Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung von Herrn J St, geb. am, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. P S, B, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murtal vom 10.01.2012, GZ.: BHJU-15.1-9745/2010, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 1. Fall VStG eingestellt.
Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnis vom 10.01.2012 war über Herrn J St wegen Übertretung des § 81 Abs 1 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) eine Verwaltungsstrafe von ? 80,00, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen, verhängt worden, da er am 06.10.2010 zwischen 18.45 Uhr und 19.50 Uhr in der Hauptschule O in Ob, St.W, im Rahmen der Klassenforen in offensichtlich alkoholisiertem Zustand dadurch in besonders rücksichtsloser Weise die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört hätte, als er Lehrer aggressiv und ständig wiederholend über einen längeren Zeitraum beschimpft und in verbal ausfälliger Art und Weise beschrieben hätte.
Dieses Straferkenntnis wird im Wesentlichen damit begründet, die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz hätte auf Grundlage einer Anzeige der Polizeiinspektion O die betroffenen Personen als Zeugen einvernommen, diese hätten sich bezüglich der Vorfälle im Klassenraum der 3B-Klasse im zweiten Stock der Hauptschule O übereinstimmend dahingehend geäußert, J St hätte LehrerInnen auf das wüsteste beschimpft, sodass es einer Lehrerin nicht möglich gewesen wäre, das Klassenforum fortzusetzen, alle Beteiligten wären äußerst betroffen gewesen.
Gegen dieses Straferkenntnis hat Herr J St durch seinen bevollmächtigten Vertreter fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht, die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung bestritten und auch darauf hingewiesen, die öffentliche Ordnung könne nur an einem öffentlichen Ort gestört werden, ein Klassenzimmer in einer Hauptschule im Rahmen eines angesetzten Klassenforums könne nicht als solcher bezeichnet werden.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung, die gemäß § 51e Abs 2 Z 1 2. Fall VStG auf Grund der Aktenlage ohne Durchführung einer Verhandlung getroffen werden konnte, von folgenden Erwägungen ausgegangen:
Gemäß der Bestimmung des § 66 Abs 4 AVG, welche gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches, als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.
Gemäß § 51e Abs 2 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben oder der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen, zu welcher die Parteien und eventuell Sachverständige und Zeugen zu laden sind; da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das mit Berufung bekämpfte Straferkenntnis aufzuheben ist, war eine Berufungsverhandlung trotz eines diesbezüglichen Antrages nicht durchzuführen.
Wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu ? 350,-- zu bestrafen. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.
Öffentliche Orte sind solche, die von einem nicht von vornherein bestimmten Personenkreis betreten werden können.
Die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ergibt auf Grundlage dieser gesetzlichen Bestimmungen, dass der Berufungswerber jene Verwaltungsübertretung, die ihm im angefochtenen Straferkenntnis vom 10.01.2012 vorgeworfen ist, nicht begangen haben kann. Wie in der vorliegenden Berufung unter anderem richtig ausgeführt wird, kann ein Klassenzimmer einer Hauptschule, in dem ein Klassenforum, beschränkt auf den Personenkreis der Eltern der Schülerinnen bzw. Schüler dieser Klasse, abgehalten wird, nicht im Sinne der Legaldefinition des § 27 Abs 2 qualifiziert werden. Ein solches Klassenzimmer ist kein Ort, der von einem nicht von vornherein bestimmten Personenkreis betreten werden kann (vgl. VfGH 25.02.1988, B 805/87), weshalb im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden war.