tierhaltung selbst beziehen. Liegt daher ein Verstoß gegen Bestimmungen über die Tierhaltung - etwa wie hier der Vorwurf der mangelhaften Futter- und/oder Wasserversorgung bzw. Stallhygiene, Einstreu mit Stroh - vor, ist es ohne Belang, ob die Anlage oder Haltungseinrichtung, in der die Tierhaltung erfolgt, aufgrund der in Rede stehenden Übergangsbestimmung unverändert blieb oder ob sie neu errichtet worden ist (vgl. VwGH 16.12.2011, 2008/02/0379). Im vorliegenden Fall hätte eine dem Tierschutzgesetz entsprechende Tierhaltung in den vorhandenen Haltungseinrichtungen durchgeführt werden können.

 

Mit Punkt 1.) des Straferkenntnisses wurde dem Berufungswerber einerseits vorgehalten, dass Qualität oder Menge des angebotenen Futters nicht den Bedürfnissen der Tiere entsprochen habe, wobei in diesem Punkt alle Tiere, nämlich vier Rinder, zwei Kälber, zwei Ziegen, ein Stier, acht Kühe und fünf Kälber, sowohl im kleinen als auch im Hauptstall aufgezählt worden sind. Gemäß § 17 Abs 1 TSchG muss das Futter nach Art, Beschaffenheit, Qualität und Menge den physiologischen und ethologischen Bedürfnissen (§ 13 Abs 2) der Tiere entsprechen. Der Begriff Art bezieht sich auf die Futtermittel (z. B. Getreide, Grünfutter, Fleisch u. dgl.), der Begriff Beschaffenheit auf den Fütterungszustand (Silage, Heu, Breifutter etc.) und der Begriff Qualität auf die Zusammensetzung des Futters im Hinblick auf den ernährungsphysiologischen Bedarf (Eiweiß, Fett, Vitamin- und Mineralstoffgehalt), sowie auf den Zustand des Futters im Hinblick auf seine Frische bzw. auf seine Tauglichkeit zur Verfütterung. Der Begriff Menge umfasst die Quantität des Futters insbesondere im Hinblick auf die Anzahl und den Zustand der gehaltenen Tiere sowie auf die ihnen abverlangte Leistung. Da vom Amtstierarzt weder die Qualität noch die Menge des angebotenen Futters überprüft worden ist, kann dem Berufungswerber dieser Tatvorwurf nicht gemacht werden. Dass eine schlechte Stallhygiene vorliegt, hat das Ermittlungsverfahren ergeben. Dies bezog sich aber im Wesentlichen auf den Boden und die Wände der Ställe, da einerseits nicht ausgemistet wurde, andererseits Wasser aus dem Tränkesystem übergelaufen ist, nicht auf die Fütterungs- und Tränkeeinrichtungen selbst, wofür im Detail keine Erhebungen vorliegen. Eine Subsumierung unter § 17 Abs 1 TSchG ist diesbezüglich nicht möglich. Eine gesonderte Bestimmung zur Stallhygiene findet sich in der Anlage 2 der 1. THV nicht.

 

Zu Punkt 2.) des Straferkenntnisses wurde festgestellt, dass anlässlich der Kontrolle um 11.30 Uhr die Rinder nicht gefüttert waren. Da Rinder als Wiederkäuer über den Tag verteilt mehrere Fress- und Wiederkauphasen haben, sollten sie zweimal täglich bei Anbindehaltung mit Konzentratfutter versorgt werden und zwischen den Fütterungszeiten ein ständiges Angebot von Raufutter gewährleistet werden, um den Tieren ein natürliches Futteraufnahmeverhalten zu ermöglichen. Die erste Fressperiode setzt bei Rindern kurz vor Sonnenaufgang ein und ist diese die intensivste des Tages. Da die Rinder am verfahrensgegenständlichen Tag gegen Mittag erstmals mit Futter versorgt wurden, war diese Futterversorgung nicht ihrem natürlichen Bedürfnis im Bezug auf das Nahrungsaufnahmeverhalten und den Fressrhythmus entsprechend im Hinblick auf die zeitliche Verfügbarkeit des Futters, sodass der Tatbestand gemäß § 17 Abs 2 TSchG vom Berufungswerber erfüllt worden ist.

 

Zu Punkt 3.) des Straferkenntnisses ist festzuhalten, dass zwar die Tränken laut Erhebung des Amtstierarztes schadhaft waren, da die Wasserzufuhrleitungen defekt waren und Wasser ausgelaufen ist, dass jedoch die Fütterungs- und Tränkeeinrichtungen nicht sauber waren oder eine artgemäße Wasseraufnahme (10 bis 20 Liter in 2 bis 3 Minuten) oder Futteraufnahme nicht möglich war, lässt sich dem Verwaltungsakt nicht entnehmen und hat auch das Ermittlungsverfahren nicht ergeben. Es ist zwar richtig, dass in der Palettenkälberbox die Tränken zum Erhebungszeitpunkt zur Gänze fehlten. Aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lässt sich jedoch hinsichtlich der dritten Übertretung nicht feststellen, wie alt die Kälber in dieser Kälberbox waren, dass die Temperaturen sehr hoch waren oder die Kälber krank waren oder sie sonst einen erhöhten Flüssigkeitsbedarf hatten. In diesem Fall muss ein ständiger Zugang zu geeignetem Frischwasser sichergestellt sein. Bei über zwei Wochen alten Kälbern müsse über die Milch und Milchaustauschertränke hinaus Zugang zu geeignetem Frischwasser oder anderen Flüssigkeiten in ausreichender Menge angeboten werden. Da für das Erfordernis ständigen Zugangs zu Frischwasser wesentliche Tatbestandsmerkmale fehlen, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu Punkt 4.) des Straferkenntnisses ist festzustellen, dass gemäß Punkt 2.1.1., Anlage 2, der 1. THV für die Haltung von Rindern die Böden rutschfest sein müssen und so gestaltet und unterhalten werden müssen, dass die Rinder keine Verletzungen und Schmerzen erleiden. Weisen geschlossene Böden im Liegebereich der Tiere keine Belege auf, die ihren Ansprüchen auf Weichheit oder Wärmedämmung genügen, sind sie ausreichend mit Stroh oder ähnlich strukturiertem Material einzustreuen. Die Liegeflächen der Tiere müssen trocken und so gestaltet sein, dass alle Tiere gleichzeitig und ungehindert liegen können. Mit Punkt 4.) des Straferkenntnisses wurde dem Berufungswerber nunmehr zur Last gelegt, dass die Liegeflächen nicht trocken waren, da festgestellt worden war, dass nicht ausgemistet war. Insbesondere in der Box der Kälber waren 10 cm hoch Ausscheidungen der Tiere vorhanden und kaum Einstreu. Erst anlässlich der Kontrolle wurden alle Liegeflächen sofort mit Stroh eingestreut, ohne jedoch vorher auszumisten. Da insbesondere das Tränkesystem defekt war und Wasser übergelaufen ist, wenn man es aufgedreht hat und der Stallboden dadurch im kleineren Nebenstall zur Gänze feucht geworden ist, wurde obbezeichnete Bestimmung der 1. THV verletzt.

 

Zu Punkt 5.) des Straferkenntnisses: Für Kälber unter 150 kg findet sich in der Anlage 2. der 1. THV ein eigener Punkt, hinsichtlich der Ansprüche an die Liegefläche, welche für diese Tiere insbesondere weich, trocken und verformbar sein muss. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zu Punkt 5.) lässt einerseits die Präzisierung im Tatvorwurf vermissen, in welchem Stall Kälber unter 150 kg vorhanden waren, wo keine weiche, trockene und verformbare Liegefläche vorhanden war, andererseits ergibt sich aus dem Tatvorhalt nicht, dass tatsächlich Kälber unter 150 kg vorhanden waren und wie viele Kälber davon betroffen waren. Der Berufungswerber ist durch diesen vagen Tatvorhalt nicht in die Lage versetzt worden, entsprechende Beweisanbote zu stellen und entspricht dieser Tatvorhalt § 44a VStG nicht.

 

Mit Punkt 6.) des Straferkenntnisses wird nochmals das Problem der defekten Tränkeeinrichtung angesprochen, wobei Wasser überlaufe, sodass der Stall unter Wasser stehe. Dies bezieht sich jedoch wiederum auf die Folgewirkung, dass den Tieren keine trockene Liegefläche zur Verfügung gestanden ist, wovon der Tatvorhalt, dass alle Kälber mindestens zweimal täglich gefüttert werden und mit geeignetem Frischwasser oder anderen Flüssigkeiten versorgt werden, zu unterscheiden ist.

 

Punkt 7.) des Straferkenntnisses: In Punkt 7.) des Straferkenntnisses wird dem Berufungswerber zur Last gelegt, den Ziegen in den Boxen keine trockene Liegefläche zur Verfügung gestellt zu haben. Da gemäß 1. THV, Anlage 4, Punkt 2.1., ausdrücklich als Mindestanforderung für die Haltung von Ziegen vorgeschrieben ist, dass die Böden im Liegebereich der Tiere ausreichend mit Stroh und ähnlich strukturiertem Material einzustreuen sind, wenn sie keine Beläge aufweisen, die ihren Ansprüchen an Weichheit und Wärmedämmung genügen und ein derartiger Tatvorhalt dem Berufungswerber innerhalb der Verfolgungsverjährung durch die Erstbehörde nicht zur Last gelegt worden ist, war auch diesbezüglich das Verfahren einzustellen. Dem Berufungswerber wurde nämlich ausdrücklich zur Last gelegt, dass festgestellt worden sei, dass die Boxen der Ziegen stark verkotet waren und keine trockenen Liegeflächen aufweisen. Trockene Liegeflächen verlangt jedoch diese Bestimmung der Tierhaltungsverordnung für Ziegen nicht. Eine trockene und eingestreute Liegefläche mit Windschutz muss für jedes Tier nur gemäß Punkt 2.8. der Anlage 4 der 1. THV bei überwiegender Haltung im Freien von Ziegen vorhanden sein. Darüber hinaus ist noch festzuhalten, dass mit ausreichend Stroh oder ähnlich strukturiertem Material nur dann einzustreuen ist, wenn die Beläge der Böden den Ansprüchen an Weichheit und Wärmedämmung nicht genügen. Hiezu fehlen ebenfalls Feststellungen, sodass insgesamt spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Es bleibt daher noch zu prüfen, ob die über den Berufungswerber durch die Erstbehörde verhängten Strafen schuld- und tatangemessen festgesetzt worden sind.

 

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Ziel der Bestimmungen des Tierschutzgesetzes und den darauf basierenden Verordnungen ist der Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf. Das Wohlbefinden eines Tieres kommt in der Befriedigung seiner Bedürfnisse und in der Abwesenheit von Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwerer Angst zum Ausdruck. Durch das verspätete Füttern der Rinder und das nicht reparierte Tränkesystem und der fehlenden regelmäßigen Ausmistung der Liegeflächen und neuer Einstreu mit Stroh wurde die Verantwortung dem Tier gegenüber vernachlässigt und somit der Schutzzweck verletzt.

 

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Es liegen weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe zum Tatzeitpunkt vor, wobei als mildernd nunmehr die lange Verfahrensdauer gewertet werden muss. Als Verschuldensform ist zumindest Fahrlässigkeit gegeben. Gemäß § 5 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Der Berufungswerber, der als Betriebsführer für die Tiere verantwortlich war, welcher zwar teilweise die Versorgung der Tiere seiner Ehegattin M W überlassen hat, sich jedoch täglich am Betrieb aufgehalten hat, hat keinerlei Maßnahmen ergriffen, um eine bessere Tierhaltung zu bewirken. Ein wirksames Kontrollsystem wurde nicht einmal behauptet. Auch unter Berücksichtigung des monatlichen Einkommens des Berufungswerbers von ? 1.200,00 netto aus unselbständiger Tätigkeit, erscheinen die von der Erstbehörde diesbezüglich verhängten Strafen zu Punkt 2.) und 4.) schuld- und tatangemessen und im Hinblick auf den Milderungsgrund der langen Verfahrensdauer nicht herabzusetzen, zumal die Erstbehörde von einem geringeren Einkommen des Berufungswerbers ausgegangen ist und die Strafen ohnedies im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens des § 38 Abs 3 TSchG von bis zu ? 3.750,00 festgesetzt worden sind.

 

Die Festsetzung des Kostenbeitrages zu Punkt 2.) und 4.) zum Verwaltungsstrafverfahren zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 Prozent der verhängten Strafe festzusetzen ist.

Schlagworte
Tierhaltung; Ziegen; Liegefläche; trocken; Einstreu
Zuletzt aktualisiert am
29.10.2012
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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