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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrPolG 2005 §52 Abs1 idF 2011/I/038;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Merl und Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des I M in W, vertreten durch Dr. Markus Bernhauser, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 6. April 2012, Zlen. UVS-FRG/57/10362/2011-13, UVS-FRG/V/57/10552/2011, betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den aus Bangladesch stammenden Beschwerdeführer eine auf § 52 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) gestützte Rückkehrentscheidung sowie ein Einreiseverbot für die Dauer von 18 Monaten. Unter einem legte sie die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 und Abs. 2 FPG mit 14 Tagen fest.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei 1995 legal in Österreich eingereist und habe bis 31. Jänner 1999 über einen Aufenthaltstitel als Schüler (Hotelfachschule) bzw. Student verfügt. Aufgrund seiner (am 16. Juni 1998 erfolgten) Eheschließung mit einer österreichischen Staatsangehörigen habe er im Jahr 1998 eine unbefristete Niederlassungsbewilligung erhalten. Diese Ehe sei jedoch als Aufenthaltsehe für nichtig erklärt und daraufhin gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 17. Juni 2002 ein 5jähriges Aufenthaltsverbot verhängt worden. Die dagegen erhobene Berufung sei rechtskräftig als verspätet zurückgewiesen worden. Die Arbeitserlaubnis des Beschwerdeführers habe mit 17. Juni 2006 geendet, seitdem habe er keine weiteren Anträge auf Erteilung einer Arbeitsberechtigung mehr gestellt.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 11. September 2008 sei der Beschwerdeführer gem. § 53 FPG ausgewiesen worden; über die dagegen gerichtete Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof sei im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht entschieden, die aufschiebende Wirkung jedoch zuerkannt worden.
Am 29. Oktober 2010 sei vom Finanzamt für den 4., 5. und 10. Bezirk zur Anzeige gebracht worden, dass der Beschwerdeführer seit 20. September 2010 als Koch im Restaurant T in Wien beschäftigt gewesen sei, ohne im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung zu sein. Einem Versicherungsdatenauszug zufolge sei der Beschwerdeführer bei diesem Unternehmen vom 20. September 2010 bis 6. Dezember 2010 sowie vom 10. März 2010 bis 20. September 2010 in einem Lokal geringfügig beschäftigt gewesen. In der Folge sei mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 15. Jänner 2011 gegen den Beschwerdeführer ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden.
Der Beschwerdeführer sei seit 15. August 2007 mit einer Staatsangehörigen von Bangladesch verheiratet, welche mittlerweile über den Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" verfüge. Das Ehepaar habe zwei am 23. November 2009 geborene Kinder. Den Lebensunterhalt bestreite die Ehefrau des Beschwerdeführers.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei zuletzt unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig gewesen, weshalb (nunmehr wegen Änderung der Rechtslage während des Berufungsverfahrens) eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 FPG auszusprechen sei. Da er unstrittig vom 20. September 2010 bis 6. Dezember 2010 einer illegalen Beschäftigung nachgegangen sei, sei auch die bestimmte Tatsache des § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG erfüllt. Ein Einreiseverbot sei daher angesichts der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung in einer Dauer von bis zu fünf Jahren zu verhängen.
Bezogen auf die Beurteilung nach § 61 FPG führte die belangte Behörde weiter aus, mit der Verhängung eines "Aufenthaltsverbots" sei jedenfalls ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden. Der Eingriff sei aber zulässig, weil er zur Erreichung des im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziels der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und des geregelten Arbeitsmarktes dringend geboten sei.
Zu den familiären Bindungen (Ehefrau, Kinder sowie ein Bruder, der mittlerweile österreichischer Staatsangehöriger sei) sei anzumerken, dass der Beschwerdeführer seine nunmehrige Ehefrau geheiratet habe, als er nicht mehr zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen sei. Seine Ehefrau sei erst seit 21. Juni 2005 im Bundesgebiet gemeldet, und die Familie finanziere ihren Lebensunterhalt ausschließlich durch das Kinderbetreuungsgeld. Außerdem habe der Beschwerdeführer Österreich trotz eines 2002 gegen ihn verhängten Aufenthaltsverbots nicht verlassen. Den Kontakt zu seiner Familie könne er dadurch aufrechterhalten, dass ihn die Familie ins Ausland begleite, seien doch seine Ehefrau und die Kinder ebenfalls Staatsangehörige von Bangladesch und in Österreich noch nicht stark verwurzelt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
§ 52 Abs. 1 und § 61 FPG (jeweils samt Überschrift) lauten:
"Rückkehrentscheidung
§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen ist, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
…
2. Abschnitt
Schutz des Privat- und Familienlebens
§ 61. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;
2.
das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3.
die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4.
der Grad der Integration;
5.
die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;
6.
die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7.
Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
(4) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung deren Unzulässigkeit gemäß Abs. 3 festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung nach Abs. 1 vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung rechtfertigen würde."
Zunächst ist anzumerken, dass die belangte Behörde im vorliegenden Übergangsfall, in dem in erster Instanz ein auf § 60 Abs. 1 und Abs. 2 FPG idF vor dem FrÄG 2011 gestütztes Aufenthaltsverbot erlassen wurde, zutreffend die geltende Fassung des FPG nach dem FrÄG 2011 (in Form einer sogenannten "Maßgabebestätigung"; Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 FPG, verbunden mit einem Einreiseverbot) angewendet hat.
Der Beschwerdeführer bestreitet die Richtigkeit der behördlichen Ausführungen, wonach er im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde über keine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet verfügt habe, nicht. Es ist somit die behördliche Auffassung, der Beschwerdeführer halte sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, weshalb grundsätzlich gegen ihn nach § 52 Abs. 1 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen werden dürfe, nicht zu beanstanden, zumal auch nicht erkennbar ist, dass im vorliegenden Fall andere Bestimmungen zu sonstigen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen (arg.: "sofern nicht anderes bestimmt ist") zur Anwendung kämen. Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht, dass der grundsätzlich die Erlassung eines Einreiseverbotes ermöglichende Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 8 FPG erfüllt ist. Insoweit räumt er selbst ein, im Jahr 2010 "geringfügig" ohne Beschäftigungsbewilligung gearbeitet zu haben. Soweit er sich gegen die Feststellungen der belangten Behörde zur Gesamtdauer dieser Beschäftigung richtet, ist dies fallbezogen für die Beurteilung nicht weiter relevant.
Der Beschwerdeführer wendet sich allerdings unter anderem gegen die von der belangten Behörde nach § 61 FPG vorgenommene Beurteilung. Er verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass das seine "fremdenpolizeilichen Schwierigkeiten" einleitende Eingehen einer Aufenthaltsehe im Entscheidungszeitpunkt bereits fast 14 Jahre zurücklag und der Beschwerdeführer gegen das verhängte Aufenthaltsverbot eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gerichtet habe, welcher (bis 2006) auch aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei. Bereits 2007 habe der Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen beantragt. Er lebe seit 1995 in Österreich, habe hier die Hotelfachschule absolviert und als einzige Verfehlung im Jahr 2010 geringfügig ohne Beschäftigungsbewilligung gearbeitet. Seine Ehefrau und seine Kinder lebten legal im Bundesgebiet, außerdem habe er bereits seit 1995 ein Familienleben mit seinem seit 21 Jahren hier ansässigen Bruder, mittlerweile österreichischer Staatsbürger, in Österreich.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner zu Ausweisungen gemäß § 53 Abs. 1 FPG idF vor dem FrÄG 2011 ergangenen, aber auch für Rückkehrentscheidungen nach § 52 Abs. 1 FPG (in der Fassung des FrÄG 2011) maßgeblichen Rechtsprechung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2012, Zl. 2012/18/0027, sowie das hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2012, Zl. 2011/21/0277) darauf hingewiesen, dass es zwar zutrifft, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt. Demgegenüber wurde in der bisherigen Judikatur aber auch bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden wiederholt von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich und damit von der Unverhältnismäßigkeit der Ausweisung ausgegangen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden ausnahmsweise Ausweisungen (gemäß § 53 Abs. 1 FPG idF vor dem FrÄG 2011) auch nach so einem langen Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 30. August 2011, Zl. 2008/21/0605, mit zahlreichen Nachweisen aus der hg. Rechtsprechung).
Von einem Fehlen jeglicher Integration kann aber im vorliegenden Fall, in dem sich der - unstrittig strafrechtlich unbescholtene - Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits mehr als sechzehn Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat, schon nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid keine Rede sein. Der Beschwerdeführer verfügt demnach über einen Abschluss einer österreichischen Hotelfachschule. Nach der Aktenlage wurden mit dem Beschwerdeführer bereits 1996 Niederschriften in deutscher Sprache ohne Beiziehung eines Dolmetschers angefertigt; demnach dürfte er jedenfalls über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen.
Die belangte Behörde ist im Rahmen ihrer Interessenabwägung gemäß § 61 FPG zwar von einem mit "dem Aufenthaltsverbot" verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben ausgegangen, hat diesen jedoch im Grunde des § 61 FPG als zulässig beurteilt. Dabei hat sie jedoch nicht erkennbar berücksichtigt, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers über sechs Jahre hindurch (Ende 1995 bis 9. März 2002) auf Aufenthaltstiteln beruhte und der Beschwerdeführer nach der Aktenlage während dieser Zeit teilweise im Rahmen von zu seiner Ausbildung gehörenden Praktika in Österreich beschäftigt, teilweise erwerbstätig war und zwischen 2002 und 2006 durchgehend eine Arbeitserlaubnis besessen hat. Nach einem im Akt einliegenden Versicherungsdatenauszug aus 2008 war der Beschwerdeführer auch von April 1996 bis Juni 2006 mit Unterbrechungen angemeldet und sozialversichert beschäftigt. Auf das Bestehen dieser beruflichen Integration des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde überhaupt nicht Bedacht genommen.
Dazu kommt, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers über einen "Daueraufenthalt-EG" verfügt und nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den familiären Bindungen zu dauerhaft in Österreich niedergelassenen Ehepartnern besonderes Gewicht im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK zukommt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2012, Zl. 2008/22/0354, mwH).
Zwar ist dem diesen (zu seinen familiären Interessen hinzukommenden) privaten Interessen gegenüberstehenden öffentlichen Interesse an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" eine erhebliche Bedeutung zuzugestehen; im Hinblick auf die Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere den mehr als sechzehnjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und seine jahrelange, in einem von der Behörde nicht näher festgestellten Ausmaß erlaubte Praktikums- und Berufstätigkeit, kommt jedoch den privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers ein so großes Gewicht zu, dass die Ansicht der belangten Behörde, die Auswirkungen der aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung, vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt wird (vgl. dazu auch das ebenfalls die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wegen "Schwarzarbeit" betreffende hg. Erkenntnis vom 21. November 2011, Zl. 2009/18/0162).
Vor diesem Hintergrund ist das während der langen Dauer des Aufenthalts in Österreich vom Beschwerdeführer aufgebaute Familien- und Privatleben von solchen maßgebenden Umständen gekennzeichnet, die die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines auf eine Beschäftigung entgegen dem AuslBG gegründeten Einreiseverbotes jedenfalls als unverhältnismäßig erscheinen lassen.
Da die belangte Behörde insofern die Rechtslage verkannt hat, dass sie ohne Bedachtnahme auf die Besonderheiten des hier vorliegenden Falles der im Jahre 2010 festgestellten geringfügigen "Schwarzarbeit" des Beschwerdeführers eine derart überragende Bedeutung zugemessen und die Interessenabwägung darauf aufbauend zu Lasten des Beschwerdeführers vorgenommen hat, hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Stellt sich aber die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme als nicht zulässig dar - für das fortzusetzende Verfahren ist im gegebenen Zusammenhang auf § 61 Abs. 3 FPG hinzuweisen - kann auch der Ausspruch über die Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise und über ein mit der Rückkehrentscheidung verbundenes Einreiseverbot keinen Bestand haben.
Der angefochtene Bescheid war daher zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 16. Oktober 2012
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2012:2012180062.X00Im RIS seit
13.11.2012Zuletzt aktualisiert am
28.11.2012