Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Kundegraber über die Berufung des B M Mi, geb. am, vertreten durch W, Ba, We, alle Rechtsanwälte in I, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 15. Juni 2012, GZ: BHLI-15.1-1517/2011, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben und das Straferkenntnis behoben.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, als handelsrechtlicher Geschäftsführer und daher als gemäß § 9 Abs 1 VStG Verantwortlicher der Firma Ma Vertriebsgesellschaft m.b.H. in A, H unterlassen dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen des Vermarktungsnormengesetzes i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 373/2008 eingehalten wurden, da Ihre Firma vom Firmenstandort in G, Wst, am 30. Juni 2010 an die Firma M-P WarenvertriebsGmbH, L, V (Ziehung der Probe am 08.11.2010) das unten angeführte Produkt geliefert hat, obwohl sich bei einer Untersuchung bei der Ag, Österr. Ag f. Ge- u. E GmbH folgendes Gutachten vom 31.01.2011, Auftragsnummer: 10107084-001 ergab:
Das Produkt Sapore D´olivia, Natives Olivenöl Extra (Lieferung von 650 Karton zu je 12 Flaschen, Lieferschein Nr. H-AL1006029) wurde mit einer nicht richtigen Bezeichnung in Verkehr gebracht, da die Partie gemäß Untersuchungszeugnis der Ag - siehe beiliegenden Prüfbericht/Befund lediglich den in Art 1 der Verordnung (EG) Nr. 2568/1991 festgelegten Merkmalen der Kategorie Natives Olivenöl entsprach und habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 21 Abs 2 Vermarktungsnormengesetz BGBl. I Nr. 68/2007 i.V.m. § 7 Abs 2 Z 2 der Verordnung über Vermarktungsvorschriften für Olivenöl BGBl. II Nr. 373/2008 begangen. Hiefür wurde gemäß § 90 Abs 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz 2006 (LMSVG) eine Geldstrafe von ? 250,00 (im Fall der Uneinbringlichkeit 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und als Verfahrenskosten der Behörde erster Instanz der Betrag von ? 25,00, sowie gemäß § 20 Abs 9 VNG i.V.m. § 5 Abs 7 der Verordnung über Vermarktungsvorschriften für Olivenöl BGBl. II Nr. 373/2008 Barauslagen in der Höhe von ? 273,00 vorgeschrieben.
Gemäß § 44a Z 1 bis Z 3 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
Z 1 die als erwiesen angenommene Tat;
Z 2 die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;
Z 3 die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung. Der Spruch des angefochtenen Bescheides entspricht keinesfalls den Erfordernissen des § 44a Z 1, Z 2 und Z 3 VStG.
Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumschreibung so genau zu umschreiben, dass
1.
die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,
2.
die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (Erkenntnis eines verstärkten Senates, VwGH 13.06.1984, Slg NF 11.466/A).
Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, und eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates VwGH 03.10.1985, Slg NF 11.894/A).
Aus dem erstinstanzlichen Akt ergibt sich aufgrund der Anzeige des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 04. März 2011, GZ: IIa-9044(2)/85 und IIa-9044(3)/12 der Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach dem Vermarktungsnormengesetz i.V.m. der Verordnung über Vermarktungsvorschriften für Olivenöl. Die Probeentnahme erfolgte laut Probenbegleitschreiben am 08. November 2010 in der Firma M-P WarenvertriebsGmbH, L, V. Als Lieferant wurde die Ma GmbH, Wst, G genannt, bei der der Berufungswerber handelsrechtlicher Geschäftsführer ist und wurde als Wareneingang der 29. Juni 2010 vorgemerkt. Dies wurde auch von der Firma M-P am 08. November 2010 und von der Prüferin Mr Z bestätigt. Der Lieferschein mit der Nummer H-AL1006029, welcher am 30. Juni 2010 ausgestellt wurde, bestätigt als Lieferdatum 30. Juni 2010. Am Lieferschein befindet sich auch ein Stempel mit nachfolgendem Wortlaut: M-P Zentrale Ware mit Vorbehalt übernommen, 29. Juni 2010, TS-Ost, 28 Paletten getauscht. Somit stellt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark als Tatzeit der 29. Juni 2010 dar und nicht der 30. Juni 2010, an dem der Lieferschein entfertigt wurde. Die Ware wurde laut Firma M-P am 29. Juni 2010 übernommen und sei dies auch gegenüber dem Prüfer der Lebensmittelaufsicht bemerkt worden. Zu der im Spruch somit angeführten Tatzeit war das Produkt bereits in den Verkehr gebracht und ist nicht auszuschließen, dass am 30. Juni 2010 eine andere Lieferung an die Firma M-P WarenvertriebsGmbH erfolgte. Der richtige Tatzeitpunkt ist ein wesentliches Tatbestandsmerkmal und sollte verhindern, dass es zu einer wiederholten Bestrafung bzw. den Berufungswerber in die Lage versetzen gegen den konkreten Tatvorwurf (Tatzeit/Tatort) Stellung zu nehmen.
Gemäß § 29a VStG kann die zuständige Behörde das Strafverfahren oder den Strafvollzug an die sachlich zuständige Behörde übertragen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Hauptwohnsitz oder Aufenthalt hat, wenn hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird. Das Strafverfahren darf nur an eine Behörde im selben Bundesland der Strafvollzug nur an eine Bezirksverwaltungsbehörde oder Bundespolizeidirektion übertragen werden.
Die Anzeige des Amtes der Tiroler Landesregierung erfolgte an die Bezirkshauptmannschaft Mödling, da zum Tatzeitpunkt am 30. Juni 2010 die Firma Ma Vertriebs GmbH, ihren Sitz in der Wst, G hatte (siehe Firmenbuchauszug). Damit war der Tatort, nämlich das Inverkehrbringen des mit der unrichtigen Bezeichnung etikettierten Produktes, im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Mödling. Laut Firmenbuchauszug wurde der Sitz der Firma in weiterer Folge in den Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Liezen verlegt. Die Bezirkshauptmannschaft Mödling trat deshalb das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 27 VStG am 16. März 2011 an die Bezirkshauptmannschaft Liezen ab. Diese Abtretung erfolgte rechtswidrig. Dies deshalb da zum einen aufgrund des Tatortes die örtlich zuständige Behörde im Sinne des § 27 Abs 1 VStG die Bezirkshauptmannschaft Mödling war (bezogen auf den Tatzeitpunkt) und zum anderen eine Abtretung aufgrund der Verlegung des Firmensitzes nur im Sinne des § 29a VStG, aufgrund einer Verfahrensvereinfachung bzw. Beschleunigung in Frage kommt. Hiebei ist jedoch eine Abtretung nur im selben Bundesland im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens möglich, sodass eine Abtretung in ein anderes Bundesland nicht in Frage kommt. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat die Frage der örtlichen Zuständigkeit der Behörde erster Instanz von Amts wegen zu prüfen und eine Unzuständigkeit wahrzunehmen. Es war daher bereits aus dem Grund der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen aufzuheben und wäre das Verfahren in weiterer Folge von der Tatortbehörde einer Erledigung zuzuführen.
Neben den bereits dargelegten Mängeln wäre auch der Spruch im Sinne des § 44a Z 3 VStG richtig zu stellen, indem eine konkrete Zuordnung bezüglich des § 90 Abs 1 Z 1 bis 6 LMSVG durchgeführt wird.
Dem Antrag des Berufungswerbers das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen und jedenfalls die Kosten der Ag f. Ge- u. E GmbH nicht zuzusprechen war insoweit Folge zu geben, als der angefochtene Bescheid zu beheben war.