Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag. Fritz über die Berufungen 1) des Herrn Dr. Stefan We. und 2) der W. GmbH, beide vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 15. Bezirk, vom 22.03.2012, Zl. MBA 15 - S 58494/11, betreffend Übertretung des Tabakgesetzes, nach am 27.08.2012 durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung, entschieden:
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird den Berufungen Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt. Gemäß § 65 VStG wird den Berufungswerbern kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.
Herr Dr. Stefan We. (der Erstberufungswerber; in der Folge kurz: Bw) war zur Tatzeit unbestrittenermaßen (alleiniger) handelsrechtlicher Geschäftsführer der W. GmbH (die Zweitberufungswerberin; in der Folge kurz: GmbH) mit dem Sitz in Wien und gemäß § 9 Abs. 1 VStG als nach außen zur Vertretung berufenes Organ für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften (hier: des Tabakgesetzes) verantwortlich. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 15. Bezirk, vom 22.03.2012 wurde der Bw schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH mit Sitz in Wien, E.-platz zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Betreiberin eines Personenbeförderungsunternehmens (Eisenbahnverkehr) mit obgenanntem Sitz am 14.12.2011 um 07:37 Uhr (Zug xxx05) und am selben Tag um 18:20 Uhr (Zug xxx20) in P., Hauptbahnhof, sowie am 13.01.2012 um 16:34 Uhr auf der Strecke zwischen Wien und P. in einem dort befindlichen Zug der Gesellschaft insofern gegen die Obliegenheiten betreffend den Nichtraucherschutz in Räumen öffentlicher Orte gemäß § 13c des Tabakgesetzes verstoßen habe, als sie nicht dafür Sorge getragen habe, dass in den öffentlichen Räumen des Verkehrsmittels nicht geraucht worden sei, da in den genannten Zügen zwischen Wagen 400 und 500 ein Raucherbereich (Raucherlounge) eingerichtet und geführt worden sei und dadurch Gästen das Rauchen in diesem Abteil ermöglicht und gestattet worden sei und Personen in diesem Abteil auch tatsächlich geraucht haben.
Der Bw habe dadurch § 14 Abs. 4 des Tabakgesetzes, BGBl. Nr. 431/1995 idgF (in der Folge kurz: TabakG) in Verbindung mit § 13c Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 Z. 3 und § 13 Abs. 1 leg.cit. verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Bw gemäß § 14 Abs. 4 erster Strafsatz TabakG eine Geldstrafe von 750,-- Euro (falls diese uneinbringlich sei, eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen und fünf Stunden) verhängt. Gleichzeitig wurden die vom Bw zu ersetzenden Verfahrenskosten mit 75,- Euro bestimmt. Ferner wurde ausgesprochen, dass die GmbH für die mit diesem Bescheid über den Bw verhängte Geldstrafe von 750,-- Euro und die Verfahrenskosten in der Höhe von 75,-- Euro sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand hafte.
Zur Begründung dieses Straferkenntnisses wies die Erstbehörde darauf hin, dass die dem Beschuldigten zur Last gelegte und im Spruch näher angeführte Verwaltungsübertretung der Behörde durch Privatanzeigen zur Kenntnis gelangt sei. Da sich aus dem Firmenbuchauszug ergebe, dass der Bw zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH gewesen sei, sei seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit im gegenständlichen Verfahren zweifelsfrei gegeben und sei auch nicht bestritten worden. In seiner schriftlichen Stellungnahme (zur Aufforderung zur Rechtfertigung) habe der Bw die Einrichtung und den Betrieb eines Raucherbereiches (?Raucherlounge?) in Zügen der GmbH bestätigt, die Begehung der angelasteten Übertretung des TabakG jedoch mit der Begründung bestritten, bezüglich dieser Räumlichkeiten wäre die Ausnahmebestimmung des § 13 Abs. 2 TabakG anzuwenden, wobei seitens des Betreibers die hierfür notwendigen Voraussetzungen in organisatorischer (Beförderungsbedingungen, Tarifbestimmungen, Anzahl der Räumlichkeiten, Kennzeichnung etc.) und technischer Hinsicht (Klimasystem, Rauchabsaugung etc.) geschaffen worden seien.
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des Vorbringens des Beschuldigten sei die Verwaltungsübertretung jedoch in objektiver Hinsicht als erwiesen anzunehmen. Zur angelasteten Tatzeit sei in Zügen der GmbH ein Raucherbereich betrieben und von Fahrgästen benützt worden. Generell bestehe in Räumen öffentlicher Orte, so auch in öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln, ein Rauchverbot. Aus dem Regelungszusammenhang der §§ 13 und 13a TabakG ergebe sich, dass für Räume öffentlicher Orte Rauchverbot gelte und die gastronomiespezifischen Ausnahmeregelungen für Räume öffentlicher Orte gelten, die der Ausübung des Gastgewerbes vorbehalten seien. Im Gegensatz zu allen übrigen Sondernormen des TabakG, welche explizite Ausnahmen vom generellen Rauchverbot für Tabaktrafiken in § 13 Abs. 4 TabakG und die Gastronomie mit TabakG-Novelle 2008 (BGBl. I Nr. 120/2008) in § 13a leg.cit. bzw. im Wege der Bestimmung des § 60 Abs. 26 GlücksspielG (BGBl. I Nr. 73/2010) für Casinos enthalten, sei in öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln die Einrichtung (bzw. Ermöglichung) eines Raucherraumes nicht vorgesehen. Nach Wiedergabe des § 13c TabakG wies die Erstbehörde darauf hin, dass auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit zweifelsfrei erwiesen seien. Im Übrigen legte die Erstbehörde ihre Strafzumessungsgründe im Einzelnen dar. Gegen dieses Straferkenntnis erhoben der Bw und die GmbH (in einem gemeinsamen Schriftsatz) Berufung. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, die Erstbehörde irre rechtlich, wenn sie ? im Ergebnis ? grundsätzlich die Einrichtung von Raucherbereichen in den Zügen der GmbH für unzulässig halte. Sie verkenne, dass unter Einhaltung der Ausnahmebestimmung des § 13 Abs. 2 TabakG die Einrichtung von Raucherbereichen an öffentlichen Orten ? somit auch in den Zügen der GmbH ? zulässig sei. Die Erstbehörde ignoriere in ihrem Straferkenntnis schlichtweg die Bestimmung des § 13 Abs. 2 TabakG und stehe (rechtsirrig) auf dem Standpunkt, dass lediglich explizit aufgezählte Ausnahmen (Gastgewerbe, Tabaktrafiken, Casinos) vom generellen Rauchverbot bestünden und die Errichtung von Raucherbereichen nur dort zulässig sei und daher ?in öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln die Einrichtung (bzw. Ermöglichung) eines Raucherraumes nicht vorgesehen? sei. Richtig sei zunächst, dass § 13 Abs. 1 TabakG ein Rauchverbot in Räumen öffentlicher Orte festlege. Durch § 13 TabakG würden als öffentliche Räume auch alle Räume von Einrichtungen des öffentlichen und privaten Bus-, Schienen-, Flug- und Schiffsverkehrs erfasst, was ausdrücklich in der RV zu BGBl. I 167/2004 festgehalten werde. Somit seien die Züge der GmbH ?öffentliche Orte? iSd § 13 TabakG. Das Tabakgesetz erlaube an öffentlichen Orten iSd § 13 Abs. 1 TabakG Ausnahmen des Verbots durch Einrichtung eigener Raucherbereiche. Voraussetzung hierfür seien gemäß § 13 Abs. 2 TabakG eine ausreichende Anzahl von Räumlichkeiten, ausgewiesene Raucherräume und kein Eindringen von Rauch in die mit Rauchverbot belegten Räume (alle diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt). In der Folge normiere § 13 Abs. 3 TabakG, dass in bestimmten öffentlichen Orten trotz der zitierten Ausnahmebestimmung die Errichtung von Raucherbereichen nicht zulässig sein solle. Durch die ?Ausnahme von der Ausnahme? in § 13 Abs. 3 TabakG werde systematisch klar, dass die Ausnahme nach Abs. 2 für alle ? nicht in Abs. 3 genannten ? öffentlichen Orte zu gelten habe. Die Behörde erster Instanz irre daher rechtlich, wenn sie annehme, dass nur explizit erwähnte gesetzliche Ausnahmen die Einrichtung von Raucherbereichen ermöglichen würden und sie dies unter anderem damit begründe, dass dies aus der Sondernorm des § 13a TabakG für den Nichtraucherschutz in Räumen der Gastronomie rückzuschließen sei. Es ergebe sich aus § 13a TabakG, dass der Gesetzgeber in Gastronomiebetrieben bei der Einrichtung von Raucherbereichen andere Vorbedingungen stellen habe wollen, als an sonstigen ?öffentlichen Orten? iSd § 13 TabakG (dies verdeutliche auch die historische Entwicklung der Bestimmung des § 13a TabakG).
Es sei durch den eigenständigen Ausnahmetatbestand des § 13 Abs. 2 TabakG die Errichtung von Raucherbereichen an öffentlichen Orten gesetzlich ermöglicht, sofern die den Nichtraucherschutz gewährleistenden Bedingungen dieser Bestimmung eingehalten würden. Auch aus dem klaren Wortlaut der RV zu BGBl. 431/1995 (die § 13 TabakG eingeführt habe) gehe die Zielsetzung des Gesetzgebers hervor, auch an öffentlichen Orten ? wie dies auch Züge der GmbH seien ? die Einrichtung von Raucherbereichen zu ermöglichen, sofern der Nichtraucherschutz gewährleistet bleibe. In der Berufung wurde dann näher ausgeführt, dass die GmbH sämtliche Voraussetzungen für die Einrichtung der Raucherbereiche (?Raucherlounges?) iSd § 13 Abs. 2 TabakG erfülle. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes hätte die Erstbehörde die Zulässigkeit der Errichtung von Raucherbereichen in den Zügen der GmbH unter Einhaltung der Vorgaben des § 13 Abs. 2 TabakG erkennen und das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes des § 13 Abs. 2 TabakG prüfen müssen. Mit diesem Ausnahmetatbestand habe sich die Erstbehörde überhaupt nicht auseinandergesetzt, ihn vielmehr ignoriert. Weiters hätte die Erstbehörde aufgrund ihrer Erhebungen und der vorgelegten Beweise durch die Berufungswerber feststellen müssen, dass die Voraussetzungen des zitierten Ausnahmetatbestandes im Falle der ?Raucherlounges? in den Zügen der GmbH erfüllt seien. Ein strafbares Verhalten der Berufungswerber sei daher nicht gegeben. Das bekämpfte Straferkenntnis sei daher vollumfänglich aufzuheben.
Die beiden Berufungswerber rügten ferner, dass die Erstbehörde - unbeachtet der falschen rechtlichen Beurteilung, die zu einer Aufhebung des Strafbescheides führen müsse - gegen wesentliche Verfahrensvorschriften verstoßen habe (so habe sich die Erstbehörde nicht mit dem Vorbringen der Berufungswerber auseinandergesetzt, die Erstbehörde habe ihrer Begründungspflicht nicht entsprochen, die mangelhafte Beweiswürdigung wurde ebenfalls kritisiert). Der Berufung waren zahlreiche Unterlagen angeschlossen, so etwa die Rechtfertigung vom 10.02.2012, die Beförderungsbedingungen der GmbH (gültig ab 15.09.2011), die Tarifbestimmungen der GmbH (gültig ab 15.09.2011), ein Zugplan der W., ein Systemtestbericht bezüglich Luftmengenmessungen und Energieverteilung, eine Dokumentation der Beschilderung und ein Hinweisschild bezüglich des Rauchverbotes.
Aufgrund der Berufungen des Bw und der GmbH führte das zuständige Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien am 06.06.2012 in einem Zug der GmbH (im Beisein von Rechtsvertretern der Berufungswerber und von Mitarbeitern der GmbH und Technikern der Firma S.) einen Lokalaugenschein durch. Festgestellt wurde, dass die einzelnen Wagons miteinander verbunden sind und diese durchschritten werden können. Ferner wurde (über den Lokalaugenschein) Folgendes festgehalten:
?Der Reisende kann - vor der Raucherlounge - einen Knopf drücken und öffnet sich dann die Türe und nach Angabe auch des Rechtsvertreters schließt diese nach drei Sekunden. Diesen Schließmechanismus gebe es nur beim Raucherraum. Bei den anderen Wagons schließen die Türen automatisch. Herr E. wirft ein, dass die Türen beim Raucherbereich nach drei Sekunden schließen; dies wurde so von den technischen Mitarbeitern eingestellt. Bei den anderen Türen ist die Schließzeit ca. elf Sekunden. Herr E. weist darauf hin und konnte das auch der Leiter der Amtshandlung feststellen, dass sich die Türen nicht öffnen, wenn eine Person bloß vorbeigeht, wenn diese z.B. in den oberen Bereich geht. Herr R. weist darauf hin, dass die Züge der W. (eine Garnitur) aus sechs Wagons bestehen. Die Raucherlounge befindet sich immer ganz genau in der Mitte.
Herr Mag. Sch. weist darauf hin, dass in jedem Wagon ein Steward vorhanden ist. Dieser weist die Fahrgäste noch draußen darauf hin, wo freie Plätze sind, damit vermieden wird, dass die Fahrgäste durch den Zug durchgehen müssen. Herr E. weist darauf hin, dass alle Wagons gleich gestaltet sind und soll eben vermieden werden, dass die Fahrgäste den Zug durchschreiten müssen. Bei einer Besichtigung des Wagons (in dem die Raucherlounge ist) konnte vom Leiter der Amtshandlung festgestellt werden, dass sich die Raucherlounge auf der linken Seite befindet. Auf der rechten Seite befindet sich nach dem Eintreten der Wickelbereich auf der Toilette für behinderte Personen, dieser Raum ist also nicht nur als Wickelbereich gedacht. Herr E. weist darauf hin, dass diese Toilette eine eigene Türe hat und ca. sieben bis acht Meter von der Raucherlounge entfernt ist. Die Raucherlounge ist nach dem Einstieg nur durch Stufen zu erreichen und ist nicht vorgesehen und sohin gar nicht möglich, dass Personen mit einem Kinderwagen die Raucherlounge durchschreiten müssen. Herr Mag. St. weist darauf hin, dass der Durchgang in der Raucherlounge bewusst eng gehalten ist, weil ja nicht vorgesehen ist, dass diesen Fahrgäste durchschreiten.
Herr Mag. Sch. weist darauf hin, dass sich unmittelbar nach dem Raucherbereich (also nach den Türen) nicht unmittelbar der Bereich befindet, in dem sich die anderen Reisegäste aufhalten. Auf der einen Seite befindet sich noch eine zweite Tür, weil hier das Ende des Wagons ist und ein neuer dann beginnt. Auf der anderen Seite muss man Treppen hinuntersteigen oder nach oben gehen. Herr R. weist darauf hin, dass man auf der anderen Seite nach dem Verlassen des Raucherabteils ins Stiegenhaus kommt und sich dann noch nicht im unmittelbaren Reisebereich befindet. Die Parteien werden ersucht, nochmals aussagekräftige Fotos etwa von der Abgrenzung der einzelnen Wagons und zu den einzelnen Punkten, die heute besprochen worden sind, zu übermitteln.
Herr Mag. Sch. weist darauf hin, dass sich in der Raucherlounge ein Schild befindet mit dem Ersuchen, sich nur für die Dauer einer Zigarette in diesem Bereich aufzuhalten. Dieses Schild ist derzeit überdeckt, weil eben zur Zeit nicht geraucht werden soll. Auch vor dem Betreten der Raucherlounge findet sich auf der Türe auf beiden Seite ein solcher Hinweis, nämlich dass dies kein Durchgang sei und dieser Bereich nur für rauchende Fahrgäste vorgesehen ist. Ein Reisender wird schon draußen von den Stewards darauf hingewiesen, dass die Raucherlounge nicht zum Durchgang gedacht ist und er wird auf freie Plätze allenfalls im hinteren Bereich hingewiesen. Wenn der Reisende im gegenständlichen Wagon unten oder oben keinen Platz findet, dann hat er immer noch die Möglichkeit, in die beiden weiteren hinteren Wagons zu gehen, ohne dass er den Raucherbereich durchschreiten müsste. Herr R. weist darauf hin, dass es zwei Zugänge zur Raucherlounge gibt, und es sind keine Durchgänge angedacht gewesen.
Herr Mag. Sch. weist darauf hin, dass der Raucherbereich ein eigenes Lüftungssystem hat, das vom Übrigen komplett abgegrenzt ist. Herr E. gibt an, dass nunmehr demonstriert werden solle, wie das System funktioniert. Herr K. gibt an, dass oben im Deckenbereich frische Luft eingeblasen wird und im unteren Bereich gibt es zwei getrennte Ventilatoren (für jede Wagenseite); je einen Ventilator für eine Wagenseite, der die Abluft absaugt. Der Druck der an die Raucherlounge angrenzenden Bereiche ist höher als in der Raucherlounge, damit wird ein Austreten von Rauch selbst bei geöffneten Türen verhindert, dies gab Herr R. an. Der Versuch wird mit einer kleinen Nebelmaschine ausgeführt. Es ist zu sehen, dass sich der ausgestoßene Rauch sogleich nach unten verzieht und unten von den Ventilatoren abgesaugt wird. Herr Mag. Sch. weist darauf hin, dass der Rauch einfach nach draußen ins Freie geleitet wird.
Der Leiter der Amtshandlung befindet sich vor der Türe der Raucherlounge. Drinnen wurde Rauch entwickelt. Nach Öffnung der Türe konnte wahrgenommen werden, dass der Rauch sich nicht nach draußen durch die Türe verzieht, sondern nach unten abgesaugt wird. Herr R. weist darauf hin, dass der Zug auf dem Weg nach Sa. in fünf Stationen stehen bleibt. Es wird von Herrn R. darauf hingewiesen, dass ein Raucher es auf langen Strecken nicht aushält ohne zu rauchen. Ich war bei der ÖBB bei der Umsetzung des rauchfreien Zuges beteiligt. Die Folge war, dass sich die Raucher in Wagenübergänge gestellt haben, wo die Frischluft für die Züge angesaugt wird. Sie haben sich auch in den Stationen in den Türen hingestellt und haben damit die pünktliche Abfahrt des Zuges verhindert. Sie sind auch während der Fahrt auf die Toilette gegangen und haben dort geraucht und haben dort Brandalarm ausgelöst. Es wurde dadurch entweder Brandalarm ausgelöst oder wurde er verstunken für die Nichtraucher. Die Folge eines Brandalarmes ist, dass der Zug auf freier Strecke anhält, der Zugführer überzeugt sich davon, ob bzw. wo es brennt und kann erst danach die Fahrt fortgesetzt werden. Damit sind allenfalls alle Leute im Zug gezwungen ca. zehn Minuten zu warten, bis es weitergeht.
Herr Mag. Sch. weist darauf hin, dass die Brandmelder in den Toiletten so eingestellt sind, dass diese schon bei ca. drei Zügen anschlagen würden. Es soll eben verhindert werden, dass dort geraucht wird und andere Fahrgäste (Nichtraucher) belästigt würden. Frau Sö. weist darauf hin, dass es im Bahnhofsbereich zwei abgetrennte Lokalitäten gibt, wo geraucht werden darf. Ein eigener Raucherbereich im Bahnhofsbereich ist ihr nicht bekannt. Im Freien auf den Bahnsteigen gibt es aber Bereiche, die gekennzeichnet sind und für das Rauchen vorgesehen sind. Frau Sö. weist darauf hin, dass man grundsätzlich Plätze auf der W. reservieren kann, dies ist kostenpflichtig. Es ist aber nicht möglich, einen Platz im Raucherbereich zu reservieren, weil es eben auch nicht vorgesehen ist, wie schon erwähnt wurde, dass sich Fahrgäste im Raucherbereich länger aufhalten. Stewards müssen den Raucherbereich auch nicht betreten. Die Fahrkarten werden nicht in der Raucherlounge, sondern im Fahrgastbereich kontrolliert. Die Raucherlounge macht nur drei Prozent der Fahrgastkapazität des gesamten Zuges aus. Die Temperatur ist in der Raucherlounge durch den Unterdruck auch immer etwas kühler als im sonstigen Bereich.?
Als Beilage zu ihrem Schreiben vom 27.06.2012 übermittelten die Berufungswerber Fotos zur räumlichen und örtlichen Begebenheit der Raucherlounge in einem Zug der GmbH. Aus den beiliegenden Fotos sei klar ersichtlich, dass aufgrund der technischen Ausstattung und der räumlichen Abgrenzung ein Ausdringen von Rauch in den Passagierraum unmöglich sei. Dies werde dadurch noch unterstützt, als unmittelbar angrenzend an den abgeschlossenen Raum ?Raucherlounge? sich kein Passagier- bzw. Reisebereich befinde, zudem befinde sich die ?Raucherlounge? auf einer Zwischenebene. Der Raucherraum grenze auch nicht an den Wickelbereich. Die beiliegenden Fotografien belegten deutlich, dass dieser Bereich räumlich weit entfernt sei. Festgehalten werde auch, dass jeder Wagon durch die räumliche Abgrenzung durch Zwischentüren eine eigenständige Räumlichkeit im Sinne der Judikatur des VwGH (Erkenntnis vom 15.07.2011, Zl. 2011/11/0059) sei. Aus den vorgelegten Fotos werde klar ersichtlich, dass es sich bei der Raucherlounge um einen eigenständigen Raum im Sinne des TabakG handle, sodass der Ausnahmetatbestand des § 13 Abs. 2 TabakG erfüllt sei, da diese Bestimmung normiere, dass eine Ausnahme vom Verbot des § 13 Abs. 1 TabakG zulässig sei, wenn eine Einrichtung über eine ausreichende Anzahl von Räumlichkeiten verfüge und gewährleistet sei, dass der Tabakrauch nicht in den mit Rauchverbot belegten Bereich dringe.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 27.08.2012 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der Herr Mag. Rüdiger Sch. als Vertreter des Bw und der GmbH und Frau Mag. Claudia Margarethe A. als informierte Vertreterin der beiden Berufungswerber teilnahmen. In dieser Verhandlung wurde der Berufungsbescheid mündlich verkündet.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:
Das Tabakgesetz, BGBl. Nr. 431/1995 lautet (auszugsweise) in der im vorliegenden Fall maßgebenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 120/2008:
"Begriffsbestimmungen
§ 1. Im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt als
...
11. 'öffentlicher Ort' jeder Ort, der von einem nicht von vornherein beschränkten Personenkreis ständig oder zu bestimmten Zeiten betreten werden kann einschließlich der nicht ortsfesten Einrichtungen des öffentlichen und privaten Bus-, Schienen-, Flug- und Schiffsverkehrs.
?
Nichtraucherschutz in Räumen öffentlicher Orte
§ 13. (1) Unbeschadet arbeitsrechtlicher Bestimmungen und der Regelung des § 12 gilt, soweit Abs. 2 und § 13a nicht anderes bestimmen, Rauchverbot in Räumen öffentlicher Orte.
(2) Als Ausnahme vom Verbot des Abs. 1 können in jenen von Abs. 1 umfassten Einrichtungen, die über eine ausreichende Anzahl von Räumlichkeiten verfügen, Räume bezeichnet werden, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in den mit Rauchverbot belegten Bereich dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird.
(3) Die Ausnahme des Abs. 2 gilt nicht für schulische oder andere Einrichtungen, in denen Kinder oder Jugendliche beaufsichtigt, aufgenommen oder beherbergt werden.
(4) Abs. 1 gilt nicht für Tabaktrafiken.
?
Nichtraucherschutz in Räumen der Gastronomie
§ 13a. (1) Unbeschadet arbeitsrechtlicher Bestimmungen und der §§ 12 und 13 gilt Rauchverbot in den der Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste dienenden Räumen
1. der Betriebe des Gastgewerbes gemäß § 111 Abs. 1 Z 2 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194/1994, in der geltenden Fassung,
2. der Betriebe des Gastgewerbes mit einer Berechtigung zur Beherbergung von Gästen gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 oder Abs. 2 Z 2 oder 4 der GewO,
3. der Betriebe gemäß § 2 Abs. 9 oder § 111 Abs. 2 Z 3 oder 5 der GewO.
(2) Als Ausnahme vom Verbot des Abs. 1 können in Betrieben, die über mehr als eine für die Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste geeignete Räumlichkeit verfügen, Räume bezeichnet werden, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in die mit Rauchverbot belegten Räumlichkeiten dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird. Es muss jedoch der für die Verabreichung von Speisen oder Getränken vorgesehene Hauptraum vom Rauchverbot umfasst sein, und es darf nicht mehr als die Hälfte der für die Verabreichung von Speisen oder Getränken vorgesehenen Verabreichungsplätze in Räumen gelegen sein, in denen das Rauchen gestattet wird.
(3) Das Rauchverbot gemäß Abs. 1 gilt ferner nicht, wenn nur ein für die Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste geeigneter Raum zur Verfügung steht, und
1.
der Raum eine Grundfläche von weniger als 50 m2 aufweist, oder,
2.
sofern der Raum eine Grundfläche zwischen 50 m2 und 80 m2 aufweist, die für eine Teilung des Raumes zur Schaffung eines gesonderten Raumes für den im Abs. 2 genannten Zweck erforderlichen baulichen Maßnahmen aufgrund einer rechtskräftigen Entscheidung der nach den bau-, feuer- oder denkmalschutzrechtlichen Vorschriften zuständigen Behörde nicht zulässig sind.
?
Obliegenheiten betreffend den Nichtraucherschutz
§ 13c. (1) Die Inhaber von
?
2.
Räumen eines öffentlichen Ortes gemäß § 13,
3.
Betrieben gemäß § 13a Abs. 1,
haben für die Einhaltung der Bestimmungen der §§ 12 bis 13b einschließlich einer gemäß § 13b Abs. 4 erlassenen Verordnung Sorge zu tragen.
(2) Jeder Inhaber gemäß Abs. 1 hat insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass
?
3. in den Räumen eines öffentlichen Ortes, soweit nicht die Ausnahme gemäß § 13 Abs. 2 zum Tragen kommt, nicht geraucht wird;
4. in den Räumen der Betriebe gemäß § 13a Abs. 1, soweit Rauchverbot besteht oder das Rauchen gemäß § 13a Abs. 4 nicht gestattet werden darf, weil für den Betrieb ein Kollektivvertrag gemäß § 13a Abs. 4 Z 1 bis 4 nicht gilt, nicht geraucht wird;
...
Strafbestimmungen
§ 14. ...
4) Wer als Inhaber gemäß § 13c Abs. 1 gegen eine der im § 13c Abs. 2 festgelegten Obliegenheiten verstößt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach einer anderen Verwaltungsstrafbestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 10 000 Euro zu bestrafen.
..."
Dem gegenständlichen Verfahren liegen zwei Anzeigen (vom 15.12.2011 und vom 14.01.2012) von Privatpersonen zugrunde. Am 15.12.2011 zeigte Herr Gerald G. an, dass er am 14.12.2011 (zu zwei näher angeführten Zeiten) mit einem Zug der W. unterwegs gewesen sei, wobei in diesem ein eigener Raucherbereich vorhanden gewesen sei (in dem auch geraucht worden sei; er legte auch Fotos bei). Er meinte dann noch, es wäre allerdings zu klären, ob die im § 13 Abs. 2 TabakG vorgesehene Möglichkeit, in Räumen öffentlicher Orte als Ausnahme Raucherräume zu bezeichnen, im vorliegenden Fall zutreffe. In einer Anzeige vom 14.01.2012 (?Volkskontrolle 13.01.2012?) brachte Herr Ing. Manfred M. vor, sein Sohn habe heute um 16:34 Uhr aufgrund einer Schulveranstaltung von Wien nach P. fahren müssen. Da im Nichtraucherteil kein Sitzplatz frei gewesen sei, habe dieser im Raucherabteil sitzen müssen und sei somit in seiner Gesundheit geschädigt worden. Mit Schreiben vom 23.12.2011 forderte die Erstbehörde den Bw auf, sich zum Vorwurf, gegen das TabakG verstoßen zu haben, zu rechtfertigen. Der Bw und die GmbH erstatteten am 10.02.2012 einen umfangreichen Schriftsatz. Ohne weitere Ermittlungen erließ die Erstbehörde das angefochtene Straferkenntnis vom 22.03.2012. Die Erstbehörde vertritt in der Begründung die Auffassung, dass in öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln die Einrichtung (bzw. Ermöglichung) eines Raucherraumes nicht vorgesehen sei. § 13 Abs. 2 TabakG wurde von der Erstbehörde weder zitiert noch geht sie inhaltlich auf diese Ausnahmebestimmung (vom allgemeinen Rauchverbot) ein.
Im Zuge des Berufungsverfahrens fand ein Lokalaugenschein (am 06.06.2012) in einem Zug der W. statt; die dabei gemachten Beobachtungen und Wahrnehmungen (und Angaben von Mitarbeitern der GmbH und Technikern) sind in dem Protokoll über den Lokalaugenschein (siehe oben die wörtliche Wiedergabe) festgehalten. Es ist davon auszugehen, dass die einzelnen Wagons miteinander verbunden sind und diese durchschritten werden können. Durch Betätigung eines Knopfes öffnet sich die Türe der Raucherlounge (und nicht bloß wenn sich jemand in der Nähe der Türe zur Raucherlounge bewegt). Diese Türe schließt sich dann auch wieder automatisch (nach einigen Sekunden). Beim Betreten des betreffenden Wagons befindet sich die Raucherlounge auf der linken Seite (und kann nur über Stufen erreicht werden). Es wurden auch Fotos dieser Raucherlounge übermittelt, die im Akt einliegen. Herr Mag. Sch. wies darauf hin, dass (wenn die Raucherlounge in Betrieb ist) dort ein Hinweisschild sei, dass dies kein Durchgang sei und der Bereich nur für rauchende Gäste vorgesehen sei (die Reisenden würden darauf auch schon von den Stewards hingewiesen). Es wurde in den Schriftsätzen dargestellt (und bei dem Lokalaugenschein demonstriert), dass durch ein eigenes Lüftungssystem verhindert werden solle, dass Rauch aus der Raucherlounge austrete.
Die §§ 12 und 13 (?Nichtraucherschutz?) in der Stammfassung lauteten wie folgt:
?§ 12. (1) Rauchverbot gilt in Räumen für
1.
Unterrichts- und Fortbildungszwecke,
2.
Verhandlungszwecke und
3.
schulsportliche Betätigung.
(2) In Mehrzweckhallen und Räumen, die nicht ausschließlich den Zwecken im Sinne des Abs. 1 gewidmet sind, gilt ein Rauchverbot für die Dauer der Nutzung für Zwecke im Sinne des Abs. 1 und für den davor liegenden Zeitraum, der für eine Entlüftung des Raumes erforderlich ist.
(3) Abs. 1 und 2 gelten nicht für ausschließlich privaten Zwecken dienende Räume.
§ 13. (1) Unbeschadet arbeitsrechtlicher Bestimmungen und der Regelung des § 12 gilt Rauchverbot in allgemein zugänglichen Räumen folgender Einrichtungen:
1.
Amtsgebäuden,
2.
schulischen oder anderen Einrichtungen, in denen Kinder und Jugendliche beaufsichtigt, aufgenommen oder beherbergt werden,
3.
Hochschulen oder Einrichtungen der beruflichen Bildung,
4.
der Darbietung von Vorführungen oder Ausstellungen dienenden Einrichtungen.
(2) Als Ausnahme vom Verbot des Abs. 1 können in jenen von Abs. 1 umfassten Einrichtungen, die über eine ausreichende Anzahl von Räumlichkeiten verfügen, Räume bezeichnet werden, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in den mit Rauchverbot belegten Bereich dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird.
(3) In ortsfesten Einrichtungen des öffentlichen und privaten Bus-, Schienen-, Flug- und Schiffverkehrs sind in ausreichendem Maße Nichtraucherzonen einzurichten.?
Abgesehen davon, dass in dieser Stammfassung Übertretungen der §§ 12 und 13 TabakG noch nicht strafbar waren, ist in § 13 Abs. 3 TabakG davon die Rede, dass in ortsfesten Einrichtungen des öffentlichen und privaten Bus-, Schienen-, Flug- und Schiffverkehrs in ausreichendem Maße ?Nichtraucherzonen? einzurichten seien. Bei der Formulierung der Ausnahmeregelung des § 13 Abs. 2 TabakG findet sich der Passus schon so wie in der nunmehr geltenden Fassung, nämlich dass bei einer ausreichenden Anzahl von Räumlichkeiten Räume bezeichnet werden können, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in den mit Rauchverbot belegten Bereich dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird (diese Formulierung bei der Ausnahmeregelung ist bis zum heutigen Tage gleichgeblieben). Die Erläuterungen (RV 163 BlgNR 19. GP) zu §§ 12 und 13 TabakG in der Stammfassung lauten auszugsweise:
?Das in § 12 für bestimmte, taxativ aufgezählte Räumlichkeiten normierte absolute Rauchverbot berücksichtigt, dass der Schutz vor Tabakrauch in bestimmten Zweckwidmungen unterliegenden Räumen besondere Bedeutung erlangt. Dieser besonderen Bedeutung kann nur durch die ausnahmslose Geltung eines entsprechenden Verbots in ausreichendem Maße Rechnung getragen werden.
Das in § 13 vorgesehene Rauchverbot bezieht sich im Gegensatz zu jenem des § 12 nicht auf bestimmte einzelne Räume, sondern grundsätzlich auf allgemein zugängliche Räume bestimmter Einrichtungen.
Um im Zuge der Nichtraucherschutzgesetzgebung auch den Bedürfnissen der Raucher Rechnung zu tragen, ermöglicht der Abs. 2 des § 13 als Ausnahme vom Verbot des Abs. 1 die Bezeichnung von Räumen, in denen das Rauchen gestattet ist. Als wesentliche Voraussetzung muss dabei allerdings gewährleistet sein, dass der Rauch aus diesen .Raucherzimmern" nicht in den rauchfreien Bereich gelangt. Entsprechend der im Gesetz verankerten Zielsetzung der Primärprävention des Rauchens soll die Ausnahmeregelung des Abs. 2 nicht für schulische oder andere Einrichtungen (insbesondere Internate, Horte und Kindergärten) gelten, in denen Kinder oder Jugendliche beaufsichtigt, aufgenommen oder beherbergt werden. Das hat beispielsweise zur Folge, dass in Schulen keine Räumlichkeiten für Schüler und Schülerinnen eingerichtet werden dürfen, in denen das Rauchen gestattet ist. Die Bemühungen des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst gehen bereits seit längerer Zeit in Richtung Einschränkung des Rauchens an Schulen (verstärkte Aufklärung, Informationsmaterialien, Anti-Raucher-Enquete, entsprechende Erlässe), sodass nach Ablauf des laufenden Schuljahres eine gesetzliche
Regelung eines Rauchverbots ?( ... ) in schulischen oder anderen Einrichtungen
( ... )" sinnvoll erscheint.
Durch eine explizite Regelung in § 13 Abs. 3 soll die besondere Situation im Hinblick auf ortsfeste Einrichtungen des öffentlichen und privaten Verkehrs berücksichtigt werden, wobei es der Intention des Gesetzes entspricht, nach Möglichkeit die entsprechende Räumlichkeit als solche zur Nichtraucherzone zu erklären.?
Gemäß § 13 Abs. 1 TabakG gilt in Räumen öffentlicher Orte grundsätzlich Rauchverbot, soweit § 13 Abs. 2 oder § 13a TabakG nicht anderes bestimmen. § 13 Abs. 2 TabakG ermöglicht eine Ausnahme vom Verbot des § 13 Abs. 1 insoweit, als (bei Vorhandensein einer ausreichenden Zahl von Räumlichkeiten) Räume bezeichnet werden können, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in den mit Rauchverbot belegten Bereich dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird. In derselben Art und Weise ermöglicht § 13a Abs. 2 TabakG eine Ausnahme vom Verbot des § 13a Abs. 1, also vom grundsätzlichen Rauchverbot in den der Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste dienenden Räumen gastronomischer Betriebe.
Zum Begriffsverständnis des Wortes "Raum" für die Zwecke des TabakG hat sich der Verwaltungsgerichtshof schon im Erkenntnis vom 15.07.2011, Zl. 2011/11/0059, geäußert und ist dabei - auch unter Rückgriff auf die Gesetzesmaterialien (RV 610 BlgNR 23. GP, 6: "außer beim kurzen Durchschreiten der Eingangstür") - zum Ergebnis gekommen, dass unter diesem Begriff nur ein Raum zu verstehen ist, "der allseitig, von der Decke bis zum Boden von festen Wänden (sei es auch aus Glas) umschlossen ist und mit einer Türe geschlossen werden kann". Eine - wenn auch leistungsstarke - Lüftungsanlage wurde angesichts dieses Begriffsverständnisses nicht für ausreichend angesehen, um die in § 13a Abs. 2 TabakG geforderte Raumtrennung zu bewirken. Aus den zitierten Gesetzesmaterialien ergibt sich überdies, dass der vom Gesetzgeber intendierte Nichtraucherschutz möglichst lückenlos bestehen und nur durch das kurze Öffnen und Schließen einer Tür beim Wechsel zwischen Raucherraum und Nichtraucherbereich unterbrochen werden soll. Eine den Raucherraum mit dem übrigen Gastronomiebetrieb verbindende Tür ist daher außer zum kurzen Durchschreiten geschlossen zu halten (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 10.01.2012, Zl. 2009/11/0198).
Die Legaldefinition des "öffentlichen Ortes" in § 1 Z. 11 TabakG wurde durch die Novelle BGBl. I Nr. 167/2004 eingefügt. Die Erläuterungen zu dieser Bestimmung (RV 700 BlgNr XXII. GP, S. 3) lauten:
"Unter einem 'öffentlichen Ort' im Sinne des Tabakgesetzes ist jeder Ort zu verstehen, der von einem nicht von vornherein beschränkten Personenkreis ständig oder zu bestimmten Zeiten betreten werden kann. Der Begriff 'öffentlicher Ort' fasst sohin nicht nur die bis dato in § 13 aufgelisteten allgemein zugänglichen Räume (in Amtsgebäuden; in schulischen oder anderen Einrichtungen, in denen Kinder und Jugendliche beaufsichtigt, aufgenommen oder beherbergt werden; in Hochschulen oder Einrichtungen der beruflichen Bildung; in der Darbietung von Vorführungen oder Ausstellungen dienenden Einrichtungen; in ortsfesten Einrichtungen des öffentlichen und privaten Bus-, Schienen-, Flug- und Schiffsverkehrs) zusammen, sondern umfasst darüber hinaus unter anderen nunmehr alle Einrichtungen des öffentlichen und privaten Bus-, Schienen-, Flug- und Schiffsverkehrs als auch Einrichtungen wie beispielsweise Geschäftslokale, Büroräume oder ähnliche Räume mit Kundenverkehr zu den festgelegten Dienstzeiten bzw. zu Zeiten, in denen üblicherweise Parteienverkehr stattfindet, daher insbesondere auch Einkaufszentren u.v.m."
Aus den zitierten Erläuterungen ergibt sich, dass der Begriff "öffentlicher Ort" über die "allgemein zugänglichen Räume" in bestimmten Gebäuden und Einrichtungen, die bis zur Novelle BGBl. I Nr. 167/2004 in § 13 aufgezählt waren, hinausgehen soll. Entsprechend dieser Aufzählung waren bis zur genannten Novelle "allgemein zugängliche Räume", die sich etwa (§ 13 Abs. 1 Z. 4 leg. cit.) in der Darbietung von Vorführungen oder Ausstellungen dienenden Einrichtungen befanden, vom Rauchverbot erfasst. Das Rauchverbot galt daher schon vor der genannten Novelle in den Räumen beispielsweise von Theatern, Museen oder Kinos, soweit sie allgemein zugänglich waren, auch wenn der Zutritt zu diesen Räumen zum Teil von bestimmten Voraussetzungen (Erwerb von Eintrittskarten, Mindestalter, etc.) abhängig war. Durch die Novelle BGBl. I Nr. 167/2004 und die Einfügung des Begriffes "öffentlicher Ort" sollte dieses Rauchverbot nach den zitierten Erläuterungen ausgedehnt werden. Bei den durch diese Novelle zusätzlich erfassten Einrichtungen handelt es sich, wie die Erläuterungen zeigen (diese nennen u.a. Geschäftslokale, Büroräume oder ähnliche Räume mit Kundenverkehr) gleichfalls um "allgemein zugängliche Räume". Daraus ergibt sich, dass der Begriff "öffentlicher Ort" iSd § 1 Z. 11 TabakG durch das Wesensmerkmal der allgemeinen Zugänglichkeit geprägt ist. Davon abzugrenzen sind Räume, die nur für bestimmte (individuell bezeichnete) Personen zugänglich sind, diese fallen daher nicht unter den Begriff "öffentlicher Ort" (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 20.03.2012, Zl. 2011/11/0215).
Vor diesem Hintergrund ist somit davon auszugehen, dass die einzelnen Waggons (die miteinander verbunden sind) eines Zuges der GmbH als Räume eines öffentlichen Ortes anzusehen sind und als solche dem Rauchverbot des § 13 Abs. 1 TabakG unterliegen. Wie bereits ausgeführt, besteht eine Zuggarnitur der W. aus mehreren (sechs) Wagons. In einem dieser Wagons ist ein Raucherbereich (?Raucherlounge?) eingerichtet worden, in dem Reisende rauchen können. Es kann nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren kein Zweifel daran bestehen, dass es sich bei dieser Raucherlounge um einen eigenen ?Raum? nach dem oben dargestellten Begriffsverständnis handelt. Handelt es sich aber um einen gesonderten Raum, dann ist auf § 13 Abs. 2 TabakG zu verweisen, wonach dort, wo eine ausreichende Anzahl von Räumlichkeiten besteht, als Ausnahme vom Rauchverbot Räume bezeichnet werden können, in denen das Rauchen gestattet ist. Der Verfassungsgerichtshof hat schon in seinem Erkenntnis vom 01.10.2009, G 127/08 zur Abgrenzung vom Nichtraucherbereich von einem Raucherbereich (in der Gastronomie) Folgendes ausgeführt:
?§13a Abs2 Tabakgesetz legt als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Abtrennung eigener "Raucherräume" in Gastronomiebetrieben fest, dass dabei der Tabakrauch nicht in die mit Rauchverbot belegten Räumlichkeiten dringen und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen werden darf. Der Wortlaut der Regelung macht also deutlich, dass der Tabakrauch im Wesentlichen auf einen räumlich vom Nichtraucherbereich abgetrennten Bereich in einem Gastronomiebetrieb beschränkt sein muss. Der Zweck dieser Regelung besteht ausweislich der Erläuterungen darin, Nichtraucher vor Gesundheitsgefährdungen (und nicht schon vor jeder Belästigung) durch Tabakrauch zu schützen. Die Abgrenzung zwischen Raucher- und Nichtraucherräumen muss daher gewährleisten, dass eine Gesundheitsgefährdung von Nichtrauchern durch das Passivrauchen verhindert wird. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ist demnach sicherzustellen, dass der Rauch aus dem Raucherraum, "außer beim kurzen Durchschreiten der Eingangstür, nicht in den übrigen, mit Raucherverbot belegten Verabreichungsbereich dringt" (RV 610 BlgNR 23. GP, 6). Der Gesetzgeber verlangt sohin keine vollständige Trennung der Lufträume zwischen Raucher- und Nichtraucherräumen. Vielmehr ist die Wortfolge dahingehend auszulegen, dass eine räumliche Trennung in Form einer baulichen Abgrenzung sichergestellt wird, die Nichtraucher davor schützt, während des Besuches eines Gastronomiebetriebes gesundheitsgefährdendem Tabakrauch ausgesetzt sein zu müssen. Das Rauchen muss daher auf einen eigenen, vom Nichtraucherbereich gesonderten Raum beschränkt bleiben, der aber - wie auch die Bundesregierung darlegt - durchaus an den Nichtraucherraum angrenzen und von diesem durch eine Türe, die jedoch nicht ständig offen gehalten werden dürfte, getrennt sein könnte. Eine vollständige Abtrennung der Lufträume zwischen Raucher- und Nichtraucherräumen wird vom Gesetzgeber im Hinblick auf das Ziel der Regelung nicht gefordert.
Sohin ist auch der Sinngehalt der Wortfolge "dass das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird" hinreichend klar bestimmbar. Wie die Bundesregierung ausführt und wie sich im Übrigen bereits aus dem Wortlaut der Regelung erschließen lässt, steht diese Wortfolge in klarer Verbindung - sowohl bezogen auf den Satzbau als auch auf den Sinngehalt - mit der Verpflichtung zur Gewährleistung, dass "der Tabakrauch nicht in die mit Rauchverbot belegten Räumlichkeiten dringt". Genau "dadurch" - nämlich durch die Sicherstellung dieser Bedingung - wird auch gewährleistet, dass das Rauchverbot nicht umgangen wird. Die Anforderungen an das Rauchverbot werden von der Zweckrichtung der Regelung mitbestimmt: Das Rauchverbot würde sohin umgangen werden, sobald eine Gesundheitsgefährdung von Nichtrauchern durch die Einwirkung von Tabakrauch zu befürchten ist.?
Die Wortfolgen ?wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in den mit Rauchverbot belegten Bereich dringt? und ?und dass das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird? finden sich auch im hier relevanten Abs. 2 des § 13 TabakG. Wie die beiden Berufungswerber in ihren Eingaben (auch unter Vorlage entsprechender Unterlagen, z.B. Fotos) dargetan haben (auch konnte sich das zuständige Mitglied bei einem Lokalaugenschein von der Richtigkeit dieser Angaben überzeugen), ist die hier in Rede stehende Raucherlounge ein durch Türen geschlossener Bereich, wobei sich die Türe nur dann öffnet (auch nur für einige Sekunden), wenn der Reisende, der den Raucherraum betreten will, einen Knopf drückt. Allein dadurch, dass sich Reisende in der Nähe der Tür befinden, wird die Türe nicht geöffnet. Zusätzlich gibt es in dieser Raucherlounge ein eigenes Lüftungssystem, das vom Übrigen abgegrenzt ist (durch ein entsprechendes Belüftungssystem solle verhindert werden, dass der Rauch ? beim Öffnen der Türe ? nach außen dringt).
Bezugnehmend auf die oben dargestellte Judikatur des VfGH und des VwGH (zu vergleichbaren Wortfolgen in § 13a TabakG) ist davon auszugehen, dass bei der von der GmbH in den Zügen der W. gewählten Einrichtung einer ?Raucherlounge? gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in den mit Rauchverbot belegten Bereich dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird. Hinweise darauf, dass etwa die Türe zur Raucherlounge zu den Tatzeiten ständig offengehalten worden wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
§ 13 Abs. 1 TabakG normiert (wie schon mehrfach ausgeführt) ? von Ausnahmen abgesehen ? ein Rauchverbot in Räumen öffentlicher Orte. § 13 Abs. 2 TabakG verlangt für die Ausnahme vom Rauchverbot die Erfüllung mehrerer Kriterien. So verlangt § 13 Abs. 2 TabakG neben dem Vorhandensein von mehr als einer Räumlichkeit, es müsse gewährleistet sein, dass der Tabakrauch nicht in den mit Rauchverbot belegten Bereich dringt und dass das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird. Die Möglichkeit, Raucherräume einzurichten, gilt nach § 13 Abs. 3 TabakG nicht für schulische oder andere Einrichtungen, in denen Kinder oder Jugendliche beaufsichtigt, aufgenommen oder beherbergt werden. Ebenso vom allgemeinen Rauchverbot in Räumen öffentlicher Orte ausgenommen sind die Tabaktrafiken (§ 13 Abs. 4 TabakG). Die Gesetzesmaterialien (RV 700 BlgNR 22. GP, 7) gehen u.a. auf diese Ausnahme ein. Den Trafikanten soll weiterhin die Möglichkeit gegeben werden, ihren Kunden zu gestatten, das legale Produkt Tabak an Ort und Stelle zu testen bzw. dort auch konsumieren zu können. Die Erstbehörde wies in der Begründung ihres Straferkenntnisses darauf hin, im Gegensatz zu allen übrigen Sondernormen des Tabakgesetzes, welche explizite Ausnahmen vom generellen Rauchverbot für Tabaktrafiken und die Gastronomie in § 13a TabakG bzw. im Wege der Bestimmung des § 60 Abs. 26 GlücksspielG für Casinos enthalten, sei in öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln die Einrichtung eines Raucherraumes nicht vorgesehen. Die Erstbehörde übersieht dabei, dass Tabaktrafiken sehr häufig nur aus einem Raum bestehen, sodass die Ausnahmeregelung des § 13 Abs. 2 TabakG (die ja das Vorhandensein mehrerer Räumlichkeiten voraussetzt) auf Tabaktrafiken (wenn es nicht eine gesonderte Regelung gebe) selten bis nie anwendbar gewesen wäre. Da der Gesetzgeber aber (aus welchen Gründen auch immer) den Kunden von Trafiken die Möglichkeit geben wollte, das Produkt an Ort und Stelle zu testen bzw. dort auch zu konsumieren, wurde in § 13 Abs. 4 TabakG eine eigene Ausnahmeregelung für Tabaktrafiken festgelegt (schon mit der Novelle BGBl. I Nr. 167/2004). Zusammenfassend ergibt sich somit aufgrund der obigen Überlegungen, dass im vorliegenden Fall der Ausnahmetatbestand des § 13 Abs. 2 TabakG zur Anwendung gelangt. Die Bestrafung des Beschuldigten wegen Übertretung des § 14 Abs. 4 TabakG iVm § 13c Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 Z. 3 und § 13 Abs. 1 TabakG erfolgte somit zu Unrecht.
Es war daher aufgrund des Vorgesagten der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren spruchgemäß einzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 65 VStG.