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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §2 Abs2 lite;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des KS in F, vertreten durch die Vogl Rechtsanwalt GmbH in 6800 Feldkirch, Hirschgraben 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 27. Jänner 2010, Zl. UVS-1-1180/K3-2008, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz; Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe die rumänische Staatsangehörige M. von 24. Februar 2008 bis 24. April 2008, die rumänische Staatsangehörige N. von 21. April 2008 bis mindestens 24. April 2008, die lettische Staatsangehörige S. von 14. April 2008 bis mindestens 24. April 2008 und die ungarische Staatsangehörige T. von 18. April 2008 bis mindestens 24. April 2008, jeweils Montag bis Samstag, von 22:00 bis 04:00 Uhr ohne Vorliegen einer nach § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) erforderlichen Bewilligung oder einer Erlaubnis in seiner Bar beschäftigt, obwohl ein Arbeitgeber, soweit im AuslBG nicht anderes bestimmt sei, eine Ausländerin nur beschäftigen dürfe, wenn eine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen oder Bestätigungen ausgestellt oder erteilt worden sei.
Der Beschwerdeführer habe dadurch § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i. V.m. § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz verletzt. Über ihn wurden eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden) sowie drei weitere Geldstrafen von je EUR 3.000,-- (drei Ersatzfreiheitsstrafen zu je 54 Stunden) verhängt.
Die belangte Behörde führte in ihrer Entscheidungsbegründung aus, dass die Ausländerinnen in der Bar des Beschwerdeführers als Tänzerinnen beschäftigt gewesen seien, wobei sie hiefür ein Entgelt in der Höhe von EUR 40,-- pro Abend erhalten hätten. Die tägliche Arbeitszeit sei von 22.00 Uhr bis 4.00 Uhr gewesen, innerhalb dieses Zeitraumes habe für die Tänzerinnen Anwesenheitspflicht bestanden. Weiters hätten die Tänzerinnen private Table-Dances für Gäste gegen Entgelt durchgeführt, dieses Entgelt sei bei den Tänzerinnen verblieben. Außerdem hätten die Tänzerinnen nichtalkoholische Getränke und Unterkunft gratis erhalten. Die Tätigkeit der Tänzerinnen in ihrer Gesamtheit stelle angesichts der wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung aller ihrer Aspekte mit dem gegenständlichen Betrieb eine Beschäftigung im Sinne des § 2 AuslBG dar. An dieser Beurteilung hätten auch die im Akt einliegenden, teilweise nicht unterfertigten Verträge (Engagementvertrag, Gastspielvertrag, Auftragsbestätigung, Vermittlungsvereinbarung) nichts ändern können.
Der Beschwerdeführer habe auch nicht versucht, Auskünfte über die Zulässigkeit der Beschäftigung der Ausländerinnen bei der zuständigen Behörde zu erlangen. Er habe zumindest fahrlässig gehandelt. Weiters legte die belangte Behörde ihre Strafzumessungsgründe dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die vier verfahrensgegenständlichen Ausländerinnen M., N., S. und T. in den im angefochtenen Bescheid angeführten Zeiträumen in seinem Lokal tätig gewesen sind und dass sie über keine nach dem AuslBG erforderlichen Papiere verfügt haben.
Der Beschwerdeführer bekämpft die Beweiswürdigung der belangten Behörde und macht konkret geltend, dass die Feststellung, wonach im Lokal für die vier Tänzerinnen Anwesenheitspflicht bestanden habe, von den Aussagen aller vier Tänzerinnen und des Beschwerdeführers klar widerlegt worden sei. Weiters ergebe sich aus den Aussagen der "Künstlerinnen" ganz klar, dass diese was die Preisgestaltung, die Anzahl der Show-Aufführungen oder Table-Dances bzw. ihre Tätigkeit im Lokal des Beschwerdeführers überhaupt betreffe, an keinerlei Weisungen des Beschwerdeführers gebunden gewesen seien.
Die Beschwerde zeigt relevante, vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende Mängel der detailliert im angefochtenen Bescheid dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung im Ergebnis nicht auf. Die auf Grund eines mängelfreien Verfahrens und einer nachvollziehbaren, in sich schlüssigen Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen halten einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof stand (vgl. zur Kontrolle der Beweiswürdigung durch den Verwaltungsgerichtshof etwa das hg. Erkenntnis vom 22. März 2012, Zl. 2009/09/0214, mwN).
Die belangte Behörde hat eine der beschäftigten Ausländerinnen, nämlich T., als Zeugin in der mündlichen Verhandlung gehört und im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu z.B. das zitierte hg. Erkenntnis vom 22. März 2012) versucht, mit den drei weiteren Ausländerinnen in Kontakt zu treten, diese haben jedoch nach der Aktenlage auf Schreiben der belangten Behörde an ausländischen Adressen nicht reagiert. Der Beschwerdeführer hat von der ihm eingeräumten Möglichkeit, die Zeuginnen stellig zu machen, bzw. Stellungnahmen von ihnen zu erreichen, keinen Gebrauch gemacht. Ein Verfahrensmangel ist der belangten Behörde in dieser Hinsicht nicht unterlaufen, die Verlesung der anlässlich der Kontrolle mit den Tänzerinnen angefertigten Protokolle war gemäß § 51g Abs. 3 Z. 1 VStG zulässig. Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht reichen die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen für die rechtliche Beurteilung aus.
Der Beschwerdeführer wendet weiters ein, dass kein nach dem AuslBG bewilligungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen sei. Er legt jedoch seiner rechtlichen Beurteilung einen Sachverhalt zugrunde, der von der belangten Behörde nicht festgestellt wurde.
Die Tätigkeit als "Table-Tänzerin" in einem Barbetrieb oder Nachtclub wurde vom Verwaltungsgerichtshof schon verschiedentlich als eine in ähnlicher wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit wie in einem Arbeitsverhältnis erbrachte Tätigkeit qualifiziert (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2010, Zl. 2009/09/0254).
Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe die vier "Künstlerinnen" nicht selbst ausgesucht oder angestellt, sondern sich diese von drei verschiedenen Agenturen vermitteln lassen.
In den anlässlich der Kontrolle am 24. April 2008 angefertigten Personenblättern gaben die Tänzerinnen übereinstimmend an, dass der Beschwerdeführer ihr "Chef" und Ansprechpartner sei. An der Beschäftigung der Ausländerinnen im Sinne des AuslBG vermag auch die Ein- bzw. Zwischenschaltung einer Agentur im Hinblick auf § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG nichts zu ändern, weil zufolge § 2 Abs. 2 und 3 AuslBG Beschäftiger iSd AuslBG auch derjenige ist, der im Rahmen des Dienstverhältnisses über die Arbeitskraft eines anderen verfügen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. März 2008, Zl. 2007/09/0232). Um die Verwendung von ausländischen Arbeitskräften als Beschäftigung im Sinn des § 3 Abs. 1 AuslBG zu qualifizieren, macht es auch keinen Unterschied, ob derjenige, der die Arbeitskräfte verwendet, selbst Arbeitgeber der Ausländer ist, oder ob im Sinn des § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG in Verbindung mit dem AÜG die Verwendung überlassener Arbeitskräfte erfolgt. In beiden Fällen ist derjenige, der die Arbeitskräfte verwendet, ohne im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung oder Anzeigebestätigung zu sein, und ohne dass der Ausländer eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt, oder eine anderweitige Zulassung der Arbeitskraft zum Arbeitsmarkt besteht, wegen Übertretung des § 3 Abs. 1 AuslBG gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a leg. cit. verantwortlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2009, Zl. 2007/09/0341, mwN).
Die Tätigkeit der Ausländerinnen in ihrer Gesamtheit stellte im vorliegenden Fall angesichts der wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung aller ihrer Aspekte mit dem Betrieb des Beschwerdeführers - von der grundsätzlichen Anwesenheitspflicht der Ausländerinnen während der täglichen Arbeitszeit von 22.00 Uhr bis 04.00 Uhr des Folgetages, der Beistellung einer unentgeltlichen Wohnmöglichkeit, der vom Beschwerdeführer für privaten Table-Dance unentgeltlich zur Verfügung gestellten Räumlichkeit, der unentgeltlichen Bereitstellung nichtalkoholischer Getränke an die Ausländerinnen, der "stillen Autorität" des Beschwerdeführers (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 12. Juli 2011, Zl. 2008/09/0370), die dieser durch Anwesenheit im Lokal ausgeübt hat, bis zu der angestrebten, durch die Tätigkeit der Ausländerinnen als Table-Tänzerinnen erreichten Steigerung der Attraktivität des vom Beschwerdeführer betriebenen Lokals eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG dar. Auch vermag es nichts am Charakter des Verhältnisses als Beschäftigung zu ändern, wenn das Entgelt - oder wesentliche Teile desselben - faktisch unmittelbar durch Dritte (hier: unmittelbar durch die konsumierenden Gäste beim Table-Dance bzw. durch die vermittelnde Agentur, die wiederum vom Beschwerdeführer bezahlt wurde) geleistet wurde (zur Dienstgebereigenschaft trotz Verweisung auf eine Entgeltleistung Dritter vgl. § 35 Abs. 1 ASVG und etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, Zl. 2005/09/0157; zur Abgrenzung einer künstlerischen Tätigkeit in Ausübung des Tanzes - derartige Elemente sind aber im gegenständlichen Verwaltungsverfahren weder hervorgekommen, noch vom Beschwerdeführer, der die Ausländerinnen lediglich als "Künstlerinnen" bezeichnet, behauptet worden - von einer rein tänzerischen Tätigkeit vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 1998, Zl. 98/09/0127, sowie vom 24. März 2011, Zl. 2008/09/0062).
Der Beschwerdeführer moniert, dass ein fahrlässiges Verhalten seinerseits nicht vorliege. Die "Künstlerinnen" seien nicht am Umsatz beteiligt gewesen, sie hätten kein Entgelt vom Beschwerdeführer erhalten, ihre Tagesgage sei vom Agenturbetreiber ausbezahlt worden, der Beschwerdeführer habe das Vermittlungsentgelt an den Agenturbetreiber ausbezahlt. Die "Künstlerinnen" seien davon ausgegangen, dass sämtliche sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Angelegenheiten vom Agenturbetreiber geregelt worden seien, was natürlich auch gegenüber dem Beschwerdeführer so transportiert worden sei. Er sei subjektiv davon ausgegangen, dass es sich bei den vier "Künstlerinnen" um selbständig erwerbstätige "Künstlerinnen" gehandelt habe.
Übertretungen nach dem § 28 Abs. 1 AuslBG sind Ungehorsamsdelikte iSd § 5 Abs. 1 VStG, weil zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder eine Gefahr nicht gehört. In einem solchen Fall ist der Arbeitgeber strafbar, wenn er nicht genügende Vorkehrungen getroffen hat, um die Verwirklichung des Tatbildes zu verhindern. Der Arbeitgeber hat bei Erfüllung des objektiven Tatbildes glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft. Den Beschwerdeführer hätte gegenständlich die Verpflichtung getroffen, sich mit den einschlägigen Normen seines Betätigungsfeldes ausreichend vertraut zu machen. Er hat aber weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde dargetan, dass es ihm unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, sich unter Schilderung der tatsächlichen Tätigkeitsabläufe der Ausländerinnen zumindest bei der für die Bewilligung nach dem AuslBG zuständigen Behörde (der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice) beraten bzw. aufklären zu lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2011, Zl. 2009/09/0022). Die Verwirklichung des inkriminierten Tatbestandes war dem Beschwerdeführer sohin auch subjektiv vorwerfbar.
Auch unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers und der jeweiligen Beschäftigungszeiträume kann angesichts des gegenständlich zur Anwendung kommenden Strafrahmens von (EUR 2.000,-- bis EUR 20.000,- -) nicht erkannt werden, dass die belangte Behörde durch die Verhängung der genannten Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafen das ihr bei der Strafbemessung eingeräumte Ermessen überschritten hätte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 4. Oktober 2012
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2012:2010090077.X00Im RIS seit
31.10.2012Zuletzt aktualisiert am
14.02.2014