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10 VERFASSUNGSRECHTNorm
VfGG §85 Abs2 / SchulenSpruch
Dem in der Beschwerdesache der Gemeinde Freiland bei Deutschlandsberg, Freiland 34, 8530 Deutschlandsberg, vertreten durch H H P & Partner Rechtsanwälte, ..., gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 21. Juni 2012, Z ..., gestellten Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird gemäß §85 Abs2 und 4 VfGG Folge gegeben.
Begründung
Begründung:
1. Die Beschwerde führende Gemeinde wendet sich gegen die mit dem angefochtenen Bescheid von der belangten Behörde angeordnete Schließung der von der Gemeinde als gesetzliche Schulerhalterin (§§2 und 6 des Steiermärkischen Pflichtschulerhaltungsgesetzes 2004 (StPEG 2004), LGBl. 71 idF LGBl. 94/2008) erhaltenen Volksschule mit Ablauf des Schuljahres 2011/12. Mit der Beschwerde ist der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden.
2. 1. Die belangte Behörde hielt dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegen. Diese sah sie einerseits in der Standort- und Strukturoptimierung im Pflichtschulbereich verwirklicht, andererseits in der "Herstellung der Gesetzeskonformität in Verbindung mit der Standortoptimierung". Dazu wurde näher ausgeführt, dass nach der Stellenplanrichtlinie des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur an Volksschulen für 14,5 Schüler ein Lehrer
(22 Lehrerwochenstunden) zur Verfügung gestellt (dh dessen Besoldung vom Bund refundiert) werde. Für die aufgelassene Schule, die im Schuljahr 2011/12 von elf Schülern besucht wurde (für das Schuljahr 2012/13 lägen 14 Anmeldungen vor), würden sich danach 16,5 Lehrerwochenstunden ergeben. Es seien aber zur Erfüllung des Lehrplanes in einer einklassigen Volksschule mindestens 28 Lehrerwochenstunden erforderlich. Um auch Förderstunden, unverbindliche Übungen und Supplierungen gewährleisten zu können, seien der Schule im Schuljahr 2011/12 sogar 34 Lehrerwochenstunden zugeteilt gewesen.
2.2. Die belangte Behörde legte weiters die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Schulauflassung nach §41 Abs3 StPEG 2004 dar und brachte vor, dass die Gewährung der aufschiebenden Wirkung auch als Signal für den Erhalt von Kleinstschulen missverstanden werden könnte, durch das die im öffentlichen Interesse gelegene Standort- und Strukturoptimierung im Pflichtschulbereich und damit verbunden die Möglichkeit eines effizienten Ressourceneinsatzes erschwert würde.
2.3. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes werden durch dieses Vorbringen der belangten Behörde zwingende öffentliche Interessen, die einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen, nicht dargelegt:
Die Reduktion der Kosten für die Bereiststellung von Lehrern ist ohne Zweifel im öffentlichen Interesse gelegen. Im Hinblick darauf, dass dieser Aufwand schon derzeit zu bestreiten ist, durch die Schulauflassung nicht zur Gänze wegfallen würde, weil durch die Verteilung der Schüler auf andere Schulen dort mit höheren Personalkosten zu rechnen ist, auch keine Erhöhung zu erwarten ist (die Lehrerstunden pro Schüler verringern sich durch die höhere Schülerzahl 2012/13 sogar) und schließlich der Aufwand - die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides vorausgesetzt - lediglich für einen absehbaren Zeitraum weiter zu tragen wäre, kann die sofortige Erreichung des von der belangten Behörde verfolgten Einsparungszieles nicht als zwingend angesehen werden.
Die übrigen von der belangten Behörde ins Treffen geführten Gründe vermögen ebenfalls kein zwingendes öffentliches Interesse zu begründen: Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides kann dafür im Bereich des vorläufigen Rechtsschutzes kein Maßstab sein. Als Gegenstand des Beschwerdeverfahrens kann sie nicht im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vorweggenommen werden. Damit erübrigen sich auch Ausführungen zu einer gar nicht bestehenden "Signalwirkung" einer stattgebenden Entscheidung.
3. Demgegenüber vermochte die Beschwerde führende Gemeinde mit ihrem Vorbringen, sie habe auf Grund der kurzfristigen Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides (zwischen der Bescheiderlassung und dem Ende des Schuljahres 2011/12, mit dem die Schulauflassung wirksam werden soll, liegen nur etwa zweieinhalb Monate, vgl. §2 Abs1 Schulzeitgesetz 1985, BGBl. 77 idF BGBl. 36/2012) keine Dispositionen hinsichtlich des Schuljahres 2012/13 getroffen, einen aus dem angefochtenen Bescheid resultierenden unverhältnismäßigen Nachteil darzulegen: Die Schließung einer Schule erfordert für die Beschwerdeführerin entsprechende Vorkehrungen im Hinblick auf die von ihr als Schulerhalterin aufzubringenden Mittel (insbesondere die Erhaltung des Schulgebäudes sowie die Bereitstellung von Hilfspersonal; vgl. §10 des Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes, BGBl. 163/1955 idF BGBl. 73/2011). Der Gemeinde blieben nur die zwei Möglichkeiten, diese Mittel entweder anders bzw. gar nicht mehr einzusetzen (zB durch eine anderweitige Verwendung des Schulgebäudes oder die Kündigung von Personal), was eine Wiederaufnahme des Schulbetriebes nach einer allfälligen Bescheidaufhebung sehr schwierig machen würde, oder die Mittel trotz Schließung der Schule weiter dieser vorzubehalten. Der Gemeinde und der durch sie verkörperten örtlichen Gemeinschaft eine solche im Fall einer Fehleinschätzung nur schwer umzukehrende und mit Kosten verbundene Entscheidung zuzumuten, erscheint in Relation zu den von der belangten Behörde ins Treffen geführten Vorteilen einer sofortigen Schließung unverhältnismäßig.
4. Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden
Wirkung war daher Folge zu geben.
Schlagworte
VfGH / Wirkung aufschiebendeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2012:B939.2012Zuletzt aktualisiert am
21.09.2012