TE UVS Wien 2012/09/17 06/FM/47/10768/2011

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.09.2012
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr. Martschin über die Berufung des Herrn Gernot G., vertreten durch Rechtsanwalt, vom 15.9.2011 gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsicht vom 31.8.2011, Zl. FMA-UL0001.100/0075- LAW/2010, wegen Übertretung des § 16 Z. 1 Kapitalmarktgesetz, entschieden:

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die verletzte Rechtsvorschrift mit ?§ 7 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Z. 1 KMG? und die Strafsanktionsnorm mit ?§ 16 Einleitungssatz KMG? zu zitieren sind. Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 200,-- Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Text

Das angefochtene Straferkenntnis richtet sich gegen den Berufungswerber als Beschuldigten und enthält folgenden Spruch:

?Sie haben im Zeitraum 01.06.2009 bis zumindest 17.12.2009 unter www.x..com auch für nicht registrierte Mitglieder einsehbar und damit öffentlich im Internet in Ihrer damaligen Funktion als Vertriebspartner des ?Verein Z.?, Mo., Wien Unternehmensbeteiligungen und Aktienzertifikate an der U. Ing. (am 11.12.2003 eingetragen im US-Handelsregister O. unter der Nummer ...) angeboten, obwohl die in dem Angebot wiedergegebenen und als `Prospekt´ zu qualifizierende ?Bedingungen zur Beteiligung an der U. Inc.? im Hinblick auf den nach § 7 KMG geforderten Inhalt sowie im Hinblick auf die Form nicht einem Prospekt im Sinne des § 2 Abs. 1 KMG entsprachen. Die Unternehmensbeteiligungen für sich sind als Veranlagungen gem. § 1 Abs. 1 Z 3 KMG zu qualifizieren. Die Aktienzertifikate, die als zusätzliche Sicherung des Investments ausgegeben werden sollten, sind Wertpapiere im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 4 KMG. Für die Veranlagungen und die Wertpapiere wurde jedenfalls kein KMG-konformer Prospekt erstellt, von der FMA gem. § 8a KMG gebilligt bzw. gem. § 8 KMG von einem Prospektkontrollor? (z.B. Wirtschaftsprüfer) kontrolliert. Die Einschaltung im X. ist angeschlossen und bildet einen integrierenden Bestandteil dieses Straferkenntnisses.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 16 Z 1 Kapitalmarktgesetz BGBl 1991/625 idF BGBl I Nr. 48/2006

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 1000 Euro

falls diese uneinbringlich ist Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden Freiheitsstrafe von -

Gemäß § 16 Z 1 KMG BGBl 1991/625 idF BGBl I Nr. 4/2006 Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

* 100 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet] * Euro als Ersatz der Barauslagen für ..,

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 1100 Euro.?

In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung wendet der Rechtsmittelwerber ein, das gegenständliche Straferkenntnis würde gegen das Doppelbestrafungsverbot verstoßen. Der Beschuldigte sei bereits vom Landesgericht für Strafsachen Gr. am 25.3.2010 bezüglich derselben Sache freigesprochen worden. Darüber hinaus handle es sich bei der von der Erstbehörde aufgestellten Behauptung, dass im gegenständlichen Fall die Investoren keinen Einfluss auf die Verwaltung des investierten Kapitals gehabt haben sollten, um eine nicht verifizierte Behauptung, die bislang ohne entsprechenden Nachweis geblieben sei. Bestritten werde zudem, dass der Beschuldigte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt habe. Vielmehr sei der Beschuldigte schlicht und einfach davon ausgegangen, dass eine Prospektpflicht nicht vorliege, nachdem er die gegenständliche Unternehmensbeteiligung im Rahmen seines Kenntnisstandes in derartigen Fragen auf eine allfällige Prospektpflicht überprüft gehabt habe. Der erkennende Senat führte in dieser Rechtssache am 12.6.2012 eine mündliche Berufungsverhandlung durch, welcher sowohl der Beschuldigte als auch sein Rechtsvertreter ohne Bekanntgabe ausreichender Hinderungsgründe, somit unentschuldigt, fern geblieben sind, sodass diese gemäß § 51f Abs. 2 VStG in deren Abwesenheit durchgeführt werden durfte. Die Vertreterin der Erstbehörde hat an der Verhandlung teilgenommen und auf die Begründung des Straferkenntnisses verwiesen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Die im vorliegenden Zusammenhang maßgebliche Rechtslage nach dem KMG stellt sich wie

Folgt dar:

?Begriffsbestimmungen

§ 1. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

1. öffentliches Angebot: eine Mitteilung an das Publikum in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Bedingungen eines Angebots (oder einer Einladung zur Zeichnung) von Wertpapieren oder Veranlagungen und über die anzubietenden Wertpapiere oder Veranlagungen enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, sich für den Kauf oder die Zeichnung dieser Wertpapiere oder Veranlagungen zu entscheiden. Diese Definition gilt auch für die Platzierung von Wertpapieren oder Veranlagungen durch Finanzintermediäre;

2. Emittent: ein Rechtsträger, der Wertpapiere oder Veranlagungen begibt oder zu begeben beabsichtigt;

3. Veranlagungen: Vermögensrechte, über die keine Wertpapiere ausgegeben werden, aus der direkten oder indirekten Investition von Kapital mehrerer Anleger auf deren gemeinsame Rechnung und gemeinsames Risiko oder auf gemeinsame Rechnung und gemeinsames Risiko mit dem Emittenten, sofern die Verwaltung des investierten Kapitals nicht durch die Anleger selbst erfolgt; unter Veranlagungen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind auch alle vertretbaren, verbrieften Rechte zu verstehen, die nicht in Z 4 genannt sind; Geldmarktinstrumente mit einer Laufzeit von weniger als zwölf Monaten unterliegen nicht der Prospektpflicht gemäß § 2;

4. Wertpapiere: übertragbare Wertpapiere im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Z 18 der Richtlinie 2004/39/EG mit Ausnahme von Geldmarktinstrumenten im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Z 19 der Richtlinie 2004/39/EG mit einer Laufzeit von weniger als zwölf Monaten;

Prospektpflichtiges Angebot

§ 2. (1) Ein öffentliches Angebot darf im Inland nur erfolgen, wenn spätestens einen Bankarbeitstag davor ein nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erstellter und gebilligter Prospekt veröffentlicht wurde.

(2) Bei Veranlagungen ersetzt die Kontrolle gemäß § 8 Abs. 2 die Billigung durch die FMA. Die Bestimmungen gemäß den §§ 6a, 7a, 7b, 7c, 8a, 8b, 8c, 10 Abs. 1, 10 Abs. 3 letzter Satz, 16c und 17b kommen bei öffentlichen Angeboten von Veranlagungen nicht zur Anwendung; für Zwecke der §§ 15 und 16 ist ein kontrollierter Prospekt einem gebilligten Prospekt und die kontrollierten ändernden und ergänzenden Angaben sind den gebilligten ändernden und ergänzenden Angaben gleichzuhalten. Inhalt des Prospekts

§ 7. (1) Der Prospekt hat sämtliche Angaben zu enthalten, die entsprechend den Merkmalen des Emittenten und der öffentlich angebotenen Wertpapiere oder Veranlagungen bzw. zum Handel an dem geregelten Markt zugelassenen Wertpapiere erforderlich sind, damit die Anleger sich ein fundiertes Urteil über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste, die Zukunftsaussichten des Emittenten und jedes Garantiegebers sowie über die mit diesen Wertpapieren oder Veranlagungen verbundenen Rechte bilden können. Diese Informationen sind in leicht zu analysierender und verständlicher Form darzulegen.

(2) Der Prospekt hat Angaben zum Emittenten und zu den Wertpapieren zu enthalten, die öffentlich angeboten oder zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen werden sollen. Er hat ferner eine Zusammenfassung zu enthalten. Die Zusammenfassung hat kurz und in allgemein verständlicher Sprache die wesentlichen Merkmale und Risiken zu nennen, die auf den Emittenten, jeden Garantiegeber und die Wertpapiere zutreffen, und ist in der Sprache abzufassen, in der der Prospekt ursprünglich erstellt wurde. Die Zusammenfassung muss zudem Warnhinweise enthalten, dass

1.

sie als Einleitung zum Prospekt verstanden werden sollte und

2.

der Anleger jede Entscheidung zur Anlage in die betreffenden Wertpapiere auf die Prüfung des gesamten Prospekts stützen sollte und

              3.              für den Fall, dass vor einem Gericht Ansprüche auf Grund der in einem Prospekt enthaltenen Informationen geltend gemacht werden, der als Kläger auftretende Anleger in Anwendung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften der EWR-Vertragsstaaten die Kosten für die Übersetzung des Prospekts vor Prozessbeginn zu tragen haben könnte und

              4.              diejenigen Personen, die die Zusammenfassung einschließlich einer Übersetzung davon vorgelegt und deren Meldung beantragt haben, haftbar gemacht werden können, jedoch nur für den Fall, dass die Zusammenfassung irreführend, unrichtig oder widersprüchlich ist, wenn sie zusammen mit den anderen Teilen des Prospekts gelesen wird.

Betrifft der Prospekt die Zulassung von Nichtdividendenwerten mit einer Mindeststückelung von 50 000 Euro zum Handel an einem geregelten Markt, muss keine Zusammenfassung erstellt werden.

Strafbestimmungen

§ 15. (1) Wer im Zusammenhang mit einem öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder Veranlagungen, das nach diesem Bundesgesetz prospektpflichtig ist,

1. Wertpapiere oder Veranlagungen anbietet, ohne daß zeitgerecht ein gebilligter Prospekt oder die gebilligten nach § 6 vorgeschriebenen ändernden oder ergänzenden Angaben veröffentlicht wurden, oder

2. in einem veröffentlichten Prospekt oder einer veröffentlichten ändernden oder ergänzenden Angabe nach § 6 hinsichtlich der für die Entscheidung über den Erwerb erheblichen Umstände gemäß § 7 unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt oder

3. entgegen den Bestimmungen des § 14 keinen Rechenschaftsbericht veröffentlicht oder

4. in einem gemäß § 14 veröffentlichten Rechenschaftsbericht über erhebliche Verhältnisse im Sinne des § 7 unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt,

ist, sofern die Tat nicht nach anderen Bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Nach Abs. 1 Z 1 und 2 ist nicht zu bestrafen, wer freiwillig, bevor die für den Erwerb erforderliche Leistung erbracht worden ist, den Erwerb der Wertpapiere oder der Veranlagungen verhindert. Der Täter ist auch dann nicht zu bestrafen, wenn die Leistung ohne sein Zutun nicht erbracht wird, er sich jedoch in Unkenntnis dessen freiwillig und ernstlich darum bemüht, sie zu verhindern.

(3) Die Strafbarkeit nach Abs. 1 wird unter den Voraussetzungen des § 167 StGB durch tätige Reue aufgehoben, sofern sich die Schadensgutmachung auf die gesamte für den Erwerb erforderliche Leistung einschließlich der damit verbundenen Nebenkosten bezieht.

§ 16. Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro zu bestrafen, wer im Zusammenhang mit einem öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder Veranlagungen, das nach diesem Bundesgesetz prospektpflichtig ist,

1. Wertpapiere oder Veranlagungen anbietet oder gewerbsmäßig vermittelt, wenn der Prospekt oder die nach § 6 ändernden oder ergänzenden Angaben oder deren Veröffentlichung den Vorschriften dieses Bundesgesetzes widerspricht oder als Emittent einen Rechenschaftsbericht diesem Bundesgesetz widersprechend erstellt oder veröffentlicht oder

2. .... ?

Aufgrund der Ergebnisse des durchgeführten Berufungsverfahrens wird als erwiesen festgestellt, dass der Berufungswerber im Zeitraum vom 1.6.2009 bis 17.12.2009 unter www.x..com auch für nicht registrierte Mitglieder einsehbar und damit öffentlich im Internet in seiner damaligen Funktion als Vertriebspartner des ?Verein Z.?, Mo., Wien, Unternehmensbeteiligungen und Aktienzertifikate an der U. Inc. (welche am

11.12.2003 im US-Handelsregister O. unter der Nummer HC... eingetragen wurde)

angeboten hat. Die in dem Angebot wiedergegebenen und als Prospekt zu qualifizierenden ?Bedingungen zur Beteiligung an der U. Inc.? entsprachen hinsichtlich des nach § 7 KMG geforderten Inhaltes sowie hinsichtlich ihrer Form nicht einem Prospekt im Sinne des § 2 Abs. 1 KMG (vgl. die Beilage zum Straferkenntnis). Die Unternehmensbeteiligungen sind als Veranlagungen gemäß § 1 Abs. 1 Z. 3 KMG zu qualifizieren. Die Aktienzertifikate, die als zusätzliche Sicherung des Investments ausgegeben werden sollten, sind Wertpapiere im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 4 KMG. Für die Veranlagungen und die Wertpapiere wurde jedenfalls kein dem KMG entsprechender Prospekt erstellt; ein Prospekt wurde weder von der FMA gemäß § 8a KMG gebilligt noch gemäß § 8 KMG von einem Prospektkontrollor? (z.B. Wirtschaftsprüfer) kontrolliert. Der Berufungswerber hat anlässlich seiner erstinstanzlichen Einvernahme ausgeführt, er habe für den Verein Z. verschiedene Produkte vertreiben sollen, wobei es aber tatsächlich zu keinem einzigen Abschluss gekommen sei. Es sei richtig, dass der Artikel hinsichtlich der Unternehmensbeteiligungen der U. am 1.6.2009 von ihm (im Internet) eingestellt worden sei. Die Informationen über diese Unternehmensbeteiligungen habe er vom Verein Z. erhalten. Auch wurde vom Berufungswerber der Inhalt der Einschaltung auf www.x..com nicht bestritten. Der Inhalt der Einschaltung auf www.x..com gründet sich auf die Beilage zum angefochtenen Straferkenntnis. Die Bedingungen zur Beteiligung an der U. Inc. gründen sich auf die im Akt einliegenden Vertragsbedingungen, deren Inhalt vom Berufungswerber ebenfalls unbestritten blieb.

Der Berufungswerber wendet zunächst ein, das gegenständliche Straferkenntnis würde gegen das Verbot der Doppelbestrafung verstoßen, da er bereits vom Landesgericht für Strafsachen Gr. in derselben Sache freigesprochen worden sei. Die Frage des Vorliegens einer sogenannten Doppelbestrafung hinsichtlich der Verfolgung von Übertretungen des § 15 Abs. 1 Z. 1 KMG und des § 16 Z. 1 KMG hat der erkennende Senat wie Folgt beantwortet (vgl. UVS Wien 3.3.2011, GZ. UVS- 06/FM/47/4960/2010; UVS Wien 3.3.2011, GZ: UVS-06/FM/47/4964/2010):

?Mit diesem Vorbringen übersieht der Berufungswerber, dass es sich bei den Vergehen nach § 15 Abs. 1 Z. 1 und Z. 3 KMG, welche seitens der Staatsanwaltschaft Wien verfolgt wurden, um Vorsatzdelikte handelt, wobei zu deren Verwirklichung zumindest Eventualvorsatz gefordert wird (vgl. Art. I Abs. 1 Strafrechtsanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 422/1974; ebenso Tipold in Zip/Russ/Lorenz, Kommentar zum Kapitalmarktgesetz, § 15, Rz. 2; vgl. auch sinngemäß OGH 13.9.2000, GZ. 13Os 45/00). Dagegen reicht für die Verwirklichung von Verwaltungsübertretungen nach § 16 Z. 1 KMG fahrlässiges Verhalten gemäß § 5 Abs. 1 VStG als Schuldform. Nach der neueren höchstgerichtlichen Judikatur ist bei der Frage des Vorliegens ?derselben strafbaren Handlung? iSd Art. 4 Abs. 1 7. ZP EMRK auf die Straftatbestände und nicht auf das tatsächliche Verhalten abzustellen (vgl. VfGH 2.7.2009, B 559/08, VfSlg. 18833; VfGH 16.12.2010, B 343/10; EGMR Fall Zolotukhin 10.2.2009, Appl. 14.939/03). Es ist daher zu prüfen, ob der Beschuldigte für dasselbe strafbare Verhalten, für das er bereits rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, neuerlich verfolgt oder bestraft wurde und ob sich die Straftatbestände, wegen derer er von den Gerichten einerseits und von der Verwaltungsbehörde andererseits verfolgt wurde, in ihren wesentlichen Elementen unterscheiden (VfGH 2.7.2009, B 559/08, VfSlg. 18.833). Überdies hat der VwGH in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 21.11.2008, Zl. 2008/02/0203, VwGH 21.4.2006, Zl. 2004/02/0405, VwGH 29.4.2008, Zl. 2007/05/0125) ausgeführt, dass die Zurücklegung einer Anzeige gemäß § 90 Abs. 1 StPO (nunmehr § 190 StPO) noch nicht dazu führt, dass eine Verfolgung einer Verwaltungsübertretung aus dem Grunde des Art. 4 Abs. 1 des 7. Zusatzprotokolls zur Menschenrechtskonvention ausgeschlossen ist, da der EGMR zum Ausdruck gebracht hat, die Verletzung des Rechtes, nicht zweimal bestraft zu werden im Sinne des Art. 4 Abs. 1 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK, bei einer Verfügung des Staatsanwaltes nach § 90 StPO, die an ihn gelangte Anzeige zurückzulegen, auszuschließen ist, kommt es doch dazu dann, wenn der Staatsanwalt - von vornherein oder nach Durchführung (von) Vorerhebungen - erkennt, dass die Anzeige haltlos, die angezeigte Tat nicht strafbar oder nicht verfolgbar ist.

Nach herrschender Auffassung und Rechtsprechung wird jeder Straftatbestand durch die objektive und subjektive Tatseite bestimmt (vgl. etwa Triffterer, Österreichisches Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Auflage, S. 93f; VwGH 26.2.2009, Zl. 2009/09/0031, VwGH 26.7.2006, Zl. 2004/14/0022).

Nach Auffassung des erkennendes Senates unterscheiden sich die in Rede stehenden Straftatbestände des § 15 Abs. 1 KMG, bei denen es sich um Vorsatzdelikte handelt, von jenen den § 16 Z. 1 KMG, zu dessen Verwirklichung fahrlässiges Verhalten nach § 5 Abs. 1 VStG ausreicht, in ihren wesentlichen Elementen dadurch, dass ihr subjektiver Tatbestand gänzlich verschiedene Schuldformen normiert. Da zum Tatbestand eines Vergehens nach § 15 Abs. 1 KMG auch die subjektive Tatseite zu zählen ist, steht einer Verfolgung des Berufungswerbers wegen einer fahrlässigen Übertretung des § 16 Z. 1 KMG die Einstellung durch die Staatsanwaltschaft Wien wegen der Verfolgung derselben objektiven Tathandlung als Vorsatzdelikt nicht entgegen. Da für den erkennenden Senat aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Berufungsverhandlung überdies feststeht, dass der Berufungswerber hinsichtlich der ihm gegenständlich angelasteten Übertretungen (lediglich) fahrlässig gehandelt hat, wurden die von der Erstbehörde erhobenen Tatvorwürfe zu Recht im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens verfolgt.?

Der erkennende Senat sieht keine Veranlassung von dieser Judikatur abzugehen, sodass der wegen einer Übertretung des § 15 Abs. 1 Z. 1 rechtskräftig ausgesprochene Freispruch des Beschuldigten durch das LG für Strafsachen Gr. mangels Erweisbarkeit des Vorsatzes einer Verfolgung wegen der (fahrlässigen) Übertretung des § 15 Z. 1 KMG nicht entgegen steht.

Zum Prospektbegriff führte der OGH (OGH 11.9.1997, GZ. 6 Ob 2100/96h) Folgendes aus:

?Die Frage, ob der Prospekt eine gewisse Form haben muss, um die Prospekthaftung auslösen zu können, ist in dieser Allgemeinheit zu verneinen. Der Prospektbegriff ist vielmehr im umfassenden Sinn zu verstehen. Maßgeblich ist dafür, ob der Werbeprospekt des freien Kapitalmarktes dem Vertrieb der Anlage dient und dabei als Schriftstück generell geeignet ist, den Anlageentschluss eines potentiellen Anlegers in Ansehung einer konkreten Anlage zu beeinflussen, indem er den Anschein ausreichender und objektiver Anlageinformation erweckt. Wenngleich Kurzexposes, Handzettel und Zeitungsanzeigen gerade wegen ihrer nur kurzen und deshalb erkennbar unzureichenden Information dazu im allgemeinen nicht geeignet sind, können eine Beitrittserklärung oder ein Vertrag, ein Vertragsauszug oder auch AGB durchaus "Prospekt" sein (vgl Werner/Machunsky, Recht und Ansprüche geschädigter Kapitalanleger3 179 f mwN in FN 94; Brawenz aaO 215 ff), wenn sie zur Werbung für die Anlage verwendet werden und für den Anleger die maßgeblichen Informationen enthalten; gehört doch der Inhalt des Gesellschafts- und/oder Treuhandvertrages regelmäßig zum Inhalt der Information des potentiellen Anlegers. Überdies können etwa Verträge gerade deshalb, weil sie keine typischen Werbeschriften sind, aufgrund ihres objektiven Inhaltes beim Anleger größeres Vertrauen in die Richtigkeit hervorrufen als typische Werbeschriften, die im allgemeinen wohl mit mehr Reserve gelesen werden. Es begegnet daher keinen Einwänden, wenn das Berufungsgericht hier den Gesellschaftsvertrag sowie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen samt Begleitschreiben, welche die Klägerin vom Anlageberater erhielt, als zur Haftung geeignete "Prospekte" beurteilte.?

Vor dem Hintergrund der dargestellten höchstgerichtlichen Judikatur ist die Erstbehörde zu Recht davon ausgegangen, dass angesichts der gegenständlichen vertraglichen Bedingungen zum Erwerb der Unternehmensbeteiligungen von einem prospektpflichtigen Angebot auszugehen war.

Rechtsrichtig hat die Erstbehörde auch die Auffassung vertreten, dass die in Rede stehende Einschaltung im Internet alle für eine Entscheidung zur Zeichnung einer Beteiligung erforderlichen Informationen enthalten hat. Hinsichtlich der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des Vorliegens eines öffentlichen Angebotes, von Veranlagungen und Wertpapieren im Sinne der Begriffsdefinitionen des § 1 Abs. 1 Z. 3 und 4 KMG verweist der erkennende Senat somit auf die zutreffenden Ausführungen der Erstbehörde im Straferkenntnis (S. 8 und 9) und erhebt sie zum Inhalt der Berufungsentscheidung.

Insofern der Berufungswerber einwendet, es sei nicht bewiesen worden, dass im gegenständlichen Fall die Investoren keinen Einfluss auf die Verwaltung des investierten Kapitals gehabt hätten, ist auszuführen, dass aus den im Akt einliegenden Bedingungen für eine Beteiligung an der U. Inc. sowie des vorgegebenen Zeichnungsscheines, deren Inhalt unbestritten blieb, ersichtlich ist, dass die Investoren Kapital in diese Gesellschaft transferieren (sog. ?Beteiligungskapital?), damit diese US-Gesellschaft direkt Investitionen in andere Unternehmen oder Güter (unterschiedlicher Bereiche und Risikoklassen) vornimmt. Dass bei diesen Investments ein einzelner Investor ein Mitspracherecht gehabt habe, lässt sich weder den Vertragsbedingungen noch dem betreffenden Zeichnungsschein entnehmen, sodass es sich bei der gegenteiligen Behauptung des Berufungswerbers um eine bloße Schutzbehauptung handelt. Davon abgesehen ist es für Unternehmensbeteiligungen der gegenständlichen Art (sog. Beteiligungsgesellschaften), wie sie in den genannten Bedingungen grundgelegt wurden, geradezu typisch, dass dem einzelnen Anleger kein Mitspracherecht zukommt. Vor diesem Hintergrund ist die Erstbehörde zu Recht davon ausgegangen (vgl. schon die Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Gr.), dass den Anlegern kein Einfluss auf die Investitionsentscheidungen der U. Inc. eingeräumt wurde. Vor dem Hintergrund des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes hat der Berufungswerber die objektive Tatseite der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung verwirklicht.

Durch das unentschuldigte Fernbleiben des Beschuldigten und seines Rechtsvertreters von der mündlichen Berufungsverhandlung haben sich diese selbst der Möglichkeit begeben, ein weiteres Vorbringen zu erstatten.

Zur subjektiven Tatseite ist auszuführen, dass es sich bei der gegenständlichen Übertretung nach dem KMG um ein Ungehorsamdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG handelt, da weder der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr vorausgesetzt, noch über das Verschulden etwas bestimmt wird. Bei solchen Delikten obliegt es gemäß § 5 Abs. 1 VStG dem Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Das bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, z.B. durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung entsprechender Beweisanträge.

Hinsichtlich der Verwirklichung der subjektiven Tatseite wurde vom Berufungswerber eingewendet, er sei davon ausgegangen, dass gegenständlich eine Prospektpflicht nicht vorliege, zumal er die gegenständliche Unternehmensbeteiligung auf eine allfällige Prospektpflicht überprüft habe.

In diesem Zusammenhang ist der Berufungswerber darauf zu verweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur im Falle der Erteilung einer, auf einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage erteilten, unrichtigen Rechtsauskunft der zuständigen Behörde, im Vertrauen auf diese Auskunft erfolgte Gesetzesverstöße nicht als Verschulden angerechnet werden können. Unterlässt der Normunterworfene jedoch die Einholung einer Auskunft bei der zuständigen Behörde, kann der Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie von einem Verschulden des Normunterworfenen ausgeht (vgl. etwa zuletzt VwGH 18.5.2010, Zl. 2009/09/0122, VwGH 22.4.2010, Zl. 2010/09/0063, VwGH 25.2.2010, Zl. 2010/09/0024, VwGH 20.11.2001, Zl. 2001/09/0196, u.v.a.).

Dem Vorbringen des Berufungswerbers ist entgegen zu halten, dass er ganz offensichtlich nicht über hinreichenden Sachverstand verfügte, um diese Rechtsfrage rechtsrichtig zu beantworten. Es wäre somit am Berufungswerber gelegen, bei der dafür zuständigen Aufsichtsbehörde über das Vorliegen einer Prospektpflicht vor dem Hintergrund des vorliegenden Sachverhaltes eine Rechtsauskunft einzuholen. Der Berufungswerber hat nicht behauptet, von der zuständigen Behörde eine schuldbefreiende Rechtsauskunft erhalten zu haben.

Dem Berufungswerber ist es mit seinem gesamten Vorbringen somit nicht gelungen, mangelndes Verschulden glaubhaft darzutun, sodass - insbesondere vor dem Hintergrund seines eigenen Vorbringens - von (bloß) fahrlässiger Tatbegehung auszugehen war.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Durch die dem Berufungswerber zur Last gelegte Verwaltungsübertretung wurde das öffentliche Interesse an der gesetzmäßigen Erstellung und Veröffentlichung eines Prospektes zur Information der Anleger nicht unerheblich beeinträchtigt. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat war daher, unbeschadet des Fehlens konkreter nachteiliger Tatfolgen, nicht als bloß geringfügig anzusehen. Dass die Einhaltung der vom Berufungswerber übertretenen Rechtsvorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderer Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervor gekommen, noch war dies aufgrund der Tatumstände anzunehmen. Es konnte daher auch das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden.

Laut Aktenlage kommt dem Berufungswerber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute, erschwerende Umstände sind im Verfahren keine hervor gekommen.

Mangels Bekanntgabe werden die wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers als durchschnittlich angenommen, Sorgepflichten wurden keine ins Treffen geführt. Vor dem Hintergrund dieser Strafbemessungskriterien und des zitierten gesetzlichen Strafsatzes erscheint die von der Erstbehörde verhängte Strafe jedenfalls tat- und schuldangemessen, sodass keine weitere Strafherabsetzung in Betracht kam. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am
16.10.2012
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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