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34 MonopoleNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Feststellung der Verfassungswidrigkeit der betragsmäßigenBeschränkung der Haftung der Spielbank auf das Existenzminimum imGlücksspielgesetz; keine sachliche Rechtfertigung diesesglücksspielrechtlichen Sonderregimes für ein Monopolunternehmen inHinblick auf die allgemeinen zivilrechtlichen Standards; keineRechtfertigung auch durch fiskalpolitische InteressenRechtssatz
Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Wortfolge ", wobei die Haftung der Spielbankleitung der Höhe nach mit der Differenz zwischen dem nach Verlusten das Existenzminimum unterschreitenden Nettoeinkommen des Spielers unter Berücksichtigung seines liquidierbaren Vermögens einerseits und dem Existenzminimum andererseits abschließend beschränkt ist; höchstens beträgt der Ersatz das konkrete Existenzminimum" im 6. Satz des §25 Abs3 GlücksspielG idF BGBl I 105/2005.
Denkmögliche Anwendung der vom OGH angefochtenen Gesetzesstelle mit Blick auf Art18 AEUV im Anlassfall, in dem der Kläger italienischer Staatsbürger ist. Anfechtungsumfang nicht zu eng; Mitanfechtung des §25 Abs3 letzter Satz (betr den Ausschluss weiterer Ansprüche, jedoch nicht des Einwandes des Mitverschuldens) nicht erforderlich.
Regelung zum Schutz von gefährdeten oder spielsüchtigen Spielern, erhöhte Sorgfaltspflicht der Spielbankenbetreiber, ordnungspolitische Verantwortung des Staates. Sie ist darüber hinaus in europarechtlicher Perspektive auch Ausfluss der Verpflichtung des Staates zum Schutz der Spieler, der wiederum Teil der ordnungspolitischen Verantwortung des Staates ist, die nach dem Recht der Europäischen Union zur Rechtfertigung eines Systems zahlenmäßig beschränkter Konzessionen verbunden mit einem staatlichen Monopol beiträgt (vgl EuGH 24.03.94, Rs C-275/92, Schindler, Slg 1994, I-1039).
Es mag - abstrakt gesehen - im öffentlichen Interesse liegen, wenn der Gesetzgeber angesichts von Verurteilungen der Gesellschaft, die gegenwärtig alle Spielbankkonzessionen hält, zu hohen Schadenersatzsummen deren Haftung begrenzt. Das darin liegende Interesse ist mit Blick auf das von diesen Unternehmen generierte Steueraufkommen aus der Spielbankenabgabe und der Glücksspielabgabe letztlich ein fiskalpolitisches.
Die genannten Gründe für die Haftungsbegrenzung haben jedoch nicht hinreichendes Gewicht, um die Differenzierung zwischen allgemeinem Zivilrecht und glücksspielrechtlichem Sonderhaftpflichtrecht zu rechtfertigen bzw die aus der Differenzierung resultierenden Nachteile für die anspruchsberechtigten Geschädigten aufzuwiegen.
Schutzzweck der Regelung zu bedenken, Zerstörung der Existenzgrundlage eines Spielers; Schadenersatzanspruch nur bei grobem Verschulden der Spielbank.
Auch das besondere Regelungsanliegen, nämlich dass mit der Haftungsbegrenzung spielsüchtige Personen daran gehindert würden, zum Schaden der Bank ohne Verlustrisiko zu spielen, vermag nicht zur sachlichen Rechtfertigung der Regelung zu führen.
Schadenersatzrechtliche Privilegierung eines Monopolunternehmens ohne Konkurrenz. Einem solchen Unternehmen ist es jedenfalls zumutbar, zumal in einem Wirtschaftssektor wie dem Glücksspiel, für die Folgen seines rechtswidrigen und grob schuldhaften Verhaltens einzustehen und entsprechenden Ersatz zu leisten.
Bleibt der Spielbankbetreiber trotz Existenzgefährdung untätig und verletzt er damit Sorgfaltspflichten, handelt er rechtswidrig. Da der dem Spieler nach diesem Zeitpunkt entstehende Schaden in der Regel wesentlich mehr als das Existenzminimum, nämlich die verlorenen Einsätze abzüglich allfälliger Gewinne, umfasst, entbehrt diese Begrenzung der Haftung auf das Existenzminimum der sachlichen Rechtfertigung.
Ausdehnung der Anlassfallwirkung auf die am Tag des Beginns der Beratungen über das Erkenntnis bei Gericht anhängigen Verfahren im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Anlassverfahren, dass weitere gleich gelagerte Verfahren bei anderen Gerichten anhängig seien, die aufgrund des vom OGH gestellten Gesetzesprüfungsantrags unterbrochen worden sind.
Schlagworte
Glücksspiel, Glücksspielmonopol, Haftung, Schadenersatz, EU-Recht,VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / AnlassverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2011:G34.2010Zuletzt aktualisiert am
20.09.2012