TE UVS Steiermark 2012/06/29 30.8-23/2011

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Veröffentlicht am 29.06.2012
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Mag. Manja Schlossar-Schiretz über die Berufung des Herrn K S A-R, geb. am, S, Sp b. Kf, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld vom 19.04.2011, GZ.: BHKF-15.1-1305/2010, wie folgt entschieden:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er sei bis zumindest 21.04.2010 am Tatort S, Sp b. Kf, für folgende Verwaltungsübertretung verantwortlich: Es bestehe der Verdacht, dass er eine durch die RAO den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig anbiete oder ausübe. Auf seiner Website a-r.at werde Folgendes ausgeführt, obwohl er dafür keine Berechtigung besitze: Erfolgreiche Beeinspruchung des Re B Projekts Sp vor dem Umweltsenat als Sprecher der Bürgerinitiative Sp; Erarbeiten einer vorteilhaften Absicherung von betroffenen Nachbarn im UVP-Verfahren Auto-Testcenter V; Erfolgreiche Verhandlung im UVP-Verfahren Sp NEU um das Projekt wesentlich zu reduzieren; Erfolgreiche Begleitung von Anrainern und einer NGO im UVP-Verfahren Alpenpark T mit einer Aufhebung der Grundsatzgenehmigung durch den Umweltsenat; Erfolgreiche Unterstützung von betroffenen Nachbarn im Verfahren gegen das Motorsportcenter G, dessen baurechtliche Bewilligung von der Landesregierung Steiermark aufgehoben wurde; Umfassende strategische und taktische Beratung; Hilfestellung bei der Koordination aller Kräfte auf Ihrer Seite; Akribisches Bearbeiten sämtlicher vorliegender Gutachten und Schriftstücke; Mithilfe bei der Auswahl geeigneter Sachverständiger, sollte deren Einsatz als sinnvoll erachtet werden; Enge Zusammenarbeit mit dem Rechtsanwalt, der für Sie tätig ist mit dem Ziel, fachlich bestens aufbereitete Argumente für seine juristische Arbeit zu liefern.

 

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 57 Abs 1 und 2 Rechtsanwaltsordnung, RGBl. Nr. 96/1868, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 556/1985 idgF iVm § 8 Abs 1 und 2 leg cit wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von ? 500,00 (im Fall der Uneinbringlichkeit 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 57 Abs 1 und 2 RAO verhängt.

 

In seiner fristgerecht erhobenen Berufung brachte der Berufungswerber vor, dass sich die erkennende Behörde im gegenständlichen Fall nur auf die Angaben in der Anzeige der Rak vom 21.04.2010 gestützt habe. Eine Suche nach Beweismitteln habe im gegenständlichen Verfahren nicht stattgefunden. Die erkennende Behörde habe sich ohne jegliche Begründung der Ansicht der Rak uneingeschränkt angeschlossen und habe die Aussagen des Berufungswerbers lediglich als Schutzbehauptungen gewertet. Das Auswählen von Sachverständigen und das Koordinieren sämtlicher Kräfte sei keine Tätigkeit, die lediglich Rechtsanwälten vorbehalten sei. Die belangte Behörde habe keinen einzigen konkreten Tatbestand aufgezeigt, geschweige denn Beweise für das angebliche Fehlverhalten des Berufungswerbers vorgelegt. Die Tätigkeiten im Verfahren Sp 1 und 2 könnten dem Berufungswerber schon deshalb nicht zur Last gelegt werden, da er in beiden Verfahren selbst Partei gewesen sei. Der Berufungswerber beantragte, den Bescheid aufzuheben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:

 

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe, noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.

 

Gemäß der Bestimmung des § 66 Abs 4 AVG, welche gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches, als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Am 25.04.2012 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark eine öffentliche, mündliche Verhandlung im Beisein des Berufungswerbers und des Vertreters der Stmk. Rak statt und wurden der Berufungswerber als Partei sowie Dr. D N, Rechtsanwalt, als Zeuge einvernommen.

 

Feststellungen:

 

Mit Schreiben des Ausschusses der Stmk. Rak vom 21.04.2010, gerichtet an die Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld, brachte die Stmk. Rak als gesetzliche Interessensvertretung der Rechtsanwälte im Bundesland Steiermark vor, dass der begründete Verdacht bestehe, dass der Berufungswerber eine durch die RAO den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig anbiete und/oder ausübe. Gleichzeitig wurde der Behörde ein Auszug des unter der Website a-r.at ersichtlichen Internetauftrittes des K A-R zur weiteren Überprüfung übermittelt. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 27.04.2010 wurde der Berufungswerber zur Rechtfertigung aufgefordert und wurden ihm Übertretungen im Sinne des § 57 Abs 1 und 2 der Rechtsanwaltsordnung im Sinne des Schreibens des Ausschusses der Stmk. Rak zur Last gelegt. Nach Stellungnahmen durch den Berufungswerber vom 05.05.2010, 03.11.2010 und 28.03.2011 und dem Ausschuss der Stmk Rak vom 20.09.2010, 15.03.2011 und 06.04.2011 erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld vom 19.04.2011. Die A-R Consulting GesmbH mit Sitz in Sp b. Kf, S, Geschäftszweig Consulting, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Berufungswerber ist, tritt in der Öffentlichkeit unter der E-Mail-Adresse: ac.at auf. Unter Referenzen wurde auf dieser Homepage am 21.04.2010 Nachstehendes angeführt: Erfolgreiche Beeinspruchung des Re B Projekts Sp vor dem Umweltsenat als Sprecher der Bürgerinitiative Sp; Erarbeiten einer vorteilhaften Absicherung von betroffenen Nachbarn im UVP-Verfahren Auto-Testcenter V; Erfolgreiche Verhandlung im UVP-Verfahren Sp NEU um das Projekt wesentlich zu reduzieren; Erfolgreiche Begleitung von Anrainern und einer NGO im UVP-Verfahren Alpenpark T mit einer Aufhebung der Grundsatzgenehmigung durch den Umweltsenat; Erfolgreiche Unterstützung von betroffenen Nachbarn im Verfahren gegen das Motorsportcenter G, dessen baurechtliche Bewilligung von der Landesregierung Steiermark aufgehoben wurde. Unter dem Stichwort Tätigkeiten wies die Homepage am 21.04.2010 nachstehende Eintragung auf: Begleitung in Behördenverfahren; Umfassende strategische und taktische Beratung; Hilfestellung bei der Koordination aller Kräfte auf Ihrer Seite; Akribisches Bearbeiten sämtlicher vorliegender Gutachten und Schriftstücke; Mithilfe bei der Auswahl geeigneter Sachverständiger, sollte deren Einsatz als sinnvoll erachtet werden; Enge Zusammenarbeit mit dem Rechtsanwalt, der für Sie tätig ist mit dem Ziel, fachlich bestens aufbereitete Argumente für seine juristische Arbeit zu liefern. Bei dem Re B Projekt Sp und im UVP-Verfahren Sp NEU war der Berufungswerber selbst Partei und Sprecher der Bürgerinitiative. Für diese Tätigkeiten erhielt er kein Geld. Diese Verfahren waren im September 2007 beendet. Das UVP-Verfahren Auto-Testcenter V wurde mit Bescheid am 11.06.2008 beendet. Der Bescheid des Umweltsenates im Verfahren Alpenpark T erging am 17.04.2009. Im Verfahren Motorsportcenter G wurde die baurechtliche Bewilligung mit Bescheid des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 11.02.2009 aufgehoben. Der Berufungswerber hat keine Zustellvollmacht für seine Klienten.

 

Beweiswürdigung:

 

Obige Feststellungen konnten auf Grund des Akteninhaltes in Zusammenschau mit den glaubwürdigen und nachvollziehbaren Angaben des Berufungswerbers und den Angaben des Zeugen Dr. D N getroffen werden.

 

Dass der Berufungswerber handelsrechtlicher Geschäftsführer der A-R Consulting GesmbH mit Sitz in 8724 Sp b. Kf, S, ist, konnte auf Grund des eingeholten Firmenbuchauszuges in Zusammenschau mit den nachvollziehbaren Angaben des Berufungswerbers selbst getroffen werden.

 

Welche Tätigkeiten und Referenzen auf der Homepage der A-R Consulting GesmbH am 21.04.2010 angeboten wurden, konnte auf Grund der sich im Akt befindlichen Anzeige des Ausschusses der Stmk Rak vom 21.04.2010 in Zusammenschau mit dem darin übermittelten Auszug des unter der Website a-r.at ersichtlichen Internetauftritt des Berufungswerbers festgestellt werden.

 

Jene Feststellungen, wonach der Berufungswerber bei den Projekten Sp und Sp Neu selbst Partei und Sprecher einer Bürgerinitiative war, sowie die Feststellungen zu den Zeitpunkten, wann die jeweiligen entscheidungsrelevanten Bescheide in den angeführten Verfahren ergingen, konnten auf Grund der nachvollziehbaren Angaben des Berufungswerbers, insbesondere aber auf Grund der unterstützenden, konkreten Angaben des Zeugen Dr. D N getroffen werden.

 

Jene Feststellungen, wonach mit Schreiben des Ausschusses der Stmk Rak vom 21.04.2010 der belangten Behörde ein Auszug der Website des Unternehmens des Berufungswerbers zur Überprüfung wegen des Verdachtes der Übertretungen nach der RAO gemäß § 57 Abs 1 und 2 übermittelt wurde, konnten auf Grund des sich im Akt befindlichen Schreibens vom 21.04.2010 getroffen werden.

 

Die Feststellung, wonach der Berufungswerber keine Zustellvollmacht für seine Klienten hat, konnte aufgrund der nachvollziehbaren und glaubwürdigen Angaben des Berufungswerbers getroffen werden.

 

Rechtliche Beurteilung:

 

§ 8 RAO lautet in der hier geltenden Fassung:

 

Abs 1:

Das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts erstreckt sich auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfasst die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Vor allen Gerichten und Behörden ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis.

 

Abs 2:

Die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung im Sinne des Abs 1 in den Rechtsanwälten vorbehalten. Die Berufsbefugnisse, die sich aus den österreichischen Berufsordnungen für Notare, Patentanwälte, Wirtschaftstreuhänder und Ziviltechniker ergeben, werden hiedurch nicht berührt.

 

Abs 3:

Jedenfalls unberührt bleiben auch die in sonstigen gesetzlichen Bestimmungen des österreichischen Rechts eingeräumten Befugnisse von Personen oder Vereinigungen zu sachlich begrenzten Parteienvertretung, der Wirkungsbereich von gesetzlichen Interessensvertretungen und von freiwilligen kollektivvertragsfähigen Berufsvereinigungen der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer, die Auskunftserteilung oder Beistandsleistung durch Personen oder Vereinigungen, soweit sie nicht unmittelbar oder mittelbar dem Ziel wirtschaftlicher Vorteile dieser Personen oder Vereinigungen dienen sowie in sonstigen gesetzlichen Bestimmungen des österreichischen Rechts eingeräumte Befugnisse, die in den Berechtigungsumfang von reglementierten oder konzessionierten Gewerben fallen.

 

Abs 4:

Die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt dürfen nur die in den Listen der Rechtsanwaltskammern eingetragenen Personen führen. Andere Personen, die aufgrund der Vorschriften des EIRAG die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt zu führen berechtigt sind, dürfen diese Berufsbezeichnung nur mit dem Hinweis auf den Ort ihres Kanzleisitzes im Ausland führen. Die Bezeichnung Rechtsanwalt darf nur der Firma einer berufsbefugten Rechtsanwalts-Gesellschaft (§ 51 c) beigefügt und nur bei einer solchen als Geschäftszweig (§ 3 Z 5 FBG) angegeben und in das Firmenbuch eingetragen werden. Gleiches gilt auch für alle auf die Ausübung der Rechtsanwaltsschaft hindeutenden Begriffe und Wendungen.

 

Abs 5:

Wird ein Rechtsanwalt als Mediator tätig oder führt eine öffentliche Versteigerung nach § 67 c NO durch, so hat er auch dabei die ihn als Rechtsanwalt treffenden Berufspflichten einzuhalten. Besondere Regelungen für Mediatoren nach anderen Rechtsvorschriften werden dadurch nicht berührt.

 

§ 57 RAO:

(1) Wer unberechtigt die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt, eine der in der Anlage zum EIRAG angeführten Anwaltsbezeichnungen oder eine der sich aus dem 5. Teil des EIRAG ergebenden Berufsbezeichnungen für international tätige Rechtsanwälte führt, seiner Firma beifügt, als Geschäftszweig oder Gegenstand des Unternehmens angibt, sonst zu Werbezwecken verwendet oder auf andere Weise die Befugnis zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft vortäuscht, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu ? 10.000,00 zu bestrafen.

(2) Wer unbefugt eine durch dieses Bundesgesetz den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig anbietet oder ausübt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu ? 16.000,00 zu bestrafen. Diese Tat darf nicht auch nach anderen Bestimmungen über die Strafbarkeit der Winkelschreiberei geahndet werden.

(3) Die vorstehenden Bestimmungen sind nicht anzuwenden, wenn eine der nach Abs 1 und 2 strafbaren Handlungen zugleich den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung bildet.

 

§ 58 RAO:

Im Verwaltungsstrafverfahren nach § 57 sowie in einem anderen Verfahren wegen Winkelschreiberei durch unbefugte Ausübung einer den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeit hat die Rechtsanwaltskammer, in deren Sprengel die zur Verfolgung zuständige Behörde ihren Sitz hat, Parteistellung einschließlich der Rechtsmittelbefugnis und des Rechtes auf Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gemäß Art. 131 B-VG.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zielt die in Rede stehende Strafbestimmung des § 57 Abs. 2 RAO darauf ab, unbefugte Personen von der gewerbsmäßigen Erbringung auch nur einzelner aus dem Gesamtspektrum der den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeiten abzuhalten.

 

Zu den den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeiten gehören sämtliche Tätigkeiten, die Verwaltungsübertretungen, zu deren Bestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, werden als Ungehorsamsdelikte bezeichnet (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 5.September 1978, Zl. 2787/77). § 57 Abs. 2 RAO entspricht dieser Umschreibung. Im Falle eines Ungehorsamsdeliktes tritt insofern eine Umkehrung der Beweislast ein, als die Behörde lediglich die Beweislast hinsichtlich der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes trifft, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 29.Jänner 1992, Zl. 91/02/0117).

 

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Bescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet dies, dass die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Der Umfang der notwendigen Konkretisierung ist vom einzelnen Tatbild abhängig.

 

Der Spruch eines Straferkenntnisses muss also alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale oder zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen umfassen, zumal es zu den selbstverständlichen Grundsätzen eines jeden Strafverfahrens gehört, dass die Tat so eindeutig umschrieben wird, dass kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür eine Bestrafung erfolgt ist.

 

Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert bzw. welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde. Die Tat muss hinsichtlich des Täters und der Tatumstände jedenfalls so genau umschrieben sein, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (VwGH 13.6.1984, Slg. 11466 A).

 

Das angefochtene Straferkenntnis entspricht nicht dem Konkretisierungsgebot im Sinne des § 44a Z 1 VStG, da es weder dem Erfordernis der Angabe des konkreten Täters, des Tatbestandes noch einer nachvollziehbaren Tatzeitangabe gerecht wird.

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat klar ergeben, dass die vom Ausschuss der Stmk. Rak angeführten und im Straferkenntnis übernommenen 5 Projekte bzw. Sachverhalte mehr als 6 Monate vor der ersten, durch die belangte Behörde gesetzten Verfolgungshandlung im April 2010 zurücklagen und schon deshalb hinsichtlich dieser Umstände Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs 1 und Abs 2 VStG bei Einleiten des Verfahrens vorgelegen hat. Als Bescheidadressat scheint der Berufungswerber als Einzelperson auf. Der von der Verfolgungshandlung erfasste Sachverhalt richtet sich allerdings auf eine strafbare Handlung der verfahrensgegenständlichen A-R Consulting GesmbH, für welche der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer als Vertretungsbefugter im Sinne des § 9 VStG verantwortlich wäre. Die Bestimmung des § 9 VStG ist im Spruch entgegen § 44 Z 2 VStG jedoch nicht angeführt.

 

Hinsichtlich der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung wurden nur gegenüber dem Berufungswerber als Einzelperson Verfolgungshandlungen gesetzt, wobei teilweise diese nach Ablauf der im § 31 Abs 1 und 2 VStG festgelegten Verjährungsfrist von 6 Monaten (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 27.04.2010) vorgenommen wurden. Gemäß § 9 Abs 1 VStG hätte der nach außen vertretungsbefugte, handelsrechtliche Geschäftsführer der A-R Consulting GesmbH, somit der Berufungswerber, allerdings ausschließlich in dieser Funktion, verwaltungsstrafrechtlich in Anspruch genommen werden müssen. Da jedoch keinerlei behördliche Verfolgungshandlungen in diese Richtung festgestellt werden können, besteht auch für die Berufungsbehörde keine Möglichkeit mehr, diesen Verfahrensmangel des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz nachzuholen bzw. zu sanieren.

 

Der Berufungswerber hat sich selbst nie als Rechtsanwalt bezeichnet hat, und wurde hiezu weder ein Vorbringen erstattet noch im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis Feststellungen getroffen. Der Tatvorwurf gemäß § 57 Abs 1 RAO erfolgte somit zu Unrecht.

 

Die im angefochtenen Straferkenntnis angegebene Tatzeit bis mindestens 21.4.2010 ist völlig unbestimmt und könnte daraus, wenn überhaupt, als Tatzeit nur der 21.04.2010 abgeleitet werden.

 

Im bekämpften Straferkenntnis wurde durch die belangte Behörde innerhalb der ihr zur Verfügung stehenden Verfolgungsverjährungsfrist nach § 31 Abs 1 und 2 VStG dem Berufungswerber aber auch kein konkretes Fehlverhalten im Sinne des § 44a Abs 1 VStG vorgehalten, welches unter die Bestimmung des § 57 Abs 2 RAO zu subsumieren gewesen wäre. Die umfassende strategische und taktische Beratung, Hilfestellung bei der Koordination aller Kräfte auf Ihrer Seite, akribisches Bearbeiten sämtlicher vorliegender Gutachten und Schriftstücke, Mithilfe bei der Auswahl geeigneter Sachverständiger, sollte deren Einsatz als sinnvoll erachtet werden, enge Zusammenarbeit mit dem Rechtsanwalt, der für Sie tätig ist mit dem Ziel, fachlich bestens aufbereitete Argumente für seine juristische Arbeit zu liefern, wie im Spruch angeführt, sind für sich allein - ohne nähere Konkretisierung - nicht geeignet, den Tatbestand zu erfüllen.

 

Als eine einem Rechtsanwalt ähnliche Tätigkeit ist nur eine solche anzusehen, die den wesentlichen und typischen Teil der Tätigkeiten umfasst, zu denen die Vorschriften über den Rechtsanwaltsberuf berechtigen. Für den Rechtsanwaltsberuf aber ist wesentlich und typisch, dass er die rechtliche Beratung und Vertretung von Klienten in dem weitesten Ausmaß und Umfang umfasst, der denkbar ist (VwGH 15.02.1983, 82/14/0170; 16.03.1989, 88/14/0067; 03.06.1992, 91/13/0035; 16.05.2000, 94/14/0105).

 

Der gegenständliche Bescheid ist zum einen auf Grund mangelnder Tatbildumschreibung zu beheben, zum anderen deshalb, da die von der A-R Consulting GesmbH am 21.04.2010 angebotenen Tätigkeiten nicht über das Angebot von ausschließlichen allgemeinen Beratertätigkeiten hinausgehen - bei diesen muss es sich nach der Formulierung aber keinesfalls um Tätigkeiten handeln, die ausschließlich Rechtsanwälten vorbehalten sind. Aus den am 21.04.2010 angebotenen Tätigkeiten ist nicht zwingend ableitbar, dass rechtsrelevante Vertretungshandlungen im Namen und im Interesse eines Klienten gegenüber Dritten gesetzt werden, eine Vertretung des Klienten gegenüber seinem Anwalt oder eine zusammenarbeitende Beteiligung an den Vertretungshandlungen des Anwalts gegenüber Dritten erfolgt und hatte der Berufungswerber nach eigenen Angaben auch nie eine Zustellvollmacht für seine Klienten. Das angefochtene Straferkenntnis enthält ebenso wenig wie die Anzeige der Stmk Rak Hinweise oder Feststellungen darüber, welche den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit der Berufungswerber konkret zu bestimmten Tatzeiten tatsächlich angeboten oder ausgeübt hätte.

 

Im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Rechtsanwaltsordnung; Vertretung; Anbieten; Beratung; Hilfestellung; vorbehaltene Tätigkeit; Konkretisierung
Zuletzt aktualisiert am
29.10.2012
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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