TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/19 98/09/0287

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Veröffentlicht am 19.12.2000
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §12a;
AuslBG §4 Abs7;
BHZÜV 1995 §1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde 1. der H Autoreparatur GmbH und 2. des L, beide in W, beide vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Buchfeldgasse 19a, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom 21. August 1998, Zl. 10/13113/180 9499, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz,

1. zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird hinsichtlich der erstbeschwerdeführenden Partei als unbegründet abgewiesen.

2. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers zurückgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Arbeitsmarktservice zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die erstbeschwerdeführende Partei beantragte am 12. November 1998 beim Arbeitsmarktservice Bau-Holz Wien die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den Zweitbeschwerdeführer, einen kroatischen Staatsbürger, für die berufliche Tätigkeit KFZ-Bau und Lackierer mit speziellen Kenntnissen als Lackierer und Spengler.

Diesen Antrag wies die regionale Geschäftsstelle Bau-Holz Wien des Arbeitsmarktservice mit Bescheid vom 10. August 1998 gemäß § 4 Abs. 7 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) ab.

Dagegen erhob die erstbeschwerdeführende Partei Berufung. Sie brachte darin im Wesentlichen vor, dass sich der Zweitbeschwerdeführer seit 1992 dauernd mit laufender Aufenthaltsgenehmigung in Österreich aufhalte und selbstversichert sei. Seine Zeugnisse seien ausgesprochen gut, er sei als Lackierer daher bestens für das Unternehmen der erstbeschwerdeführenden Partei geeignet und entspreche allen Anforderungen, was man von den Kräften, die sich bis dato der erstbeschwerdeführenden Partei vorgestellt hätten, überhaupt nicht behaupten könne. Es fehle bei jedem die entsprechende Qualifikation. Es sei traurig, dass die meisten Arbeiter aus Österreich, die vom Arbeitsmarktservice vermittelt würden, leider nicht entsprächen. Dies liege daran, dass diese nur auf einem Gebiet (und das nicht besonders gut) über geringes Können verfügten. In der Firma der erstbeschwerdeführenden Partei sei es aber notwendig, dass die Arbeiter sowohl gute Spenglerkenntnisse aufwiesen als auch sehr gute Lackiererkenntnisse haben müssten. Die erstbeschwerdeführende Partei habe wirklich einen großen Arbeitskräftebedarf. Das Arbeitsmarktservice sei seit Jänner 1998 nicht in der Lage, für die Firma der Erstbeschwerdeführerin geeignete Kräfte zu vermitteln.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice (belangte Behörde) vom 21. August 1998 wurde der Berufung der erstbeschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 4 Abs. 7 i.V.m. § 12a Abs. 1 und 2 AuslBG sowie der zu § 12a AuslBG ergangenen Verordnungen keine Folge gegeben. Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung der maßgebenden Rechtslage - soweit für den Beschwerdefall relevant - aus, dass die Bundeshöchstzahl laut der letzten vom Arbeitsmarktservice Österreich veröffentlichten Statistik überschritten sei. Im Ermittlungsverfahren sei festgestellt worden, dass kein Tatbestand zur Anrechnung der beantragten ausländischen Arbeitskraft auf die Bundeshöchstzahl erfüllt werde und auch keine Voraussetzung für eine Zuordnung zu einem der in § 1 der zu § 12a Abs. 2 AuslBG ergangenen Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung genannten Personenkreis vorliege. Auch die in der Berufung vorgebrachten Umstände ließen eine solche Zuordnung nicht zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende von beiden beschwerdeführenden Parteien erhobene Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Zur Zurückweisung der Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers:

Voraussetzung für die Erhebung einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ist gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG die Erschöpfung des Instanzenzuges. Diese Voraussetzung ist im Fall des Zweitbeschwerdeführers, der gegen den erstinstanzlichen Bescheid keine Berufung erhoben hat, nicht erfüllt. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich auch, dass weder der Bescheid der Behörde erster Instanz noch jener der belangten Behörde dem Zweitbeschwerdeführer zugestellt worden ist. Die Beschwerde war somit gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

2. Zur Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Partei:

Die erstbeschwerdeführende Partei hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil ein gesamtwirtschaftliches Interesse an der Beschäftigung des Zweitbeschwerdeführers im Hinblick auf dessen besondere Ausbildung, seine speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten oder besondere Erfahrung jedenfalls gegeben sei. Wenn das Arbeitsmarktservice über einen Zeitraum von über acht Monaten keine erfolgreiche Vermittlung der von der erstbeschwerdeführenden Partei gesuchten Arbeitskräfte zu Stande bringe, dürfe dies als Indiz für die "Seltenheit" der Eigenschaften des Zweitbeschwerdeführers gewertet werden. Gerade den Klein- und Mittelbetrieben komme in der österreichischen Firmenlandschaft die überwiegende gesamtwirtschaftliche Bedeutung zu. Gerade Unternehmen dieser Art seien in besonderer Weise von ihren qualifizierten Mitarbeitern abhängig. Der Zweitbeschwerdeführer erfülle exakt das Anforderungsprofil der erstbeschwerdeführenden Partei und durch seine Tätigkeit könne er einen wesentlichen Beitrag zu deren Fortbestehen leisten. Am Weiterbestehen der erstbeschwerdeführenden Partei bestehe ein gesamtwirtschaftliches Interesse. Daher wäre für den Zweitbeschwerdeführer eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen gewesen. Insoferne sei die belangte Behörde auch ihrer Ermittlungspflicht hinsichtlich der Qualifikation des Zweitbeschwerdeführers und der gesamtwirtschaftlichen Folgewirkungen seiner Nicht-Beschäftigung durch die erstbeschwerdeführende Partei nicht nachgekommen.

Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung ausschließlich auf § 4 Abs. 7 AuslBG i.V.m. § 12a Abs. 1 und 2 AuslBG sowie der zu § 12a AuslBG ergangenen Verordnungen gestützt. Nach § 4 Abs. 7 AuslBG dürfen unbeschadet des § 12a Abs. 2 AuslBG Beschäftigungsbewilligungen nur unter der zusätzlichen Voraussetzung erteilt werden, dass die Bundeshöchstzahl nicht überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn die Beschäftigungsbewilligung für einen Ausländer erteilt werden soll, der Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz hat.

Sind die genannten Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 leg. cit. nicht erfüllt, dann kann - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt dargelegt hat - dahingestellt bleiben, ob allenfalls Voraussetzungen nach anderen Bestimmungen - wie etwa des § 4 Abs. 1, § 4 Abs. 3 oder des § 4 Abs. 6 AuslBG - die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung rechtfertigen würden (vgl. in dieser Hinsicht das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1998, Zl. 97/09/0286, m.w.N.).

Die beschwerdeführende Partei tritt den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, wonach die im Beschwerdefall maßgebende Bundeshöchstzahl 1998 im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides überschritten und die sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahrens gegeben gewesen seien, nicht entgegen. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt dagegen keine Bedenken. Es geht im Beschwerdefall demnach ausschließlich darum, ob - ungeachtet der Überschreitung der Bundeshöchstzahl - im Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahren die Beschäftigungsbewilligung für die beantragte ausländische Arbeitskraft erteilt werden durfte.

Gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, mit der die Gesamtzahl der unselbstständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer überzogen wird, BGBl. Nr. 278/1995 (in ihrer im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. II Nr. 256/1997; Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung - BHZÜV), dürfen unter anderem nach der (aus Sicht des Beschwerdefalles relevanten) Z. 3 über die Gesamtzahl der unselbstständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer (Bundeshöchstzahl) gemäß § 12a Abs. 1 AuslBG hinaus Sicherungsbescheinigungen ausgestellt und Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden für:

"Ausländer, an deren Beschäftigung

a) Im Hinblick auf ihre besondere Ausbildung, speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten oder besonderen Erfahrung oder

b) im Hinblick auf den mit der Beschäftigung verbundenen Transfer von Investitionskapital gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen;".

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat (vgl. in dieser Hinsicht ebenfalls das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1998, Zl. 97/09/0286, m.w.N.) müssen nach § 1 Z. 3 lit. a BHZÜV zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:

1. Eine besondere Qualifikation des Ausländers in Bezug auf die beantragte Beschäftigung (subjektive, in der Person des beantragten Ausländers gelegene Komponente) und

2. ein gesamtwirtschaftliches Interesse an der Beschäftigung des qualifizierten Ausländers (objektive Komponente).

Das gesamtwirtschaftliche Interesse an der Beschäftigung des beantragten Ausländers (die objektive Komponente) setzt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein qualifiziertes, über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Betriebes an der Befriedigung eines derartigen Arbeitskräftebedarfes hinausgehendes Interesse voraus.

Im Beschwerdefall konnte die belangte Behörde nach dem von der beschwerdeführenden Partei im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen davon ausgehen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 1 Z. 3 BHZÜV nicht erfüllt sind.

Entgegen der Ansicht der erstbeschwerdeführenden Partei kann im Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahren (nach § 1 Z. 3 BHZÜV) das einem Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung im Regelfall zu Grunde liegende betriebliche Interesse an der Beschäftigung dieses Ausländers nicht genügen, um eine Überziehung der festgesetzten Bundeshöchstzahl zu rechtfertigen. Denn solcherart müsste im Überziehungsverfahren jeder Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung - abgesehen von Ansuchen, in denen ein Antragsteller (Arbeitgeber) sein fehlendes Interesse an der Beschäftigung des Ausländers bekundet - bis zum Erreichen der absoluten Grenze des § 12a Abs. 2 AuslBG regelmäßig bewilligt werden. Dass jede Beschäftigung im Regelfall im weitesten Sinn in irgendeiner Weise auch der Gesamtheit der Bevölkerung zugute kommt, bedeutet noch nicht, dass an dieser Beschäftigung deshalb ein qualifiziertes Interesse bestünde (auch dazu das bereits angeführte hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1998, Zl. 97/09/0286, m.w.N.). Inwiefern demnach an der Beschäftigung des beantragten Ausländers ein (am Bedarf hoch qualifizierter Arbeitskräfte zu messendes) gesamtwirtschaftliches Interesse - und nicht nur ein einzelbetriebliches Interesse der beschwerdeführenden Partei - bestehen soll, wurde im Verwaltungsverfahren nicht aufgezeigt. Mit dem Beschwerdevorbringen, die Beschäftigung des beantragten Ausländers leiste zum Fortbestehen der Erstbeschwerdeführerin einen wesentlichen Beitrag, vermag die erstbeschwerdeführende Partei - abgesehen davon, dass diese erstmals im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgebrachten Behauptungen unbeachtliche Neuerungen darstellen (§ 41 VwGG) - jedenfalls nur ein einzelbetriebliches Interesse an der Beschäftigung des beantragten Ausländers aufzuzeigen.

Wenn die belangte Behörde ausgehend von dem von der beschwerdeführenden Partei erstatteten Vorbringen demnach zu dem Ergebnis gelangte, dass im Beschwerdefall die Voraussetzungen für eine Zuordnung der beantragten Arbeitskraft zum Personenkreis des § 1 BHZÜV nicht vorlägen, vermag der Verwaltungsgerichtshof dies nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Partei erweist sich somit aus den dargelegten Erwägungen als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998090287.X00

Im RIS seit

09.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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