Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Gerold Dünser über die Berufung von Herrn B. K., geb am XY, XY-Straße 27a/Top 5b, W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 29.06.2012, Zl VK-13810-2012, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit den §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das wider den Berufungswerber geführte Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber spruchgemäß Folgendes zur Last gelegt:
?Tatzeit: 01.02.2012, 11.37 Uhr
Tatort: Gemeinde Hall in Tirol, Raiffeisenplatz 1
Fahrzeug: PKW XY
Sie haben im Bereich des Vorschriftszeichens ?HALTEN UND PARKEN VERBOTEN? mit der Zusatztafel ?ausgenommen Hotel Goldener Engel? und ?Längsparken? gehalten.?
Aus diesem Grund habe er eine Übertretung nach § 24 Abs 1 lit a StVO zu verantworten und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 36,00, Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden, dies auf Grundlage des § 99 Abs 3 lit a StVO, verhängt. Außerdem wurde er zur Bezahlung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor der Erstbehörde verpflichtet.
Gegen das mündlich verkündete Straferkenntnis hat der Berufungswerber unmittelbar nach Verkündung ein Rechtsmittel eingebracht. In diesem führt er aus, dass die Parkkarte im Auto gewesen sei, dies allerdings nicht gut ersichtlich, weshalb er es als nicht gerechtfertigt ansehe, die Strafe zu bezahlen.
Auf Ersuchen des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol mit Schreiben vom 10.07.2012 um Auskunft, ob er sich zum Tatzeitpunkt im Hotel ?Goldener Engel? befunden habe, wurde mit E-Mail-Nachricht vom 16.07.2012 mitgeteilt, dass er fast jeden Tag in diesem Hotel beim Mittagessen sei, wozu er 3 Arbeitskollegen sowie die Kellnerin und die Besitzerin des Gasthauses, welche alle namentlich genannt wurden, als Zeugen anbieten könne. Er habe sein Büro in unmittelbarer Nähe zu diesem Gasthaus, wo er sich regelmäßig, nämlich beinahe täglich, um 11.30 Uhr zum Mittagessen einfinde.
Nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt steht für den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol als erwiesen fest:
Der Berufungswerber hat am 01.02.2012 sein Fahrzeug mit dem Kennzeichen XY am Raiffeisenplatz in Hall iT im Bereich des Vorschriftszeichens ?Halten und Parken verboten? mit den Zusatztafeln ?ausgenommen Hotel Goldener Engel? und ?längsparken? abgestellt, wie dies von Beamten der Stadtgemeinde Hall iT an diesem Tag um 11.37 Uhr festgestellt wurde. Dies wird von ihm auch nicht bestritten.
Wie der Berufungswerber bereits vor der Erstbehörde und auch vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol mit E-Mail-Nachricht vom 16.07.2012 dargelegt hat, hat er sich zum Zeitpunkt, zu welchem ihm der Verstoß gegen das vorliegende Halte- und Parkverbot zur Last gelegt wird, im Hotel ?Goldener Engel? aufgehalten, sohin in jenem Hotel, für welches auf der Zusatztafel die entsprechende Ausnahme vorgesehen ist. Gegenteilige Feststellungen, wonach der Berufungswerber sich nicht in diesem Hotel befunden habe, sind auch dem Akt der Erstbehörde nicht zu entnehmen. Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol sieht daher keinen Grund, diese Aussage des Berufungswerbers anzuzweifeln.
Zumal der erwähnten Berechtigungskarte rechtlich keine weitere Bedeutung beizumessen ist, wie noch auszuführen sein wird, waren weitere Feststellungen dazu, inwiefern diese Berechtigungskarte von außen einsehbar im Fahrzeug gelegen ist, entbehrlich.
In rechtlicher Hinsicht folgt:
Gemäß § 24 Abs 1 lit a StVO ist das Halten und Parken im Bereich des Verbotszeichens ?Halten und Parken verboten? nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z 13b StVO verboten.
Nach § 52 Z 13b StVO gelten neben bestimmten, in dieser Norm enthaltenen Zusatztafeln hinsichtlich weiterer Zusatztafeln die Bestimmungen des § 52 Z 13a sinngemäß. Demnach ist die Anbringung von Zusatztafeln mit anderen Angaben als in Z 13a und 13b leg cit erwähnten, unbeschadet des § 51 Abs 3 StVO, zulässig.
Das Halte- und Parkverbot gründet sich im vorliegenden Fall auf die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom 13.12.2011. Darin werden auf Grundlage der §§ 43 Abs 1 lit c, 44 Abs 1 und 94d Z 4 lit a StVO folgende Anordnungen im Verordnungsweg erlassen:
?§ 1
Am Unteren Stadtplatz an der Südseite des Objektes Raiffeisenplatz 1 sowie südlich des Raiffeisenplatzes wird das Halten und Parken, ausgenommen Hotel Goldener Engel, verboten. Dort parkende Fahrzeuge sind mit einer Berechtigungskarte laut Anlage 2 auszustatten.
§ 2
Am Unteren Stadtplatz an der Südseite des Objektes Raiffeisenplatz 1 ist nur das Längsparken erlaubt, welches in der Anlage 1 gelb hinterlegt ist.?
Weiters finden sich in der Verordnung Ausführungen betreffend die bildliche Darstellung der verordneten Maßnahmen in einer Planbeilage sowie Anordnungen betreffend die Kundmachung.
Wie sich aus den Lichtbildern im Akt der Erstbehörde ergibt, wurde das dem Verfahren zu Grunde liegende Halte- und Parkverbot durch ein entsprechendes Zeichen gemäß § 52 Z 13b StVO mit den Zusatztafeln ?ausgenommen Hotel Goldener Engel? und ?längsparken? (dies samt 3 liegenden Rechtecken) kundgemacht. Neben diesen drei Parkplätzen bestehen weitere vier mit gleichlautender Anordnung.
Auf der Zusatztafel wird ausdrücklich das Hotel ?Goldener Engel? ausgenommen. Der Zusatztafel kann dabei nicht entnommen werden, dass es sich um eine Ausnahme nur für Ladetätigkeiten handeln würde, wie dies die ausdrückliche Berufung auf § 43 Abs 1 lit c StVO in der Promulgationsklausel der Verordnung nahe legen würde. Zumal dieser Promulgationsklausel allerdings nach der Judikatur des VfGH (vgl VfSlg 16.904/2003) und VwGH (Erk vom 24.09.2010, 2009/02/0014) eine eigenständige Bedeutung nicht zukommt, ist maßgeblich für die Einordnung der Verordnung das dadurch gesollte Verhalten, sohin der tatsächliche Inhalt der Anordnung. Da die Verordnung schon in § 1 ausdrücklich von ?dort parkende(n) Fahrzeuge(n)? spricht, die mit der erwähnten Berechtigungskarte auszustatten sind, ist offensichtlich, dass das Halte- und Parkverbot allgemein gelten und nur eine bestimmte Gruppe davon ausgenommen werden soll. Dies deckt sich auch mit der von der Stadtgemeinde herangezogenen Aufgabenzuweisung gemäß § 94d Z 4 lit a StVO.
Die Formulierung ?ausgenommen Hotel Goldener Engel? legt vor diesem Hintergrund und unabhängig von der Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer derartigen Ausnahme (vgl dazu etwa die in Pürstl, Straßenverkehrsordnung13, bei § 43 StVO in E 57 zitierte Judikatur) nahe, dass von der Ausnahme sämtliche Fahrzeuge erfasst werden sollen, die von Personen abgestellt werden, die Verrichtungen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Hotel ?Goldener Engel? tätigen, wie etwa für Gäste.
Insofern sei an dieser Stelle auf die vergleichbare Judikatur des VwGH betreffend die Anordnung von Fahrverboten verwiesen. Bei der Aufschrift ?Zufahrt für Anrainer gestattet? auf einer Zusatztafel zu einem Fahrverbotszeichen hat der VwGH beispielsweise im Erkenntnis vom 19.11.1982, 2695/80, ausgeführt, dass diese Formulierung nicht ausschließt, dass auch Besucher und Angestellte eines Anrainers zu dem Personenkreis, dem die Ausnahme vom allgemeinen Fahrverbot zugute kommt, gezählt werden können. Auch vor diesem Hintergrund gebietet sich angesichts der von der Stadtgemeinde Hall vorgenommenen Umschreibung der Ausnahme ein weiteres Begriffsverständnis bei der Interpretation der Ausnahme. Von der vorliegenden Ausnahme erfasst werden daher offensichtlich auch Gäste des besagten Hotels.
Würde man hingegen davon ausgehen, dass diese Ausnahme nicht auch auf Gäste des Hotels anwendbar ist, so wäre nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats in Tirol im Unklaren, wer von der Ausnahme überhaupt erfasst werden soll, zumal das angeführte Hotel selbst offensichtlich des Parkens nicht mächtig ist. Gemäß § 54 Abs 2 StVO müssen die Angaben und Zeichen auf Zusatztafeln leicht verständlich sein. Wenn eine unter einem Vorschriftszeichen angebrachte Zusatztafel eine mehrfache Deutung zulässt, kann sich der Lenker eines Fahrzeuges auf die Unkenntnis der Vorschrift berufen und fällt dies nicht ihm, sondern der Behörde zur Last, weil diese die Anordnung des § 54 Abs 2 StVO 1960 betreffend die leichte Verständlichkeit der Angaben und Zeichen auf Zusatztafeln nicht befolgt hat (so der VwGH im Erkenntnis vom 14.06.2005, 2005/02/0047, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 19.11.1982, 2695/80). Andererseits hat der VwGH aber auch ausgesprochen (vgl etwa das Erkenntnis vom 16.11.1988, 87/03/003), dass im Fall, dass die auf einer Zusatztafel angeführten, das verordnete Verbot einschränkenden Angaben nicht leicht (eindeutig) erkennen lassen, für welchen Personenkreis das Verbot verordnet wurde bzw welche Verkehrsteilnehmer davon ausgenommen wurden, die Verordnung nicht gehörig kundgemacht wurde, was zur Folge hat, dass sie keine Rechtswirkungen entfalten kann (vgl dazu auch das Erkenntnis vom 25.04.1985, 84/02/0267).
Wie festgestellt hat sich der Berufungswerber zum Zeitpunkt, zu welchem er sein Fahrzeug an besagter Stelle abgestellt hat, tatsächlich als Gast im Hotel ?Goldener Engel? aufgehalten. Damit konnte er nach den vorstehenden Ausführungen zu Recht die Ausnahme vom dort verordneten Halte- und Parkverbot in Anspruch nehmen. Soweit in der Verordnung allerdings auf eine Berechtigungskarte laut einer näher bestimmten Anlage verwiesen wird, so wird dazu festgehalten, dass sich einerseits aus der Kundmachung des Parkverbots samt Zusatzzeichen nicht ergibt, dass für die Inanspruchnahme der Ausnahme eine Berechtigungskarte mitzuführen wäre, zum anderen eine derartige Verpflichtung auch nicht aus der Verordnung selbst ablesbar ist. So wird darin zwar ausgeführt, dass dort parkende Fahrzeuge mit einer Berechtigungskarte auszustatten sind, dass allerdings die Ausnahme nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn die Berechtigungskarte im Auto aufliegt, ist dieser Verordnung nicht zu entnehmen.
Im Übrigen sei hier ausdrücklich festgehalten, dass sich das Verfahren zur Erlassung von Verordnungen in diesem Zusammenhang nach § 43 StVO richtet. Die Stadtgemeinde stützt sich in der Verordnung vom 13.12.2011 dabei ausdrücklich auf § 43 Abs 1 lit c StVO; diese Bestimmung ermächtigt die Behörde zur Festlegung von Ladezonen. Unabhängig von der konkreten Wahl einer der Verordnungsermächtigungen des § 43 StVO ist diesen aber allen gemein, dass sich das Verfahren zur Erlassung von individuellen Ausnahmen nach § 45 StVO richtet. Soweit daher von einer Verordnung der Stadtgemeinde eine individuelle Ausnahme im Einzelfall gewährt werden soll, ist dazu ein entsprechendes Verfahren von der gemäß § 94 d Z 6 StVO zuständigen Gemeinde erforderlich.
Wenn daher nicht Gäste im allgemeinen vom Parkverbot ausgenommen wären, sondern dies nur für Inhaber der besagten Berechtigungskarte gelten sollte, so wäre zu klären, wie die Vergabe einer derartigen Berechtigungskarte erfolgen könnte.
Nach dem vorliegenden Akteninhalt ist davon auszugehen, dass die angeführte Berechtigungskarte nicht an individuell bestimmte Personen abgegeben wird; dies ist daraus zu erschließen, dass nach der vom Berufungswerber vorgelegten Lichtbildaufnahme auf dieser Karte links unten eine Nummerierung angebracht ist, wonach insgesamt 7 derartige Berechtigungskarten (und somit so viele wie Parkplätze mit besagtem Halte- und Parkverbot vorhaben sind) bestehen und diese Berechtigungskarte ansonsten über keine Individualisierungsmerkmale im Hinblick auf die Person, welche die Berechtigungskarte verwendet, beinhaltet.
Vor diesem Hintergrund ist nicht auszuschließen, dass diese Berechtigungskarten vom Hotel ?Goldener Engel? ausgegeben werden. Wenn dieser Berechtigungskarte daher rechtsverbindliche Wirkung zukommen würde, so wäre deren Vergabe durch das besagte Hotel nur dann zulässig, wenn dieses mit der Durchführung des Verwaltungsverfahrens in diesem Punkt von der eigentlich zuständigen Stadtgemeinde beliehen worden wäre, zumal die Übertragung der Befugnis zur Erlassung von Akten der Hoheitsverwaltung an Private eine entsprechende Grundlage erfordert. Dies würde aber auch eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung voraussetzen, welche nicht vorliegt. Wenn diese Berechtigungskarte daher nicht in einem behördlichen Verfahren von der Stadtgemeinde verliehen würde, so könnte ihr schon alleine aus diesem Grund eine normative Wirkung nicht zukommen. Weitere Erhebungen dazu waren aber insbesondere im Hinblick darauf, dass der Berechtigungskarte auf Grundlage der anzuwendenden Verordnung von vorn herein keine Bedeutung zukommt, entbehrlich.
In Summe wird daher festgehalten, dass sich der Berufungswerber zu Recht auf die Ausnahme berufen konnte. Eine Berechtigungskarte war dazu von vornherein nicht erforderlich. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Verordnung der Stadtgemeinde Hall entfalten sohin keinerlei Rechtswirkung. Anders wäre der Fall dann zu sehen, wenn die Ausnahme ausdrücklich nur für Inhaber von Berechtigungskarten gelten würde und dies auch so kundgemacht worden wäre. In diesem Fall müsste die Berechtigungskarte allerdings auch in einem behördlichen Verfahren von der Stadtgemeinde verliehen werden.
Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.