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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
MRK Art6 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des M G in Wien, vertreten durch Dr. Wolfram Proksch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Nibelungengasse 11/4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 11. April 2011, Zl. Wa-2011-105608/1-Wab/Ne, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei:
Republik Österreich, vertreten durch die Österreichische Bundesforste AG), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
Aus dem in der vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 20. Juni 2011, B 644/11-3, nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretenen Beschwerde und in der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Beschwerdeergänzung vom 31. August 2011 enthaltenen Vorbringen in Zusammenhalt mit dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender unstrittiger Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer einer am A-See gelegenen Liegenschaft und stellte bei der Bezirkshauptmannschaft V (im Folgenden: BH) am 1. Februar 2001 einen Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung eines Steges im A-See vor seiner Liegenschaft. Grundbücherliche Eigentümerin des A-Sees ist die Republik Österreich (Bund), welcher See von der mitbeteiligten Partei verwaltet wird.
Mit Schreiben vom 30. August 2010 forderte die BH den Beschwerdeführer auf, eine Zustimmungserklärung der Seeeigentümerin (für den Stegeinbau) vorzulegen. Die Abgabe einer solchen Zustimmungserklärung wurde bisher gegenüber dem Beschwerdeführer verweigert.
Mit Bescheid der BH vom 16. November 2010 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der beantragten wasserrechtlichen Bewilligung nicht stattgegeben (der Antrag wurde laut dem Beschwerdevorbringen "abgewiesen", dem vorliegend angefochtenen Bescheid zufolge hingegen "zurückgewiesen").
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung, dies u.a. mit der Begründung, schon mit Schreiben vom 3. September 2010 sei der BH mitgeteilt worden, dass die mitbeteiligte Partei als Verwalterin des A-Sees willkürlich die Zustimmung für die Errichtung des Steges verweigere und im Hinblick auf die im Bereich der Vermietung und Verpachtung der Seeflächen bestehende Monopolstellung verpflichtet wäre, bezüglich der vom Steg betroffenen Seeflächen einen entsprechenden Bestandvertrag abzuschließen. Die mitbeteiligte Partei sei auch auf diesen Kontrahierungszwang hingewiesen worden. Die BH irre, wenn sie meine, dass zwingend die Zustimmung des Grundeigentümers vorzulegen wäre, und sie hätte außerdem auf eine Einigung hinwirken sowie die Republik Österreich bzw. die mitbeteiligte Partei auf den Zivilrechtsweg verweisen und dem Ansuchen um Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung stattgeben müssen.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Dazu führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die nach § 38 Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 für die Errichtung eines Steges erforderliche wasserrechtliche Bewilligung aus dem Grunde des § 5 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. nur bei Vorliegen der zivilrechtlichen Einwilligung des Verwalters des öffentlichen Wassergutes erteilt werden könne, ohne dass die Gründe, aus denen dieser die zivilrechtliche Einwilligung versage, im wasserrechtlichen Verfahren von Interesse wären. Diese Zustimmung könne nicht durch die Einräumung eines Zwangsrechtes ersetzt werden. Die Zustimmung des Grundeigentümers sei als eine Bedingung zu verstehen, ohne deren Erfüllung die Behörde keine wasserrechtliche Bewilligung erteilen könne und die von der Behörde nicht nach Art von privatrechtlichen Einwendungen Dritter unerledigt gelassen werden könne. Ob die Zustimmung des Grundeigentümers willkürlich oder in schikanöser Rechtsausübung verweigert werde, sei im wasserrechtlichen Verfahren nicht zu prüfen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzte Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Beim A-See handelt es sich gemäß § 2 Abs. 1 lit. a WRG 1959 iVm Anhang A zum Wasserrechtsgesetz (Z 4.a) um ein öffentliches Gewässer. Dieser See im Eigentum des Bundes wird von der Vertreterin der mitbeteiligten Partei verwaltet, der daran ein Fruchtgenussrecht im Sinn der §§ 509 ff ABGB zukommt (vgl. insbesondere § 1 Abs. 1 und 2a sowie § 7 Abs. 1 Bundesforstegesetz 1996, BGBl. Nr. 793).
Die Beschwerde bringt vor, es werde von ihr zwar nicht verkannt, dass die gemäß § 38 Abs. 1 WRG 1959 für die Errichtung des Steges erforderliche Bewilligung aus dem Grund des § 5 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. nur bei Vorliegen der zivilrechtlichen Einwilligung des Verwalters des öffentlichen Wassergutes erteilt werden könne, ohne dass die Gründe, aus denen dieser die zivilrechtliche Einwilligung versage, im wasserrechtlichen Verfahren von Interesse wären. Es werde auch nicht übersehen, dass die Zustimmung nicht durch die Einräumung von Zwangsrechten ersetzt werden könne. Es erscheine jedoch willkürlich und gleichheitswidrig, diese Grundsätze auf jene Fälle anzuwenden, in welchen der Verwalter des öffentlichen Wassergutes infolge seiner Monopolstellung einem Kontrahierungszwang unterliege und dessen Weigerung zum Abschluss eines Bestandvertrages offenkundig schikanös erscheine. Die belangte Behörde habe den präjudiziellen Bestimmungen des § 5 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1959 und des § 38 Abs. 1 leg. cit. einen verfassungswidrigen, insbesondere dem Gleichheitsgrundsatz und der Eigentumsfreiheit, widersprechenden Inhalt unterstellt, sodass deren Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof angeregt werde. Der Beschwerdeführer wäre zu einem Abschluss eines Bestandvertrages mit der mitbeteiligten Partei als Verwalterin des A-Sees zu den derzeitig gültigen Tarifen bereit, und diese habe den Abschluss eines solchen Vertrages mutwillig und ihrem Kontrahierungszwang widersprechend verweigert. Der belangten Behörde seien daher eine grobe Benachteiligung des Beschwerdeführers aus unsachlichen Gründen und somit ein an Willkür grenzendes Verhalten vorzuwerfen.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
§ 5 Abs. 1, § 8 Abs. 1 und § 38 Abs. 1 WRG 1959 (in der für die vorliegende Beurteilung maßgeblichen Fassung vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 14/2011) lauten:
"§ 5. (1) Die Benutzung der öffentlichen Gewässer ist innerhalb der durch die Gesetze gezogenen Schranken jedermann gestattet. Bezieht sich die Benutzung jedoch lediglich auf das Bett und geht sie hiebei über den Gemeingebrauch (§ 8) hinaus, so ist jedenfalls die Einwilligung des Grundeigentümers erforderlich."
"§ 8. (1) In öffentlichen Gewässern ist der gewöhnliche, ohne besondere Vorrichtungen vorgenommene, die gleiche Benützung durch andere nicht ausschließende Gebrauch des Wassers, wie insbesondere zum Baden, Waschen, Tränken, Schwemmen, Schöpfen, dann die Gewinnung von Pflanzen, Schlamm, Erde, Sand, Schotter, Steinen und Eis, schließlich die Benutzung der Eisdecke überhaupt, soweit dadurch weder der Wasserlauf, die Beschaffenheit des Wassers oder die Ufer gefährdet noch ein Recht verletzt oder ein öffentliches Interesse beeinträchtigt noch jemandem ein Schaden zugefügt wird, ohne besondere Bewilligung der Wasserrechtsbehörde unentgeltlich erlaubt."
"§ 38. (1) Zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer, die nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, ist nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Die Bewilligung kann auch zeitlich befristet erteilt werden."
Es besteht im Beschwerdeverfahren kein Zweifel daran, dass der Gebrauch des A-Sees durch den Einbau der Steganlage in den See keinen Gemeingebrauch im Sinn des § 8 Abs. 1 WRG 1959 darstellt (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Juli 1996, Zl. 93/07/0144, mwN) und gemäß § 38 Abs. 1 leg. cit., weil es sich dabei um einen Einbau in ein stehendes öffentliches Gewässer handelt, der nicht unter die Bestimmung des § 127 leg. cit. fällt, hiefür eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich ist (vgl. dazu etwa auch das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2004, Zl. 2004/07/0185, mwN).
Nach der ständigen hg. Judikatur ist für die Ausführung einer nach § 38 leg. cit. bewilligungspflichtigen Maßnahme bei Inanspruchnahme von fremdem Grund die Zustimmung des Grundeigentümers nötig, die nicht nach den Bestimmungen der §§ 60 ff leg. cit. durch Einräumung eines Zwangsrechtes ersetzt werden kann. Das Fehlen der Zustimmung eines Grundeigentümers, dessen Grundstück von der bewilligungspflichtigen Maßnahme in Anspruch genommen wird, muss daher zur Abweisung eines Ansuchens um wasserrechtliche Bewilligung dieser Maßnahme führen (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse vom 26. Juni 2008, Zl. 2007/07/0044, und vom 15. September 2011, Zl. 2009/07/0195, mwN).
Unstrittig wurde diese Zustimmung von der Eigentümerin des A-Sees verweigert. Aus welchen Gründen eine solche Einwilligung im zivilrechtlichen Sinn von der Eigentümerin versagt wurde, ist im verwaltungsrechtlichen Verfahren nicht von Interesse (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 18. März 2010, Zl. 2008/07/0096).
Entgegen der Beschwerdeansicht war die Behörde auch nicht gehalten, auf eine "Einigung" hinzuwirken oder die Eigentümerin des A-Sees "umzustimmen". Wenn die Beschwerde meint, dass die Eigentümerin des A-Sees auf Grund einer Monopolstellung einem Kontrahierungszwang unterliege und die Weigerung, einen Vertrag mit dem Beschwerdeführer abzuschließen, schikanös sei, so ist diese Frage, weil von zivilrechtlicher Natur, nicht im Verwaltungsweg, sondern im Zivilrechtsweg zu klären.
Auch teilt der Verwaltungsgerichtshof die im oben (I.) zitierten Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vertretene Auffassung, dass es verfassungsrechtlich nicht bedenklich ist, wenn Eingriffe in das Eigentum Dritter, die im Privatinteresse liegen, der Zustimmung des Eigentümers bedürfen, und die Frage, ob auf diese Zustimmung privatrechtlich ein Rechtsanspruch besteht, im Verwaltungsverfahren ausgeklammert bleibt. Es bestand daher auch keine Veranlassung, der Anregung des Beschwerdeführers, beim Verfassungsgerichtshof einen Gesetzesprüfungsantrag zu stellen, zu folgen.
Mangels einer vorliegenden Zustimmungserklärung der Eigentümerin des A-Sees für den Stegeinbau war der Antrag des Beschwerdeführers auf wasserrechtliche Bewilligung einer Steganlage daher abzuweisen.
Ob mit dem erstinstanzlichen Bescheid dieser Antrag - wie in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt - "zurückgewiesen" oder - wie in der Beschwerde vorgebracht - "abgewiesen" wurde, ist vorliegend nicht von erheblicher Bedeutung, weil sich sowohl aus dem Beschwerdevorbringen als auch dem angefochtenen Bescheid ergibt, dass die BH die beantragte wasserrechtliche Bewilligung mangels Vorliegens der Zustimmung der Eigentümerin des A-Sees versagt hat. Damit ist die BH jedoch inhaltlich auf eine Voraussetzung für eine Erteilung der beantragten wasserrechtlichen Bewilligung eingegangen und hat ihren Bescheid mit einer Begründung versehen, die bei inhaltlicher Richtigkeit eine Abweisung dieses Antrages trägt. Sollte die BH den Antrag, wie im angefochtenen Bescheid angeführt, zurückgewiesen anstelle, wie vorgebracht, abgewiesen haben, so stellte dies lediglich ein Vergreifen im Ausdruck dar. Auch insofern begegnet daher der angefochtene Bescheid, mit dem die gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung abgewiesen wurde, keinen Bedenken (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2011, Zl. 2009/07/0109).
Schließlich bestand auch keine Veranlassung, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde nämlich über keine zivilrechtliche Streitigkeit im Sinn des Art. 6 Abs. 1 EMRK entschieden, ist doch über die zivilrechtliche Frage eines Kontrahierungszwanges nicht im Verwaltungsverfahren oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, sondern im zivilgerichtlichen Verfahren zu entscheiden. Zivilrechte im Sinn dieser Konventionsbestimmung wurden durch den angefochtenen Bescheid weder verändert noch gestaltet. Die Lösung der in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfrage machte daher eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2006/07/0141 mwH auf die Judikatur des EGMR; ferner etwa das hg. Erkenntnis vom 16. September 2010, Zl. 2007/09/0141).
Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 13. Oktober 2011
Schlagworte
Organisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den Zivilrechtsweg VwRallg5/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2011:2011070174.X00Im RIS seit
11.11.2011Zuletzt aktualisiert am
09.01.2012