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L4 Innere VerwaltungNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Individualantrag auf Aufhebung von Bestimmungen des NöFeuerwehrgesetzes unzulässig mangels Eingriffs in die Rechtssphäreder antragstellenden GesellschaftSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I.
1. Mit ihrem auf Art140 Abs1 B-VG gestützten Antrag begehren die Antragsteller, "in §20 Abs1 Satz 1 des niederösterreichischen Feuerwehrgesetzes, LGBl. Nr. 4400-8, in der Fassung vom 1. Jänner 2011 das Wort 'Rauchfangkehrermeister', in §20 Abs1 Satz 2 leg. cit. das Wort 'Rauchfangkehrermeister', den dritten Satz des §20 Abs1 leg. cit., in §20 Abs1 Satz 4 leg. cit. die Worte
'Rauchfangkehrermeister', in §20 Abs1 Satz 5 leg. cit. das Wort
'Rauchfangkehrermeister', in §20 Abs3 leg. cit. das Wort
'Rauchfangkehrermeister', in §20 Abs4 leg. cit. das Wort
'Rauchfangkehrermeister', in §20 Abs6 Satz 2 leg. cit. das Wort
'Rauchfangkehrermeister', in §20 Abs6 Satz 3 leg. cit. das Wort 'Rauchfangkehrermeister' und in §20 Abs6 leg. cit. den vierten Satz" als verfassungswidrig aufzuheben.
2. Zu ihrer Antragslegitimation führen sie Folgendes aus:
"1. Nachteiliges Eingreifen
Voraussetzung für die Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtsphäre der Person nachteilig eingreift und diese im Falle der Rechtswidrigkeit verletzt. Antragsberechtigt ist nur derjenige, dessen Rechtsphäre durch die betreffende Norm berührt wird bzw. in dessen Rechtsphäre sie eingreift (VfSlg. 8.009/1977). Das niederösterreichische Feuerwehrgesetz in der geltenden Fassung greift gleichheitswidrig nachteilig in unsere Rechtsphäre ein und schließt uns ungerechtfertigt von der Erbringung der Dienstleistung der Überprüfung der Einhaltung der Brandschutzvorkehrungen, so insbesondere der Schaffung und Erhaltung von Alarm- und Meldeanlagen oder Bereitstellung entsprechender Löschgeräte und Einrichtungen, von Löschwasser oder anderen Löschmitteln sowie der Überprüfung der Betriebsbereitschaft vorgeschriebener Anlagen und Löschgeräte, aus. Diese Tätigkeiten fallen unter anderem in unsere geschäftlichen Hauptbetätigungsfelder, weshalb die bekämpfte Bestimmung auch unser Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung einschränkt.
[...]
3. Unmittelbare Betroffenheit
Wir sind von dieser Norm unmittelbar betroffen, vom Anwendungsbereich der Norm umfasst und daher Normadressat. Das niederösterreichische Feuerwehrgesetz gilt gemäß §1 Abs1 für die Feuerpolizei, die örtliche Gefahrenpolizei und das Feuerwehrwesen. Gemäß §2 Abs1 des niederösterreichischen Feuerwehrgesetzes umfasst die Feuerpolizei Maßnahmen, die der Verhütung und Bekämpfung von Bränden dienen, sowie Sicherungsmaßnahmen nach dem Brand und Erhebungen über die Brandursache.
Wir sind Unternehmen welche Brandschutzanlagen planen, errichten, prüfen, warten und in Sachen Brandschutz Beratungen sowie Schulungen durchführen. Die Brandverhütung ist eines unserer Hauptbetätigungsfelder in welchem wir die führenden Unternehmen sind, weshalb unsere Tätigkeit unter dem Begriff Feuerpolizei zu subsumieren ist. Unsere Tätigkeit ist darüber hinaus auch unter den Begriff 'überörtliche Feuerpolizei' einzuordnen.
Gemäß §2 Abs2 des niederösterreichischen Feuerwehrgesetzes umfasst die überörtliche Feuerpolizei unter anderem Maßnahmen, die nach Art oder Umfang über die technischen Möglichkeiten, den Aufgabenbereich oder die Hilfeleistungspflicht der Feuerwehren als Hilfsorgane der Gemeinden hinausgehen oder deren Besorgung nicht ausschließlich im örtlichen und sachlichen Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen ist, und die durch Verordnung der Landesregierung gemäß §28 Abs1 ausdrücklich als Angelegenheiten der überörtlichen Feuerpolizei bezeichnet werden.
Unser Unternehmen setzt Maßnahmen, die nach Art oder Umfang |ber die technischen Möglichkeiten, den Aufgabenbereich oder die Hilfeleistungspflicht der Feuerwehren als Hilfsorgane der Gemeinden hinausgehen oder deren Besorgung nicht ausschließlich im örtlichen oder sachlichen Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen sei hierzu auf die Ausführungen zu unserem breiten unternehmerischen Betätigungsfeld verwiesen. Unsere Leistungen und Maßnahmen werden auf einem fachlichen und technischen Niveau und in einem ebensolchen Umfang erbracht, die bei Weitem über jene Leistungen und Maßnahmen von Feuerwehren hinausgehen.
Im Übrigen ist unsere Tätigkeit auch unter dem Begriff der örtlichen Gefahrenpolizei zu subsumieren. Die örtliche Gefahrenpolizei umfasst unter anderem Maßnahmen zur Rettung von Menschen und Tieren sowie Maßnahmen, die der Abwehr von Gefahren für Menschen, Tiere, lebensnotwendige Güter sowie von solchen, die einen beträchtlichen Sachschaden bewirken können. Die Leistungen und Maßnahmen unserer Unternehmen dienen unzweifelhaft der Abwehr von Gefahren (insbesondere der Feuergefahr) für Menschen, Tiere, lebensnotwendige Güter sowie von solchen, die einen beträchtlichen Sachschaden bewirken können.
4. Bestimmter aktueller Eingriff
Der Eingriff durch die Norm ist ferner auch eindeutig bestimmt (VfSIg 8.187/1977). Das niederösterreichische Feuerwehrgesetz weist einen Aufgabenbereich einer bestimmten Gruppe zu und schließt dadurch andere qualifizierte(re) Gruppen oder Personen gleichheitswidrig von der Erbringung dieser Aufgaben aus. Gemäß §20 sind wir von der Erbringung der Dienstleistung der Überprüfung der Einhaltung der Brandschutzvorkehrungen, so insbesondere der Schaffung und Erhaltung von Alarm- und Meldeanlagen oder Bereitstellung entsprechender Löschgeräte und Einrichtungen, von Löschwasser oder anderen Löschmitteln sowie der Überprüfung der Betriebsbereitschaft vorgeschriebener Anlagen und Löschgeräte ausgeschlossen.
Des Weiteren ist der Eingriff aktuell. Die Norm wurde bereits wirksam und trat mit 01.01.2011 in Kraft.
5. Kein zumutbarer Rechtsweg
Auch die weitere Voraussetzung für diesen Individualantrag, nämlich dass den Antragstellern kein zumutbarer Rechtsweg eröffnet ist, die Normbedenken nach einem Verwaltungsverfahren oder aus Anlass eines Gerichtsverfahrens an den VfGH heran zu tragen, ist gegeben. Wir müssten strafbare Handlungen setzen, um ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Strafverfahren zu provozieren, um unsere Bedenken in der Folge an den VfGH herantragen zu können." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
II.
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des niederösterreichischen Feuerwehrgesetzes, LBGl. 4400, in der Fassung der Novelle 4400-8 (in der Folge: NÖ FG), lauten:
"§19
Feuerpolizeiliche Beschau
(1) Die Brandsicherheit von Bauwerken ist alle 10 Jahre zu überprüfen.
(2) [...]
(3) Aus Anlaß der feuerpolizeilichen Beschau ist zu prüfen, ob die dem Eigentümer oder sonstigen Verfügungs-, Gebrauchs- oder Nutzungsberechtigten eines Bauwerks aufgetragenen Brandschutzvorkehrungen, so insbesondere die Schaffung und Erhaltung von Alarm- und Meldeanlagen oder Bereitstellung entsprechender Löschgeräte und Einrichtungen, von Löschwasser oder anderen Löschmitteln, getroffen wurden. Die Betriebsbereitschaft vorgeschriebener Anlagen und Löschgeräte ist dabei zu überprüfen.
(4) Das Ergebnis der Überprüfung ist in einer Niederschrift festzuhalten. Andere als feuerpolizeiliche Mängel, die die Brandsicherheit gefährden, sind der zuständigen Behörde anzuzeigen.
(5) Die Gemeinde hat dem Eigentümer oder sonstigen Verfügungs-, Gebrauchs- oder Nutzungsberechtigten eines Bauwerks die Behebung festgestellter Mängel durch Bescheid unter Setzung einer angemessenen Frist aufzutragen. Nach Ablauf der Frist ist zu überprüfen, ob die Mängel behoben wurden.
§20
Durchführung der feuerpolizeilichen Beschau
(1) Die feuerpolizeiliche Beschau für Bauwerke ist vom zuständigen Rauchfangkehrermeister selbständig durchzuführen. Zuständig ist jener Rauchfangkehrermeister, der vom Eigentümer oder sonstigen Verfügungs-, Gebrauchs- oder Nutzungsberechtigten beauftragt wurde. Sofern ein Rauchfangkehrermeister mit der Wahrnehmung der Aufgaben gemäß §13 beauftragt wurde ist dieser zuständig. Hat der Eigentümer oder sonstige Verfügungs-, Gebrauchs- oder Nutzungsberechtigte keinen Rauchfangkehrermeister beauftragt, hat die Gemeinde einen Rauchfangkehrermeister zu beauftragen. Der Rauchfangkehrermeister hat festgestellte Mängel, die nicht innerhalb einer von ihm festgesetzten angemessenen Frist behoben wurden oder die wegen einer unmittelbaren Gefahr eine sofortige behördliche Maßnahme erfordern, der Behörde mittels einer Niederschrift anzuzeigen. Sinngemäßes gilt, wenn die Durchführung der feuerpolizeilichen Beschau verweigert wird.
(2) [...]
(3) Wenn besondere Umstände eine erhöhte Brandgefahr vermuten lassen, sind bei Bedarf für industrielle und gewerbliche Betriebsanlagen der Kommandant der Feuerwehr bzw. ein von ihm namhaft gemachtes geeignetes Feuerwehrmitglied als Sachverständiger und ein brandschutztechnischer Sachverständiger sowie die erforderlichen weiteren Sachverständigen vom Rauchfangkehrermeister beizuziehen.
(4) Der feuerpolizeilichen Beschau eines Betriebes ist der Feuerwehrkommandant der Betriebsfeuerwehr oder der Brandschutzbeauftragte als Auskunftsperson vom Rauchfangkehrermeister beizuziehen.
(5) [...]
(6) Für jede durchgeführte feuerpolizeiliche Beschau hat der Eigentümer oder sonstige Verfügungs-, Gebrauchs- oder Nutzungsberechtigte einen Kostenbeitrag zu leisten. Die Einhebung des Kostenbeitrags für eine Beschau erfolgt direkt durch den Rauchfangkehrermeister. Wird vom Eigentümer oder sonstigen Verfügungs-, Gebrauchs- oder Nutzungsberechtigten der Kostenbeitrag an den Rauchfangkehrermeister nicht entrichtet, so hat die Gemeinde den Kostenbeitrag mit Bescheid festzusetzen. Die Höhe des Kostenbeitrages richtet sich für eine Beschau nach den im §3 Abs4 der Verordnung über die Festsetzung von Höchsttarifen für das Gewerbe der Rauchfangkehrer in Niederösterreich, LGBl. 7000/50, festgesetzten Tarifen."
III.
1. Gemäß Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Anfechtungsberechtigt ist von vorneherein nur ein Rechtsträger, an oder gegen den sich das anzufechtende Gesetz wendet, der diesem gegenüber also Normadressat ist (vgl. VfSlg. 8009/1977, 14.321/1995, 15.127/1998, 15.665/1999, VfGH 23.6.2010, G36/10).
2. Normadressat der bekämpften Bestimmungen des §20 NÖ FG ist lediglich der "zuständige Rauchfangkehrermeister", nicht aber eine andere Person oder Gesellschaft, die etwa ein faktisches (wirtschaftliches) Interesse daran haben mag, eine feuerpolizeiliche Beschau durchzuführen. Das Gesetz enthält gegenüber diesen anderen Personen oder Gesellschaften aber weder ein Gebot noch ein Verbot. Obgleich sich für diese etwaige faktische Reflexwirkungen, wie etwa solche im Hinblick auf wirtschaftliche Interessen, ergeben können, greift doch das Gesetz nicht in ihre Rechtssphäre ein (vgl. etwa VfSlg. 12.858/1991, 17.323/2004). Die Antragsteller werden durch die angefochtene Bestimmung nicht unmittelbar in ihrer Rechtsposition berührt.
IV.
1. Der Antrag ist daher mangels Legitimation der Antragsteller als unzulässig zurückzuweisen.
2. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, FeuerpolizeiEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2011:G73.2011Zuletzt aktualisiert am
20.09.2012