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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AuslBG §24;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder sowie die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des X, vertreten durch Detlef Frank Bock, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Spengergasse 1/3, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 18. Februar 2009, Zl. 318.857/2-III/4/08, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines mazedonischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als selbständige Schlüsselkraft gemäß §§ 12 Abs. 1, 13 Abs. 1 und 2, 29 Abs. 1 und 41 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) und § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) ab.
Begründend führte die belangte Behörde - auf das hier im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Wesentliche zusammengefasst - aus, im Verwaltungsverfahren sei die Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservices um Erstellung eines Gutachtens nach § 24 AuslBG ersucht worden. Diese habe festgestellt, dass in der Durchführung von Buchhaltungsarbeiten und Lohnverrechnungstätigkeiten durch die S KG kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen im Sinn des § 24 AuslBG gelegen sei. Dieses Unternehmen verfüge über keine Gewerbeberechtigung. Ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen könne aber nur dann vorliegen, wenn durch die Verrichtung einer selbständigen Erwerbstätigkeit entweder ein nachhaltiger Transfer von Investitionskapital oder die Schaffung bzw. Sicherung von Arbeitsplätzen erfolge. Seit 6. Oktober 2008 seien in diesem Unternehmen nur mehr zwei Dienstnehmer beschäftigt. Eine wirtschaftliche Wertschöpfung im Sinne des § 24 AuslBG sei nicht ableitbar.
Nach Wiedergabe gesetzlicher Bestimmungen des NAG sowie des Berufungsvorbringens führte die belangte Behörde aus, das Gutachten des Arbeitsmarktservices stelle sich als schlüssig dar. Der Beschwerdeführer beabsichtige, als unbeschränkt haftender Gesellschafter der S KG mit der Durchführung von Buchhaltungsarbeiten und Lohnverrechnungstätigkeiten selbständig erwerbstätig zu sein. Damit sei kein maßgeblicher Geldfluss ins Bundesgebiet verbunden. Eine ökonomische Gesamtbedeutung liege nicht vor. Im Hinblick auf die im Unternehmen bestehenden drei "Vollarbeitsplätze", die sich aus zwei "Vollzeitarbeitsplätzen" und zwei "Halbtagesarbeitsplätzen" zusammensetzten, und angesichts des Umstandes, dass einer davon vom Kommanditisten Herrn S besetzt werde, ein anderer vom Beschwerdeführer ausgefüllt werden solle, könne nicht von einer bedeutenden Schaffung von Arbeitsplätzen gesprochen werden. Es lägen sohin die Voraussetzungen zur Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels nicht vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
§ 41 NAG ( in der hier maßgeblichen Stammfassung) lautet - unter der Überschrift "Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft" - auszugsweise wie folgt:
"§ 41. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine 'Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft' erteilt werden, wenn
1.
sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen;
2.
ein Quotenplatz vorhanden ist und
3.
eine schriftliche Mitteilung der regionalen
Geschäftsstelle oder ein Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservices gemäß §§ 12 Abs. 4 oder 24 AuslBG vorliegt.
(2) Entscheidungen über die Erteilung einer 'Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft' sind überdies von der zuständigen Behörde gemäß §§ 12 oder 24 AuslBG unverzüglich, längstens jedoch binnen sechs Wochen ab Einbringung des Antrages, zu treffen. Von der Einholung einer schriftlichen Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle oder eines Gutachtens der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservices ist abzusehen, wenn der Antrag
1. wegen eines Formmangels (§§ 21 bis 24) zurückzuweisen ist;
2. wegen zwingender Erteilungshindernisse (§ 11 Abs. 1) abzuweisen ist oder
3. mangels eines Quotenplatzes zurückzuweisen ist.
(3) Erwächst die negative Entscheidung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über die Zulassung als unselbständige Schlüsselkraft (§ 12 AuslBG) in Rechtskraft, ist das Verfahren ohne weiteres einzustellen. Ist das Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice in einem Verfahren über den Antrag zur Zulassung als selbständige Schlüsselkraft negativ (§ 24 AuslBG), ist der Antrag ohne weiteres abzuweisen.
..."
§ 24 AuslBG (in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2005) hat - unter der Überschrift "Erstellung von Gutachten für selbständige Schlüsselkräfte" - folgenden Wortlaut:
"§ 24. Die nach der beabsichtigten Niederlassung der selbständigen Schlüsselkraft zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen drei Wochen das im Rahmen des fremdenrechtlichen Zulassungsverfahrens gemäß § 41 NAG erforderliche Gutachten über den gesamtwirtschaftlichen Nutzen der Erwerbstätigkeit, insbesondere hinsichtlich des damit verbunden Transfers von Investitionskapital und/oder der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen zu erstellen. Vor der Erstellung dieses Gutachtens ist das Landesdirektorium anzuhören."
§ 41 Abs. 3 zweiter Satz NAG normiert zwar, dass bei Vorliegen eines negativen Gutachtens im Sinn des § 24 AuslBG der Antrag auf Erteilung der "Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft" (als selbständige Schlüsselkraft) abzuweisen ist, dies bedeutet allerdings - bei verfassungskonformer Interpretation der Bestimmungen des § 41 Abs. 3 NAG und des § 24 AuslBG - nicht, dass das Gutachten durch den Antragsteller nicht entkräftet oder widerlegt werden kann oder dass die Behörde an ein unschlüssiges Gutachten gebunden wäre. Vielmehr gilt auch in Bezug auf die Würdigung dieses Beweismittels, dass die in § 45 AVG verankerten allgemeinen Verfahrensgrundsätze der materiellen Wahrheit, der freien Beweiswürdigung und des Parteiengehörs uneingeschränkt Anwendung finden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 2011, 2008/22/0309, mwN).
Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich aus der oben wiedergegebenen Bestimmung des § 24 AuslBG, dass für die Beurteilung, ob eine beabsichtigte selbständige Tätigkeit zur Stellung als Schlüsselkraft führt, der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Erwerbstätigkeit maßgeblich ist. Bei der Beurteilung, ob ein derartiger gesamtwirtschaftlicher Nutzen vorliegt, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob mit der selbständigen Erwerbstätigkeit ein Transfer von Investitionskapital verbunden ist und/oder ob die Erwerbstätigkeit der Schaffung von neuen oder der Sicherung von gefährdeten Arbeitsplätzen dient. Der Gesetzgeber stellt also darauf ab, ob ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten ist (vgl. dazu ebenfalls das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 5. Mai 2011, mwN).
Der Beschwerdeführer zeigt nun aber nicht auf, dass die Beurteilung der belangten Behörde, er erfülle diese Kriterien nicht, unrichtig wäre.
Er macht geltend, dass er Gesellschafter der S KG sei. Würde er zum Aufenthalt in Österreich nicht berechtigt sein, wären die "vier Vollzeitkräfte" wieder dem Arbeitsmarkt, dessen Situation ohnedies gespannt sei, zuzuführen. Es sei aber vorrangiges Ziel des Beschwerdeführers, die Arbeitsplätze zu sichern. Darüber hinaus würde der Beschwerdeführer zum steuerlichen und beitragsmäßigen Aufkommen der Republik insofern beitragen, als er Sozialversicherungsabgaben und Steuern entrichten werde.
Der Beschwerdeführer legt mit seinem Vorbringen allerdings nicht dar, weshalb es gerade auf seine Anwesenheit im Bundesgebiet ankommt, um die Arbeitsplätze der Arbeitnehmer der S KG - den unbestrittenen Feststellungen zufolge wird aber ein Arbeitsplatz von einem Mitgesellschafter ausgefüllt, ein weiterer soll vom Beschwerdeführer besetzt werden - erhalten zu können. Gründe, weshalb es geboten sei, die beschäftigten Mitarbeiter zu "entlassen und sie dem Arbeitsmarkt zuzuführen", wenn er nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt werde, sind der Beschwerde gleichfalls überhaupt nicht zu entnehmen. Soweit der Beschwerdeführer noch auf die mit seiner allfälligen Erwerbstätigkeit verbundenen, zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge und Steuern hinweist, ist nicht einmal ansatzweise erkennbar, inwieweit allein aus dem Hinweis auf diese künftig zu entrichtenden Abgaben die Voraussetzungen des § 24 AuslBG erfüllt wären.
Somit erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 13. Oktober 2011
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2011:2009220109.X00Im RIS seit
11.11.2011Zuletzt aktualisiert am
23.12.2011