TE UVS Tirol 2011/08/01 2011/15/1915-1

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Veröffentlicht am 01.08.2011
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Gerold Dünser über die Berufung von Herrn A. L., geb am XY, XY-Weg 21, I., gegen das Straferkenntnis der Bürgermeisterin der Stadtgemeinde Innsbruck vom 01.07.2011, Zahlen II-STR-00332e/2010 und II-STR-01710e/2010, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber spruchgemäß Folgendes zur Last gelegt:

 

?Faktum 1)

Sie, Herr A. L., haben in Ihrem privaten Haushalt in I., XY-Weg 21, angefallene (der Verpackungsverordnung, BGBl Nr 648/1996, idgF, unterliegende nicht gefährliche) Verpackungsabfälle, und zwar Getränkedosen, entgegen den Bestimmungen des § 15 Abs 4 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl I Nr 102/2002, idgF, in der Zeit zwischen dem 3. und dem 9.1.2010 in einem in I., XY-Weg 21, für die Sammlung des Restmülls (§ 2 Abs 4 der Müllabfuhrordnung der Stadtgemeinde Innsbruck (Gemeinderatsbeschluss vom 16.12.1991, in der Fassung vom 15.7.2004)) aufgestellten Müllbehälter abgelagert, um sich dieses Abfalls zu entledigen, anstatt diese Verpackungsabfälle unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der §§ 14 und 23 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 und die darauf gegründeten Verordnungen in die im Rahmen für die Sammlung nicht gefährlicher Abfälle eingerichteten Sammelstellen öffentlich bereitgestellten, entsprechend gekennzeichneten, Sammelbehälter einzubringen.

 

Sie, Herr A. L., haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs 5a iV mit § 15 Abs 4 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 begangen.

 

Faktum 2)

Sie, Herr A. L., haben in Ihrem privaten Haushalt in I., XY-Weg 21, angefallene (der Verpackungsverordnung, BGBl Nr 648/1996, idgF, unterliegende nicht gefährliche) Verpackungsabfälle, und zwar ca 30 Bierdosen, entgegen den Bestimmungen des § 15 Abs 4 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl I Nr 102/2002, idgF, am 30.6.2010 in einem in I., XY-Weg 21, für die Sammlung des Restmülls (§ 2 Abs 4 der Müllabfuhrordnung der Stadtgemeinde Innsbruck (Gemeinderatsbeschluss vom 16.12.1991, in der Fassung vom 15.7.2004)) aufgestellten Müllbehälter abgelagert, um sich dieses Abfalls zu entledigen, anstatt diese Verpackungsabfälle unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der §§ 14 und 23 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 und die darauf gegründeten Verordnungen in die im Rahmen für die Sammlung nicht gefährlicher Abfälle eingerichteten Sammelstellen öffentlich bereitgestellten, entsprechend gekennzeichneten, Sammelbehälter einzubringen.

 

Sie, Herr A. L., haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs 5a iV mit § 15 Abs 4 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 begangen.?

 

Aus diesem Grund wurden über den Berufungswerber auf Grundlage des § 79 Abs 5 AWG 2002 zu 1. eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 50,00, Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden, und zu 2. Euro 80,00, Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden, verhängt. Außerdem wurde er zur Bezahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

 

Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig mündlich bei der Erstbehörde ein Rechtsmittel eingebracht.

 

Unabhängig vom Vorbringen war der Berufung schon allein aus folgenden Gründen Folge zu geben:

 

Gemäß Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG ist ?Abfallwirtschaft hinsichtlich gefährlicher Abfälle, hinsichtlich anderer Abfälle nur soweit ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften vorhanden ist? Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung.

 

Dementsprechend bestehen grundsätzlich im Bereich der Abfallwirtschaft bundesrechtliche und landesrechtliche Vorschriften parallel zueinander. In der kompetenzrechtlichen Abgrenzung beider Normen gilt zunächst der Grundsatz, dass gefährliche Abfälle jedenfalls durch das Abfallwirtschaftsrecht des Bundes abschließend zu regeln sind; dies gilt allerdings nicht umfassend für nicht gefährliche Abfälle. Insbesondere wurde der Bereich der Abfuhr von Siedlungsabfällen aus privaten Haushalten nicht im AWG 2002 geregelt, sondern obliegt die Regelung dieser Angelegenheiten dem Landesgesetzgeber.

 

Festgehalten wird, dass sich die dem Berufungswerber zur Last gelegten Übertretungen auf den Jänner 2010 sowie den Juni 2010 beziehen. Nach dem zu diesem Zeitpunkt in der Stammfassung geltenden TAWG 2007 hatten die Abfallbesitzer dafür zu sorgen, dass getrennt zu sammelnde Siedlungsabfälle in die hierzu bestimmten Behältnisse eingebracht werden. Eine Übertretung dieser Verpflichtung war gemäß § 20 Abs 2 lit a TAWG strafbar.

Seit diesem Zeitpunkt ist zwar eine Novellierung sowohl des AWG 2002, als auch des TAWG als maßgeblicher landesrechtlicher Vorschrift erfolgt, kompetenzrechtliche Aspekte waren davon allerdings nicht umfasst. Auch hat sich an der diesbezüglichen Verpflichtung des Abfallbesitzers nichts geändert, die Verpflichtung wurde durch die Novelle LGBl Nr 28/2011 vielmehr klarer und verständlicher gefasst.

 

Aus dieser Bestimmung zeigt sich somit, dass die Frage der Abfuhr von Siedlungsabfällen im Rahmen der kommunalen Abfallentsorgung, soweit sie nicht Fragen der illegalen Entsorgung solcher Abfälle außerhalb geeigneter Orte im Sinne des § 15 Abs 3 Z 2 AWG 2002 betrifft, sowie die Frage der getrennten Sammlung von Siedlungsabfällen im Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz und nicht im Abfallwirtschaftsrecht des Bundes geregelt wird.

 

Vor diesem Hintergrund ist auch § 79 Abs 5a AWG 2002 zu verstehen, welche Bestimmung von der Erstbehörde zur Bestrafung des Berufungswerbers herangezogen wird. Demnach ist mit einer Geldstrafe bis zu 180 Euro zu bestrafen, wer nicht gefährliche Abfälle, die in privaten Haushalten angefallen sind, entgegen § 15 oder § 16 AWG 2002 bereithält oder übergibt. § 79 Abs 5a AWG 2002 ist vor dem geschilderten kompetenzrechtlichen Hintergrund im Wege einer verfassungskonformen Interpretation teleologisch insofern einschränkend zu interpretieren, als dass sich diese Bestimmung nicht auf Siedlungsabfälle privater Haushalte beziehen kann, sondern nur auf andere Abfälle privater Haushalte. Dementsprechend wird in den Erläuterungen zu dieser Bestimmung auch auf die Verpflichtung gemäß § 16 Abs 7 AWG 2002 betreffend die Abfuhr von Baurestmassen verwiesen, welche jedenfalls nicht zu den Siedlungsabfällen zählen.

 

Insofern konnten dem Berufungswerber die hier inkriminierten Handlungen schon aus kompetenzrechtlicher Sicht nicht als Übertretung des AWG 2002 zur Last gelegt werden. Vor diesem Hintergrund sei nur darauf hingewiesen, dass die Erstbehörde dem Berufungswerber die Einbringung von Abfällen entgegen den Bestimmungen des § 15 Abs 4 AWG 2002 zur Last legt. Gemäß § 15 Abs 4 AWG 2002 sind Abfälle gemäß § 16 oder nach Maßgabe einer Verordnung gemäß § 14 Abs 1 oder § 23 AWG 2002 zu verwerten. Inwiefern durch die Handlungen des Berufungswerbers gegen diese Bestimmung verstoßen worden sein soll, ist nicht erkennbar. So handelt es sich bei leeren Gebinden aus Glas und Aluminium nicht um Abfälle nach § 16 AWG 2002. Soweit die Erstbehörde im Strafvorwurf weiters die Müllabfuhrverordnung der Stadtgemeinde Innsbruck anführt so genügt ein Hinweis darauf, dass die in § 15 Abs 4 AWG 2002 zitierten Ermächtigungen lediglich den zuständigen Bundsminister zur Erlassung von Verordnungen aufrufen, nicht jedoch eine Gemeinde. Schließlich wird zur ebenfalls zitierten Verpackungsverordnung festgehalten, dass diese zwar sehr wohl bestimmte Verpflichtungen in Bezug auf Verpackungen beinhaltet, wie diese auch die hier gegenständlichen Leergebinde darstellen. Diese Verpflichtungen beziehen sich aber im Wesentlichen auf natürliche und juristische Personen, die Verpackungen in Österreich in den gewerblichen Verkehr bringen. Anhaltspunkte dafür, dass das auch beim Berufungswerber der Fall wäre, liegen nicht vor. In Summe kann dem Berufungswerber daher auch ein Vorwurf des Verstoßes gegen § 15 Abs 4 AWG 2002 nicht zur Last gelegt werden.

 

Insgesamt stellt die Handlung des Berufungswerbers daher kein nach dem AWG 2002 strafbares Verhalten dar. Eine allfällige Übertretung gegen die Innsbrucker Müllabfuhrordnung iVm dem Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz wäre zwischenzeitlich gemäß § 31 Abs 2 VStG verjährt.

 

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid zu beheben und das wider den Berufungswerber geführte Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen.

Schlagworte
Abgrenzung AWG 2002 zum Abfallrecht der Länder; Abfuhr von Siedlungsabfällen; Reichweite des §79 Abs5a AWG 2002.
Zuletzt aktualisiert am
03.10.2011
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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