Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Merli über die Berufung des Herrn E Ö, geb. am, vertreten durch Dr. H K, Rechtsanwalt in Ki, Hst, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 01.06.2011, GZ: BHBM-15.1-3547/2011, wie folgt entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG)
§ 76a Gewerbeordnung 1994 (GewO)
Mit dem bekämpften Strafbescheid hielt die belangte Behörde dem E Ö als gewerberechtlichen Geschäftsführer der Firma R L GesmbH - diese betreibe am Standort St. M/Mü, Ha, das Gastgewerbe in der Betriebsart Gasthaus - vor, es sei am 02.04.2011, um 13.27 Uhr, im Gastgarten des angeführten Gastgewerbebetriebes geraucht worden, obwohl Gastgärten, für die keine Genehmigung erforderlich sei, ausschließlich zur Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen dürfen.
Wegen Übertretung der Rechtsvorschrift des § 76a Abs 1 Z 1 GewO verhängte die belangte Behörde über den Berufungswerber gemäß § 368 GewO eine Geldstrafe von ? 100,00 (im Uneinbringlichkeitsfalle einen Tag und 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe).
Die belangte Behörde gründete den Strafbescheid auf eine Anzeige von Mag. Hah und sei die Übertretung auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen.
In seiner fristgerecht erhobenen Berufung brachte Herr E Ö, rechtsanwaltlich vertreten, vor, aus dem Text der Gewerbeordnung, § 76a, dürfe nicht geschlossen werden, dass mit den Worten ausschließlich der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen das Recht der Gäste, in einem Garten, sohin im Freien, rauchen zu dürfen, erfasst sein könne. Das Recht des Rauchens in Räumen der Gastronomie erfahre lediglich eine Beschränkung durch den Nichtraucherschutz mit dem BGBl. Nr. 431/1995. Demnach gilt ein Rauchverbot in den der Verabreichung von Speisen und Getränken an Gäste dienenden Räumen. Unter Räumen seien Baulichkeiten zu verstehen, die ringsum umschlossen seien. Aus dieser Textierung sei ersichtlich, dass ein Rauchverbot in Gärten bzw. in freier Natur nicht bestünde.
Gemäß § 13a Abs 2 leg. cit. habe die L GesmbH einen großen Nichtraucherraum, als auch einen Raucherraum. Ein Rauchverbot in Gärten sei jedenfalls fremd und habe die Behörde keine einzige gesetzliche Bestimmung nennen können, die ein solches Rauchverbot rechtfertigen würde. Aus § 76a GewO sei ein solches jedenfalls nicht ableitbar. Dem Gastwirt sei es nicht erlaubt, in das höchstpersönliche Recht eines Gastes, rauchen zu dürfen, einzugreifen, dies umso weniger einem gewerberechtlichen Geschäftsführer. Die Bestrafung sei deshalb willkürlich erfolgt. Der Berufungswerber beantragte in Entsprechung des Rechtsmittels den erstinstanzlichen Strafbescheid zur Gänze zu beheben.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung, die bereits anhand der Aktenlage im Rahmen einer rechtlichen Beurteilung zu treffen ist, von folgenden Überlegungen ausgegangen:
Der Berufung kommt aus nachstehenden Gründen Berechtigung zu:
Am 19.08.2010 trat die Novelle zur GewO, BGBl I 2010/66, in Kraft, die für bestimmte Gastgärten eine sogenannte Genehmigungsfreistellung brachte. Durch die Regelung des § 76a Abs 1 GewO, die die Vorgängerbestimmung des § 112 Abs 3 GewO ablöst, werden Gastgärten, die im Hinblick auf ihre Lage, der geplanten Betriebszeiten, der Betriebsweise und der Zahl der Verabreichungsplätze die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, von der Genehmigungspflicht nach § 74 Abs 2 GewO ausgenommen.
§ 76a GewO i.d.F. BGBl I 2010/66 lautet wie folgt:
(1) Für Gastgärten, die sich auf öffentlichem Grund befinden oder an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, ist für die Zeit von 08.00 Uhr bis 23.00 Uhr keine Genehmigung erforderlich, wenn
1.
sie ausschließlich der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen,
2.
sie über nicht mehr als 75 Verabreichungsplätze verfügen,
3.
in ihnen lauteres Sprechen als der übliche Gesprächston der Gäste, Singen und Musizieren vom Gastgewerbetreibenden untersagt ist und auf dieses Verbot hinweisende Anschläge dauerhaft und von allen Zugängen zum Gastgarten deutlich erkennbar angebracht sind, und
4.
auf Grund der geplanten Ausführung zu erwarten ist, dass die gemäß § 74 Abs 2 wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt sind und Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden; eine Gesundheitsgefährdung oder unzumutbare Belästigung durch Lärm ist jedenfalls nicht zu erwarten, wenn die im Einleitungssatz und in Z 1 bis Z 3 genannten Voraussetzungen erfüllt sind; eine wesentliche Beeinträchtigung des Verkehrs im Sinne des § 74 Abs 2 Z 4 ist jedenfalls nicht zu erwarten, wenn der Gastgarten gemäß § 82 Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, in der jeweils geltenden Fassung, bewilligt ist.
(2) Für Gastgärten, die sich weder auf öffentlichem Grund befinden noch an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, ist für die Zeit von 09.00 Uhr bis 22.00 Uhr keine Genehmigung erforderlich, wenn die Voraussetzungen gemäß Abs 1 Z 1 bis Z 4 sinngemäß erfüllt sind.
(3) Der Betrieb eines Gastgartens im Sinne des Abs 1 oder des Abs 2 ist der Behörde vorher anzuzeigen. Dieser Anzeige sind Unterlagen im Sinne des § 353 Z 1 lit a bis lit c in vierfacher Ausfertigung anzuschließen.
(4) Sind die Voraussetzungen gemäß Abs 1 oder Abs 2 nicht erfüllt, so hat die Behörde unbeschadet eines Verfahrens nach §§ 366 ff dies festzustellen und den Betrieb des Gastgartens zu untersagen. Die Behörde hat diesen Bescheid spätestens drei Monate nach Einlangen der Anzeige samt Unterlagen zu erlassen.
(5) Wenn die in Abs 1 oder Abs 2 angeführten Voraussetzungen wiederholt nicht eingehalten werden, hat die Behörde den Gastgarteninhaber mit Verfahrensanordnung zur Einhaltung der Voraussetzungen aufzufordern. Kommt der Gewerbetreibende dieser Aufforderung nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die Schließung des Gastgartens zu verfügen. § 360 Abs 4 letzter Satz und Abs 5 sind sinngemäß anzuwenden.
(6) Mit Erteilung einer Genehmigung gemäß § 81 treten Bescheide gemäß Abs 4 oder Abs 5 außer Wirksamkeit.
(7) Gastgärten, die im Sinne des Abs 1 Z 1 bis Z 4, jedoch über die in Abs 1 oder Abs 2 angeführten Zeiten hinaus betrieben werden, bedürfen einer Genehmigung, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.
(8) Auf Gastgärten, die im Sinne des Abs 1 oder Abs 2 betrieben werden, sind die §§ 79 und 79a mit der Maßgabe anzuwenden, dass Auflagen und Einschränkungen der Betriebszeit zugunsten von Nachbarn im Sinne des § 75 Abs 2 und 3 nur soweit vorzuschreiben sind, als diese zur Vermeidung einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit dieser Personen notwendig sind.
(9) Die Gemeinde kann mit Verordnung abweichende Regelungen betreffend die in Abs 1 und Abs 2 festgelegten Zeiten für solche Gebiete festlegen, die insbesondere wegen ihrer Flächenwidmung, ihrer Verbauungsdichte, der in ihnen bestehenden Bedürfnisse im Sinne des § 113 Abs 1 und ihrer öffentlichen Einrichtungen, wie Krankenhäuser, Altersheime, Bahnhöfe, Theater, Sportplätze und Parks, diese Sonderregelung rechtfertigen. Im Besonderen kann in der Verordnung auch in Gebieten mit besonderen touristischen Einrichtungen oder Erwartungshaltungen (Tourismusgebiete) eine Zeit insbesondere bis 24.00 Uhr als gerechtfertigt angesehen werden.
Nach § 368 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu ? 1.090,-- zu bestrafen ist, wer andere als in den §§ 366, 367 und 367a genannte Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder der Bescheide, die auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen ergangen sind, nicht einhält.
Mit Eingabe vom 19.08.2010 zeigte die R L GesmbH der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur den Betrieb eines Gastgartens im Sinne des § 353 mit 75 Sitzplätzen an der Adresse Ha, St Lo/Mü an. Diese Anzeige, der eine planliche Beschreibung des Gastgartens angeschlossen war, wurde von der Behörde mit Aktenvermerk vom 20.08.2010 zur Kenntnis genommen.
Aus dem Inhalt des nunmehr bekämpften Bescheides ist zu erschließen, dass die belangte Behörde davon ausgeht, dass es sich bei dem in Rede stehenden Gastgarten um einen solchen nach § 76a GewO handelt, der von der Genehmigungspflicht nach § 74 Abs 2 GewO ausgenommen ist.
Aus § 76a Abs 1 Z 1 GewO lässt sich - anders als dies die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage darstellt - nicht ableiten, dass Gäste in einem genehmigungsfreien Gastgarten nicht rauchen dürfen. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die im Kern zutreffenden Ausführungen in der Berufung verwiesen. § 76a Abs 1 Z 1 GewO umschreibt nur den Zweck des Gastgartens von Betreiberseite her. Hinsichtlich des Gästeverhaltens enthält nur § 76a Abs 1 Z 3 GewO die Verpflichtung des Gewerbetreibenden, den Gästen bestimmte Handlungen (lauteres Sprechen als der übliche Gesprächston, Singen und Musizieren), nicht aber das Rauchen zu untersagen.
Aus dem Vorgesagten folgt, dass § 76a Abs 1 Z 1 GewO iVm § 368 GewO keine rechtliche Grundlage für die Bestrafung des Berufungswerbers in seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer liefert, weil nicht zu erkennen ist, gegen welches Ge- oder Verbot der GewO der Berufungswerber dadurch verstoßen haben soll, dass in einem angezeigten und gewebebehördlich zu Kenntnis genommenen Gastgarten nach § 76a GewO Gäste geraucht haben.
Zur Hintanhaltung nachträglich hervorkommender möglicher Eingriffe in Schutzinteressen nach § 74 Abs 2 GewO (etwa durch Geruchsbelästigungen) kann die Behörde nur auf jene Instrumente zurückgreifen, die § 76a GewO für einen solchen Fall vorsieht.
Es war daher die Berufung des E Ö Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.