TE Vfgh Beschluss 2011/10/6 U1678/11

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Veröffentlicht am 06.10.2011
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33, §82 Abs1
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit
ZPO §146 Abs1, §148 Abs2, §149 Abs1, §464 Abs3

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags zur Stellung einesVerfahrenshilfeantrags zur Erhebung einer Beschwerde; Abweisung desVerfahrenshilfeantrags als aussichtslos

Spruch

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

II. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit am 5. August 2011 zur Post gegebenem Schriftsatz begehrt die Antragstellerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Stellung eines Verfahrenshilfeantrages zur Erhebung einer Beschwerde gem. Art144a B-VG gegen eine Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 4. Mai 2011. Mit derselben Eingabe wird der Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe im vollen Umfang gestellt.

Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrages führt die Einschreiterin aus, dass ihr das Erkenntnis des Asylgerichtshofes zwar am 5. Mai 2011 zugestellt worden sei, es ihr jedoch wegen ihres "körperlichen Gebrechens" - einer verminderten Sehkraft - und der Unmöglichkeit, nach Verlassen ihrer bisherigen Unterkunft einen "neuen Meldezettel [… zu] beschaffen", die fristgerechte Einbringung eines Verfahrenshilfeantrages versäumt habe.

2. Da das VfGG in §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff ZPO sinngemäß anzuwenden: Nach §146 Abs1 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der "rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung" verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Gem. §149 Abs1 zweiter Satz ZPO ist mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch die versäumte Prozesshandlung selbst nachzuholen.

Da im vorliegenden Fall mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und damit ein nicht fristgebundener Antrag (vgl. VfGH 22.2.2010, B167/10 sowie VfGH 29.6.2011, U1211/11) nachgeholt werden soll, liegt keine Versäumung einer befristeten Prozesshandlung iSd §146 Abs1 ZPO vor.

Selbst wenn man den Antrag so deutet, dass damit die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdefrist beantragt werden sollte, ist er unzulässig, da diesfalls die versäumte Prozesshandlung gem. §149 Abs1 zweiter Satz ZPO unter einem nachzuholen gewesen wäre.

Der Wiedereinsetzungsantrag war sohin ohne weiteres Verfahren mit in nichtöffentlicher Sitzung gefasstem Beschluss abzuweisen.

3. Da die sechswöchige Beschwerdefrist des §88a iVm §82 Abs1 VfGG zum Zeitpunkt der Postaufgabe des vorliegenden Verfahrenshilfeantrages schon verstrichen war, aber nur ein innerhalb dieser Frist gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe deren Unterbrechung zu bewirken vermag (§464 Abs3 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG), erwiese sich eine künftige Beschwerde als verspätet. Selbst wenn man den Antrag aber so deuten würde, dass die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages verbunden mit der Einbringung einer Beschwerde beantragt werden sollte, führt dies zu keinem anderen Ergebnis, weil der Antrag nur dann nicht aussichtslos wäre, wenn der Partei nur ein minderer Grad des Versehens (VfSlg. 9817/1983, 14.639/1996, 15.913/2000 und 16.325/2001 mwN) an der Versäumung der Frist zur Last gelegt werden kann. Dies ist hier offenkundig nicht der Fall, weil das behauptetermaßen zur Versäumung der Beschwerdefrist führende "körperliche Gebrechen" schon bei der Zustellung der Entscheidung des Asylgerichtshofes am 5. Mai 2011 offenbar sein musste. Die Antragstellerin zeigt überdies auch nicht auf, aus welchen Gründen sie an der Bekanntgabe der geänderten Zustelladresse an den Asylgerichtshof verhindert gewesen wäre.

Bei dieser Sach- und Rechtslage war der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wegen offenbarer Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§63 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG) mit in nichtöffentlicher Sitzung gefasstem Beschluss (§72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG) abzuweisen (vgl. zB VfSlg. 14.582/1996; VfGH 17.3.1999, B311/99).

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Verfahrenshilfe, VfGH / Fristen,Beschwerdefrist, Auslegung eines Antrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2011:U1678.2011

Zuletzt aktualisiert am

20.09.2012
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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