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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §2 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des OÜ in H, vertreten durch Fischer, Walla & Matt Rechtsanwälte OEG in 6850 Dornbirn, Marktstraße 12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 15. März 2010, Zlen. UVS-1-431/K3-2009, UVS-1-432/K3-2009, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird soweit sie gegen die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Übertretungen des AuslBG gerichtet ist als unbegründet abgewiesen.
Die Entscheidung über die Beschwerde soweit sie gegen die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Übertretungen des ASVG gerichtet ist sowie über die Verfahrenskosten bleibt einem anderen Senat des Verwaltungsgerichtshofes vorbehalten.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe es als Inhaber des Gastgewerbes gemäß § 111 Abs. 1 GewO 1994 in der Betriebsart Bar, am Standort der weiteren Betriebsstätte in D. (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof) zu verantworten, dass in der Bar X. sechs näher bezeichnete ausländische Staatsbürgerinnen, B. von 3. April 2008 bis 22. Mai 2008, C. von 1. April 2008 bis 22. Mai 2008, G. von 27. April 2008 bis 22. Mai 2008, Gr. von 22. März 2008 bis 22. Mai 2008, N. von 15. April 2008 bis 22. Mai 2008 und S. von 18. Mai 2008 bis 22. Mai 2008 beschäftigt worden seien, obwohl für die genannten Arbeitnehmerinnen keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen ausgestellt gewesen seien. Er habe dadurch § 3 Abs. 1 AuslBG iVm. § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG übertreten, weshalb über ihn sechs Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 5.000,-- (im Nichteinbringungsfall sechs Ersatzfreiheitsstrafen von je 33 Stunden) verhängt wurden.
Die belangte Behörde stellte fest, dass die tägliche Arbeitszeit für die Ausländerinnen von 22.00 Uhr bis 04.00 Uhr gedauert habe, in dieser Zeit habe grundsätzlich Anwesenheitspflicht bestanden. Sie hätten ein Entgelt in der Höhe von 40 Euro pro Abend erhalten. Weiters hätten die Ausländerinnen private Table-Dances für Gäste durchgeführt, dieses Entgelt sei bei ihnen verblieben. Die belangte Behörde beurteilte die Tätigkeit der Tänzerinnen in ihrer Gesamtheit angesichts der wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung aller ihrer Aspekte mit dem gegenständlichen Betrieb als eine Beschäftigung im Sinne des § 2 AuslBG. An dieser Beurteilung hätten auch die im Akt einliegenden Verträge (Managementverträge, Gastspielvertrag) sowie die Angaben des Beschwerdeführers und der Tänzerinnen, wonach die Tänzerinnen "selbständig" gewesen seien, nichts zu ändern vermocht.
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite nahm die belangte Behörde als Verschuldensform zumindest grobe Fahrlässigkeit an. Weiters legte die belangte Behörde ihre Strafbemessungsgründe dar.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die verfahrensgegenständlichen Ausländerinnen in den im angefochtenen Bescheid angeführten Zeiträumen in seinem Lokal tätig gewesen sind und dass sie über keine nach dem AuslBG erforderlichen Papiere verfügt haben.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Feststellung der belangten Behörde, dass für die Tänzerinnen von 22.00 Uhr bis 04.00 Uhr des Folgetages eine Anwesenheitspflicht bestanden habe. Die Begründung dieser Feststellung sei unschlüssig, die belangte Behörde habe es hier unterlassen, die einzelnen Beweisergebnisse gegeneinander abzuwägen.
Die Beschwerde zeigt relevante, vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende Mängel der Beweiswürdigung der belangten Behörde - auch hinsichtlich der konkret bekämpften Feststellungen - im Ergebnis nicht auf. Die auf Grund eines mängelfreien Verfahrens nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung und einer nachvollziehbaren, in sich schlüssigen Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen halten einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof stand (vgl. zur Kontrolle der Beweiswürdigung durch den Verwaltungsgerichtshof etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. Dezember 2006, Zl. 2005/09/0157, und vom 22. März 2012, Zl. 2009/09/0214, m.w.N.).
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die belangte Behörde, wenn sie sich mit den für eine Selbständigkeit sprechenden Argumenten und den tatsächlich in der Praxis umgesetzten Handlungsweisen auseinandergesetzt hätte, bei gesamthafter Betrachtung zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass der Beschwerdeführer die ausländischen Staatsbürgerinnen weder in einem Arbeitsverhältnis, noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, noch als überlassene Arbeitskräfte "verwendet" habe.
Die Tätigkeit als "Table-Tänzerin" in einem Barbetrieb oder Nachtclub wurde vom Verwaltungsgerichtshof als eine in der Regel in ähnlicher wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit wie in einem Arbeitsverhältnis erbrachte Tätigkeit qualifiziert (vgl. die Erkenntnisse vom 18. Dezember 2006, Zl. 2005/09/0157, vom 28. Jänner 2010, Zl. 2009/09/0254, und die den Beschwerdeführer selbst betreffenden hg. Erkenntnisse vom 9. Dezember 2010, Zl. 2007/09/0355, und vom 12. Juli 2011, Zl. 2008/09/0370). Die Tätigkeit der Ausländerinnen in ihrer Gesamtheit stellt auch im vorliegenden Fall angesichts der wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung aller ihrer Aspekte mit dem Betrieb des Beschwerdeführers - von der grundsätzlichen Anwesenheitspflicht der Ausländerinnen im Lokal während der Öffnungszeiten (es wurde auch eine Anwesenheitsliste geführt), der Koordination der "Bühnenauftritte" der Tänzerinnen untereinander und mit dem anwesenden "DJ", der vom Beschwerdeführer angebotenen Bereitstellung einer günstigen Wohnmöglichkeit, wovon einzelne Tänzerinnen auch Gebrauch gemacht haben, bis zu der angestrebten, durch die Tätigkeit der Ausländerinnen als Show-Tänzerinnen auf der Bühne oder als "private" Table-Tänzerinnen erreichten Steigerung der Attraktivität des vom Beschwerdeführer betriebenen Lokals - eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG dar. Daran vermag auch der Umstand, dass die Tänzerinnen das Showtanzprogramm frei und eigenständig gestalteten, nichts mehr zu ändern.
Auch vermag es nichts am Charakter des Verhältnisses als Beschäftigung zu ändern, wenn das Entgelt - oder wesentliche Teile desselben - faktisch unmittelbar durch Dritte (hier: durch die die Ausländerinnen vermittelnde Agentur, die wiederum vom Beschwerdeführer honoriert wurde, sowie durch die für den privaten "Table-Dance" bezahlenden Gäste) geleistet wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 2011, Zl. 2009/09/0251, mwN).
Der Beschwerdeführer moniert noch, dass die Showtänze der Ausländerinnen als künstlerische Tätigkeit anzusehen seien.
Die Anwendung des § 3 Abs. 4 AuslBG kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil die Ausländerinnen länger als einen Tag und nicht im Rahmen einer künstlerischen Gesamtproduktion zur Sicherung eines Konzerts, einer Veranstaltung, einer Vorstellung, einer laufenden Filmproduktion, einer Rundfunk- oder Fernsehlivesendung tätig geworden sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Dezember 2010, Zl. 2007/09/0355).
Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach dargelegt, dass Tänzerinnen in einer Striptease-, Tabledance- oder Showdance-Bar ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht als "Künstlerinnen" im Sinne der §§ 3 Abs. 4 und 4a AuslBG zu werten sind. Es ist zwischen einer rein tänzerischen Tätigkeit und einer künstlerischen Tätigkeit - derartige Elemente des Tanzes sind aber im gegenständlichen Verwaltungsverfahren weder hervorgekommen, noch vom Beschwerdeführer behauptet worden - in Ausübung des Tanzes zu unterscheiden (vgl. zum Ganzen die hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 1998, Zl. 98/09/0127, sowie vom 24. März 2011, Zl. 2008/09/0062).
Gegen die Annahme der belangten Behörde, dass er in Verwirklichung des inkriminierten Tatbestandes zumindest grob fahrlässig gehandelt habe, wendet sich der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht mehr. Auch beim Verwaltungsgerichtshof sind gegen die diesbezüglichen Erwägungen der belangten Behörde sowie gegen die ebenfalls in der Beschwerde nicht mehr bekämpfte Strafbemessung - die verhängten Geldstrafen liegen im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (von EUR 4.000,-- bis EUR 50.000,--) - keine Bedenken entstanden.
Die Beschwerde war daher soweit sie gegen die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Übertretungen des AuslBG gerichtet ist gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über die Beschwerde soweit sie gegen die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Übertretungen des ASVG gerichtet ist sowie über die Verfahrenskosten bleibt dem nach der Geschäftsverteilung dafür zuständigen Senat des Verwaltungsgerichtshofes vorbehalten.
Wien, am 4. Oktober 2012
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2012:2010090104.X00Im RIS seit
30.10.2012Zuletzt aktualisiert am
24.07.2013