TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/19 95/12/0198

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Veröffentlicht am 19.12.2000
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Index

72/13 Studienförderung;

Norm

StudFG 1992 §19 Abs6 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde der T in W, vertreten durch Dr. Peter Pöch, Rechtsanwalt in Wien I, Strauchgasse 1-3, dieser vertreten durch Dr. Klaus Altmann, Rechtsanwalt in Wien I, Tuchlauben 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Kunst (nunmehr Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur) vom 8. März 1995, Zl. 56.052/8- I/7/95, betreffend Nachsicht von der Studienzeitüberschreitung gemäß § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565, -- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin studiert seit dem Wintersemester 1991/92 Rechtswissenschaften an der Universität W.

Am 25. November 1994 (eingelangt am 6. Dezember 1994) brachte die Beschwerdeführerin, die sich zu diesem Zeitpunkt im siebenten Semester des ersten Studienabschnittes befand, bei der Studienbeihilfenbehörde einen an die belangte Behörde gerichteten formularmäßigen Antrag auf Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit (§ 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG) ein. Als wichtigen Grund für die Überschreitung der Anspruchsdauer im Sinne des § 18 Abs. 1 StudFG wählte sie den formularmäßig vorgegebenen Punkt "Krankheit".

In ihrem Schreiben vom 19. Dezember 1994 präzisierte die Beschwerdeführerin ihren Antrag dahingehend, dass sie in den Studienjahren 1992/93 und 1993/94 aus gesundheitlichen Gründen den notwendigen Studienerfolg nicht habe erbringen können. Ausschlaggebend für die Überschreitung der erforderlichen Studienzeit sei vor allem ihre Verhinderung bei folgenden Prüfungs- und Seminarterminen gewesen:

"SS 92

Repetitorium zu VWL, Pflichtübung aus Rechtsgeschichte, Juni Termin, Einführung in die Rechtswissenschaften

WS 92/93

Jänner - Termin, Rechtsgeschichte

SS 93

Juni - Termin, Einführung in die Rechtswissenschaften Juni - Termin, VWL

WS 93/94

Oktober - Termin, Einführung in die Rechtswissenschaften November - Termin, Rechtsgeschichte Jänner - Termin, VWL Jänner - Termin, Einführung in die Rechtswissenschaften Jänner - Termin, Rechtsgeschichte

SS 94

Juni - Termin, VWL Juni - Termin, Rechtsgeschichte;"

Die Beschwerdeführerin führte weiter aus, sie habe die versäumten Prüfungen erst im Oktober 1994 nachholen können, nachdem eine Verbesserung ihres Gesundheitszustandes eingetreten sei. Sie habe ihrem Antrag keinen detaillierten "Krankenverlauf" für das Jahr 1992 beilegen können, weil ihre damalige Ärztin für ein solches Attest einen größeren Betrag habe verrechnen wollen und sie sich eine derartige Ausgabe nicht habe leisten können. Mit ihrem Antrag legte die Beschwerdeführerin das Prüfungsprotokoll der ersten Diplomprüfungskommission für das Studium der Rechtswissenschaften vom 8. Februar 1995 vor:

Fachname TPrProt Datum Prüfer

Note

Repro - Frist

Kolloquiums aus Soziologie

  

19-12-1992

genügend

 

Übung aus Römischem Privatrecht

  

14-06-1993

genügend

 

Einführung in die Rechtswissenschaften

  

05-10-1992 R 05-03-1993 A 28-06-1993 M 11-03-1994 K L R

nicht genügend nicht genügend nicht genügend genügend

3 Monate 1 Monat 1 Monat

Römisches Privatrecht

  

01-10-1993 W

genügend

 

Rechtsgeschichte Österreichs ...

  

01-12-1993 H 27-01-1994 H 05-10-1994 H

nicht genügend nicht genügend genügend

8 Wochen 2 Monate

Grundzüge der Volkswirtschaftslehre und -politik

  

22-01-1993 S 03-10-1994 S

nicht genügend genügend

1 Monat

Gesamtnote: BESTANDEN

  

Abschlussdatum: 05-10-1994

                          

Aus der fernschriftlichen Mitteilung des Prüfungsreferates der rechtswissenschaftlichen Fakultät vom 7. März 1995 an die belangte Behörde geht hervor, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum vom "Wintersemester 1990/91" bis zum Sommersemester 1992 an der rechtswissenschaftlichen Fakultät keine Prüfungen abgelegt hat.

Zum Nachweis der von ihr als Studienverzögerungsgrund angegebenen Krankheit legte die Beschwerdeführerin u.a. ein Schreiben eines praktischen Arztes vom 14. Dezember 1994 vor, in dem dieser bestätigte, dass sie seit mehreren Jahren an schmerzhaften Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule leide. Die Progredienz der Krankheit habe in den vorangegangenen zwei bis drei Jahren deutlich zugenommen. Es handle sich dabei um einen Morbus Scheuermann im II. Stadium mit deutlichen Schmorl'schen Knorpelhernien in den Abschlussplatten sämtlicher Lendenwirbel, Fehlhaltungen der Wirbelsäule und dadurch bedingte schmerzhafte muskuläre Verspannungen. Die Patientin habe in den vorangegangenen Jahren auch mehrmals an schmerzhaften Affektionen der Kreuzdarmbeingelenke (Iliosakralsyndrom) mit Ischialgie gelitten. Außerdem bestehe seit Jahren ein Zervikalsyndrom mit endlagig schmerzhafter Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule und häufigen, starken Kopfschmerzen.

Zum Verlauf der Krankheit führte der praktische Arzt aus, dass es Anfang Juni 1993 zu einem plötzlichen Wiederauftreten der Schmerzen im Bereich Lendenwirbelsäule/ Kreuzdarmbeingelenke mit Ausstrahlung in beide untere Extremitäten gekommen sei. Es sei eine langsame Besserung durch medikamentöse Behandlung und Infiltrationen eingetreten. Danach habe sich die Beschwerdeführerin einer intensiven Bewegungstherapie unterzogen, wodurch in den darauf folgenden Monaten eine relative Besserung der Beschwerden erzielt habe werden können.

Im Oktober 1993 habe ein Rezidiv der bereits im Juni 1993 aufgetretenen Beschwerden mit sehr starker Schmerzausstrahlung in die unteren Extremitäten begonnen und es habe Verdacht auf das Vorliegen eines Diskusprolaps L 5 bestanden.

Die Therapie erfolge durch Gabe von antirheumatischen Medikamenten, Muskelrelaxantien, Infiltrationen und physikalischer Therapie. Unter der intensiven Behandlung komme es langsam zu einer Besserung der bestehenden Symptomatik. Eine Verzögerung der Therapie werde durch eine akute Gastritis bedingt, die das Absetzen der Antirheumatika nötig gemacht habe. Abgesehen von einer kurzzeitigen Verschlechterung Anfang Dezember 1993 sei die Beschwerdeführerin im Februar 1994 annähernd beschwerdefrei gewesen. Jedoch sei im Dezember 1993 zusätzlich eine fieberhafte Infektionserkrankung der oberen Luftwege aufgetreten, die aber unter einer antibiotischen Therapie zufrieden stellend abheile.

Im Juni 1994 sei die Beschwerdeführerin an einer akuten Harnwegsinfektion mit hohem Fieber erkrankt. Die Infektion habe mit einer adäquaten antibiotischen Therapie rasch unter Kontrolle gebracht werden können. Es habe sich danach ein akutes Rezidiv der oben genannten Wirbelsäulenbeschwerden entwickelt, das aber durch intensive Therapie innerhalb weniger Wochen zum Abklingen habe gebracht werden können. Zurzeit (Dezember 1994) sei die Patientin infolge ständiger Therapie und Kontrolle relativ beschwerdefrei.

Diese Bestätigung ergänzte der praktische Arzt mit Schreiben vom 16. Jänner 1995, wonach die Schmerzen der Beschwerdeführerin, insbesondere in den im Schreiben vom 14. Dezember 1994 erwähnten Zeiträumen, sehr quälend gewesen seien und die Beweglichkeit entsprechend schmerzhaft eingeschränkt gewesen sei. Diese Schmerzen im Wirbelsäulen- und Beckenbereich, sowie die damit verbundenen Kopfschmerzen bzw. Schwindel könnten für den Alltag stark belastend wirken, da einerseits die Beweglichkeit eingeschränkt, andererseits die Konzentrationsfähigkeit durch den störenden Schmerz vermindert werde. Studien- und Lerntätigkeiten seien dadurch sicherlich beeinträchtigt. Außerdem könnten Medikamente und Muskelrelaxantien müde machen. Dazu komme eine relativ zeitaufwändige Therapie, die nicht nur auf die einzelnen Arzt-, bzw. Ambulanzbesuche beschränkt bleibe, da die Beschwerdeführerin die erlernte Heilgymnastik auch zu Hause weiterführen müsse.

Neben zwei Schreiben einer praktischen Ärztin, die lediglich die Bestätigung der Anwesenheit der Beschwerdeführerin in der Ordination, der verordneten Therapie und der Ausstellung eines Überweisungsschreibens an einen Facharzt für Orthopädie enthalten, legte die Beschwerdeführerin einen Orthopädischen Befundbericht einer Fachärztin für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie vor. Aus diesem geht hervor, dass die Beschwerdeführerin am 3. November 1992 wegen Kreuzschmerzen in die Ordination der Ärztin gekommen sei. Klinisch habe eine angedeutete Seitabweichung der Wirbelsäule bei freier Beweglichkeit aller Wirbelsäulenabschnitte bestanden. Es hätten sich Muskelverspannungen im Lendenwirbelsäulen - Bereich mit Druckschmerz besonders lumbal gefunden.

Am 6. November 1992 habe die Beschwerdeführerin ein Wirbelsäulenröntgen gemacht, das bis auf eine angedeutete Skoliose der "BWS" und einzelnen Schmorl'schen Knötchen im Bereich der unteren "BWS" und oberen Lendenwirbelsäule unauffällig gewesen sei. Die Diagnose laute auf Lumbalgie. Im Röntgen seien Zeichen eines Morbus Scheuermann angedeutet.

Der von der Beschwerdeführerin vorgelegte Röntgenbefund eines Facharztes für Radiologie vom 4. November 1992 enthält als Diagnose eine angedeutete rechtskonvexe Skoliose der Brustwirbelsäule, etwas verstärkte arcuäre Brustkyphose und geringe Zeichen eines abgelaufenen Morbus Scheuermann der unteren Brust- und oberen Lendenwirbelsäule.

Ein weiterer radiologischer Befund vom 8. November 1993 ergibt eine geringe Rotationsfehlstellung im lumbosakralen Bewegungssegment bei überwiegend linksseitiger Spondylarthrose, relative ossäre Stenose des linken Intervertebralforamens und geringfügige Diskusprotrusion ohne wesentliche Raumforderung.

Ein dritter radiologischer Befund vom 7. Dezember 1994 lautet auf normale knöcherne Strukturen geringe Fehlstellung der LWS. mit Streckhaltung deutliche Schmorl'sche Knorpelhernien an sämtlichen LWK. Geringgradige Spondylosis deformans.

In seiner Sitzung vom 17. Jänner 1995 befürwortete der Senat der Studienbeihilfenbehörde die Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit gemäß § 19 Abs. 6 Z 2 StudFG.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. März 1995 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 6. Dezember 1994 gemäß § 19 Abs. 6 Z 2 StudFG 1992, in der Fassung BGBl. Nr. 619/1994, ab.

Nach Darstellung der Rechtslage und des Verfahrensablaufes führte die belangte Behörde begründend aus, dass in rechtlicher Hinsicht zu prüfen sei, ob die von der Beschwerdeführerin genannten Gründe das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung um insgesamt fünf Semester, also zumindest eine drei Semester dauernde Studienverzögerung, bewirkt hätten und ob es sich dabei um wichtige Gründe im Sinne des StudFG handle.

Im Studienjahr 1991/92 seien keine Prüfungen abgelegt worden. Die Ablegung der einzelnen Teildiplomprüfungen sei den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Urkunden entsprechend festgestellt worden.

Bei einer Gegenüberstellung des Studienerfolgsnachweises und der Angaben der Beschwerdeführerin über die Zeiträume der Behinderung (Juni 1992, Jänner 1993, Juni 1993, Oktober und November 1993, Jänner 1994 und Juni 1994) könne die Erkrankung für den gesamten bisherigen Studienzeitraum höchstens im Ausmaß von einem Semester als studienbehindernd bewertet werden. Unter Berücksichtigung des Studienverlaufes sei somit festzustellen, dass das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung nicht auf wichtige Gründe im Sinne des Gesetzes zurückzuführen sei. Eine große zeitliche Verzögerung sei durch das mehrfache Nichtbestehen von Prüfungen entstanden. Der negative Abschluss von Prüfungen sei kein Grund zur Rechtfertigung einer Studienzeitüberschreitung im Sinne des StudFG.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung von Nachsicht von der Studienzeitüberschreitung gemäß § 19 Abs. 6 Z 2 StudFG nicht vorlägen, sei der Antrag der Beschwerdeführerin abzuweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Beschwerdefall ist auf Grund der zeitlichen Lagerung das StudFG 1992, BGBl. Nr. 305, idF der Novelle BGBl. Nr. 619/1994, anzuwenden. Paragraphenzitate ohne Angabe der Gesetzesstelle beziehen sich auf das StudFG 1992.

Nach § 6 Z 3 ist u.a. Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe, dass der Studierende einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25).

§ 19, der die Verlängerung der Anspruchsdauer aus wichtigen Gründen regelt, lautet (auszugsweise):

"(1) Die Anspruchsdauer ist zu verlängern, wenn der Studierende nachweist, dass die Studienzeitüberschreitung durch einen wichtigen Grund verursacht wurde.

(2) Wichtige Gründe im Sinne des Abs. 1 sind:

1. Krankheit des Studierenden, wenn sie durch fachärztliche Bestätigung nachgewiesen wird,

2.

Schwangerschaft der Studierenden und

3.

jedes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis, wenn den Studierenden daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

(6) Der zuständige Bundesminister hat auf Antrag des Studierenden und nach Anhörung des zuständigen Senates der Studienbeihilfenbehörde

1.

... oder

2.

bei Vorliegen wichtiger Gründe im Sinne der Z 1 oder der Abs. 2 und 4 die Überschreitung der zweifachen Studienzeit des ersten Studienabschnittes zuzüglich eines Semesters (§ 20 Abs. 2 und § 21 Abs. 2) oder die Überschreitung der Studienzeit des zweiten und dritten Studienabschnittes um mehr als vier Semester (§ 15 Abs. 2) nachzusehen,

wenn das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung auf die genannten Gründe zurückzuführen und auf Grund der bisherigen Studienleistungen zu erwarten ist, dass der Studierende die Diplomprüfung (das Rigorosum) innerhalb der Anspruchsdauer ablegen wird."

§ 20 Abs. 2 lautet:

"Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn ein Studierender die erste Diplomprüfung (das erste Rigorosum) des Studiums, für das Studienbeihilfe beantragt wird, oder eines Vorstudiums nicht innerhalb der zweifachen vorgesehenen Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters absolviert hat."

Gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 12. März 1979 über die Studienordnung für das Studium der Rechtswissenschaften, BGBl. Nr. 148/1979, umfasst der erste Studienabschnitt des Studiums der Rechtswissenschaften zwei Semester.

Zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt die Beschwerdeführerin vor, dass die belangte Behörde abschlägig entschieden habe, ohne sich mit der Stellungnahme des zuständigen Senates in irgendeiner Weise auseinander zu setzen, was dem Gebot des § 19 Abs. 6 StudFG zuwiderlaufe. Durch die Textierung dieser Gesetzesstelle sei klargelegt, dass es sich nicht um eine Ermessensentscheidung der Behörde handle, sondern dass vielmehr ein Anspruch auf Überschreitung der zweifachen Studienzeit zuzüglich eines Semesters bestehe, soferne wichtige Gründe im Sinne des Abs. 1 (hier richtig wohl Abs. 2 Z. 1: Krankheit der Studierenden) gegeben seien. Den Erhebungen der Beschwerdeführerin zufolge habe der Senat der Studienbeihilfenbehörde ein für sie positives Gutachten abgegeben. Diese Auskunft habe die Beschwerdeführerin telefonisch von einem Mitarbeiter der Studienbeihilfenbehörde erhalten. Die Stellungnahme des Senates habe offenbar bei der Entscheidung der belangten Behörde keine Rolle gespielt, sie sei nicht einmal erwähnt worden. Eine Auseinandersetzung der belangten Behörde nur mit denjenigen Beweisergebnissen, aus denen sie vermeine, ein negatives Ergebnis schöpfen zu können, sei unstatthaft und verletze, ebenso wie das Unterlassen der Anhörung des Senates der Studienbeihilfenbehörde, die Verfahrensvorschriften.

Hinsichtlich der in § 19 Abs. 6 Z 2 StudFG geregelten Voraussetzungen für eine Nachsicht der Überschreitung der Studienzeit im ersten Semester habe die belangte Behörde bezüglich beider geforderter Merkmale keine ausreichenden Ermittlungen gepflogen.

Zu ihrer Erkrankung habe die Beschwerdeführerin verschiedenste Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergebe, dass sie ein chronisches Leiden habe: Zunächst habe sie das Gutachten vom 14. Dezember 1994 ihres Hausarztes vorgelegt, der bestätigt habe, dass sie seit mehreren Jahren an schmerzhaften Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule, an dadurch bedingten schmerzhaften muskulären Verspannungen und zusätzlich mehrmals auch an schmerzhaften Affektionen der Kreuzdarmbeingelenke mit Ischialgie, ferner seit Jahren an einem Zervikalsyndrom mit Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule leide. Hinsichtlich des Krankheitsverlaufes sei eine genauere Präzisierung der Krankheitsperioden nur hinsichtlich der Schmerzen im Bereich Lendenwirbelsäule/Kreuzdarmbeingelenke für die Monate Anfang Juni 1993 mit Besserung in den nächsten Monaten, Oktober 1993, zunächst mit Verdacht auf Bandscheibenvorfall, Dezember 1993 bis Jänner 1994, hinsichtlich der Infektionserkrankungen und des daran anschließenden Rückfalls der Wirbelsäulenbeschwerden für Dezember 1993 - Juni 1994 erfolgt. Die anatomischen Veränderungen seien zusätzlich in den Gutachten der Fachärzte für Orthopädie und Radiologie dokumentiert. Die belangte Behörde stelle lediglich die besonders heraus gegriffenen Zeiträume der Behinderung (Juni 1992, Jänner 1993, Juni 1993, Oktober und November 1993, Jänner 1994 und Juni 1994) den Daten gegenüber, an denen die Beschwerdeführerin Prüfungen positiv absolviert habe, und schließe aus dem Umstand, dass sie zu den meisten Prüfungen mehrmals angetreten sei, fälschlich darauf, dass eine große zeitliche Verzögerung immer durch das mehrfache Nichtbestehen von Prüfungen entstanden sei. Dem sei entgegenzuhalten, dass die Beschwerdeführerin trotz massiver gesundheitlicher Probleme zu den Prüfungen angetreten sei, die sie dann gerade wegen dieser Beeinträchtigungen nicht habe bestehen können. Die Behörde habe es verabsäumt, sich damit auseinander zusetzen, ob die vielen negativen Ergebnisse auf den Krankheitsverlauf zurückzuführen seien. Diese Feststellung wäre durch die Daten der positiven Ablegung der Prüfungen indiziert gewesen.

Aus dem Gutachten ihres Hausarztes gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin im Juni 1994 wiederum erkrankt sei, diese Erkrankung durch antibiotische Therapie unter Kontrolle gebracht worden sei, sich im Anschluss daran jedoch wieder ein Rezidiv entwickelt habe, das innerhalb weniger Wochen zum Abklingen habe gebracht werden können. Gerade nach der Gesundung der Beschwerdeführerin seien in rascher Folge positive Prüfungsabschlüsse erfolgt. Am 3. Oktober 1994 sei die Prüfung "Grundzüge der Volkswirtschaftlehre und Politik" am 5. Oktober 1994 die Prüfung "Rechtsgeschichte Österreichs", die letzte Prüfung des ersten Abschnittes, abgelegt worden. Was die anderen von der Beschwerdeführerin abgelegten Prüfungen anlange, so habe sie Prüfungen in Zeiten des Wohlergehens (1. Oktober 1993, 14. Juni 1993, 19. Dezember 1992 und 11. März 1994) bestanden.

Die Behörde habe zwar ein Verfahren durchgeführt, dieses jedoch nur auf Grund der im Beschwerdefall offenbar nicht ausreichenden schriftlichen Unterlagen geführt. Im Sinne der §§ 39 und 40 AVG hätte auch eine mündliche Verhandlung anberaumt werden müssen, in der die Beschwerdeführerin ihre Beschwerden bzw. die genauen Zeiträume derselben genauer darlegen hätte können; ferner wäre die Beschwerdeführerin dazu anzuleiten gewesen, allfällig unklare Sachverständigengutachten durch berufene Ärzte ergänzen oder präzisieren zu lassen. Ein Mitarbeiter der Studienbeihilfenbehörde habe der Beschwerdeführerin ausdrücklich gesagt, dass die Unterlagen für das Verfahren ausreichend seien; es habe daher für die Beschwerdeführerin keinen Anlass gegeben, ihre Erkrankung ausführlicher darzulegen. Die Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführerin als Partei ginge nicht so weit, dass sich die belangte Behörde ein ordnungsgemäßes Verfahren "ersparen" könne, zu dessen Durchführung die Behörde im beschwerdegegenständlichen Fall verpflichtet gewesen wäre, da der Beschwerdeführerin als Antragstellerin nicht bekannt gewesen sei, dass die schriftlichen Unterlagen für einen positiven Verfahrensausgang nicht ausreichten und der Beschwerdeführerin auf Grund des eingliedrigen Instanzenzuges die Möglichkeit fehle, im Berufungsverfahren die entsprechend ergänzten Unterlagen vorzulegen.

Im Lichte dieser Ausführungen hätte die belangte Behörde auch Ermittlungen darüber anstellen müssen, ob die Beschwerdeführerin auf Grund des bisherigen Studienerfolges den Studienabschnitt innerhalb der Anspruchsdauer erfolgreich beendet haben werde. Hiezu habe die Beschwerdeführerin die tatsächliche, erfolgreiche Beendigung des Studienabschnittes bereits nachgewiesen (Diplomprüfungszeugnis).

Die belangte Behörde verstoße auch gegen die sie gemäß § 60 AVG treffende Begründungspflicht, wenn sie sich darauf stütze, dass der negative Abschluss von Prüfungen kein Grund zur Rechtfertigung einer Studienzeitüberschreitung sei. Diese Begründung wäre nur dann schlüssig, wenn zuvor festgestellt worden wäre, dass das Nichtbestehen von Prüfungen nicht im Zusammenhang mit den von der Beschwerdeführerin dargelegten Erkrankungen stünde. Zusammenfassend könne daher gesagt werden, dass beide Voraussetzungen des § 19 Abs. 6 erfüllt seien, da sich aus dem raschen Studienfortgang nach Wegfall der akuten Erkrankung einerseits eine günstige Studienprognose ableiten ließe, andererseits die Erkrankung - insbesondere die Akuterkrankungen - einen wichtigen Grund im Sinne des Gesetzes zur Verlängerung der Anspruchsdauer darstellten.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Auf Grund des in den Verwaltungsakten befindlichen Protokolls und weiterer Unterlagen ist ersichtlich, dass eine ordnungsgemäße Anhörung des Senates der Studienbeihilfenbehörde stattgefunden hat, und es steht weiters fest, dass sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides insoferne mit der Stellungnahme auseinander gesetzt hat, als sie begründete, weshalb sie dem Antrag der Beschwerdeführerin nicht stattgab und somit der Meinung des Senates der Studienbeihilfenbehörde nicht folgte.

Hinsichtlich des Nachweises der Erkrankung der Beschwerdeführerin und der daraus resultierenden Beeinträchtigung des Studienfortschrittes ist auf § 19 Abs. 2 Z 1 zu verweisen, welcher ausdrücklich eine fachärztliche Bestätigung der Krankheit des Studierenden für die Anerkennung der Krankheit als wichtigen Grund im Sinne der zitierten Gesetzesstelle vorsieht. Die vorgelegten orthopädischen und radiologischen Befunde gestatten keine Rückschlüsse auf eine mindestens drei Semester dauernde Studienbehinderung der Beschwerdeführerin durch die von ihr geltend gemachte Krankheit. Die Bestätigung des praktischen Arztes enthält ebenfalls keine für die positive Erledigung des Antrages ausreichenden Aussagen und kann - weil sie der gesetzlich vorgeschriebenen "fachärztlichen" Bestätigung im Sinne des § 19 Abs. 2 Z. 1 StudFG nicht entspricht - im Beschwerdefall als Beweismittel nicht herangezogen werden.

Auch der Vorwurf der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe ihr nicht ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Ermittlungsergebnissen gegeben, geht ins Leere. Aus den Verwaltungsakten ist nämlich einerseits ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen wurde, dass eine fachärztliche Bestätigung erforderlich sei und die von ihr vorgelegten Befunde nicht aussagekräftig genug seien. Auch vermag die - im Widerspruch zu § 19 Abs. 2 Z 1 StudFG stehende - Auskunft eines Mitarbeiters der Studienbeihilfenbehörde, dass alle erforderlichen Unterlagen vorlägen, keinen Anspruch auf ein Absehen von einer gesetzeskonformen Aufnahme der Beweise zu begründen.

Ebenso wenig ist der nicht näher präzisierte Vorwurf der Beschwerdeführerin, die Begründung des angefochtenen Bescheides genüge nicht den Anforderungen des § 60 AVG, berechtigt. Die belangte Behörde hat in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.

Was die Durchführung einer mündlichen Verhandlung betrifft, wäre es an der Beschwerdeführerin gelegen, die entscheidenden Tatsachen bekannt zu geben, die der belangten Behörde wegen dieser Unterlassung unbekannt geblieben sind, und darzulegen, was sie vorgebracht hätte, wenn ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre. Ein solches konkretes Vorbringen hat die Beschwerdeführerin aber nicht erstattet (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 19. Oktober 1982, Slg. N.F. Nr. 10.859/A, sowie vom 7. Oktober 1998, Zl. 94/12/0247).

Aus den bereits dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet; sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1995120198.X00

Im RIS seit

14.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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