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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Individualantrag auf Aufhebung einer Verordnung über die Erklärungeines Gebietes zum Neuplanungsgebiet unzulässig; kein aktuellerEingriff in die Rechte des Antragstellers bzw Zumutbarkeit desZivilrechtswegesSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Der Antragsteller begehrt in seinem auf Art139 B-VG gestützten Individualantrag, die Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Niederwaldkirchen vom 26. Mai 2011 zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben. Dabei handle es sich um eine Verordnung im Sinne des §45 OÖ BauO 1994, mit welcher das Grundstück Nr. 1164/1, KG Niederwaldkirchen (Adresse: Markt 36, 4174 Niederwaldkirchen), zum "Neuplanungsgebiet" erklärt werde.
2. Der Antragsteller bringt vor, er betreibe auf dem Grundstück einen Gastronomiebetrieb. Er habe mit der Gemeinde Niederwaldkirchen, vertreten durch den Bürgermeister, am 12. November 2002 (durch Gemeinderatsbeschluss genehmigt am 21. November 2002) eine Vereinbarung betreffend Gestaltung und Benützung der Parkplatzflächen auf dem Grundstück Nr. 1164/1 geschlossen. Demnach habe die Gemeinde Niederwaldkirchen die Gestaltung der "Freifläche" nördlich im Anschluss an den bestehenden Gebäudekomplex des Hauses Markt 36 inklusive deren Pflasterung übernommen und werde diese Fläche auf Grund der Vereinbarung "dem Antragsteller von der Marktgemeinde Niederwaldkirchen als Grundeigentümerin […] zur Benützung als Parkfläche überlassen".
Die angefochtene Verordnung greife in die Vereinbarung und damit nachteilig in die Rechtssphäre des Antragstellers ein. Die Vereinbarung sei nämlich auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Eine Verordnung nach §45 OÖ BauO 1994 trete hingegen nach spätestens zwei Jahren, oder wenn vorher ein neuer Flächenwidmungsplan rechtswirksam werde, außer Kraft.
3. Durch die angefochtene Verordnung erachtet sich der Antragsteller zunächst im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nach Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK verletzt, weil durch sie das mittels Vereinbarung vom 12. November 2002 zugesicherte Nutzungsrecht an der Parkfläche nicht mehr ausgeübt werden könne, da möglicherweise die Änderung des Flächenwidmungsplanes in die geplante Widmung als "SO-Gastronomie- und Tourismusgebiet" scheitere. Die angefochtene Verordnung sei nur zwei Jahre wirksam und könne gemäß §45 Abs2 OÖ BauO 1994 höchstens zweimal auf ein weiteres Jahr vom Gemeinderat verlängert werden. Eine darüber hinaus gehende Verlängerung bedürfe der Genehmigung der Landesregierung.
Der Antragsteller sieht sich durch die angefochtene Verordnung darüber hinaus im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung nach Art6 StGG verletzt, weil im Falle eines Entzuges der Freifläche, welche als Parkfläche für seinen Gastronomiebetrieb dient, dieser seine Erwerbstätigkeit nicht mehr ausüben könne, da nicht genug Parkmöglichkeiten vorhanden seien.
Schließlich erblickt der Antragsteller auch noch eine Verletzung des aus Art7 B-VG erfließenden Sachlichkeitsgebotes darin, dass der Gemeinderat durch den Beschluss der angefochtenen Verordnung gegen die Vereinbarung mit dem Antragsteller vom 12. November 2002 verstoßen habe.
4. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000). Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 15.527/1999, 16.425/2002 und 16.426/2002).
5. Festzuhalten ist zunächst, dass der Antragsteller nicht vorgebracht hat, das Grundstück Nr. 1164/1, KG Niederwaldkirchen, während der Laufzeit der Neuplanungsgebietsverordnung bebauen zu wollen. Daher kommt ein aktueller Eingriff durch die Verordnung in aus der OÖ BauO 1994 erfließende subjektive Rechte des Antragstellers nicht in Betracht (vgl. zB VfSlg. 16.892/2003, 17.461/2005). Die Rechtmäßigkeit bereits bewilligter Bauvorhaben wird durch diese Verordnung nicht berührt, daher ist auch nicht erkennbar, warum die weitere Nutzung des Grundstücks als Parkplatz in Frage gestellt sein sollte.
Soweit man den Antrag dahingehend versteht, dass die Verordnung in die zwischen dem Antragsteller und der Marktgemeinde Niederwaldkirchen abgeschlossene Vereinbarung vom 21. November 2002 eingreife, ist für den Verfassungsgerichtshof einerseits ein solcher Eingriff auf Grund des Antragsvorbringens nicht nachvollziehbar, andererseits könnte der Antragsteller die ihm daraus erfließenden Rechte gegenüber der Marktgemeinde jederzeit im Zivilrechtsweg geltend machen. Auf diesem Weg könnte der Antragsteller auch anregen, dass das zuständige Gericht einen Antrag auf Prüfung der von ihm als gesetzwidrig erachteten Verordnung stellt, und so seine Bedenken dagegen an den Verfassungsgerichtshof herantragen. Sollte die Verordnung tatsächlich aus der Vereinbarung erfließende Rechte des Antragstellers beschränken, stünde ihm damit ein zumutbarer Weg im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung zur Verfügung.
6. Der Antrag ist daher mangels Legitimation des Antragstellers zurückzuweisen.
7. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Baurecht, BebauungsplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2011:V62.2011Zuletzt aktualisiert am
20.09.2012