TE UVS Wien 2011/07/26 06/59/9375/2010

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Veröffentlicht am 26.07.2011
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr. Schattauer über die Berufung der Frau Dr. Eva P. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 12. Bezirk, vom 15.9.2010, Zahl MBA 12 - S 64715/10, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs 1 Z. 3 Gesetz zum Schutze des Baumbestandes in Wien (Wiener Baumschutzgesetz), LGBl. Nr. 27/1974, idgF, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt. Die Berufungswerberin hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Der Schuld- und Strafausspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses lautet wie folgt:

?Sie haben als Grundeigentümerin der Liegenschaft Wien, S.-Allee, gemäß § 2 Abs 1 des Gesetzes zum Schutze des Baumbestandes in Wien, LGBl. Nr. 27/1974, idgF (Wiener Baumschutzgesetz) zu verantworten, dass am 2.10.2009 auf der Liegenschaft Wien, S.- Allee, an zwei Ahornbäumen mit den Stammumfängen 138 cm (Baum Nr. 213/2) und 173 cm (Baum Nr. 214/2), gemessen jeweils in 1 m Höhe vom Beginn der Wurzelverzweigung, ein Radikalschnitt vorgenommen worden war, dies unter Anwendung einer Schnittmaßnahme, die nicht den anerkannten Regeln der Baumpflege (Ö-Norm L 1122) entsprach, und insofern zu einer physiologischen Schädigung der Bäume führte und für die Vornahme dieses Radikalschnittes keine Bewilligung gemäß § 4 Abs1 leg.cit. vorgelegen hatte.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 3 Abs1 Z. 3 Gesetz zum Schutze des Baumbestandes in Wien (Wiener Baumschutzgesetz), LGBl. Nr. 27/1974 in der geltenden Fassung

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von ? 980,00, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen und 19 Stunden

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

? 98,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher ? 1.078,00. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.?

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, nach erteiltem Verbesserungsauftrag frist- und formgerecht eingebrachte, Berufung, in der die Berufungswerberin im Wesentlichen mangelndes Verschulden geltend macht. Dazu wird vorgebracht, dass der Auftrag zur bewilligten Fällung eines Baumes über Vermittlung einer für die Gartenbetreuung zuständigen Person an die Firma B. erteilt worden sei. Diese Firma habe entgegen diesem Auftrag nicht nur den bewilligten Baum entfernt, sondern zwei weitere Bäume unsachgemäß zusammengeschnitten. Davon habe die Berufungswerberin aber keine Kenntnis gehabt.

Wie sich aus dem erstinstanzlichen Akt ergibt, brachte die Magistratsabteilung 42, Stadtgartenamt, am 13.10.2009 zur Anzeige, dass anlässlich eines am 2.10.2009 durchgeführten Ortsaugenscheins in Wien, S.-Allee, festgestellt wurde, ?dass an zwei Ahornbäumen mit den Stammumfängen Baum Nr.1 138 cm und Baum Nr.2 173 cm ein Radikalschnitt vorgenommen wurde. Der dadurch verursachte Verlust an Assimilationsmasse (Äste, Zweige und Blätter) bewirkt eine Störung des Versorgungshaushaltes des Baumes und somit eine physiologische Schädigung. Da an den großflächigen Schnittstellen eine optimale Kallusbildung vermindert und daher das Auftreten von Holzfäule sehr wahrscheinlich ist, wurde seine statische Lebensfähigkeit verkürzt. Diese Schnittmaßnahme entspricht nicht den anerkannten Regeln der Baumpflege (Ö-Norm L1122 ). Infolge der daraus resultierenden Beeinträchtigung der Lebensfähigkeit bzw. der Lebenserwartung und des Erscheinungsbildes des Ahornbaumes, stellt sie einen verbotenen Eingriff gemäß § 3 Abs1 Ziffer 3 des Wr, Baumschutzgesetzes dar.

Wie erhoben werden konnte, wurden die Arbeiten von der Fa. B. etabliert Pr.-strasse;

Wien, Tel. 0699 126.... von Hr. Gerhard Pe. durchgeführt. Lt. Hr. Pe. hat er den

Auftrag eines radikalen Rückschnittes und zur Todholzentfernung von Hr. Reinhard St.

Tel. 0664 174.... wohnhaft H.-gasse, Wien erhalten.

Lt. Besitzer des Grundstückes Hr. Dr. Gedon P. wohnhaft S.-Allee; Wien, Tel. 0676

511.... wurde Hr. Reinhard St. jedoch nur mit der Entfernung eines mit Bescheid vom

 

03:09:2008 bewilligten Baumes, dem Rückschnitt eines Astes von Baumnr.2, welcher eine Gefahr für das Gebäude darstellte und der Entnahme des Todholzes bei den Bäumen Nr.1 und Nr.2 beauftragt.

Als Tatzeitpunkt wurde der 10. September 2009 angegeben.?

Auf Grund dieser Anzeige erfolgte mit Aufforderung zur Rechtfertigung der Erstbehörde vom 11.2.2010 die ? im nachfolgenden Straferkenntnis beibehaltene ? Tatanlastung. Zur niederschriftlichen Einvernahme bei der Erstbehörde vom 30.3.2010 ist Herr Gerhard Pe. erschienen, der namens der Beschuldigten zu Protokoll gab, für die Firma B. zu arbeiten und in einem Subauftrag die Arbeiten an den Bäumen - Zurückschneidung von 2 Bäumen und Fällung eines Baumes -vorgenommen zu haben. Richtig sei, dass der Rückschnitt - aufgrund eines Kommunikationsfehlers - zu radikal erfolgt sei, was in dieser Weise von den Grundeigentümern nicht gewollt gewesen wäre. In der Folge erging das Straferkenntnis vom 15.9.2010.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Ohne auf das Berufungsvorbringen einzugehen war das Straferkenntnis aus folgenden

Gründen zu beheben und das Verfahren einzustellen:

Gemäß § 3 Abs 1 Z 3 Wiener Baumschutzgesetz, LGBl für Wien Nr. 27/1974 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 53/2001, ist es verboten, Bäume durch chemische, mechanische oder andere Einwirkungen zu beschädigen, im Wuchs zu hemmen oder zum Absterben zu bringen. Nicht verboten ist gemäß § 3 Abs 2 leg. cit. das Schneiden (Stutzen) von Bäumen, welches ohne Gefährdung ihres Bestandes lediglich Verschönerungs-, Veredelungs- oder Pflegezwecken dient oder aus zwingenden öffentlichen Interessen notwendig ist. Ebenso bleiben die Befugnisse des Nachbarn nach § 422 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch unberührt.

Gemäß § 13 Abs 2 Z 2 leg. cit. begeht, sofern keine gerichtlich strafbare Handlung vorliegt,  eine Verwaltungsübertretung, wer einen der nach § 3 Abs 1 verbotenen Eingriffe setzt.

Gemäß § 44a Z 1 und 2 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten. Gemäß § 7 VStG unterliegt, wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist. Unter Anstiftung ist die vorsätzliche Bestimmung eines anderen zu rechtswidrigem tatbildmäßigem Verhalten, also die Hervorrufung des Handlungsentschlusses und die Ausführung der Haupttat selbst zu verstehen (vgl. VwGH 25.3.1992, 91/03/0009; 7.2.1968, 1730/66).

Unter Beihilfe ist die vorsätzliche Unterstützung des tatbildmäßigen rechtswidrigen Verhaltens eines anderen zu verstehen, ohne dass dabei Ausführungshandlungen gesetzt werden (vgl. VwGH 31.3.2008, 2008/17/0033; 15.9.1992, 91/04/0033; 23.4.1991, 90/04/0276). Beihilfe kann durch physische oder psychische Unterstützung geleistet werden (VwGH 30.3.1998, 97/16/0307). Für den Tatbestand der Beihilfe ist ein Zusammenwirken zwischen Täter und Gehilfen wesentlich (VwGH 12.2.1968, 0764/67). Im vorliegenden Fall geht aus dem Akteninhalt eindeutig hervor, dass die Berufungswerberin die verfahrensgegenständlichen Baumschnitte nicht selbst durchgeführt hatte, sondern dies einem beauftragten Unternehmen zuzurechnen ist. Anders als bei der Entfernung von Bäumen im Sinne des § 4 Wiener Baumschutzgesetz, die in der Strafsanktionsnorm des § 13 Abs 2 Z 3 leg. cit. geregelt ist, wonach nicht nur das Entfernen, sondern ausdrücklich auch das ?Entfernenlassen? unter Strafsanktion gestellt wird, ist bei der mechanischen Beschädigung von Bäumen nur derjenige als unmittelbarer Täter strafbar, der den verbotenen Eingriff selbst vorgenommen hat. Im gegenständlichen Fall war dies aktenkundig Herr Pe.. Die Berufungswerberin durfte somit - anders als im Fall der vorschriftswidrigen Entfernung von Bäumen - nicht als unmittelbare Täterin, sondern allenfalls als Anstifterin im Sinne des § 7 VStG verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Diesbezüglich genügt es aber, auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach der Vorwurf der Anstiftung bzw. Beihilfe auch die Nennung des § 7 VStG  bzw. Ausführungen über das Verschulden im Spruch erforderlich macht und weiters auch der unmittelbare Täter (der Angestiftete) anzuführen ist (VwGH vom 19.12.1997, Zl. 96/02/0594). Wird jemand spruchgemäß der Anstiftung schuldig erkannt, so hat der Spruch, um den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG gerecht zu werden, weiters auch die Tatzeit (den Tatzeitraum) hinsichtlich der Begehung der Anstiftung - (und nicht in Ansehung der Begehung der Tat durch den unmittelbaren Täter) - anzuführen (VwGH vom 20.12.1995, Zl. 93/03/0166).

Diesen Erfordernissen wird der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses jedenfalls nicht gerecht. Auch kann nicht erkannt werden, dass diesbezüglich im erstinstanzlichen Verfahren innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs 2 VStG entsprechende Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind. Eine Verfolgungshandlung unterbricht jedoch nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (vgl. VwGH 20.11.2008, 2008/09/0236; 18.3.2004, 2003/05/0183; 18.10.1996, 95/09/0073). Der Berufungsbehörde ist es in einem solchen Fall verwehrt, nach Ablauf der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs 2 VStG den Tatvorwurf im Spruch des Berufungsbescheides dahingehend zu ergänzen, dass diese die Tatbildverwirklichung in Form der Anstiftung oder Beihilfe zur unmittelbaren Tatausführung zu verantworten habe, und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Da der Berufung Folge gegeben wurde, hat die Kostenvorschreibung für das Berufungsverfahren zu entfallen.

Zuletzt aktualisiert am
09.08.2011
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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