Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §73 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. Wilhelm Noverka, Dr. Elisabeth Stanek-Noverka, Rechtsanwälte in 1170 Wien, Hernalser Hauptstraße 116, gegen den Bescheid des Bundesministers für Soziale Sicherheit und Generationen in Wien vom 24. Mai 2000, Zl. 142.843/7-5/00, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages in einer Angelegenheit nach dem KOVG 1957, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 24. Mai 2000 wurde der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers vom 3. Dezember 1999 betreffend die Entscheidung über einen - nicht mehr im Verwaltungsakt befindlichen und offenbar in Verstoß geratenen - Antrag des Beschwerdeführers vom 26. Jänner 1982 auf Erhöhung der Pflegezulage und Zuerkennung der Blindenzulage der Stufe V gemäß § 86 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 (KOVG) in Verbindung mit § 73 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) mit der Begründung zurückgewiesen, in einem antragsbedürftigen Verfahren, wie es jenes nach dem KOVG sei, sei die genaue Bestimmung des Gegenstandes des Anbringens wichtig, weil dadurch die Verwaltungssache, also der Prozessgegenstand des betreffenden Verwaltungsverfahrens, bestimmt werde. Habe ein Anbringen einen unklaren oder nicht genügend bestimmten Inhalt, habe die Behörde den Gegenstand des Anbringens von amtswegen zu ermitteln. Um über den Antrag des Beschwerdeführers vom 26. Jänner 1982 eine Sachentscheidung treffen zu können, habe der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales (nunmehr: für soziale Sicherheit und Generationen) zur Konkretisierung der unklaren Angaben im Antrag das an den Beschwerdeführer gerichtete Schreiben vom 13. Dezember 1999 gerichtet, in welchem um die zur Entscheidung erforderliche Beantwortung von Fragen und Vorlage entsprechender Beweise binnen vier Wochen ersucht worden sei. Der Beschwerdeführer habe innerhalb der gesetzten Frist darauf nicht geantwortet, obwohl er das Ersuchschreiben des Bundesministers vom 13. Dezember 1999 erhalten habe und ihm eine fristgerechte Beantwortung möglich gewesen wäre. Dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen sei daher nur durch das säumige Verhalten des Beschwerdeführers "im notwendigen Ermittlungsverfahren" eine Sachentscheidung über den Devolutionsantrag vom 3. Dezember 1999 zu treffen nicht möglich gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Beschwerdeführer macht in der Beschwerde geltend, er habe bereits am 26. Jänner 1982 einen "entsprechenden Sachantrag" beim (damals zuständigen) Bundessozialamt eingebracht. Nachdem innerhalb der Frist des § 73 AVG eine Sachentscheidung nicht ergangen sei, habe er am 8. März 1998 einen Devolutionsantrag an die Schiedskommission eingebracht. Nachdem auch von dieser innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist nicht entschieden worden sei, habe er mit Eingabe vom 3. Dezember 1999 einen weiteren Devolutionsantrag an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen gestellt. Mit Schreiben dieses Bundesministers vom 13. Dezember 1999 sei er ersucht worden, binnen vier Wochen im Einzelnen wiedergegebene Fragen zu beantworten und entsprechende Beweise vorzulegen. Diese Fragen habe er mit Schreiben vom 22. Dezember 1999, welches (irrtümlich) dem Bundessozialamt Wien, Niederösterreich und Burgenland laut Eingangsstampiglie am 23. Dezember 1999 überreicht worden sei, beantwortet. Eine Fotokopie dieses Schreibens habe er der belangten Behörde noch mit Schreiben vom 17. Mai 2000 vorgelegt und darin auch seinen ursprünglichen Antrag neuerlich konkretisiert.
Der Beschwerdeführer rügt die Mangelhaftigkeit des Verfahrens, weil die belangte Behörde zu Unrecht von der mangelnden Beantwortung der an ihn gestellten Fragen ausgegangen sei. Auch wäre es Aufgabe der unzuständigen Behörde gewesen, diese Eingabe gemäß § 6 AVG unverzüglich an die belangte Behörde weiterzuleiten. Ihn treffe keine Verantwortung für den Verlust seines (ursprünglichen) Antrages.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Beschwerdeführer erstattete hierzu eine Replik.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß dem im vorliegenden Verfahren nach § 86 Abs. 1 KOVG anzuwendenden § 73 Abs 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.
Nach Abs. 2 leg. cit. geht, wenn der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt wird, auf deren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, (...), über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Oberbehörde (...) einzubringen. Der Antrag ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
Einziges von der Partei zu beachtendes Formerfordernis für einen Antrag nach § 73 Abs. 2 AVG ist die konkrete Benennung jenes Antrages - im Beschwerdefall desjenigen vom 26. Jänner 1982 -, über den entgegen § 73 Abs. 1 AVG nicht fristgerecht entschieden worden ist. Weitere Voraussetzungen stellt § 73 Abs. 2 AVG nicht auf.
Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom 3. Dezember 1999 "die Devolution des Verfahrens über seinen Antrag vom 26. Jänner 1982, der beim LIA Wien, jetzt BSA, aus den Akten von einem(r) Behördenangehörigen entfernt worden ist", begehrt. Die belangte Behörde ist - grundsätzlich zutreffend - davon ausgegangen, dass eine auf sie übergegangene Entscheidungspflicht das Vorliegen eines einer sachlichen Erledigung zugänglichen Antrages voraussetzt. Unrichtig ist aber, dass aus der Aktenlage nicht erkennbar gewesen wäre, was Gegenstand des Antrages vom 26. Jänner 1982 gewesen ist. Vielmehr geht aus den Akten der belangten Behörde hervor, dass diese selbst keinen Zweifel am Inhalt des (tatsächlich eingebrachten) Antrages vom 26. Jänner 1982 hatte, wird doch in den Akten (Zl. 140.138/5-5/97) unter Angabe der OZl. der Fundstelle im Versorgungsakt teilweise wörtlich aus diesem Antrag zitiert. Dennoch wurde dem Beschwerdeführer ein Auftrag zur "Klärung" von Fragen erteilt, wobei sich im Übrigen lediglich die zu Punkt 1. gestellte Frage (nach Inhalt und Begründung des Erhöhungsantrages vom 26. Jänner 1982) auch objektiv als zur Entscheidung des darin gestellten Begehrens als zweckdienlich hätte erweisen können, nicht aber auch die zu Punkt 2. gestellte Frage betreffend die vermuteten Gründe für das Abhandenkommen dieser Eingabe. Lag aber kein Zweifel am Inhalt des Antrages vom 26. Jänner 1982, vor, hätte die belangte Behörde auch inhaltlich nach Durchführung entsprechender Erhebungen unabhängig von der sachlichen Begründetheit der geltend gemachten Ansprüche zu entscheiden gehabt. In diesem Zusammenhang wird auf das dieselben Ansprüche, jedoch bezogen auf den Zeitraum ab November 1991, betreffende hg. Erkenntnis vom 29. November 2000, Zl. 99/09/0254, verwiesen.
Da die belangte Behörde aus den dargelegten Gründen ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastete, war dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 19. Dezember 2000
Schlagworte
Parteistellung ParteienantragBesondere Rechtsgebiete ASVG KOVGEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000090106.X00Im RIS seit
27.03.2001Zuletzt aktualisiert am
26.06.2017