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L5 KulturrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Individualantrag eines Minderjährigen und seiner Mutter auf Aufhebungvon Bestimmungen des Stmk Kinderbildungs- und –betreuungsgesetzesbetreffend das verpflichtende Kinderbetreuungsjahr unzulässig;Zumutbarkeit des Verwaltungsrechtsweges über einen Antrag aufAusnahme von der BesuchspflichtSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. Antragsvorbringen
1. In ihrem auf Art140 B-VG gestützten Antrag begehren die Antragsteller,
"1. den letzten Halbsatz des §27 Abs1 'soweit nicht eine Besuchspflicht nach Abschnitt 2a (Verpflichtendes Kinderbetreuungsjahr) besteht';
2. den gesamten Abschnitt 2a verpflichtendes Kinderbetreuungsjahr, bestehend aus den §§33a - 33e;
3. den Abs2 des §52 'eine Verwaltungsübertretung begeht weiters, wer als Erziehungsberechtigte/Erziehungsberechtigter entgegen §33a nicht für die Erfüllung der Besuchspflicht Sorge trägt, obwohl ein zumindest halbtägig kostenloser Kinderbetreuungsplatz im Sinne des §33e zur Verfügung steht'; sowie
4. den Abs4 des §52 'Verwaltungsübertretungen gemäß Abs2 sind mit Geldstrafen bis zu € 220 zu bestrafen; Ersatzfreiheitsstrafen werden nicht verhängt'
jeweils des Steiermärkischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes - StKBBG in der Fassung LGBl. Nr. 73/2010, kundgemacht am 30.8.2010, als verfassungswidrig in eventu gesetzeswidrig aufzuheben."
(Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
2. Zur Darlegung ihrer Antragslegitimation führen die Antragsteller Folgendes aus:
"Der minderjährige Erstantragsteller hat seinen Hauptwohnsitz in der Steiermark und ist ab dem Jahr 2012/2013 schulpflichtig. Gemäß §33a Absatz 1 StKBBG in der geltenden Fassung ist er daher ab dem Kinderbetreuungsiahr 2011/2012 verpflichtet, eine der institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen zu besuchen.
Die Zweitantragstellerin als Kindesmutter und Erziehungsberechtigte des Erstantragstellers, hat gemäß der zitierten Bestimmung dafür Sorge zu tragen, dass ihr Sohn, der Erstantragsteller, die institutionelle Kinderbetreuungseinrichtung besucht.
Die Antragsteller sind daher Normadressaten der prüfungsgegenständlichen Bestimmungen des StKBBG und aufgrund der Tatsache, dass der Erstantragsteller zum jetzigen Zeitpunkt für den Kindergartenbesuch angemeldet werden muss, auch aktuell betroffen.
2. Der Erstantragsteller ist durch die prüfungsgegenständlichen Bestimmungen unmittelbar nachteilig betroffen, weil er verpflichtet ist, eine[…] der institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen zu besuchen.
Die Zweitantragstellerin ist durch die prüfungsgegenständlichen Bestimmungen ebenfalls unmittelbar nachteilig betroffen[…], weil sie als Kindesmutter und Erziehungsberechtigte verpflichtet ist, dafür Sorge zu tragen, dass ihr Sohn die institutionelle Kinderbetreuungseinrichtung besucht.
3. Den Antragstellern ist auch ein anderer Weg zur verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle nicht zumutbar.
Gemäß §52 Abs2 iVm Abs4 StKBBG begeht ein Erziehungsberechtigter eine Verwaltungsübertretung, wenn er entgegen §33a nicht für die Erfüllung der Besuchspflicht Sorge trägt.
Die Antragsteller müssten daher eine verwaltungsbehördlich strafbare Handlung setzen, um auf einem anderen Weg zur verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle zu gelangen. Dies ist den Antragstellern jedoch nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. z.B. VfSlg 16.137/2001) unzumutbar.
4. §33b Abs1 Z6 StKBBG sieht eine Ausnahme von der Besuchspflicht bei Kindern vor, bei denen gemäß Abs5 festgestellt wird, dass die Verpflichtung durch die Betreuung im Rahmen der häuslichen Erziehung erfüllt wird. Nach §33b Abs5 StKBBG haben die Eltern einen Antrag zu stellen und glaubhaft zu machen, dass die Bildungsaufgaben entsprechen den §§4ff wahrgenommen werden. Darüber hat die Behörde mit Bescheid zu entscheiden.
Abgesehen davon, dass dieses Prozedere selbst die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte der Antragsteller, wie nachstehend dargestellt wird, verletzt und deshalb den Antragstellern auch nicht zumutbar ist, stellt diese Ausnahmebestimmung auch keinen 'anderen Weg zur verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle' dar. Unterziehen sich nämlich die Antragsteller diesem Prozedere und [e]rwirken einen Bescheid, in dem festgestellt wird, dass der Erstantragsteller von der Besuchspflicht ausgenommen ist, können die Antragsteller diesen Bescheid nicht mehr anfechten, weil ihrem Antrag vollständig entsprochen wird und ihnen somit eine Beschwer fehlt. Damit ist es den Antragstellern aber über den Antrag nach §33b Abs5 StKBBG nicht möglich zur verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle zu gelangen, so dass der vorliegende Individualantrag die einzige Möglichkeit darstellt."
(Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
3. Die Steiermärkische Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der die Zurückweisung, in eventu die Abweisung des Antrages beantragt wird.
II. Rechtslage
Das Steiermärkische Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz - StKBBG, LGBl. 22/2000 idF LGBl. 73/2010, lautet auszugsweise (die angefochtenen Satzteile und Bestimmungen sind im Folgenden hervorgehoben):
"§27
Aufnahme von Kindern
(1) Der Besuch der Kinderbetreuungseinrichtungen ist freiwillig, soweit nicht eine Besuchspflicht nach Abschnitt 2a (Verpflichtendes Kinderbetreuungsjahr) besteht.
(2) […]
[…]
Abschnitt 2a
Verpflichtendes Kinderbetreuungsjahr
§33a
Besuchspflicht
(1) Ab dem Kinderbetreuungsjahr 2010/2011 sind die Eltern (Erziehungsberechtigten) verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass ihr Kind, das seinen Hauptwohnsitz in der Steiermark hat, im Kinderbetreuungsjahr, das vor dem Eintritt der Schulpflicht liegt, eine der institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen gemäß Abs2 besucht. Die Verpflichtung zum Besuch dieser Kinderbetreuungseinrichtung gilt während des Betriebsjahres gemäß §10, ausgenommen sind die Ferien sowie die schulfreien Tage gemäß §2 Abs3 und Abs6 Steiermärkisches Schulzeit Ausführungsgesetz 1999, LGBl. Nr. 105/1999, in der jeweils geltenden Fassung.
(2) Die Besuchspflicht kann in öffentlichen und privaten Kindergärten einschließlich Heilpädagogischen Kindergärten, alterserweiterten oder altersübergreifenden Gruppen im Sinne dieses Gesetzes (§3) sowie in Übungskindergärten an Bildungsanstalten erfüllt werden.
(3) Es liegt im freien Ermessen der Eltern (Erziehungsberechtigten), welche gemäß Abs2 in Betracht kommende Kinderbetreuungseinrichtung ihr Kind besucht. Sie sind verpflichtet, bis spätestens 30. April vor Beginn der Besuchspflicht
1. der Hauptwohnsitzgemeinde des Kindes bekanntzugeben, welche Kinderbetreuungseinrichtung das Kind besuchen wird, oder
2. bei der Hauptwohnsitzgemeinde einen Antrag auf Zuweisung eines Platzes zu stellen.
In begründeten Ausnahmefällen ist auch eine spätere Antragstellung zulässig.
§33b
Ausnahmen von der Besuchspflicht
(1) Ausgenommen von der Verpflichtung zum Besuch einer institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung sind:
1. Kinder, die die Volksschule nach §7 Schulpflichtgesetz 1985, BGBl. Nr. 76/1985, vorzeitig besuchen;
2. Kinder mit besonderen Erziehungsansprüchen, für die Bescheide nach dem Steiermärkischen Behindertengesetz, LGBl. Nr. 26/2004, vorliegen, sofern gemäß Abs3 festgestellt wird, dass der Besuch der Kinderbetreuungseinrichtung zu einer unzumutbaren Belastung für das Kind führen würde;
3. Kinder, bei welchen gemäß Abs3 festgestellt wird, dass aus medizinischen Gründen der Besuch der Kinderbetreuungseinrichtung eine unzumutbare Belastung für das Kind darstellen würde;
4. Kinder, bei welchen gemäß Abs3 festgestellt wird, dass der Besuch der Kinderbetreuungseinrichtung aufgrund der Entfernung der Einrichtung von ihrem Wohnort oder aufgrund der Wegverhältnisse zu einer unzumutbaren Belastung führen würde;
5. Kinder, bei denen die Verpflichtung durch die Betreuung bei einer Tagesmutter/einem Tagesvater im Ausmaß von mindestens 20 Wochenstunden erfüllt wird;
6. Kinder, bei denen gemäß Abs5 festgestellt wird, dass die Verpflichtung durch die Betreuung im Rahmen der häuslichen Erziehung erfüllt wird.
(2) Das Vorliegen des Ausnahmegrundes gemäß Abs1 Z. 1 ist von den Eltern (Erziehungsberechtigten) bis spätestens 30. April vor Beginn des verpflichtenden Kinderbetreuungsjahres bei der Hauptwohnsitzgemeinde des Kindes anzuzeigen. In begründeten Ausnahmefällen ist auch eine spätere Anzeige zulässig.
(3) Bei Vorliegen eines Ausnahmegrundes gemäß Abs1 Z. 2 bis 4 haben die Eltern (Erziehungsberechtigten) einen Antrag an die für den Hauptwohnsitz des Kindes zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu stellen. Der Antrag ist bis spätestens 31. Dezember vor Beginn des verpflichtenden Kinderbetreuungsjahres bei der Hauptwohnsitzgemeinde des Kindes einzubringen und von dieser unverzüglich an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde weiterzuleiten. In begründeten Ausnahmefällen ist auch eine spätere Einbringung des Antrages zulässig. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat binnen drei Monaten ab Antragstellung mit Bescheid festzustellen, ob eine der Ausnahmevoraussetzungen vorliegt. Von der Entscheidung ist auch die Hauptwohnsitzgemeinde des Kindes zu verständigen.
(4) Das Vorliegen des Ausnahmegrundes gemäß Abs1 Z. 5 ist von den Eltern (Erziehungsberechtigten) bis spätestens 30. April vor Beginn des verpflichtenden Kinderbetreuungsjahres bei der Hauptwohnsitzgemeinde des Kindes anzuzeigen. In begründeten Ausnahmefällen ist auch eine spätere Anzeige zulässig.
(5) Bei Vorliegen eines Ausnahmegrundes gemäß Abs1 Z. 6 haben die Eltern (Erziehungsberechtigten) einen Antrag an die für den Hauptwohnsitz des Kindes zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu stellen und glaubhaft zu machen, dass die Bildungsaufgaben entsprechend den §§4ff wahrgenommen werden. Der Antrag ist bis spätestens 31. Dezember vor Beginn des verpflichtenden Kinderbetreuungsjahres bei der Hauptwohnsitzgemeinde des Kindes einzubringen und von dieser unverzüglich an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde weiterzuleiten. In begründeten Ausnahmefällen ist auch eine spätere Einbringung des Antrages zulässig. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat binnen drei Monaten ab Antragstellung mit Bescheid festzustellen, ob die Voraussetzungen für eine Ausnahme erfüllt sind. Von der Entscheidung ist auch die Hauptwohnsitzgemeinde des Kindes zu verständigen.
(6) Gegen die Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde gemäß Abs3 und Abs5 ist eine Berufung an die Landesregierung zulässig.
§33c
Besuch der Kinderbetreuungseinrichtung und Fernbleiben
(1) Die gemäß §33a verpflichteten Eltern (Erziehungsberechtigten) haben dafür Sorge zu tragen, dass ihr Kind die Einrichtung an fünf Tagen pro Woche für insgesamt 20 Stunden besucht.
(2) Während der Zeit nach Abs1 ist ein Fernbleiben von der Kinderbetreuungseinrichtung nur im Fall einer gerechtfertigten Verhinderung des Kindes zulässig. Diese liegt insbesondere bei Urlaub (maximal drei Wochen), Erkrankung des Kindes oder der Eltern (Erziehungsberechtigten) sowie außergewöhnlichen Ereignissen vor. Die Eltern (Erziehungsberechtigten) haben die Einrichtung von jeder Verhinderung des Kindes unverzüglich zu benachrichtigen. Bestehen konkrete Zweifel an der Erkrankung eines Kindes, kann die Erhalterin/der Erhalter der Einrichtung von den Eltern (Erziehungsberechtigten) eine ärztliche Bestätigung der Krankmeldung verlangen.
§33d
Pflichten der Erhalterinnen/Erhalter von
Kinderbetreuungseinrichtungen
Die Erhalterinnen/Erhalter von Kinderbetreuungseinrichtungen sind verpflichtet, denjenigen Gemeinden, in denen Kinder, für deren Eltern (Erziehungsberechtigten) die Verpflichtung nach §33a besteht, ihren Hauptwohnsitz haben, zur Überprüfung der Einhaltung dieser Verpflichtung bis 30. April vor Beginn des verpflichtenden Kinderbetreuungsjahres folgende Daten zu übermitteln:
1. Name des Kindes und der Eltern (Erziehungsberechtigten)
2. Geburtsdatum des Kindes
3. Wohnadresse des Kindes und der Eltern (Erziehungsberechtigten). In begründeten Ausnahmefällen ist eine spätere Meldung zulässig. Auch jede Änderung, die geeignet ist, die Erfüllung der Verpflichtung nach §33a zu beeinträchtigen, ist von der Erhalterin/vom Erhalter unverzüglich zu melden.
§33e
Pflichten der Gemeinden
(1) Die Gemeinden haben dafür Sorge zu tragen, dass für jedes Kind, das in der Gemeinde seinen Hauptwohnsitz hat und für dessen Eltern (Erziehungsberechtigten) die Verpflichtung nach §33a besteht, innerhalb ihres Gemeindegebietes oder im Rahmen eines für das Kind zumutbaren Weges außerhalb des Gemeindegebietes ein zumindest halbtägig kostenloser Kinderbetreuungsplatz in einer institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung während der Zeit nach §33c Abs1 zur Verfügung steht.
(2) Die Gemeinden haben ein Verzeichnis derjenigen Kinder zu führen, die in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben und für deren Eltern (Erziehungsberechtigten) die Verpflichtung nach §33a besteht. Die Gemeinden haben die Eltern (Erziehungsberechtigten) dieser Kinder nach Möglichkeit spätestens im September vor Beginn des verpflichtenden Kinderbetreuungsjahres über die Besuchspflicht schriftlich zu informieren.
(3) Falls die Eltern (Erziehungsberechtigten) ihrer Verpflichtung nach §33a Abs3 nicht fristgerecht nachkommen, keine Meldung der Erhalterin/des Erhalters gemäß §33d erfolgt und kein Ausnahmegrund gemäß §33b vorliegt, hat die Gemeinde die Eltern (Erziehungsberechtigten) schriftlich unter Setzung einer Frist aufzufordern, ihrer Meldepflicht nachzukommen. Kommen diese ihrer Verpflichtung neuerlich nicht fristgerecht nach, ist dem betreffenden Kind ein zumindest halbtägig kostenloser Kinderbetreuungsplatz in einer institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung für den Fall zuzuweisen, dass die Eltern (Erziehungsberechtigten) noch keinen Betreuungsplatz für ihr Kind gefunden haben. Eine Zuweisung eines Kinderbetreuungsplatzes hat auch dann zu erfolgen, wenn die Eltern (Erziehungsberechtigten) einen Antrag gemäß §33a Abs3 gestellt haben.
(4) Die Gemeinden sind verpflichtet, der Bezirksverwaltungsbehörde zur Einleitung eines Strafverfahrens gemäß §52 folgende Daten jener Kinder, die in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben und entgegen der Verpflichtung der Eltern (Erziehungsberechtigten) gemäß §33a keine Kinderbetreuungseinrichtung besuchen, zu übermitteln:
1. Name des Kindes und der Eltern (Erziehungsberechtigten)
2. Geburtsdatum des Kindes
3. Wohnadresse des Kindes und der Eltern (Erziehungsberechtigten).
[…]
§52
Strafbestimmungen
(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer
1. Kinderbetreuungseinrichtungen ohne Errichtungs- bzw. ohne Betreuungsbewilligung errichtet oder betreibt oder nach der Auflassung oder nach der Untersagung des Rechtes zum Betrieb weiterführt,
2. die nach den Bestimmungen dieses Gesetzes erforderlichen Anzeigen unterlässt oder eine der ihm nach §40 Abs3 obliegenden Verpflichtungen oder die gemäß §41 Abs2 mit Bescheid verfügte Behebung eines festgestellten Mangels nicht erfüllt.
(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht weiters, wer als Erziehungsberechtigte/Erziehungsberechtigter entgegen §33a nicht für die Erfüllung der Besuchspflicht Sorge trägt, obwohl ein zumindest halbtägig kostenloser Kinderbetreuungsplatz im Sinne des §33e zur Verfügung steht.
(3) Verwaltungsübertretungen gemäß Abs1 sind mit Geldstrafen bis zu 3 500 Euro zu bestrafen.
(4) Verwaltungsübertretungen gemäß Abs2 sind mit Geldstrafen bis zu 220 Euro zu bestrafen; Ersatzfreiheitsstrafen werden nicht verhängt."
III. Erwägungen
1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art140 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen verfassungswidrige Gesetze nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11.803/1988, 13.871/1994, 15.343/1998, 16.722/2002, 16.867/2003).
Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).
Im hier vorliegenden Fall ist aber - entgegen der Auffassung der Antragsteller - ein anderer (zumutbarer) Weg zur Geltendmachung der behaupteten Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen eröffnet: §33b StKBBG sieht mehrere Ausnahmen von der Besuchspflicht vor. So ist in den Fällen des vorzeitigen Besuches der Volksschule (§33b Abs1 Z1 leg.cit.) oder der Betreuung des Kindes bei einer Tagesmutter/einem Tagesvater (§33b Abs1 Z5 leg.cit.) das Vorliegen eines Ausnahmegrundes lediglich von den Eltern bei der Hauptwohnsitzgemeinde des Kindes anzuzeigen. Bei Vorliegen der Ausnahmegründe nach §33b Abs1 Z2-4 leg.cit. (Kinder mit besonderen Erziehungsansprüchen; Unzumutbarkeit des Besuches der Kinderbetreuungseinrichtung aus medizinischen Gründen bzw. auf Grund der Entfernung der Einrichtung vom Wohnort oder auf Grund der Wegverhältnisse) sowie nach §33b Abs1 Z6 leg.cit. (Feststellung der Erfüllung der Verpflichtung durch die Betreuung im Rahmen der häuslichen Erziehung) besteht die Möglichkeit, einen Antrag an die für den Hauptwohnsitz des Kindes zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu stellen. Diese hat jeweils binnen drei Monaten ab Antragstellung mit Bescheid festzustellen, ob eine der Ausnahmevoraussetzungen vorliegt bzw. ob die Voraussetzungen für eine Ausnahme erfüllt sind (§33b Abs3, 5 leg.cit.).
Der Zweitantragstellerin stünde somit insbesondere die Möglichkeit offen, eine Ausnahme des Erstantragstellers von der Besuchspflicht durch Antrag auf Feststellung des Vorliegens eines Ausnahmegrundes - insbesondere der häuslichen Erziehung gemäß §33b Abs1 Z6 StKBBG - zu stellen, über den die zuständige Behörde mit - im Verwaltungsweg bekämpfbarem - Bescheid zu entscheiden hat.
Wenn die Antragsteller diesen Weg - insbesondere die Feststellung der Erfüllung der Verpflichtung durch die Betreuung im Rahmen der häuslichen Erziehung gemäß §33b Abs5 StKBBG - deshalb als unzumutbar betrachten, weil sie im Falle der Erwirkung eines Bescheides, mit dem die Ausnahme des Erstanstragstellers von der Besuchspflicht festgestellt wird, diesen mangels Beschwer nicht mehr anfechten könnten und es ihnen somit nicht möglich wäre, über diesen Weg zur verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle zu gelangen, so ist ihnen Folgendes entgegenzuhalten: Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist das dem einzelnen Normunterworfenen mit Art140 Abs1 B-VG eingeräumte Rechtsinstrument dazu bestimmt, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen - gleichsam lückenschließend - nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hierfür nicht zur Verfügung steht, weil man anderenfalls zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes gelangte, die mit dem Charakter eines sog. Individualantrages als eines subsidiären Rechtsbehelfes nicht in Einklang stünde (vgl. zB VfSlg. 11.479/1987, 15.927/2000, 18.739/2009 uva.).
Die Anzeige eines Ausnahmegrundes oder das Beantragen eines Feststellungsbescheides über das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Besuchspflicht sind für die Antragsteller jedenfalls zumutbar (vgl. auch VfSlg. 16.617/2002); insbesondere ist bei Vorliegen des Ausnahmegrundes der häuslichen Erziehung nach Angaben der Stmk. Landesregierung in ihrer Äußerung lediglich eine Glaubhaftmachung der Wahrnehmung der Bildungsaufgaben durch die Erziehungsberechtigten notwendig, die sich in der Regel auf einen Nachweis eines Pflichtschulabschlusses sowie von Deutschkenntnissen derselben beschränkt. Dass ein solches Verfahren bei unveränderter Rechtslage nicht zu dem von den Antragstellern angestrebten Erfolg - in diesem Fall eines negativen Bescheides, gegen den eine Beschwerde nach Art144 B-VG erhoben werden kann - führen könnte, vermag die Unzumutbarkeit dieses Weges ebenso wenig darzutun. Der Verfassungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass es nicht auf die Erfolgschancen des dem Antragsteller zu Gebote stehenden (Verfahrens-)"Umweges" ankommt, sondern bloß darauf, dass sich im Zuge eines derartigen Verfahrens Gelegenheit bietet, verfassungsrechtliche Bedenken gegen relevante Normen an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl. zB VfSlg. 18.739/2009 uHa die Vorjudikatur).
2. Soweit die Antragsteller in ihrem Antrag die Verfassungswidrigkeit weiterer Bestimmungen des StKBBG, insbesondere der §§33d, 33e leg.cit., behaupten, ist zu bemerken, dass sie in ihrem Antrag keine Bedenken gegen diese Bestimmungen darlegen. Es ist jedoch Prozessvoraussetzung eines Gesetzesprüfungsverfahrens, dass sich aus dem Inhalt des Antrages eine Darlegung der gegen die Verfassungsmäßigkeit der aufzuhebenden Normen im Einzelnen sprechenden Bedenken ergibt (VfSlg. 17.768/2006, 17.769/2006).
Der Gesetzesprüfungsantrag war daher schon aus diesen Gründen mangels Antragslegitimation als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass es einer Prüfung der übrigen Prozessvoraussetzungen bedurft hätte.
IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. Der Antrag ist mangels Antragslegitimation zurückzuweisen.
2. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Kinder, VfGH / BedenkenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2011:G75.2011Zuletzt aktualisiert am
20.09.2012