Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr. Schmid über die Berufung des Herrn Robert Z., vertreten durch Rechtsanwälte OG, vom 18.4.2011 gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsicht, Bereich Integrierte Aufsicht, vom 31.3.2011, Zl. FMA-WL00140.100/0006-LAW/2010, wegen Übertretung des § 11 Absatz 3 WAG 2007 in Verbindung mit § 95 Absatz 2 Ziffer 2 WAG 2007, nach Durchführung einer Verhandlung am 28.6.2011 entschieden:
SPRUCH
Gemäß § 66 Absatz 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die verletzten Rechtsvorschriften um § 11 Absatz 2 WAG 2007 ergänzt werden. Der Berufungswerber hat gemäß § 64 Absatz 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von Euro 60,00, das sind 20% der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.
Im Straferkenntnis vom 31.3.2011 wird dem nunmehrigen Berufungswerber Folgendes zur Last gelegt:
?Sie haben mit Anteilsverkauf vom 27.1.2010 ihren Anteil von 100% an der R. GmbH (idF R.) (ON 2) unter der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung der FMA zum Verkauf mit der Folge veräußert, dass ihr Anteil am Kapital die Grenze von 20% unterschritten hat bzw. die direkt gehaltene qualifizierte Beteiligung aufgegeben wurde. Die V. (damals noch in Gründung) als Erwerber und Sie als Veräußerer unterfertigten mit 27.1.2010 einen Anteilskaufvertrag über 100% der Anteile von Robert Z. an der R.. Sie haben es unterlassen, dies der FMA zuvor unter Angabe des Umfangs der geplanten Beteiligung anzuzeigen.
Sie haben mit spätestens mit 27.1.2010 beschlossen ihren Anteil an der R. zu veräußern. Ihre Anzeige gem. § 11 Abs 3 WAG 2007 erfolgte mit 28.9.2010.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 11 Abs 3 WAG 2007 iVm § 95 Abs 2 Z 2 WAG 2007
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von 300 Euro
falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Stunden Freiheitsstrafe von
gemäß §§ 16, 19, 44a ff VStG iVm § 95Abs 2 Z 2 WAG 2007 Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
* 30 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe werden gleich 15 Euro angerechnet); * Euro als Ersatz der Barauslagen für .
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 330 Euro.?
In der frist- und formgerecht eingebrachten Berufung vom 18.4.2011 wird gegen dieses Straferkenntnis vorgebracht:
?In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache hat der Berufungswerber die Pr. Rechtsanwälte OG mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt. Gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 31.3.2011, GZ FMA-WL00140.100/0006-LAW/2010, dem Beschuldigten am 4.4.2011 zugestellt, erhebt der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist nachstehende
BERUFUNG
1. Unrichtige rechtliche Beurteilung
Dem Beschuldigten wird im Wesentlichen vorgeworfen, er hätte die beabsichtigte Veräußerung seiner qualifizierte Beteiligung an der R. GmbH (idF "R.") der FMA verspätet angezeigt und dadurch seine Verpflichtungen nach § 11 Abs 3 WAG 2007 schuldhaft verletzt. § 11 Abs 2 und 3 WAG 2007 lauten:
"(2) Jeder, der beschlossen hat, eine qualifizierte Beteiligung an einer
Wertpapierfirma ... direkt oder indirekt zu erwerben ..., mit der Folge, dass sein
Anteil an den Stimmrechten oder am Kapital die Grenze von 20 vH, 30 vH oder 50 vH
erreichen oder überschreiten würde oder die Wertpapierfirma ... sein
Tochterunternehmen würde, hat dies der FMA zuvor (Anmerkung: Hervorhebung durch den Autor) schriftlich unter Angabe des Umfangs der geplanten Beteiligung zusammen mit den Informationen gem § 11 b Abs 3 anzuzeigen...
(3) Die Anzeigepflicht gemäß Abs 2 gilt in gleicher Weise für die beschlossene Aufgabe der direkt oder indirekt gehaltenen qualifizierten Beteiligung oder Unterschreitung der in Abs 2 genannten Grenzen für Beteiligungen an einer Wertpapierfirma oder einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen.?
§ 95 Abs 2 Z 2 WAG 2007 lautet:
"Wer als Verantwortlicher (§ 9 VStG) eines Rechtsträgers
2. gegen eine Verpflichtung gemäß §§ 9 bis 11, 13, 16 bis 22, 24 bis 26 oder 67 bis 71 verstößt oder gegen eine Verpflichtung gemäß einer auf Grund von §§ 26 Abs 3, 68 Abs 3 oder 68 Abs 4 erlassenen Verordnung der FMA verstößt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hinsichtlich der Z 1 mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro und hinsichtlich der Z 2 mit Geldstrafe bis zu 30 000 Euro zu bestrafen. "
a. Verkaufszeitpunkt
Die belangte Behörde führt im Spruch des angefochtenen Bescheides aus, die qualifizierte Beteiligung des Beschuldigten an der R. wäre mit Unterfertigung des Anteilskaufvertrages am 27.1.2010 veräußert worden. Diese Aussage wiederholt die belangte Behörde in der Bescheidbegründung auf Seite 4, erster Absatz, wonach die gegenständliche Veräußerung der R. mit Anteilskaufvertrag vom 27.1.2010 erfolgt sei. Dies ist unrichtig. Wie die belangte Behörde nämlich selbst ausführt, stand der am 27.1.2010 unterfertigte Kaufvertrag unter der aufschiebenden Bedingung, dass die FMA den Anteilserwerb/-verkauf nicht untersagt. Die FMA übersieht bei ihrer Beurteilung, dass der Eintritt der Rechtswirksamkeit eines aufschiebend bedingt geschlossenen Anteilskaufvertrages vom Eintritt der Bedingung abhängig ist. Ein aufschiebend bedingt geschlossener Vertrag wird erst bei Bedingungseintritt wirksam. Der Bedingungseintritt wirkt auch nicht zurück (siehe Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I13 194 und Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB § 897 Rz 4, 12). Es ist falsch, wenn die FMA davon ausgeht, dass bereits mit Unterfertigung des Kaufvertrages am 27.1.2010 eine qualifizierte Beteiligung an der R. veräußert worden sei. Richtig ist vielmehr, dass das Verpflichtungsgeschäft erst mit dem Schreiben der FMA vom 5.10.2010, mit dem mitgeteilt wurde, dass keine Bedenken gegen die Änderung der Beteiligungsverhältnisse in der angezeigten Form bestehen, wirksam zustande kam. Dass der Abschluss eines von der Zustimmung der FMA abhängigen, und daher vor entsprechender Erklärung der FMA oder Fristlablauf unwirksame Kaufvertrag noch nicht dazu führt, dass von einem Verkauf gesprochen werden kann, ist wesentlich für die Frage, wann ein Unterschreiten einer qualifizierter Beteiligung an einer Wertpapierfirma anzuzeigen ist (siehe dazu gleich unten b).
b. Zeitpunkt der Anzeigeverpflichtung
Die belangte Behörde vermeint, die Anzeige an die FMA hätte (a) unverzüglich nach Beschlussfassung des zuständigen Organs über den qualifizierten Beteiligungsverkauf und (b) vor dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes zu erfolgen, sofern dieses nicht mehr unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Aufsichtsrates stehe. Die FMA führt weiter aus, dass es nicht im Sinne der Bestimmungen über die Eigentümerkontrolle sei, dass schon ein Kaufvertrag abgeschlossen wird, bevor der Aufsicht überhaupt beschlossene Änderungen im Bezug auf qualifizierte Beteiligungen zur Kenntnis gebracht werden. Es könne dann nicht mehr davon gesprochen werden, dass die Anzeige vor Beteiligungserwerb erfolgt wäre. Nach Ansicht der FMA würde durch den im Vertrag festgelegten Vorbehalt der Zustimmung der FMA der Zeitpunkt der Anzeigepflicht nicht beeinflusst werden.
Es ist unrichtig, dass eine Anzeige nach § 11 Abs 3 WAG unverzüglich nach Beschlussfassung durch das zuständige Organ über den Beteiligungserwerb zu erfolgen hat. Richtig ist vielmehr, dass Unverzüglichkeit der Anzeige, sobald einer der in § 11 Abs 2 oder 3 WAG 2007 genannten Fälle vorliegt, nach dem Wortlaut der Bestimmung nicht Teil der Verpflichtung ist. Die mangelnde unverzügliche Anzeige des Beschlusses an die FMA ist auch nicht sanktionierbar (vgl Wagner in Dellinger, BWG § 20 Rz 44 zur vergleichbaren Regelung für qualifizierte Beteiligungen an Kreditinstituten). Weiters ist es herrschende Ansicht, dass die Anzeige an die FMA erst erfolgen muss, bevor die qualifizierte Beteiligung gehalten / aufgegeben wird (vgl Diwok in Diwok/Göth, BWG § 20 Rz 20 und Chini/Frölichsthal, Praxiskommentar zum BWG2, § 20 Rz 4). Die Anzeige hat vor dem Beteiligungserwerb/-verkauf zu erfolgen (vgl Wagner in Dellinger, BWG § 20 Rz 44). Bezüglich des Zeitpunktes des Beteiligungsverkaufes geht die FMA aber fälschlich davon aus, dass der Abschluss des aufschiebend bedingten Kaufvertrages am 27.1.2010 der Zeitpunkt sei. Dies ist aber unrichtig. Wie bereits oben (Punkt 2.a) ausgeführt wurde, bedeutet der Abschluss eines aufschiebend bedingten, von der Zustimmung der FMA abhängigen, Kaufvertrages noch keineswegs einen Beteiligungserwerb/-verkauf. Solange die FMA keine Nichtuntersagung ausgesprochen hat oder die 60-tägige Frist des § 11 a WAG 2007 abgelaufen ist, zeitigt der Vertrag keine rechtlichen Wirkungen. Im vorliegenden Fall teilte die FMA mit Schreiben vom 5.10.2010 mit, dass keine Bedenken gegen den Erwerb bestehen. Aufgrund der aufschiebenden Bedingung erfolgte die Anzeige vom 28.9.2010 jedenfalls im Sinne der herrschenden Ansicht sehr wohl vor dem Beteiligungserwerb und damit rechtzeitig im Sinne des § 11 Abs 3 WAG. Durch die aufschiebende Bedingung der Zustimmung der FMA wird der Zeitpunkt der Anzeigepflicht sehr wohl beeinflusst und nach hinten verschoben. Es wird nicht verkannt, dass die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, mit der die Richtlinie 2007/44/EG in Bezug auf Verfahrensregeln und Bewertungskriterien für die aufsichtsrechtliche Beurteilung des Erwerbs unter Erhöhung von Beteiligungen im Finanzsektor umgesetzt wurde (EBRV 45 BlgNR 24. GP 11), davon ausgehen, die Anzeige habe nach wie vor ex ante, also vor dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes, zu erfolgen. Entscheidend ist jedoch, dass die Anzeige vor einem wirksamen Verpflichtungsgeschäft erfolgen muss. Der Abschluss eines aufschiebend bedingten Verpflichtungsgeschäftes (wie der Anteilskaufvertrag vom 27.1.2010), der ohne Zustimmung der FMA keine rechtlichen Wirkungen zur Folge hat, löst die Anzeigepflicht nach § 11 Abs 2 und 3 WAG 2007 noch nicht aus. Diese Ansicht stützt sich auch auf die EBRV, wonach der Gesetzgeber selbst davon ausgeht, dass in der Praxis Rechtsgeschäfte unter der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung der FMA abgeschlossen werden (vgl ERBV 45 BlgNR 24. GP 11).
Die belangte Behörde verkennt zudem, dass die vom Beschuldigten gewählte Vorgehensweise - Abschluss eines mit der Zustimmung der FMA aufschiebend bedingten Anteilskaufvertrages und erst danach Einbringen der Anzeige des geplanten Verkaufs - über die Verpflichtung des § 11 Abs 2 und 3 WAG 2007 hinausgeht und der FMA eine effizientere Kontrolle des qualifizierten Beteiligungserwerbs/-verkaufs ermöglicht hat, als dies nach dem Gesetz notwendig gewesen wäre. Es ist nämlich zulässig, nach (i) interner Beschlussfassung durch den Erwerber/Veräußerer und (ii) nachfolgender Anzeige des geplanten Beteiligungskaufes/-verkaufes einen unbedingten Anteilskaufvertrag abzuschließen, dessen Wirksamkeit nicht von der Zustimmung der FMA abhängig gemacht wird. Der FMA wäre in diesem - vom Gesetz offenbar als Normalfall angesehenen Fall - nur eine weniger effiziente Kontrolle der Erwerber möglich, weil dann die Anteilsrechte bereits vor Ablauf der 60-tägigen Beurteilungsfrist des § 11a Abs 2 WAG 2007 rechtswirksam übergehen könnten (vgl Wagner in Dellinger, § 20 Rz 79; Laurer in LBSSS, BWG3, § 20 Rz 12; Diwok in Diwok/Göth, BWG § 20 Rz 67). Es mutet rechtsmissbräuchlich an, dass die FMA den Beschuldigten für ein Vorgehen bestraft, das der FMA eine wesentlich effizientere Beaufsichtigung des geplanten Eigentümerwechsels erlaubt als dies der Normalfall das Gesetzes vorsieht.
Beweis: PV
2. Mangelndes Verschulden
Wie die FMA in der Begründung des angefochtenen Bescheides (Seite 4 f) richtig ausführt, genügt die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes allein nicht, um dem Beschuldigten die Verwaltungsübertretung zurechnen zu können. Der Beschuldigte muss die Verwaltungsübertretung zumindest durch fahrlässiges Verhalten verwirklicht haben. Vorwerfbar und damit schuld haft handelt nur, wer mit Unrechtsbewusstsein, das heißt im Bewusstsein handelt, dass die Tat gegen die Rechtsordnung verstößt. Der Beschuldigte unterliegt einem entschuldbaren Verbots- bzw Rechtsirrtum. Es trifft ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden. Ein Rechtsirrtum ist nur dann vorwerfbar, wenn das Unrecht für den Täter wie für jedermann leicht erkennbar gewesen wäre oder sich der Täter mit einschlägigen Vorschriften nicht ausreichend vertraut gemacht hat, obwohl er aufgrund seines Berufes, seiner Beschäftigung oder sonst nach den Umständen dazu verpflichtet gewesen wäre. Der Beschuldigte hat jedoch ausreichende und geeignete Erkundigungen eingeholt. Er hat sich auf die herrschende Ansicht zum vergleichbaren § 20 BWG gestützt (Wagner in Dellinger, BWG § 20 Rz 44; Diwok in Diwok/Göth, BWG § 20 Rz 20 und Chini/Frölichstha/, Praxiskommentar zum BWG2, § 20 Rz 4), wonach die Anzeige erst vor dem (wirksamen) Beteiligungserwerb zu erfolgen hat und Unverzüglichkeit der Anzeige nicht Teil der Verpflichtung des § 11 Abs 2 WAG 2007 ist. Auch die Erläuterungen zu § 11 Abs 2 WAG 2007 (die in gleicher Weise für Abs 3 maßgeblich sind) legen nahe, dass Anteilskaufverträge unter der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung der FMA geschlossen werden können und die Anzeige eines qualifizierten Beteiligungserwerbes erfolgen kann ("In der Praxis wird man wohl Rechtsgeschäfte unter der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung der FMA schließen.?). In Anbetracht der Erläuterungen und der herrschenden Kommentare war der Beschuldigte nicht verpflichtet, bezüglich des Zeitpunktes der Anzeige zusätzlich bei der FMA Auskunft einzuholen. Er konnte davon ausgehen, dass sein Vorgehen in Ordnung war, zumal er der FMA damit eine effiziente Kontrolle des geplanten Erwerbs ermöglichte. Dem Beschuldigten kann daher nicht vorgeworfen werden, er hätte keine geeigneten Erkundigungen eingeholt. Er ist seiner Erkundigungspflicht vielmehr ausreichend nachgekommen. Er hat sich über die Vertretbarkeit seiner Rechtsauffassung auch den Rat eines berufsmäßigen Parteienvertreters eingeholt. Zu berücksichtigen ist zudem, dass den Beschuldigten nach der Rechtsprechung des VwGH eine Erkundigungspflicht nur trifft, wenn er seine Rechtsauffassung nicht etwa auf eine ständige Verwaltungsübung zu stützen vermag (VwGH 22.3.1994, 93/08/0177). Bis dato bestand eine ständige Verwaltungsübung der FMA, wonach Anzeigen wegen des geplanten Erwerbs von qualifizierten Beteiligungen an Banken (§ 20 BWG), Wertpapierfirmen (§ 11 WAG 2007) oder Versicherungsunternehmen (§ 11b VAG) erst nach Abschluss von mit Zustimmung der FMA aufschiebend bedingten Anteilskaufverträgen von der belangten Behörde regelmäßig nicht beanstandet wurden.
Beweis: PV
3. Anträge
Der Berufungswerber stellt daher die ANTRÄGE
1. Die Berufungsbehörde wolle eine mündliche Verhandlung durchführen, die angebotenen Beweise aufnehmen und
2. das angefochtene Straferkenntnis aufheben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügen.?
Am 28.6.2011 wurde eine Berufungsverhandlung abgehalten. Aus verfahrensökonomischen Gründen wurden die Verfahren sämtlicher Beschuldigter zur gemeinsamen Verhandlung verbunden. Gehört wurden die Parteienvertreter sowie der Beschuldigte Mag. K.. Die weiteren Beschuldigten sind der Verhandlung fern geblieben. Das Verhandlungsprotokoll lautet auszugsweise:
?BwV:
In Ergänzung der bisherigen Berufung wird geltend gemacht, dass in eventu ein Fall des § 21 VStG vorliegt, weil durch die von uns gewählte Vorgangsweise die Prüfung der FMA dieser sogar erleichtert wurde und jedenfalls überhaupt keinerlei Nachteilige Folgen entstanden sind. Ich führe dies rechtlich näher aus. Ich bin auch der Ansicht, dass das Verschulden geringfügig ist.
FMA:
Die FMA vertritt die Ansicht, dass ? obwohl das Wort unverzüglich im § 11 Absatz 2 WAG nicht aufscheint ? der Telos der Bestimmung von einer unverzüglichen Information der FMA getragen ist. Dies wird auch so in der Literatur vertreten. Ich führe meinen Rechtsstandpunkt dazu näher aus.
BwV:
Die Ansicht der FMA wird nicht geteilt, vielmehr wird auf die österreichische
Literatur verwiesen, die gegenteiliges vertritt.
Herr Mag. Stefan K. gibt über Befragen des Verhandlungsleiters an:
Herr G. und ich sind Geschäftspartner und haben im Jahr 2009 die Absicht gefasst bzw. Überlegungen angestellt eine Wertpapierfirma entweder neu zu gründen oder eine bestehende zu erwerben. Diesbezüglich wurde im Jahr 2009 auch schon mit der FMA, mit Herrn Mag. D., Kontakt aufgenommen. Die R. war zu diesem Zeitpunkt noch kein Thema. Gegen Ende 2009 sind wir mit Herrn Robert Z. in Kontakt gekommen und haben das Unternehmen R. geprüft. Bereits zu diesem Zeitpunkt haben wir juristische Beratung seitens der uns vertretenden Anwaltskanzlei in Anspruch genommen. Die V. Holding GmbH wurde zum Zweck des Erwerbs der R. gegründet und haben wir am 27.1.2010 den Kaufvertrag unterfertigt. Die Beteiligungsverhältnisse, wie sie von unserem Rechtanwalt im Schreiben vom 22.6.2010 dargestellt werden, stimmen. Die PG. Privatstiftung bedeutet Peter Gerfried G.. Ich war persönlich beim Gespräch im Jänner 2010 anwesend, bei dem Herr Mag. F., einer der Stiftungsvorstände der PG. Privatstiftung, unsere Übernahmeidee vorgestellt wurde. Ob Herr Dr. He. und Herr Ha. zu diesem Zeitpunkt bereits damit befasst waren, kann ich nicht sagen. Mein Geschäftspartner war in diesem Zusammenhang Herr G.. Herr G. und ich haben uns wenige Tage, vielleicht ein oder zwei Wochen vor der Unterzeichnung des Vertrages am 27.1.2010 entschlossen die R. zu erwerben. Mir wurde von unseren Rechtsberater signalisiert, dass nach der Eigentümerkontrollverordnung eine Vielzahl an Unterlagen, insbesondere die Jahresabschlüsse des abgelaufenen Wirtschaftsjahres sämtlicher beteiligter Unternehmen der FMA vorzulegen sind. Auch die Steuererklärungen für das Jahr 2009 sowie auch ein Businessplan waren vorzulegen. Bis im Juni 2010 hatten wir dann sämtlich Unterlagen und haben wir sie sogleich der FMA übermittelt. Mir wurde immer signalisiert, dass die Mitteilung an die FMA nur mit gleichzeitiger Vorlage sämtlicher Unterlagen sinn macht und haben wir daher erst nach Vollständigkeit der benötigten Unterlagen die FMA informiert. Die Vollständigkeit der Unterlagen wurde uns Ende Juli 2010 von der FMA bestätigt. Wenn ich gefragt werde, weshalb die Anzeige der R. erst im September bzw. Oktober 2010 an die FMA ergangen ist, gebe ich an:
Diesbezüglich wurde ich von Frau Ru. von der FMA daraufhingewiesen, dass auch das Unternehmen selbst (die R.) eine Anzeige an die FMA zu erstatten hat. Ich habe dies dann unverzüglich veranlasst.
Der BWV führt aus:
Ich war früher selbst Mitarbeiter der FMA und war bezüglich des vorliegenden Geschäftes ständig in informellen Kontakt mit der Wertpapieraufsichtsabteilung, konkret mit Herrn Mag. H.. Dieser hat mir schon im Jahr 2009 mitgeteilt, dass es seitens der FMA gewünscht ist, dass die nach der Eigentümerkontrollverordnung vorzulegenden Unterlagen möglichst auf einmal und komplett übermittelt werden. Unsere Vorgangsweise war daher eine bewusst gewählte, um der FMA ihre Überprüfarbeit zu erleichtern.
Der Vertreter der FMA führt aus:
Es steht schon im Gesetz dass die Unterlagen vollständig einzubringen sind, was aber nichts daran ändert, dass eben vor Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes vorzulegen sind.?
Da alle Parteien auf eine mündliche Verkündung der Berufungsentscheidungen verzichtet haben, ergeht die Entscheidung ausschließlich schriftlich.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:
Feststellungen und Beweiswürdigung:
Die nachstehend getroffenen Feststellungen basieren auf dem von allen Parteien als unbedenklich und vom UVS als richtig eingestuften Inhalt des erstinstanzlichen Aktes, insbesondere auf dem dort einliegenden Notariatsakt samt Anteilskaufvertrag vom 27.1.2010, der Anzeige der V. ua an die FMA vom 22.6.2010, in der die Beteiligungsverhältnisse nachvollziehbar dargelegt werden, dem Firmenbuchauszug und der Anzeige der Veräußerung des Beschuldigten an die FMA vom 28.9.2010, sowie auf den Ausführungen in der Berufung und auf den als glaubhaft eingestuften Angaben des Beschuldigten Mag. K., der bei seiner persönlichen Befragung in der Berufungsverhandlung einen glaubwürdigen Eindruck machte. Der im Spruch des Straferkenntnisses beschriebene Sachverhalt wird als erwiesen angesehen. Darüber hinaus wird festgestellt: Bereits im Jahr 2009 trugen sich die Herrn Mag. K. und Gerfried Peter G. mit dem Gedanken, ein Wertpapierunternehmen zu gründen bzw ein bereits bestehendes zu erwerben. Ende 2009 traten diese beiden Herren mit Herrn Robert Z. in Kontakt, der das Unternehmen R. GmbH als handesrechtlicher Geschäftsführer und 100%-Gesellschafter repräsentierte. Nach einer Prüfung dieses Unternehmens haben Herr Mag. K. und Herr G. cirka Mitte Jänner 2010 beschlossen, die R. GmbH (künftig kurz R.) zu erwerben. Herr Mag. K. bediente sich dazu der A. Beratungs- und Beteiligungs GmbH (künftig kurz A.), deren 100%-Gesellschafter Herr Mag. K. damals war. Herr G. bediente sich der P.. Herr Mag. K. (über A.) und Herr G. (durch die P.) gründeten die V. Holding GmbH (ab 26.6.2010 in V. Capital GmbH unbenannt). Die A. war an dieser GmbH (künftig kurz V.) mit 33,43% und die P. mit 66,57% beteiligt. Laut Firmenbuch wurde der Gesellschaftsvertrag am 27.1.2010 geschlossen und ist die V. damit als Vorgesellschaft (GmbH in Gründung) entstanden. Der von Herrn Herrn Z. als 100%-Gesellschafter gefasste Beschluss, seine Gesellschaftsanteile an der R. zur Gänze an die V. zu veräußern, wurde im Jänner 2010 gefasst und am 27.1.2010 durch den Abschluss eines Anteilskaufvertrages, der von Herrn Z. als Veräußerer unterschrieben wurde, manifestiert (siehe ON 2 des Erstaktes). Die R. sollte zu 100% an die V. veräußert werden. Der Kaufvertrag wurde unter Beifügung mehrerer Bedingungen geschlossen (siehe §§ 5 und 6 des Vertrages). Die Anzeige der Veräußerung einer qualifizierten Beteiligung (zu 100%) an der R. erfolgte seitens Herrn Z. an die FMA mit Schreiben vom 28.9.2010 (vgl ON 4 des Erstaktes).
Rechtliche Beurteilung:
Die vorliegende Entscheidung gründet auf folgenden Bestimmungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes (WAG 2007), BGBl I 2007/60 in der Fassung BGBl I 2009/22:
?§ 11. (1) Die FMA hat Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Konzession zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder zur Ausübung von Anlagetätigkeiten erst dann zu erteilen, wenn ihr die Namen der natürlichen oder juristischen Personen, die als Aktionäre oder sonstige Gesellschafter direkt oder indirekt qualifizierte Beteiligungen halten, sowie die Höhe der jeweiligen Beteiligungen angezeigt wurde.
(2) Jeder, der beschlossen hat, eine qualifizierte Beteiligung an einer Wertpapierfirma oder einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen direkt oder indirekt zu erwerben oder eine derartige qualifizierte Beteiligung direkt oder indirekt zu erhöhen (interessierter Erwerber), mit der Folge, dass sein Anteil an den Stimmrechten oder am Kapital die Grenzen von 20 vH, 30 vH oder 50 vH erreichen oder überschreiten würde oder die Wertpapierfirma oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen sein Tochterunternehmen würde, hat dies der FMA zuvor schriftlich unter Angabe des Umfangs der geplanten Beteiligung zusammen mit den Informationen gemäß § 11b Abs 3 anzuzeigen. Die Anzeigepflicht gilt auch für gemeinsam handelnde Personen, die zusammengenommen eine qualifizierte Beteiligung erwerben oder erreichen würden. Die Anzeige kann durch alle gemeinsam, mehrere oder jeden der gemeinsam handelnden Personen einzeln vorgenommen werden.
(3) Die Anzeigepflicht gemäß Abs 2 gilt in gleicher Weise für die beschlossene Aufgabe der direkt oder indirekt gehaltenen qualifizierten Beteiligung oder Unterschreitung der in Abs 2 genannten Grenzen für Beteiligungen an einer Wertpapierfirma oder einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen.
(4) Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben
1. die FMA unverzüglich darüber zu informieren, wenn sie von einem Erwerb oder einer Abtretung von Beteiligungen an ihrem Kapital Kenntnis erhalten, auf Grund deren diese Beteiligungen einen der in Abs 2 genannten Schwellenwerte über- oder unterschreiten;
2. der FMA mindestens einmal jährlich die Namen der Aktionäre oder sonstigen Gesellschafter, die qualifizierte Beteiligungen halten, sowie die jeweiligen Beteiligungsbeträge mitzuteilen, die zum Beispiel aus den Mitteilungen anlässlich der Jahreshauptversammlung der Aktionäre und Mitglieder oder aus den Pflichtmeldungen der Gesellschaften hervorgehen, deren übertragbare Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind.
§ 95 (2) Wer als Verantwortlicher (§ 9 VStG) eines Rechtsträgers
1. gegen eine Verpflichtung gemäß §§ 14, 28 bis 59, 61 bis 63, 73 oder 74 verstößt oder gegen eine Verpflichtung gemäß einer auf Grund von §§ 29 Abs 4, 35 Abs 4, 41 Abs 3 oder 55 Abs 2 erlassenen Verordnung der FMA verstößt;
2. gegen eine Verpflichtung gemäß §§ 9 bis 11, 13, 16 bis 22, 24 bis 26 oder 67 bis 71 verstößt oder gegen eine Verpflichtung gemäß einer auf Grund von §§ 26 Abs 3, 68 Abs 3 oder 68 Abs 4 erlassenen Verordnung der FMA verstößt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hinsichtlich der Z 1 mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro und hinsichtlich der Z 2 mit Geldstrafe bis zu 30 000 Euro zu bestrafen.?
Im angefochtenen Straferkenntnis wurde Herr Z. als 100%-Gesellschafter der R., der beschlossen hat, diesen Anzeil zur Gänze an die V. zu veräußern, bestraft. Zum Status der V. ist festzuhalten, dass zur angelasteten Tatzeit ? als solche ist der 27.1.2010 anzusehen ? die V. Holding GmbH (der spätere Namenswechsel hat keine rechtliche Auswirkung auf das Verwaltungsstrafverfahren) sich noch in Gründung befand. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl Erkenntnis vom 25.2.2002, 2002/17/0021) kommt einer in Gründung befindlichen GmbH ab dem Zeitpunkt der Errichtung durch notarielle Feststellung der Satzung im Gesellschaftsvertrag (eine solche lag nach dem Firmenbuch am 27.1.2010 vor) die Stellung einer Vorgesellschaft zu, der im Konzessionsverfahren Parteistellung zukommt. Der VwGH zweifelte auch nicht an der Vertretungsbefugnis der beiden Geschäftsführer der Vorgesellschaft (vgl auch VwGH vom 4.3.1987, 84/13/0239). Die V. Holding GmbH entstand am 27.1. 2010 als Vorgesellschaft (GmbH in Gründung) und war Herr Mag. K. (sowie Herr G.) als deren Geschäftsführer (ab Eintragung im Firmenbuch am 10.3.2010: handelsrechtlicher Geschäftsführer) zur Vertretung nach außen berufenes Organ dieser juristischen Person sui generis. Da die V. am 27.1.2011 Geschäftsfähigkeit besaß, konnte sie auch durch ihre Geschäftsführer Rechtsgeschäfte, wie einen Anteilskaufvertrag, abschließen und konnte damit den Erwerb an der R. einleiten. Herrn Z. stand daher ein handlungsfähiger Vertragspartner gegenüber.
Wie der Beschuldigte bereits in seinem Einspruch vom 27.12.2010 zurecht und unter Berufung auf Kreisl in Brandl/Saria, WAG § 11 Rz 1 ausführt, ?bezwecken die §§ 11 bis 11b WAG 2007 der FMA eine effektive, laufende Kontrolle der maßgeblichen direkten und indirekten Eigentümer von beaufsichtigten Unternehmen zu ermöglichen, wonach insbesondere (i) jene Personen, die über eine qualifizierte Beteiligung an einer Wertpapierfirma verfügen, über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügen müssen, und (ii) durch die enge Verbindung einer Wertpapierfirma mit anderen natürlichen oder juristischen Personen die FMA an der Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht nicht gehindert sein darf?. In diesem Einspruch bezeichnet der Rechtsmittelwerber die Verpflichtung des § 11 Absatz 2 WAG zurecht als ?Teil der sogenannten Aktionärskontrolle? (vgl Seite 3 des Einspruches).
In der Berufung wird, neben mangelndem Verschulden, der Veräußerungszeitpunkt (der laut Berufungsausführung von der FMA mit 27.1.2010 angenommen worden sei) und der Zeitpunkt der Anzeigenverpflichtung abweichend von der Rechtsansicht der FMA dargestellt.
Zum Veräußerungszeitpunkt ist festzuhalten, dasss im Spruch zwar von Veräußerung am 27.1. 2010 gesprochen wird, im gleichem Satz aber auch die aufschiebende Bedingung der Zustimmung der FMA zum Verkauf zitiert wird. Durch den Nachfolgesatz wird zum Ausdruck gebracht, dass am 27.1.2010 das Verpflichtungsgeschäft (der Anteilskaufvertrag) unterschrieben wurde. Damit wird hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass am 27.1.2010 die Veräußerung begonnen, aber noch nicht rechtswirksam abgeschlossen wurde. In der Berufung wird geltend gemacht, dass sich aus § 11 Absatz 2 und 3 WAG keine Verpflichtung zur unverzüglichen Anzeige des gegenständlichen Erwerbs ableiten ließe und dass die Anzeige an die FMA erst erfolgen müsse, bevor die qualifizierte Beteiligung gehalten (hier wohl gemeint: die bisherige Beteiligung aufgegeben) wird. Nach Ansicht des Berufungswerbers sei entscheidend, dass die Anzeige vor einem wirksamen Verpflichtungsgeschäft erfolgen müsse und dass aufgrund der aufschiebend bedingten Wirkung ohne Zustimmung der FMA keine rechtliche Wirksamkeit des Kaufvertrages entstanden, also kein wirksames Verpflichtungsgeschäft am 27.1.2010 vorgelegen wäre.
Im vorliegenden Fall sind durch die beabsichtigte Veräußerung von 100% an der R. die Schwellenwerte des § 11 Absatz 2 WAG unterschritten worden. Der konkrete Beschluss von Herrn Z., die R. zu 100% zu veräußern, dürfte im Jänner 2010 getroffen worden sein (seine grundsätzliche Bereitschaft dazu, dürfte schon Ende 2009 bestanden haben, als er in diesbezügliche Gespräche mit Herrn Mag. K. und Herrn G. eingetreten ist). Mit Unterzeichnung des Anteilskaufvertrages durch Herrn Mag. K. und Herrn G. (beide haben den Vertrag namens der V. unterschrieben) als Erwerber und Herrn Z. als Veräußerer ist der Erwerbs- bzw Veräußerungsbeschluss manifestiert und die Veräußerung bzw der Erwerb begonnen worden (der Abschluss der Veräußerung bzw des Erwerbes fand erst mit Erfüllung der in den §§ 5 und 6 des Anteilkaufsvertrages normierten Bedingungen statt). Die Anzeige gemäß § 11 WAG an die FMA erfolgte erst am 28.9.2010.
§ 11 Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 2 WAG überträgt die Verpflichtung zur Anzeige des Beschlusses einer Veräußerung einer qualifizierten Beteiligung an jeden, der einen entsprechenden Veräußerungsbeschluss getroffen hat (?interessierter Veräußerer?). Zur Erfüllung dieses Tatbestandselements bedarf es einer Beschlussfassung des zuständigen Organs, dh die Willensbildung, eine qualifizierte Beteiligung an einer Wertpapierfirma veräußern zu wollen, muss abgeschlossen sein. Diese Willensbildung von Herrn Z. als 100%-Gesellschafer der R. fand jedenfalls vor dem 27.1.2010 statt. Aus der Formulierung des § 11 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 3 WAG lässt sich ableiten, dass die Verpflichtung aus diesen Normen jene Person trifft, die ein konkretes Veräußerungsinteresse besitzt, die aber noch nicht veräußert hat. Strittig ist im gegenständlichem Fall insbesondere die Bedeutung des Wortes ?zuvor?. Aus der Textierung des § 11 Absatz 2 und 3 WAG lässt sich ableiten, dass der Zeitpunkt, an dem die Anzeigeverpflichtung entsteht, jedenfalls vor der Veräußerung der qualifizierten Beteiligung liegt. Die anzuwendende Norm gibt vor, dass die ?geplante Veräußerung? anzuzeigen ist. Auf die tatsächliche Veräußerung kommt es nicht an. Eine am Wortlaut orientierte Interpretation ergibt daher eine Anzeigeverpflichtung, die bereits vor der Veräußerung entsteht. Maßgeblich ist aber nicht die tatsächliche Veräußerung, sondern die Beschlussfassung zu einer solchen Veräußerung. Da in § 11 Absatz 2 WAG nicht von ?unverzüglich?, sondern von ?zuvor? die Rede ist, ergibt sich eine Zeitspanne, in der eine Anzeige an die FMA zuerstatten ist, die mit der Beschlussfassung (= Abschluss der Willensbildung) durch das zuständige Organ beginnt und vor Beginn der Veräußerung endet. Die hier vom Verwaltungssenat vertretene Rechtsansicht wird auch ? wie schon vom Berufungswerber ausgeführt ? durch die Materialien (vgl ErlRV 45 BlgNR 24. GP 11) gestützt, die davon sprechen, dass die Anzeige vor dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes zu ergehen hat. Diese Ansicht wird auch in der Literatur vertreten (vgl Heidinger in Gruber/N. Raschauer (Hrsg) WAG, § 11 ? 11b Rz 8 bis 11 und Kreisl in Brandl/Saria (Hrsg) WAG, § 11 Rz 8).
Der Verwaltungssenat teilt im Ergebnis die Rechtsansicht der FMA, wonach die Anzeigeverpflichtung bereits vor dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes entsteht und eine Anzeige nach einem solchen Abschluss den Tatbestand des § 11 Absatz 3 in Verbindung mit § 95 Absatz 2 Ziffer 2 WAG verwirklicht. ?Zuvor? im Sinne des § 11 Absatz 2 WAG bedeutet daher vor Beginn der Veräußerung der qualifizierten Beteiligung. Eine Veräußerung an einem Unternehmen beginnt mit dem Abschluss (bei einem schriftlichen Vertrag mit der Unterfertigung) des Kaufvertrages (hier Anteilskaufvertrag genannt). Etwaige aufschiebende Bedingungen haben keinen Einfluss auf den Beginn (wenn auch unbestritten auf den Abschluss) der Veräußerung. Die Veräußerung hat mit der Unterzeichnung des Anteilskaufvertrages am 27.1. 2010 begonnen. Vor diesem Akt hätte eine Anzeige des Herrn Z. an die FMA im Sinne des § 11 WAG erfolgen müssen. Dies ist unterblieben und ist damit die objektive Tatseite verwirklicht worden.
Die dem Berufungswerber zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nach § 11 Absatz 3 in Verbindung mit § 95 Absatz 2 Ziffer 2 WAG gehört, da zu ihrer Strafbarkeit weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr erforderlich ist, zu den so genannten "Ungehorsamsdelikten", bei denen im Sinne des zweiten Satzes des § 5 Absatz 1 VStG der Täter zu beweisen hat, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist. Der Berufungswerber hätte daher zu seiner verwaltungsstrafrechtlichen Entlastung darzutun und nachzuweisen gehabt, warum es ihm ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei, sich mit den Normen des WAG soweit vertraut zu machen, dass eine dem Gesetz entsprechende Tätigkeit gewährleistet ist. Danach ist bei Ungehorsamsdelikten das Verschulden des Täters nicht von der Behörde zu beweisen, sondern ?ohne weiteres anzunehmen?. Dem Täter steht es jedoch frei, diese Vermutung durch Glaubhaftmachung seiner Schuldlosigkeit zu widerlegen. Der ?Entlastungsbeweis? ist aber nicht notwendig, wenn die Behörde schon bei Ermittlung des äußeren Tatbestandes schuldausschließende Umstände feststellt (Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 16. Aufl., Anmerkung 5 zu § 5 VStG). Für die Verwirklichung der subjektiven Tatseite reicht somit fahrlässiges Verhalten aus. Der Beschuldigte war zur Tatzeit nicht nur 100%-Gesellschafter, sondern auch handelsrechtlicher Geschäftsführer einer Wertpapierfirma, die zur Gänze an die V. veräußert werden sollte. Es traf ihm daher die Verpflichtung, sich mit den maßgeblichen Bestimmungen des WAG auseinander zu setzen und im Zweifel bei der zuständigen Behörde (FMA) eine Rechtsauskunft einzuholen. Zumindest die letztgenannte Verpflichtung wurde nicht erfüllt. Zudem wurde schon oben näher dargestellt, dass die Tatbestandsumschreibung in § 11 Absatz 2 und 3 WAG hinreichend klar formuliert und durch die Materialien zusätzlich erklärt wird. Die Verwaltungsübertretung wurde fahrlässig begangen.
Das Vorbringen, Herr Z. wäre einem entschuldigenden Verbots- bzw Rechtsirrtum unterlegen, führt nach den obigen Ausführungen nicht zum Erfolg. Gerade im Bereich des Finanzmarktrechts tätige Personen sind ? auch nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ? gehalten, sich mit den einschlägigen Bestimmungen besonders gewissenhaft auseinander zu setzen. Entgegen den Ausführungen in der Berufung hätte schon ein Blick in die Materialen (siehe oben) gereicht, um die Ansicht des Gesetzgebers erkennen zu können, dass die Anzeige nach § 11 WAG vor Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes zu erfolgen hat.
Auch der Umstand, dass ? nach ungeprüften ? Angaben in der Berufung, die FMA bis dato keine Verwaltungsstrafverfahren wegen verspäteter Anzeige eingeleitet hätte, entschuldigt nicht. Es besteht kein Rechtssatz, wonach jemand darauf vertrauen dürfe, dass die Behörde auch in seinem Übertretungsfall untätig bleiben werde. Das Vorbringen, wonach durch die gewählte Vorgangsweise der FMA die Überprüfung erleichtert worden wäre, stellt ebenfalls keinen Schuldausschluss- bzw Rechtfertigungsgrund dar.
Zur Strafbemessung:
Gemäß § 19 Absatz 1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß Absatz 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Das WAG dient dem Schutz der Kunden von Wertpapierfirmen und soll die Funktionsfähigkeit des Wertpapiermarktes sichern. Dazu sieht das WAG ein Konzessionssystem vor und unterstellt die konzessionierten Wertpapierfirmen der Aufsicht durch die FMA. § 11 WAG ist als Teil des Konzessionsverfahrens zu sehen. Im Fall einer Veräußerung eines Wertpapierunternehmens, dem ja schon eine Konzession erteilt wurde, ist es Aufgabe des FMA zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Konzession auch im Falle einer Übernahme weiterhin vorliegen. Hierzu sieht der Gesetzgeber eine Informationspflicht in einem sehr frühen Stadium, nämlich zwischen Beschlussfassung und Beginn der Veräußerung, vor. Die Überprüfung seitens der FMA nach §§ 11a, 11b WAG dient der Sicherheit des Marktes und dem Schutz der (bisherigen und künftigen) Kunden des Wertpapierunternehmens (siehe dazu auch § 11b Absatz 1 Ziffer 1 bis 5 WAG). Eine Verletzung des § 11 Absatz 3 WAG ist daher ? auch bei Nichteintritt eines konkreten Nachteils ? mit einem erheblichen Unrechtsgehalt verbunden.
Die Übertretung ist fahrlässig begangen worden und kann das Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden, weil weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der verletzten Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe, die der Berufungswerber nicht einzuhalten in der Lage gewesen wäre, oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Die Voraussetzungen des § 21 VStG sind daher nicht erfüllt.
Von der Erstbehörde wurde der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit bereits berücksichtigt. Weitere Milderungsgründe bestehen nicht. Die persönlichen Verhältnisse werden ? mangels Angaben des Berufungswerbers ? aufgrund der Veräußerung eines Wertpapierunternehmens als zumindest durchschnittlich eingestuft. Sorgepflichten sind keine bekannt.
§ 95 Absatz 2 Ziffer 2 WAG sieht für eine Verletzung des § 11 leg cit eine Geldstrafe von bis zu 30 000 Euro vor. Die Erstbehörde hat die Geldstrafe mit 300 Euro (sechs Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) festgesetzt und somit eine Strafe in der Höhe von lediglich einem Prozent der gesetzlichen Höchststrafe gewählt. Angesichtes der oben dargestellen Strafbemessungsgründe, der deutlich verspäteten Anzeige an die FMA und unter Berücksichtigung der schon von der Erstbehörde angenommen ? und vom UVS übernommenen ? generalpräventiven Komponente der Strafe, ist die Strafbemessung der FMA nicht zu beanstanden.
Kosten:
Da der Berufung keine Folge gegeben wurde, hat der Berufungswerber gemäß § 64 Absatz 1 und 2 VStG einen pauschalen Kostenbetrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe zu tragen.