Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Mag. Manja Schlossar-Schiretz über die am 11.10.2011 eingebrachte Beschwerde des Herrn W St, geb. am, vertreten durch den Sachwalter Mag. M F, L, G, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. Dr. Ma Fo, H, D, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, gemäß §§ 67a Z 2, 67c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), §§ 46, 50 Abs 1, 88 Sicherheitspolizeigesetz (SPG), §§ 3, 8 und 9 Unterbringungsgesetz (UbG) und §§ 2 Z 2, 4 Waffengebrauchsgesetz (WaffGebrG), wie folgt entschieden:
I.) Die Durchführung einer Armwinkelsperre in Verbindung mit der Anwendung übermäßiger Körperkraft durch ein Organ der Polizeiinspektion Feldbach gegenüber dem Beschwerdeführer in der Ordination des Distriktsarztes Dr. B K in Fe am 25.08.2011 war rechtswidrig.
II.) Der Bund (Bundesministerin für Inneres) hat dem Beschwerdeführer gemäß § 79 a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008, einen mit ? 1.689,50 bestimmten Kostenaufwand binnen zwei Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Gemäß § 76 Abs 1 AVG iVm §§ 24 bis 37 und 43 bis 51 Gebührenanspruchsgesetz 1975 (GebAG) hat der Bund als Barauslagen für die der Behörde entstandenen Kosten für den nichtamtlichen medizinischen Sachverständigen ? 1.327,00 zu leisten. Dieser Betrag ist binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu begleichen.
I) Beschwerdevorbringen - Gegenschrift
A) Beschwerdevorbringen:
Mit Eingabe vom 06.10.2011, beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark am 11.10.2011 eingelangt, erhob Herr W St, vertreten durch seinen Sachwalter Mag. M F, vertreten durch Mag. Dr. Ma Fo, Rechtsanwältin, Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Im Wesentlichen und zusammengefasst wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer zu Unrecht am 25.08.2011 durch Organe der PI Fe festgenommen worden sei. Zum Zeitpunkt der Festnahme habe sich der Beschwerdeführer im Zustand eines Raptus bei bekannter Epilepsie befunden, die Beamten seien nach dem Sicherheitspolizeigesetz sowie nach den Bestimmungen des Unterbringungsgesetzes eingeschritten, die Festnahme sei jedoch nicht gerechtfertigt gewesen. Der Beschwerdeführer sei zum Distriktsarzt Dr. B K von den Beamten überführt worden, um festzustellen, ob die Voraussetzungen zur Unterbringung nach dem Unterbringungsgesetz vorgelegen hätten. Beim Versuch, den Beschwerdeführer in der Ordination Dr. K zu fixieren und ihm Handfesseln anzulegen, habe GI R den linken Arm des Beschwerdeführers unter Anwendung unverhältnismäßiger und übermäßiger Körperkraft nach hinten verdreht, wodurch der Beschwerdeführer schwer verletzt worden sei. Er habe einen mehrfachen Bruch des Ellenbogens erlitten. Der Beschwerdeführer beantragte durch seine Vertreter die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung sowie die Feststellung, dass der Beschwerdeführer durch seine Festnahme am 25.08.2011 um 17.35 Uhr durch Organe der Polizeiinspektion Fe in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit sowie dadurch, dass er in der Ordination Dr. K beim Versuch, ihm Handfesseln anzulegen, durch Anwendung übermäßiger Körperkraft am Rettungssitz fixiert und dabei einen mehrfachen Bruch des Ellenbogens links erlitten habe, in seinem Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden (Art. 3 EMRK) sowie in seinem Recht auf verhältnismäßigen Vorgehen gemäß § 29 SPG sowie in seinem Recht, nicht entgegen den Bestimmungen der §§ 35 und 36 VStG festgenommen und angehalten zu werden, verletzt worden sei. Darüber hinaus wurde ein Kostenantrag gestellt.
B) Gegenschrift:
Die Bezirkshauptmannschaft Feldbach legte am 07.11.2011 eine Gegenschrift vor, in der im Wesentlichen und zusammengefasst ausgeführt wurde, dass auf Grund des selbst- und fremdgefährdenden Verhaltens des Beschwerdeführers dessen Vorführung im Sinne des UbG und des SPG zum Distriktsarzt unerlässlich gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei sitzend in einem Rettungssessel mit einem Rot-Kreuz-Wagen in Begleitung eines Polizeibeamten in die Ordination des Distriktsarztes verbracht worden. Im Laufe der Untersuchung sei der Beschwerdeführer immer aggressiver geworden und habe versucht, sich gewaltsam der ärztlichen Untersuchung zu entziehen, dies trotz guten Zuredens und mehrfacher Aufforderung, sein aggressives Verhalten einzustellen und der Androhung, dass sonst das Anlegen von Handfesseln erforderlich sein würde. Der Beschwerdeführer habe sich renitent und aggressiv verhalten habe, sodass nur durch das Anlegen von Handfesseln eine weitere Gefährdung unterbunden habe werden können. Die Beamten der Polizeiinspektion Fe hätten gegenüber dem Beschwerdeführer insofern Körperkraft angewandt, als sie die Arme des Beschwerdeführers, der sich noch im Rettungssitz sitzend befand, fest gehalten hätten, RI Ha die Handfessel am rechten Handgelenk angelegt und GI R den linken Arm des Beschwerdeführers am Rücken fixiert gehabt habe. Durch diese Fixierung sei dem Beschwerdeführer eine Verletzung am Ellenbogen zugefügt worden. Die Anwendung der Körperkraft gegenüber dem Beschwerdeführer habe dem Verhältnismäßigkeitsgebot im Sinne des § 29 SPG entsprochen und habe eine weitere Selbst- und Fremdgefährdung durch den Beschwerdeführer verhindert. Durch das unkontrollierte aggressive Verhalten des Beschwerdeführers habe sogar polizeiliche Verstärkung angefordert werden müssen, um die Situation in den Griff zu bekommen. Der Beschwerdeführer sei nach den Bestimmungen des SPG und des UbG dem Distriktsarzt Dr. K vorgeführt worden, eine Festnahme im Sinne des VStG habe nicht vorgelegen. Der Beschwerdeführer sei in seinem Recht auf persönliche Freiheit, im Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden, und in seinem Recht auf verhältnismäßiges Vorgehen im Sinne des § 29 SPG nicht verletzt worden, weshalb beantragt wurde, die Beschwerde abzuweisen.
II) Ermittlungsverfahren
Am 18.04.2012, fortgesetzt am 22.05.2012 und 16.07.2012 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark eine mündliche Verhandlung statt, in der der Beschwerdeführer als Partei vernommen sowie die Zeugen P Stm, GI Fr R, RI J Ha, KI He Stb, RI Mt Lu, Jo S, Mat Ra und Dr. B K zur Sache befragt worden sind. Außerdem wurde der Verhandlung der gerichtlich beeidete, medizinische Sachverständige Dr. Georg Schlagbauer beigezogen.
Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde beim Krankenhausverbund Feb-Füf eingeholt bzw. vom Beschwerdeführer selbst dessen Krankengeschichte beim Unfallkrankenhaus Gr und der Landesnervenklinik Sig-Frd Gr vorgelegt.
Weitere Beweismittel wurden nicht beantragt und waren diese zur Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes auch nicht erforderlich.
Anlässlich der Verhandlung am 16.07.2012 schränkte der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Vertreterin sein Beschwerdebegehren insofern ein, als sich die Beschwerde nicht weiter auf die Festnahme des Beschwerdeführers um 17.35 Uhr durch Organe der PI Fe richte, sondern sich der Beschwerdeführer nur mehr auf die Anwendung übermäßiger Körperkraft durch den GI R, indem dieser eine Armwinkelsperre durchführte, wodurch die Ellbogenfraktur verursacht wurde und welche für ein Schließen vorne gänzlich ungeeignet war, in seinen Rechten verletzt wurde, bezieht, obwohl ausschließlich das Schließen vorne in der gegenständlichen Situation angezeigt gewesen wäre und somit nicht nur nicht das gelindeste Mittel, sondern auch ein falsches Mittel seitens eines Organs der PI Fe gegenüber dem Beschwerdeführer angewandt worden sei.
Der dem Verfahren beigezogene, medizinische Sachverständige Dr. Georg Schlagbauer gab zu den Fragen, ob beim Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seiner Verbringung zum Distriktsarzt bzw. zum Zeitpunkt seiner Einweisung in die Landesnervenklinik Sig-Frd Gr eine psychische Erkrankung mit ernstlicher, erheblicher Selbst- bzw. Fremdgefährdung vorlag und Alternativen im Sinne des § 8 UbG in Frage kamen, ob das Verletzungsmuster mit den Schilderungen des Unfallherganges übereinstimmt, ob aus medizinischer Sicht gelindere Mittel in Frage gekommen wären, um dem Widerstand des Beschwerdeführers in der Ordination Dr. K zu begegnen und zur Frage, ob der 60 kg schwere Beschwerdeführer in der Ordination Dr. K durch seinen Raptus Kräfte entwickelt hat, sodass er nicht mehr von vier Beamten hätte fixiert werden können und er dadurch eine konkrete Gefahr für die einschreitenden Beamten, den Arzt bzw. für sich selbst darstellte - dies unter Berücksichtigung, dass er fixiert im Rettungssessel saß - und zur Frage, ob das Anlegen von Handfesseln zu diesem Zeitpunkt aus medizinischer Sicht erforderlich war, nachstehendes Gutachten ab:
Gutachten:
Beim Beschwerdeführer besteht nach einem Verkehrsunfall mit Schädel-Hirn-Trauma im Jahr 2000 eine posttraumatische Epilepsie mit organischer Wesensänderung. Bereits im Jahr 2008 werden in der Begründung für die Bestellung eines Sachwalters eine entsprechende Beeinträchtigung der höheren Denkleistungen mit Dämmerzuständen und Störungen der Erlebniskontinuität beschrieben. Auch kommt es oft zu Impulskontrollstörungen und aggressiven Durchbrüchen. Aufgrund dieser epileptischen Wesensveränderung mit aggressivem Verhalten war bereits im Jahre 2007 eine Einweisung nach § 8 UBG und nachfolgendem zweimonatigen psychiatrischen Aufenthalt notwendig. Trotz medikamentöser Therapie konnte zu diesem Zeitpunkt in Hinblick auf die Epilepsie keine Anfallsfreiheit erreicht werden und der Patient berichtet selbst, dass er trotz entsprechender Medikamenteneinnahme mehrmals täglich Anfälle erleidet. Durch diese Erkrankung ist es zur Entwicklung eines hirnorganischen Psychosyndroms gekommen, das sich offensichtlich beim Probanden durch eine Antriebssteigerung im Sinne von Erregungszuständen sowie Denk- und Gedächtnisstörungen und einer Abnahme der intellektuellen Leistungsfähigkeit manifestiert. Wie bei allen organischen Psychosyndromen steht die Behandlung der Ursache, d.h. hier die Behandlung der Epilepsie, im Vordergrund. Dies ist für die Prognose auch entscheidend.
Im gegenständlichen Fall wird vom Bruder des Beschwerdeführers und von den Exekutivbeamten am fraglichen Tag ein hochgradiger Erregungszustand geschildert, der sowohl vom involvierten Distriktsarzt als auch von der Abteilung für allgemeine Psychiatrie des LSF Gr als Raptus beschrieben wird. Hierbei handelt es sich um ein psychopathologisches Symptom, das durch eine auffällige Erregtheit, ausgesprochene Aggressivität oft mit Eigen- und auch Fremdgefährdung charakterisiert ist. Dieser Raptus steht hier nicht in direktem Zusammenhang mit einem epileptischen Anfall sondern kann primär durch die durch die Epilepsie bedingte Wesensveränderung mit Verlust der Impulskontrolle erklärt werden. Bei einem epileptischen Grand Mal-Anfall können andere unterschiedliche Symptome auftreten, zumeist kommt es zu tonisch-klonischen Krämpfen mit unwillkürlichem Harn- und Stuhlabgang, Zungenbiss und postiktalem Tiefschlaf. Andere Epilepsieformen können sich mit unwillkürlichen Muskelzuckungen oder auch nur einfachen Absencen manifestieren. Mehrere Stunden nach den gegenständlichen Vorfällen wurde im LSF Gr eine Blutalkoholkonzentration von 1,8 Promille gemessen. Alkohol hat insofern eine Auswirkung auf eine bestehende Epilepsie als die Krampfschwelle herabgesetzt wird und mit einer erhöhten Anfallsfrequenz und somit Verschlechterung des Leidens bei Alkoholkonsum zu rechnen ist. Obwohl bei der bestehenden antiepileptischen Medikation in Kombination mit Alkohol eher eine Verstärkung der dämpfenden Wirkung der Medikamente erwartet werden kann, muss hier der Raptus primär auf die antriebssteigernde Wirkung des Alkohols bei der bestehenden kombinierten Persönlichkeitsstörung bei hirnorganischem Psychosyndrom mit emotionaler Instabilität und mangelnder Impulskontrolle zurückgeführt werden. Wie bereits oben angeführt ist hier mit einer Selbstgefährdung und oft auch Fremdgefährdung zu rechnen. Dass dies im gegenständlichen Fall auch gegeben war, ist dadurch belegt, dass sich der Beschwerdeführer mit dem bewussten Schlagen des Kopfes gegen die Wand bzw. eine Glastür selbst Verletzungen zugefügt hat. Auch die Bedrohung von unbeteiligten Personen wie im KH Fe und die erhebliche Verwüstung der eigenen Wohnung untermauern das erhebliche aggressive Potential des Beschwerdeführers und müssen ärztlicherseits ebenso wie geäußerte Suicidgedanken als absolute Indikation für eine Einweisung nach § 8 UBG angesehen werden. Dass dies auch aus psychiatrischer Sicht notwendig war, wird insofern dokumentiert als Herr St im Anschluss an die Vorfälle 4 Tage im geschützten Bereich des LSF untergebracht werden musste.
Die Einweisung ins LSF nach § 8 UBG wurde von Herrn Dr. K in seiner Ordination ausgesprochen. Schon während des Transportes zum Distriktsarzt wurde der Beschwerdeführer wiederum unruhiger und war nach übereinstimmenden Aussagen aller Beteiligten dem Distriktsarzt gegenüber äußerst ablehnend. Er wird als renitent und äußerst aggressiv beschrieben, hatte versucht aus dem Sitz aufzustehen. Seine Muskeln bzw. sein gesamter Körper werden als gespannt beschrieben und er hätte auch Schaum vor dem Mund gehabt. Auch wenn diese Symptome auf einen epileptischen Anfall hindeuten können, kann von medizinischer Seite ein solcher zu diesem Zeitpunkt nicht angenommen werden, da er nach dem Eintreten der akuten Schmerzsymptomatik schlagartig ruhiger wurde und er eher koordinierte zielgerichtete Bewegungen gemacht hat. Aufgrund der Tatsache der potentiellen Selbst- und Fremdgefährdung bei übermäßiger Gereiztheit, Hyperaktivität und alkoholbedingter Affektexpansion ist ein psychiatrischer Patient im allgemeinen so zu schützen, dass er weder sich noch anderen erheblichen Schaden zufügen kann, d.h. eine Fixierung oder Ruhigstellung ist im Interesse des Patienten im außerstationären Bereich bis zur Verbringung an eine geeignete Organisationseinheit ärztlicherseits dann notwendig, wenn durch beruhigendes Einwirken auf den Patienten keine Entspannung erzielt werden kann. Neben medikamentösen Interventionen, die in Österreich nur von einem Arzt durchgeführt werden dürfen, ist es dem Rettungspersonal bzw. den Exekutivbeamten nur möglich, einen solchen Patienten mechanisch in seiner Bewegungsfreiheit einzuschränken. Dies kann entweder durch manuelles Fixieren oder auch aufgrund der leichten Handhabung und normalerweise geringen physischen Beeinträchtigung des Patienten sowie der hohen Effektivität mit Handfesseln durch die Exekutivbeamten erfolgen.
Beim Versuch der Fixierung des Beschwerdeführers mit Handfesseln trat eine Schmerzsymptomatik im Bereich des linken Oberarmes auf. Die Fixierung ging nach den Zeugenaussagen so vonstatten, dass der rechte Arm von einem Exekutivbeamten beim sitzenden Patienten gerade nach unten geführt wurde. Hier wurden Handfesseln angelegt, während ein zweiter Exekutivbeamter den Patienten an der rechten Schulter fixierte. Ein dritter Beamter versuchte den linken Arm hinter den Rücken des Patienten zu führen und dabei kam es zum Auftreten der Schmerzsymptomatik im Bereich des distalen Oberarmes, woraufhin der Beschwerdeführer schlagartig sein aggressives Verhalten einstellte. Anhand der vorliegenden medizinischen Befunde bestanden beim Beschwerdeführer ein Bruch des Oberarmknochens oberhalb und durch die Condylen sowie ein Abbruch des ellenwärts gerichteten Epicondylus und ein schalenförmiger Abbruch am Ellenbogenhaken. In der am UKH Gr durchgeführten Computertomographie zeigt sich eine Verschiebung des proximalen Schaftes handflächen- und speichenwärts. Brüche im distalen Bereich des Oberarmes kommen häufiger bei Kindern vor, bei Erwachsenen machen sie nur einen geringen Prozentsatz aller Knochenverletzungen aus, weshalb sich der überwiegende Anteil der Literatur oft nur auf das kindliche Verletzungsmuster bezieht. Die häufigsten Ursachen eines distalen Oberarmbruches können einerseits eine Krafteinwirkung auf den abgewinkelten oder ausgestreckten Ellenbogen oder ein Sturz auf die nach dorsal gekippte Hand sein. Im gegenständlichen Fall kann aus dem Verletzungsmuster, d.h. nach volar und radial verschobenem Oberarmschaft, entweder ein Sturz auf die dorsalflektierte Hand bei gestrecktem Ellenbogen, eine Hebelung des Oberarmes über ein Hypomochlion, d. h. über einen Angelpunkt mit ebenfalls ausgestrecktem Ellenbogen oder aber ein ruckartiges nach innen Führen des Unterarmes bei fixiertem Oberarm (wie bei der Armwinkelsperre) geschlossen werden. Aus den heutigen Schilderungen des GI R, wonach er den Unterarm mit beiden Händen fixierte und sich der Beschwerdeführer losgerissen hat, also eine reine Zugbelastung erfolgte, kann das Verletzungsmuster nicht abgeleitet werden. Folgt man den Zeugenaussagen ist der Beschwerdeführer beim Anlegen der Handfesseln auf einem relativ massiven Transportsessel des Roten Kreuzes gesessen, war mittels 4-Punkt-Gurt gesichert und es wurde versucht, den linken Arm auf den Rücken zu führen. Nach dem Verletzungsmuster, d. h. Bruch im Bereich der Condylen und supracondylär mit Dislokation ist es sehr wahrscheinlich, dass der Arm hier in weitgehender Neutralstellung nach hinten geführt wurde, der Oberarm fixiert und der Unterarm gebeugt nach innen gehebelt wurde. Dadurch wäre auch eine Verschiebung des distalen Fragmentes nach dorsal, bzw. des proximalen Fragmentes nach handflächenwärts und speichenwärts zu erklären. Der Oberarmknochen ist aber ein relativ massiv gebauter Knochen und es muss bei einem jungen, knochengesunden Menschen eine erhebliche Kraft einwirken, damit es zu einem Bruch kommen kann. In einer PubMed Recherche findet sich kaum Literatur über distale Oberarmfrakturen bei knochengesunden Erwachsenen. In einer Arbeit von Duma et al. (Proc. IRCOBI Conference 1998) zur dynamischen Biegebelastung des Oberarmschaftes wurde, allerdings bei Frauen, gezeigt, dass Brüche des Oberarmschaftes bei Belastungen von durchschnittlich 154 Nm auftraten. Für Männer, die naturgemäß eine höhere Knochenmasse haben, müssen noch höherer Kräfte angenommen werden. Selbst wenn beim Beschwerdeführer der Schaft im distalen Bereich gebrochen ist und der Knochen hier deutlich dünner gebaut ist, müsste rein theoretisch auch hier eine erhebliche Kraft auf den Knochen eingewirkt haben um diesen zum Bersten zu bringen. Im gegenständlichen Fall muss dieser Umstand jedoch differenzierter betrachtet werden. Beim Beschwerdeführer ist eine langjährige Epilepsie bekannt und wird diese auch mit potenten Medikamenten therapiert. Bei langjähriger Verabreichung von bestimmten antiepileptischen Medikamenten kann es zu einer Abnahme der Knochendichte unter dem Bild der Osteoporose bis hin zu pathologischen Frakturen kommen. Epileptiker haben im Vergleich zu gesunden Personen ein bis zu sechsfach erhöhtes Frakturrisiko und je nach verabreichtem antiepileptischem Präparat kann das Frakturrisiko auf bis zu 80 Prozent erhöht sein. Rezente Studiendaten zeigen, dass die Knochenmineraldichte schon bei jungen Patienten in mehr als 50 Prozent bereits osteopenisch ist. Durch die Epilepsie selbst kommt es zu einer erhöhten Sturzgefahr durch das plötzliche Auftreten der Anfälle, wodurch aus diesem Grund schon oft Vorschäden und Schwachstellen an Knochen vorhanden sind und die Frakturrate so zusätzlich erhöht wird. Der Beschwerdeführer nimmt als antiepileptische Medikation zum Zeitpunkt des Vorfalles Topamax (Topiramat) und Trileptal (Oxcarbazepin) ein. Aufgrund der langjährigen Krankheitsgeschichte mit teilweiser Therapieresistenz muss davon ausgegangen werden, dass auch andere Antiepileptika über einen längeren Zeitraum zugeführt wurden. Für Oxcarbazepin ist bekannt, dass Veränderungen des Knochenmetabolismus entstehen können, da es durch Enzymbeeinflussung zu einer verminderten Calciumresorption führen kann (Meier, Kränzlin: Epileptologie 2011). Auch bei chronisch erhöhtem Alkoholkonsum kann es zu Beeinträchtigungen des Calciumhaushaltes kommen und zwar insofern, als Calcium nicht ausreichend aufgenommen und vermehrt über die Nieren ausgeschieden wird sowie über den Vitamin D-Stoffwechsel die Aktivität der knochenbildenden Zellen durch Alkohol herabgesetzt wird, was sich negativ auf die Stabilität der Knochensubstanz auswirkt.
Im Zuge des Raptus in der Wohnung kam der Beschwerdeführer wie von seinem Bruder beschrieben zu Sturz und war benommen. Zusätzlich brach er vor der Wohnungstür zusammen, jammerte und stöhnte vor Schmerzen. RI Stb wollte St beim Aufstehen vor der Wohnung behilflich sein und versucht diesen am linken Arm hochzuziehen. Schon zu diesem Zeitpunkt, d.h. vor dem versuchten Anlegen der Handfesseln, klagte der Beschwerdeführer über Schmerzen im linken Arm, sodass ein Aufziehen am linken Arm nicht möglich war. Aus medizinischer Sicht ist es durchaus denkmöglich, dass sich der Beschwerdeführer im Rahmen seines affektiven Ausnahmezustandes bei einem der Stürze im Bereich des linken distalen Oberarmes bereits eine Verletzung (z.B. Haarrisse im Knochen, knöcherne Absprengung) zugezogen hat und auch aufgrund der mit über 2 Promille hochgradigen Alkoholisierung eine eventuelle leichtere Schmerzsymptomatik nicht entsprechend adäquat wahrgenommen hat.
Durch das Anlegen von Handfesseln am Rücken kann ein tobender Patient sicher effektiver in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden als bei einem Anlegen der Handfesseln vor dem Körper. Im gegenständlichen Fall saß aber der Patient in einem Transportsessel des Roten Kreuzes und war mittels 4-Punkt-Gurt locker gesichert. Versucht man nun die Hände hinter dem Rücken zu fixieren, wird dies dadurch kompliziert, dass die Arme zwischen die Lehne des Sessels und den am Stuhl fixierten Patienten geführt werden müssen. Es muss hierbei durch das nach medial Verlagern des gebeugten Armes mit Sicherheit eine erhebliche Kraft bei einem sich wehrenden Probanden angewendet werden, da ein schonenderes Zurückführen der Arme auf den Rücken durch die Lehne des Sessels und die mittels 4-Punkt-Gurt erfolgte Fixation des Patienten am Sessel verhindert wird. Ein Fixieren der Arme hinter der Lehne wäre aufgrund der Beschaffenheit derselben auch mit einem hohen Verletzungsrisiko verbunden. So gesehen bestand hier realistisch nur die Möglichkeit die Hände des sitzenden Patienten vor dem Körper mit den Handschellen zu fixieren, wofür ein nach hinten Führen des Armes und die Durchführung einer Armwinkelsperre nicht notwendig ist. Obwohl aufgrund der Tatsache, dass wegen der langjährig bestehenden, medikamentös therapierten Epilepsie eine erhöhte Frakturneigung nicht ausgeschlossen werden kann und auch aus den Zeugenaussagen mit der Beschreibung von Stürzen und vorbestehenden Schmerzen insbesondere im Bereich des linken Armes durchaus Vorschäden im Ellenbogen/Oberarm-Bereich bestanden haben können, ist davon auszugehen, dass die volle Ausprägung der Verletzung im Bereich des linken Oberarmes im Zuge des versuchten Anlegens der Handfesseln durch situationsbedingt hohe Krafteinwirkung entstanden ist. Das vorliegende Verletzungsmuster kann, wie bereits oben ausgeführt, durch ein ruckartiges nach innen Führen des Unterarmes bei fixiertem Oberarm (wie bei der Armwinkelsperre) hervorgerufen werden.
Zusammenfassend kann medizinischerseits unter Bezug auf das oben Angeführte und nach Analyse des Sachverhaltes respektive der vorliegenden medizinischen Unterlagen davon ausgegangen werden, dass bei einem alkoholinduzierten Raptus mit Hyperaktivität und Affektexpansion im Sinne von ausgesprochener Aggressivität mit möglicher Selbst- und Fremdgefährdung insbesondere bei entsprechend krankheitsbedingt veränderter Primärpersönlichkeit zum Wohle des Patienten eine Unterbringung in einer geeigneten Einrichtung indiziert ist. Kann trotz entsprechend beruhigenden Einwirkens auf den Patienten keine Deeskalation der Situation erreicht werden, ist es ärztlicherseits notwendig den Patienten in seiner Bewegungsfreiheit soweit einzuschränken, dass das Risiko einer Gefährdung für ihn und seine Umgebung minimiert wird. Der Versuch des Anlegens der Handfesseln war sicher kausal für die volle Ausprägung des Verletzungsmusters im Oberarm/Ellbogen-Bereich des Beschwerdeführers und es wurde hierbei situationsbedingt mit Sicherheit eine erhebliche Kraft aufgewendet. Aufgrund der bestehenden Epilepsie und deren medikamentöser Therapie können hier eine erhöhte Frakturneigung oder traumatische Vorereignisse allerdings nicht ausgeschlossen werden. Für das Anlegen der Handfesseln hinter dem Rücken lagen im gegenständlichen Fall bei einem im Rettungssitz angegurteten, sich widersetzenden Patienten ungünstige Voraussetzungen mit erhöhtem Verletzungsrisiko vor, da die Arme aufgrund der Behinderung durch die breite Sessellehne mit entsprechendem Druck in gebeugter und rotierter Stellung nach innen geführt werden müssen. War nun tatsächlich geplant die Hände des Beschwerdeführers vor dem Körper zu schließen, ist dafür die Durchführung einer sogenannten Armwinkelsperre nicht erforderlich. Das Verletzungsmuster ist mit den heutigen Schilderungen des GI R, d.h. einer reine Zugbelastung des Ellenbogengelenkes nicht in Einklang zu bringen.
So gesehen lag Beim BF eine ernsthafte psychische Erkrankung vor und die Einweisung nach § 8 UBG war gerechtfertigt. Eine ambulante Behandlung war zu diesem Zeitpunkt eher nicht anzuraten.
Die Verletzungen können durch die Anwendung einer Armwinkelsperre hervorgerufen werden. Es war ärztlicherseits notwendig den Beschwerdeführer in der Ordination in seinem Bewegungsumfang einzuschränken, dies kann durch festhalten oder einfacher auch zusätzlich durch Handfesseln erfolgen.
Jedenfalls kann der Beschwerdeführer in einem Raptus erhebliche Kräfte mobilisieren. 4 Exekutivbeamten können den Patienten sicherlich im Sessel festhalten, der weitere Transport kann so jedoch nicht gefahrlos gewährleistet werden, so war es notwendig des Patienten anderweitig zu fixieren. Der Patient war im Sessel angegurtet, es ist aber möglich mit dem Sessel aufzustehen und dabei zu stürzen. Es besteht somit bei einem randalierenden Patienten im Rettungssessel beim Transport ein erhebliches Selbstgefährdungspotential.
Auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens, insbesondere der mündlichen Verhandlung und dem medizinischen Gutachten, erstellt von Dr. Georg Schlagbauer, dem beigezogenen medizinischen Sachverständigen, wird nachfolgender, entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt:
Am 25.08.2011 wurde der Bruder des Beschwerdeführers, Herr P Stm, von Nachbarn davon verständigt, dass es seinem Bruder nicht gut gehe. Als er am Nachmittag des 25.08.2011 die Wohnung seines Bruders betrat, beobachtete er, wie dieser kopfüber von der Couch auf den Boden fiel, sich daraufhin aggressiv verhielt, als er mit dem Kopf gegen die Glastür bzw. einen Steintisch stieß, Gegenstände herum warf, die Innentüren der Wohnung aushängte und diese auf den Boden warf. P Stm versuchte den Beschwerdeführer, welcher schwer alkoholisiert war, zu beruhigen, was ihm aber nicht gelang, weshalb er auf Grund des zunehmend aggressiven Verhaltens des Beschwerdeführers die Rettung verständigte. Von der Bezirksleitstelle der Polizeiinspektion Fe wurden daraufhin am 25.08.2011 gegen 17.35 Uhr zwei Polizeistreifen zur Wohnung des Beschwerdeführers beordert, um Erhebungen nach einer Anzeige nach dem Sicherheitspolizeigesetz und dem Unterbringungsgesetz vorzunehmen. Der Beschwerdeführer präsentierte sich gegenüber den Beamten zuerst aufgebracht und aggressiv, dann weinerlich und erklärte, dass sein Leben keinen Sinn mehr hätte. Als KI Stb und RI Ha versuchten, dem Beschwerdeführer, welcher vor seiner Haustür im Freien auf dem Boden kauerte, aufzuhelfen, jammerte dieser, dass ihm seine Schulter weh tue. Auf Grund des selbst- und fremdgefährdenden Verhaltens des Beschwerdeführers beschlossen die Beamten der PI Fe, den Beschwerdeführer im Sinne des UbG und des SPG dem Distriktsarzt Dr. K vorzuführen. Der Beschwerdeführer wurde sitzend in einem Rettungssessel mit einem Rot-Kreuz-Wagen der Rot-Kreuz-Dienststelle Fe in Begleitung des Polizeibeamten RI J Ha in die Ordination Dr. K verbracht. Im Tragesessel war er mit einem Vierpunktgurt, welcher vorne im Bauchbereich zu schließen war, lose angegurtet, sodass er seine Hände frei und auch den Oberkörper etwa 20 cm nach vorne bewegen konnte. Der Beschwerdeführer wurde durch die Garderobe und den schmalen Gang zum Anmeldebereich bzw. Raum in der Ordination von Dr. K gebracht. Der Tragesessel, in welchem er angegurtet saß, wurde vor dem dort befindlichen Pult abgestellt. Rechts vom Beschwerdeführer stand RI Ha, links von ihm GI R. Der Sanitäter Jo S stand hinter dem Beschwerdeführer, er sicherte den Sessel, indem er die Bremse des Sessels betätigte. Im Zuge der Untersuchung durch den Distriktsarzt, der in weiterer Folge eine Bescheinigung nach § 8 UbG ausstellte, wurde der Beschwerdeführer immer aggressiver, er schlug mit der flachen linken Hand auf das Pult in der Ordination Dr. K, versuchte sich mit beiden Beinen gegen das Pult und gleichzeitig aus dem Tragesessel zu stemmen bzw. sich aus dem Rettungssessel loszureißen und hatte dabei die Fäuste geballt. RI Ha versuchte beruhigend auf den Beschwerdeführer einzuwirken und bat ihn mehrmals, sein aggressives Verhalten einzustellen und drohte ihm letztendlich an, dass für den Fall, dass er dies nicht tun würde, ihm Handfesseln angelegt würden. Da sich das Verhalten des Beschwerdeführers aber nicht änderte, bat RI Ha Dr. K den Notruf zu betätigen und weitere Unterstützung anzufordern. RI Ha und GI R fixierten den Beschwerdeführer, indem sie ihn festhielten, wobei RI Ha mit der linken Hand den Beschwerdeführer an der Schulter oder am Oberarm und mit der rechten Hand am Handgelenk festhielt, als der Beschwerdeführer seine Fäuste nach vorne brachte. Da die Beamten wussten, dass der Beschwerdeführer kurz zuvor mit dem Kopf gegen eine Wand gelaufen war, befürchteten sie, dass er sich losreißen und sich selbst und andere gefährden könnte. Als RI Ha auf der rechten Hand des Beschwerdeführers die Handfessel anlegen wollte, kam die angeforderte Unterstützung in den Personen von RI Lu und KI Stb. KI Stb stellte sich hinter RI Ha und drückte den Beschwerdeführer an der rechten Schulter in den Sessel, damit sich dieser nicht durch ein Stemmen mit den Beinen der Fixierung entziehen konnte. Die Beamten beabsichtigten, den Beschwerdeführer vorne zu schließen. Dazu fixierte RI Ha den rechten Arm des Beschwerdeführers, indem er ihn gerade ausgestreckt längs der Lehne des Tragesitzes festhielt. Gleichzeitig fixierte RI R den linken Arm des Beschwerdeführers an dessen Rücken, indem er unter erheblicher Krafteinwirkung den Arm des Beschwerdeführers zwischen die Lehne des Sessels und den am Stuhl fixierten Beschwerdeführer führte (Armwinkelsperre). Der Beschwerdeführer erlitt dadurch einen Bruch des linken Oberarmknochens oberhalb und durch die Condylen sowie einen Abbruch des ellenwärts gerichteten Epicondylus und einen schalenförmigen Abbruch am Ellenbogenhaken mit einer Verschiebung des proximalen Schaftes handflächen- und speichenwärts. Es kam zum Auftreten der Schmerzsymptomatik im Bereich des distalen Oberarmes, woraufhin der Beschwerdeführer schlagartig sein aggressives Verhalten einstellte. Die Handfesselsperre war kausal für die volle Ausprägung des vom Beschwerdeführer erlittenen Verletzungsmusters im Oberarm/Ellbogen-Bereich, wobei für das Anlegen von Handfesseln hinter dem Rücken des im Rettungssitz angegurteten, sich widersetzenden Beschwerdeführers ungünstige Voraussetzungen mit erhöhtem Verletzungsrisiko vorlagen, da die Arme auf Grund der Behinderung durch die breite Sessellehne mit entsprechendem Druck in gebeugter und rotierter Stellung nach hinten geführt werden mussten. Für die von den Beamten beabsichtigte Schließung der Hände des Beschwerdeführers vor dessen Körper war die Durchführung der sogenannten Armwinkelsperre nicht erforderlich.
Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die im Wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Zeugen, dem vorliegenden Akt sowie dem medizinischen Gutachten.
Die Feststellung, wonach GI R den im Transportsessel des Roten Kreuzes sitzenden, mittels Vierpunktgurt locker gesicherten Beschwerdeführer insofern zu fixieren versuchte, als er unter Anwendung erheblicher Kraft dessen linken Unterarm ruckartig nach innen führte, dies bei fixiertem Oberarm (Armwinkelsperre), und dies causal für die volle Ausprägung des Verletzungsmusters im Oberarm/Ellbogen-Bereich des Beschwerdeführers war, konnte auf Grund der übereinstimmenden Angaben der Zeugen RI Mt Lu und KI H Stb in Zusammenschau mit den diesbezüglichen nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des medizinischen Sachverständigen getroffen werden. Auch wenn GI Fr R anlässlich seiner Einvernahme vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark am 16.07.2012 angab, dass er in der Ordination Dr. K mit beiden Händen die linke Hand und den linken Unterarm des Beschwerdeführers geradeaus gestreckt festgehalten und der Beschwerdeführer seinen Arm bzw. seinen Ellbogen plötzlich nach oben gerissen habe und es durch dieses Losreißen zu dessen Verletzung gekommen sei, so ist diese Aussage des Beamten mit den Ergebnissen des Beweisverfahrens nicht in Einklang zu bringen. So hat die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift vom 07.11.2011 (Seite 2, 2. Absatz) selbst ausgeführt, dass GI R im Zuge der Amtshandlung den linken Arm des Beschwerdeführers am Rücken fixiert hatte. Die Zeugen RI Lu und KI Stb gaben schon anlässlich deren Einvernahmen vor der PI Fe am 25.08.2011 unabhängig voneinander an, wahrgenommen zu haben, dass GI R die linke Hand des Beschwerdeführers hinter dessen Rücken fixiert gehabt habe und wiederholten beide Zeugen anlässlich deren Einvernahmen vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark am 18.04.2012 bzw. 22.05.2012, dass GI R beim Beschwerdeführer eine Armwinkelsperre anzuwenden versucht bzw. er den linken Arm des Beschwerdeführers nach hinten gedrückt habe. Der medizinische Sachverständige legte schlüssig dar, dass die Schilderungen des Zeugen GI R, wonach er den linken Unterarm des Beschwerdeführers mit beiden Händen fixiert hatte, als sich dieser losriss und die Verletzungen auf Grund der dadurch entstandenen Zugbelastung erfolgten, aus dem festgestellten Verletzungsmuster nicht abgeleitet werden können, vielmehr sei aus medizinischer Sicht die von den Zeugen Lu und Stb geschilderte Version nachvollziehbar, wonach der Zeuge GI R den linken Arm des Beschwerdeführers in weitgehender Neutralstellung nach hinten führte, der Oberarm fixiert und der Unterarm gebeugt nach innen gehebelt wurde und damit die erfolgte Verschiebung des distalen Fragmentes nach dorsal bzw. des proximalen Fragments nach handflächen- und speichenwärts zu erklären sei.
Die Feststellung, wonach GI R dabei erhebliche Kraft anwandte, konnte auf Grund der Ausführungen des medizinischen Sachverständigen getroffen werden, der erklärte, dass es sich beim Oberarmknochen um einen relativ massiv gebauten Knochen handelt und es bei einem jungen knochengesunden Menschen eine erhebliche Kraft erfordert, damit es zu einem Bruch desselben kommen kann. Selbst unter Berücksichtigung der langjährigen Epilepsie des Beschwerdeführers und der Umstände, dass es bei langjähriger Verabreichung von bestimmten antiepileptischen Medikamenten zu einer Abnahme der Knochendichte unter dem Bild der Osteoporose bis hin zu pathologischen Frakturen kommen kann und, dass durch die geschilderten Stürze des Beschwerdeführers in seiner Wohnung vor Überstellung zum Distriktsarzt Vorschäden im Ellenbogen/Oberarm-Bereich bestanden haben könnten, ist nach den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen die volle Ausprägung der Verletzung im Bereich des linken Oberarmes durch situationsbedingt hohe Krafteinwirkung entstanden und das vorliegende Verletzungsmuster nur durch ein ruckartiges Nach-Innen-Führen des Unterarms bei fixiertem Oberarm hervorgerufen worden.
Jene Feststellungen, wonach bei dem im Rettungssessel sitzenden, mittels Vierpunktgurt gesicherten Beschwerdeführer zum Schließen der Handfesseln vorne ein Nach-Hinten-Führen des Armes und die Durchführung einer Armwinkelsperre nicht erforderlich ist, konnten auf Grund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des medizinischen Sachverständigen getroffen werden und decken sich diese Schlussfolgerungen des Sachverständigen mit den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben der Zeugen RI Ha, RI Lu und KI Stb, wonach in der gegenständlichen Situation immer beabsichtigt war, den Beschwerdeführer vor dem Körper zu schließen.
III) Rechtliche Erwägungen
1) Rechtzeitigkeit, Zuständigkeit und Zulässigkeit:
Gemäß § 67a Z 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern durch Einzelmitglied.
Die Beschwerde langte beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark am 24.03.2012 ein, wodurch die sechswöchige Beschwerdefrist gemäß § 67c Abs 1 AVG gewahrt wurde. Auch ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark gegeben, da die behauptete Maßnahme im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark durchgeführt wurde.
Gemäß § 88 Abs 1 SPG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein (Art. 129a Abs 1 Z 2 B-VG). Gemäß Abs 4 leg cit entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat über Beschwerden gemäß Abs 1 oder 2 durch eines seiner Mitglieder. Im Übrigen gelten die §§ 67c bis 67g und 79a AVG.
Die Einlieferung einer Person in eine geschlossene Abteilung einer Krankenanstalt für Geisteskranke, ihre Aufnahme in die Anstalt und ihre zwangsweise Anhaltung, stellen Akte der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar (Hauer/Kepplinger, Sicherheitspolizeigesetz-Kommentar, S. 469 ff, Linde Verlag, Wien 2011, 4. Auflage).
Festzuhalten ist, dass der Unabhängige Verwaltungssenat die Vorführung des Beschwerdeführers durch die Polizeibeamten zum Distriktsarzt und die erfolgte Einweisung des Beschwerdeführers in das LSF durch die ausgestellte § 8-Bescheinigung des Distriktsarztes als eine Amtshandlung sieht. Nach Einschränkung des Beschwerdevorbringens war zu prüfen, ob im Zuge der Vorführung des Beschwerdeführers beim Distriktsarzt durch einen Polizeibeamten übermäßige Körperkraft angewendet wurde bzw. ob die von GI R durchgeführte Armwinkelsperre, durch welche eine Ellbogenfraktur beim Beschwerdeführer verursacht wurde, für ein Schließen vorne ungeeignet war bzw. ob ein Schließen hinten in der gegenständlichen Situation überhaupt angezeigt gewesen wäre und somit beim Beschwerdeführer nicht nur nicht das gelindeste, sondern auch ein falsches Mittel seitens des GI R angewandt wurde.
Die gegenständliche Beschwerde ist zulässig.
2) Rechtliche Beurteilung der Beschwerde:
Gemäß § 46 Abs 1 SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, Menschen, von denen sie aus besonderen Gründen annehmen, dass sie an einer psychischen Krankheit leiden und im Zusammenhang damit ihr Leben oder ihre Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährden, einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt oder einem Polizeiarzt vorzuführen, sofern dies notwendig ist, um eine Untersuchung des Betroffenen durch diesen Arzt zu ermöglichen. Weiters sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, solche Menschen einer Krankenanstalt (Abteilung) für Psychiatrie vorzuführen, sofern der Arzt die Voraussetzungen für eine Unterbringung bescheinigt.
Gemäß § 2 UbG gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für Krankenanstalten und Abteilungen für Psychiatrie (im Folgenden psychiatrische Abteilung), in denen Personen in einem geschlossenen Bereich angehalten oder sonst Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit unterworfen werden (im folgenden Unterbringung).
Gemäß § 3 UbG darf in einer psychiatrischen Abteilung nur untergebracht werden, wer
1.
an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang damit sein Leben oder seine Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet und
2.
nicht in anderer Weise, insbesondere außerhalb einer psychiatrischen Abteilung, ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden kann.
Gemäß § 8 UbG darf eine Person gegen oder ohne ihren Willen nur dann in eine psychiatrische Abteilung gebracht werden, wenn ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender Arzt oder ein Polizeiarzt sie untersucht und bescheinigt, dass die Voraussetzungen der Unterbringung vorliegen. In der Bescheinigung sind im Einzelnen die Gründe anzuführen, aus denen der Arzt die Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachtet.
Gemäß § 9 Abs 1 UbG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes berechtigt und verpflichtet, eine Person, bei der sie aus besonderen Gründen die Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachten, zur Untersuchung zum Arzt (§ 8) zu bringen oder diesen beizuziehen. Bescheinigt der Arzt das Vorliegen der Voraussetzungen der Unterbringung, so haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die betroffene Person in eine psychiatrische Abteilung zu bringen oder dies zu veranlassen. Wird eine solche Bescheinigung nicht ausgestellt, so darf die betroffene Person nicht länger angehalten werden.
Gemäß Abs 2 können bei Gefahr im Verzug die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die betroffene Person auch ohne Untersuchung und Bescheinigung in eine psychiatrische Abteilung bringen. Gemäß Abs 3 haben der Arzt und die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unter möglichster Schonung der betroffenen Person vorzugehen und die notwendigen Vorkehrungen zur Abwehr von Gefahren zu treffen. Sie haben, soweit das möglich ist, mit psychiatrischen Einrichtungen außerhalb einer psychiatrischen Abteilung zusammenzuarbeiten und erforderlichenfalls den örtlichen Rettungsdienst beizuziehen.
Gemäß § 2 Waffengebrauchsgesetz dürfen Organe der Bundespolizei und der Gemeindewachkörper in Ausübung des Dienstes nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes von Dienstwaffen Gebrauch machen:
1.
im Falle gerechter Notwehr;
2.
zur Überwindung eines auf die Vereitlung einer rechtmäßigen Amtshandlung gerichteten Widerstandes;
3.
zur Erzwingung einer rechtmäßigen Festnahme;
4.
zur Verhinderung des Entkommens einer rechtmäßig festgehaltenen Person;
5.
zur Abwehr einer von einer Sache drohenden Gefahr.
Gemäß § 4 Waffengebrauchsgesetz ist der Waffengebrauch nur zulässig, wenn ungefährliche oder weniger gefährliche Maßnahmen, wie insbesondere die Aufforderung zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, die Androhung des Waffengebrauches, die Verfolgung eines Flüchtenden, die Anwendung von Körperkraft oder verfügbare gelindere Mittel, wie insbesondere Handfesseln oder technische Sperren, ungeeignet scheinen oder sich als wirkungslos erwiesen haben.
Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts unterliegt die Anwendung von Körperkraft im Rahmen exekutiver Zwangsbefugnisse derselben grundsätzlichen Einschränkung wie der im Waffengebrauchsgesetz geregelte Waffengebrauch. Demnach muss sie für ihre Rechtmäßigkeit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen und darf nur dann Platz greifen, wenn sie unbedingt notwendig ist, um Menschen angriffs-, widerstands- oder fluchtunfähig zu machen und maßhaltend vor sich geht. Es darf jeweils nur das gelindeste, zum Erfolg führende Mittel angewendet werden (VwGH 21.12.2000, 96/01/0351 und 96/09/1032).
Die im Beschwerdefall zu beurteilenden Maßnahmen dienten zunächst dem Ziel, den Beschwerdeführer zur Untersuchung zum Distriktsarzt zu bringen (§ 9 Abs 1 UbG), in der Folge, nach Ausstellung der Bescheinigung gemäß § 8 UbG durch den Distriktsarzt, der Verbringung in die Anstalt.
Auch wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, die betroffene Person zur Untersuchung zum Arzt bzw. in der Folge in die Anstalt zu bringen, ist dabei zufolge § 9 Abs 3 UbG der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten: Es ist unter möglichster Schonung der betroffenen Person vorzugehen und es sind die notwendigen Vorkehrungen zur Abwehr von Gefahren zu treffen. Was in diesem Sinne notwendig ist, muss an der jeweiligen Situation gemessen werden (VwGH 27.09.2007, 2004/11/0152).
Nach geltender Rechtsprechung ist die Fesselung mit Handschellen im Rahmen einer Amtshandlung eine Vorgangsweise, die nur dann gerechtfertigt ist, wenn sie unbedingt erforderlich (unabdingbar) ist. Eine Fesselung mit Handschellen ist etwa dann nicht gerechtfertigt, wenn auf Grund der näheren Umstände eine konkrete Gefährdung der körperlichen Sicherheit der einschreitenden Behördenorgane nicht ernstlich zu befürchten ist oder es diesen auf eine maßvollere Weise als durch Anlegen von Handfesseln möglich wäre, dem Widerstand einer Person zu begegnen. Auch zur Hintanhaltung einer möglichen Selbstgefährdung bzw. Selbstbeschädigung ist eine Fesselung nur dann zulässig, wenn sie unbedingt erforderlich im dargestellten Sinn ist (VwGH 26.07.2005, 2004/11/0070).
In Fällen, in welchen das Waffengebrauchsgesetz den Waffengebrauch zulässt, darf das im § 2 Waffengebrauchsgesetz bezeichnete Ziel auch durch Anwendung von Körperkraft und das Anlegen von Handfesseln erfolgen.
Im gegenständlichen Fall wurde der Beschwerdeführer, welcher in der Ordination des Distriktsarztes in einem Tragesessel, gesichert mit einem losen Vierpunktgurt, saß, während der Untersuchung zornig und aggressiv, schlug mit der flachen Hand auf das Pult im Arztzimmer und trat auch dagegen, er ballte die Fäuste und versuchte, sich aus dem Sessel zu stemmen und aufzustehen. Die Beamten versuchten zu Recht, den Beschwerdeführer in seiner Bewegungsfreiheit einzuschränken, um die Gefährdung für ihn und seine Umgebung zu minimieren. Auch wenn der Beschwerdeführer in seinem Raptus erhebliche Kräfte entwickelte, wäre es den anwesenden vier Polizeibeamten in der Ordination Dr. K sicherlich möglich gewesen, den Beschwerdeführer auch unter Anwendung angemessener Gewalt im Sessel festzuhalten, allerdings hätte auf diese Art und Weise der weitere Transport des Beschwerdeführers nicht gefahrlos gewährleistet werden können. Nach den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen war es erforderlich den randalierenden Beschwerdeführer anderweitig zu fixieren, um zu verhindern, dass dieser mit dem Rettungssessel aufsteht bzw. stürzt und dadurch dem bestehenden erheblichen Selbstgefährdungspotential des Beschwerdeführers beim Transport zu begegnen.
Soweit RI Ha, KI Stb und GI R den Beschwerdeführer am Aufstehen aus dem Transportsessel hinderten, indem sie seine rechte Schulter gegen die Lehne des Transportsessels drückten und ihn mit den Händen an der Schulter, am Oberarm und am Handgelenk (bei gerade ausgestrecktem Arm des Beschwerdeführers) festhielten, haben die Polizeibeamten keine übermäßige physische Gewalt gegenüber dem Beschwerdeführer angewandt bzw. entsprach die dabei angewandte Körperkraft jedenfalls dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Auch der Entschluss der Beamten, dass die Fesselung der Hände des Beschwerdeführers vor dessen Körper notwendig war, um dessen Eigengefährdung entgegenzuwirken, ist auf Grund dessen festgestellter selbstschädigender Vorgangsweise und Aggressivität als notwendig und grundsätzlich verhältnismäßig zu werten.
Nach den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen ist bei einem Patienten in einem Transportsessel des Roten Kreuzes, welcher mittels Vierpunktgurt locker gesichert ist, wie dies beim Beschwerdeführer der Fall war, die Fixierung bzw. das Anlegen von Handfesseln am Rücken durch das medial Verlagern des gebeugten Armes nur mit erheblicher Kraftaufwendung möglich und mit einem hohen Verletzungsrisiko verbunden. Im gegenständlichen Fall bestand realistisch nur die Möglichkeit, die Hände des Beschwerdeführers vor dem Körper mit den Handschellen zu fixieren, was nach Angaben sämtlicher zu diesem Beweisthema befragten Zeugen auch beabsichtigt war.
Unabhängig davon, dass das festgestellte Verhalten des Beschwerdeführers keinesfalls geeignet war, um die Notwendigkeit des Anlegens von Handschellen am Rücken zu begründen (VwGH 27.09.2007, 2004/11/0152; VwGH 18.05.2010, 2006/11/0086), da eine Fesselung auf dem Rücken mit einem deutlich höheren Eingriff in die persönliche Handlungs- und Bewegungsfreiheit verbunden ist, und daran ein strengerer Maßstab anzulegen ist als bei der Handfesselung nach vorne zeigend, war aber die von GI R durchgeführte Armwinkelsperre beim linken Arm des Beschwerdeführers für die Fixierung der Handfesseln vor dem Körper des Beschwerdeführers weder notwendig noch geboten. Die von GI R gesetzte Maßnahme der Armwinkelsperre war somit weder unbedingt erforderlich noch unabdingbar, und hätte auch ohne diese Maßnahme das Erreichen des rechtmäßigen Ziels des behördlichen Handelns auf sichere Weise erreicht werden können. Das rechtmäßige Ziel der hier zu beurteilenden Maßnahmen lag ausschließlich darin, den Beschwerdeführer auch allenfalls gegen seinen aufrechten Widerstand zuerst zum Distriktsarzt und dann nach erfolgter Untersuchung und Einweisung im Sinne des § 8 UbG in das bereitstehende Rettungsauto zu bringen und ihn damit in die Anstalt zu führen. Dies erforderte angesichts der konkreten Umstände des vorliegenden Falls aber keineswegs, jeglichen Widerstand des Beschwerdeführers auszuschalten (VwGH 26.07.2005, 2004/11/0070).
Nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Erheblichkeitsschwelle bei Art. 3 EMRK setzt der EGMR in seiner Rechtsprechung tief an (vgl. Urteil des EGMR im Fall Ribitsch gegen Österreich). Jede körperliche Gewalt gegen eine ihrer Freiheit beraubten Person verstößt gegen das Verbot einer erniedrigenden Behandlung, sofern sie nicht wegen des eigenen Verhaltens des Betroffenen unbedingt notwendig ist. Dadurch, dass GI R bei dem im Rettungssessel fixierten, mittels Vierpunktgurt locker gesicherten Beschwerdeführer ein ruckartiges Nach-Innen-Führen des linken Unterarms bei fixiertem Oberarm (Armwinkelsperre) unter Einwirkung erheblicher Kraft durchführte, erlitt dieser einen Bruch des linken Oberarmknochens oberhalb und durch die Condylen sowie einen Abbruch des ellenwärts gerichteten Epicondylus und einen schalenförmigen Abbruch am Ellenbogenhaken. Diese unter erheblicher Krafteinwirkung durchgeführte Handlungsweise war weder notwendig noch erforderlich, um die Hände des Beschwerdeführers vor dessen Körper mit Handschellen zu fixieren bzw. ihn in das bereitstehende Rettungsauto zu bringen und ihn damit in die Anstalt zu führen, weshalb sie einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK darstellt.
Im Sinne der angeführten Bestimmungen ist davon auszugehen, dass die von GI R beim Beschwerdeführer angewandte Armwinkelsperre nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprochen hat, keinesfalls als unabdingbare Vorgangsweise zu beurteilen ist und deshalb auch vor dem Hintergrund des § 9 Abs 3 UbG einen Verstoß gegen die gesetzliche Verpflichtung zu einem Vorgehen unter möglichster Schonung des Beschwerdeführers darstellte. Da die gesetzte Zwangsmaßnahme (körperliche Gewaltanwendung - Armwinkelsperre) im Hinblick auf die zitierte Judikatur des EGMR in diesem Ausmaß nicht notwendig war, wurde der Beschwerdeführer auch in seinem Recht auf Schutz vor erniedrigender Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK verletzt.
IV) Kosten
Als Kosten wurden gemäß § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008, dem Beschwerdeführer ein Betrag von ? 1.689,50 zugesprochen. Der Aufwandersatz setzt sich zusammen aus dem Schriftsatzaufwand in der Höhe von ? 737,60, dem Verhandlungsaufwand in der Höhe von ? 922,00 und dem Stempelgebührenersatz in der Höhe von ? 29,90.
Da der erkennenden Behörde für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhalts kein ärztlicher Amtssachverständiger zur Verfügung stand, war im Sinne des § 52 Abs 2 AVG ein nichtamtlicher Sachverständiger beizuziehen. Die dadurch der erkennenden Behörde erwachsenen Kosten sind Barauslagen gemäß § 76 Abs 1 AVG und waren als solche dem Bund als funktionellem Rechtsträger des die Amtshandlung verursachenden Organs zur Bezahlung aufzutragen.
Die vom gerichtlich beeideten Sachverständigen am Ende der öffentlichen Verhandlung am 16.07.2012 vorgelegte Gebührennote entspricht den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes und wurden die Gebühren mit Bescheid festgesetzt und von der erkennenden Behörde bezahlt.