Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch seine Mitglieder Mag. Schmied als Vorsitzenden, Dr. Wartecker als Berichter und Dr. Schweiger als Beisitzer über die Berufung 1.) der Frau Sonja S. sowie 2.) der E.-bank AG, beide vertreten durch Rechtsanwälte OG, gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsicht, Bereich Integrierte Aufsicht, Zl: FMA-KL23 5481.100/0001-LAW/2010, vom 24.11.2010, betreffend eine Übertretung des Zahlungsdienstgesetzes, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung durch Verkündung am 29.6.2011 entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, dass angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Das bekämpfte Straferkenntnis weist folgenden Spruch auf:
Sehr geehrte Frau S.!
Die FMA hat folgenden Sachverhalt festgestellt:
Sie sind seit 01.01.2001 Vorstand der E.-bank AG, eines konzessionierten Kreditinstitutes mit
der Geschäftsanschrift Q.-straße, Wien.
I. Sie haben in dieser Funktion gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) als nach außen vertretungsbefugtes Organ zu verantworten, dass die E.-bank AG als Zahlungsdienstleister gemäß § 1 Abs 3 Z 1 ZaDiG im folgenden Fall gegen die Regelungen des ZaDiG über die Ausführung von Zahlungsvorgängen verstoßen hat.
Laut Kontoauszügen, die als Beilage ./1 einen integrierten Bestandteil dieses Straferkenntnisses darstellen, besitzt Herr Heinrich B. bei der E.-bank AG das Zahlungskonto mit der Konto-Nr.
20010-... lautend auf seinen Namen.
Am 01.03.2010 wurde vom Zahlungskonto von Herrn Heinrich B. (Konto-Nr. 20010-...) ein Betrag in Höhe von EUR 150,89 an Wr. Wohnen überwiesen. Die Abbuchung sowie die Wertstellung erfolgten am 01.03.2010. Für die Ausführung des Zahlungsauftrages wurde zwischen Herrn Heinrich B. und der E.-bank AG der 01.03.2010 vereinbart.
Im Internetbanking wurde jedoch schon am 26.02.2010 um 23:33 Uhr der Betrag in Höhe von EUR 150,89 auf dem Zahlungskonto von Herrn Heinrich B. (Konto-Nr. 20010-...) gekennzeichnet und für die Disposition am 01.03.2010 gesperrt.
Somit hat die E.-bank AG im Internetbanking entgegen der Vorschrift des § 38 Abs 4 ZaDiG schon am letzten Bankarbeitstag vor der mit Herrn Heinrich B. vereinbarten Durchführung des zuvor genannten Zahlungsauftrages den abfließenden Geldbetrag auf dem Zahlungskonto von Herrn Heinrich B. gesperrt.
II. Die E.-bank AG haftet gemäß § 9 Abs 7 VStG für die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§§ 67 Abs 9 Z 2 iVm 38 Abs 4 ZaDiG, unter Heranziehung von § 9 Abs 1 VStG
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von 3.000 Euro
falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden Freiheitsstrafe von --
Gemäß §§ 16, 19 und 44a VStG iVm 67 Abs 9 Z 2 ZaDiG Dem von der FMA durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren liegt eine an diese gesandte Beschwerde-E-mail des Herrn Heinrich B. vom 02.06.2010 zugrunde. Demnach kündige die E.-bank AG die Daueraufträge und Belastungen am Tagesende des Vortages an und gehe dies möglicherweise auch bereits mit einer Abbuchung einher. Die Abbuchung und Valutierung sei laut der mit der Kundenbeschwerde konfrontierten E.-bank AG am 01.03.2010 termingerecht erfolgt, was durch den Kontoauszug belegt sei. Im Internetbanking werde schon am letzten Bankarbeitstag vor der Buchung der abfließende Betrag gekennzeichnet und für die Disposition am Transaktionstag gesperrt. Laut abschließender Bemerkung im Votum der FMA vom 4.8.2010 sei eine Verletzung gemäß §§ 38 Abs 4 iVm 43 Abs 2 ZaDiG nicht auszuschließen (vgl. insgesamt das Votum ON 1 des Aktes). In der im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens abgegebenen Rechtfertigung (vom 8.11.2010) wurde von Berufungswerberseite wie folgt ausgeführt:
?Der E.-bank AG (in der Folge E.-bank), deren Vorstände wir sind, wird vorgeworfen gegen § 43 Abs 2 ZaDiG verstoßen zu haben. Sie hätte abfließende Geldbeträge auf dem Zahlungskonto eines Kunden gesperrt, was einem tatsächlichen Mittelabfluss entspreche. Konkret sei vom Zahlungskonto des Kunden Heinrich B. (Konto-Nr. 20010-...) bereits am 26.2.2010 um 23:33 Uhr der Betrag der Betrag in Höhe von EUR 150,89 gekennzeichnet und für Dispositionen gesperrt gewesen, der dann vereinbarungsgemäß am 1.3.2010 abgebucht wurde. Ebenso sei bereits in der Nacht vom 9.4.2010 auf den 10.4.2010 der Betrag in Höhe von EUR 667,66 gekennzeichnet und für Dispositionen gesperrt gewesen, der dann vereinbarungsgemäß am 12.4.2010 abgebucht wurde. Auch die Wertstellung erfolgte jeweils an den vereinbarten Abbuchungstagen.
Die FMA ist der Ansicht, die genannten Vorgänge widersprechen § 43 Abs 2 ZaDiG, wonach das Wertstellungsdatum einer Belastung auf dem Zahlungskonto des Zahlers frühestens der Zeitpunkt sein darf, an dem dieses Zahlungskonto mit dem Betrag belastet wird, der Gegenstand des Zahlungsvorganges ist. Es komme dabei nicht auf den Zeitpunkt der Belastungsbuchung auf dem Konto an, sondern darauf, wann der tatsächliche Mittelabfluss stattfinde.
Diese Rechtsansicht ist aus folgenden Gründen nicht richtig:
2. § 43 Abs 2 ZaDiG Ist nicht anwendbar.
§ 43 Abs 2 ZaDiG regelt die Wertstellung, also jenen Zeitpunkt, den ein Zahlungsdienstleistern für die Berechnung der Zinsen bei Gutschrift oder Belastung eines Betrages auf einem Zahlungskonto zugrundelegt. Als Wertstellungsdatum einer Belastung auf dem Zahlungskonto des Zahlers darf frühestens der Zeitpunkt, an dem dieses mit dem Betrag belastet wird, herangezogen werden. Dieser Zeitpunkt ist für die Berechung der Zinsen am Zahlungskonto heranzuziehen. Genau dieser gesetzlichen Regelung entsprach die E.-bank bei den gegenständlichen Buchungsvorgängen:
Wie die FMA selbst richtig schreibt, sind die gegenständlichen Beträge vom Konto des Kunden B. jeweils vereinbarungsgemäß am 1.3.2010 und am 12.4.2010 abgebucht worden. Diese Abbuchungstage sind auch jeweils richtig für die Wertstellung herangezogen worden (siehe die Kontoauszüge). Da als Wertstellungsdatum - jeweils unstrittig - das vereinbarte Datum für die Abbuchungen gewählt wurde, dem Kunden also auch bis zu diesem Datum Zinsen berechnet wurden, kann schon aus diesem Grund nicht gegen § 43 Abs 2 ZaDiG - der eben die Wertstellung regelt verstoßen worden sein. Die zitierten Erläuternden Bemerkungen (ErläutRV 207 BlgNr 24, GP 46) ändern an dieser Ansicht nichts, sie betreffen nämlich einen anderen Sachverhalt. Sie regeln den Fall, dass der Mittelabfluss vom Konto vor der Belastungsbuchung erfolgt (wie zB bei Bankomatauszahlungen). Bei solchen Vorgängen kommt es für die Wertstellung auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung (also den tatsächlichen Mittelabfluss) und nicht auf die nachträgliche Buchung des Vorganges an, was zur Folge hat, dass die Zinsen nur bis zum Auszahlungszeitpunkt und gerade nicht bis zum nachträglichen Buchungszeitpunkt berechnet werden. Diese Erläuternden Bemerkungen sind auf den gegenständlichen Sachverhalt daher nicht anzuwenden.
3. Sperre entspricht zudem § 40 Abs 1 Z 2 ZaDiG
Die Sperre ist auch aus einem weiteren Grund jedenfalls gesetzeskonform; sie setzt nämlich die in 40 Abs 1 Z 2 ZaDiG geregelte Unwiderruflichkeit von Zahlungsaufträgen um. Demnach kann ein Zahlungsauftrag im Fall einer Vereinbarung eines Ausführungsdatums in der Zukunft (§ 38 Abs 4 ZaDiG) nach dem Ende des Geschäftstages vor dem vereinbarten Tag nicht mehr widerrufen werden. Für Zahlungsvorgänge, die vom oder Ober den Zahlungsempfänger ausgelöst wurden regelt § 40 Abs 2 ZaDiG Entsprechendes.
Die E.-bank hat gemäß § 28 Abs 2 ZaDiG in Punkt 6.2 der "Informationen gemäß ZahlungsDiensteGesetz (ZaDiG) der E.-bank" (ZaDiG-Information) die Geschäftszeit für Zahlungsaufträge definiert. Demnach können Inlandsüberweisungen jeweils bis 20 Uhr eines Geschäftstages noch taggleich behandelt werden. Diese Definition Ist auch für den Ablauf des Geschäftstages nach § 40 Abs 2 ZaDiG, also für die (letzte) Möglichkeit eines Widerrufs eines Zahlungsauftrages entsprechend heranzuziehen. Daraus ergibt sich, dass nach Ablauf von 20 Uhr des der Abbuchung vorangehenden Geschäftstages die abzubuchenden Beträge nicht mehr widerrufen werden konnten und die abzubuchenden Beträge daher für weitere Dispositionen des Kunden gesperrt wurden, um die tatsächliche Durchführung der Aufträge am 1.3.2010 und am 12.4.2010 gewährleisten zu können.
Hätte der Kunde gewünscht, dass die von ihm autorisierten Zahlungsaufträge zu den vereinbarten Terminen nicht abgebucht worden wären, so hätte er diese ohnedies bis zu den in § 40 ZaDiG genannten Zeitpunkten widerrufen können. Da er die Zahlungsaufträge jedoch nicht widerrief, stellte die E.-bank durch die Sperre deren spätere korrekte Durchführung sicher.
4. "Sperre" ist kein Mittelabfluss
Unabhängig davon, dass die gegenständliche Vorgangsweise der E.-bank schon aus den oben stehenden Gründen gesetzeskonform ist, ist die Sperre von abfließenden Geldbeträgen auf Zahlungskonten von Zahlern einem tatsächlichen Mittelabfluss gemäß § 43 Ahs 2 ZaDiG nicht gleichzuhalten.
Richtig ist vielmehr, dass die Beträge bis zu den vereinbarten Buchungstagen auf dem Konto des Herrn B. verblieben und gerade nicht vor den vereinbarten Terminen abflossen.
Die Auffassung der FMA, dass die Sperre einem Mittelabfluss gleichkommt, ist auch deshalb unrichtig, weil die E.-bank die Wertstellung unstrittig korrekt mit dem Tag der Abbuchung, also am 1.3.2010 und 12.4.2010 vorgenommen hat. Der Kunde B. hat daher weder einen Zinsnachteil, noch einen anderen Nachteil erlitten.
5. "Sperre" entspricht dem Willen des Kunden
Darüber hinaus fand durch die Sperre keine Schlechterstellung des Kunden statt. Zum einen wurde der Auftrag vereinbarungsgemäß und valutarichtig durchgeführt. Zum anderen wurde durch die Vorgangsweise gewährleistet, dass die vom Kunden gewünschten Buchungen an den vereinbarten Terminen tatsächlich korrekt durchgeführt werden konnten. Herr B. selbst führte auch nicht an, worin ein Nachteil für ihn gelegen sein soll. Ganz allgemein kann gesagt werden, dass in den Fällen, in denen auf Grund des Kontostandes des Kunden dessen Dispositionsmöglichkeiten durch eine allfällige Sperre gar nicht eingeschränkt sind, eine Sperre ohne Belang ist, weil sie sich gar nicht auswirkt. Selbst wenn sich eine solche Sperre auswirken könnte, dann jedenfalls nicht zum Nachteil des Kunden. Durch die Sperre des Betrages konnte sichergestellt werden, dass die vereinbarten Transaktionen zum vereinbarten Durchführungstermin durchgeführt werden konnten. Wäre das Konto am 1.3.2010 oder 12.4.2010 , nicht gedeckt gewesen, wäre der Kunde mit Überziehungszinsen in Höhe von 9 % p.a. vom aushaftenden Betrag belastet worden.
Zudem hätte Herr B., wenn er die Nichtdurchführung der Überweisungen gewünscht hätte, wie bereits erwähnt, die Zahlungsaufträge fristgerecht widerrufen können. Dann wären die Beträge weder gesperrt noch abgebucht worden.
Aus den genannten Granden hält die E.-bank ihre Vorgehensweise für gesetzeskonform. Sollte im Zuge des Verfahrens dennoch Gegenteiliges festgestellt werden, wird die E.-bank ehest möglich einen gesetzeskonformen Zustand herstellen.?
Aufgrund dieser Ausführungen ging nunmehr auch die FMA davon aus, dass keine vorzeitige Wertstellung und daher auch kein Verstoß gegen § 43 ZaDiG vorlag, konstatierte aber nach wie vor eine Verletzung des § 38 Abs 4 ZaDiG und erließ das gegenständliche Straferkenntnis.
In der dagegen form- und fristgerecht eingebrachten Berufung wurde wie folgt augeführt:
?Das Straferkenntnis wird zur Gänze angefochten. Der angefochtene Bescheid leidet an inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie an Rechtswidrigkeit bei der Ausmessung der Strafe.
1. Sachverhalt
Die E.-bank AG (E.-bank) ist ein konzessioniertes Kreditinstitut. Sonja S. ist seit 1.1.2001 Vorstand der E.-bank. Herr Heinrich B. hatte bei der E.-bank das
Zahlungskonto mit der Kontonummer 20010-... lautend auf seinen Namen.
Vereinbarungsgemäß buchte die E.-bank mit 1.3.2010 einen Betrag in Höhe von EUR 150,89 vom genannten Zahlungskonto ab und überwies ihn an Wiener Wohnen. Auch die Wertstellung des abgebuchten Betrages erfolgte mit 1.3.2010. Im angefochtenen Bescheid wird der Erstberufungswerberin von der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) vorgeworfen, der Betrag in Höhe von EUR 150,89 sei bereits am Freitag, 26.2.2010, um 23.33 Uhr auf dem Zahlungskonto des Kunden Heinrich B. gekennzeichnet und für die Disposition am Montag, 1.3.2010, gesperrt gewesen. Dass am letzten Bankarbeitstag vor dem mit dem Kunden Heinrich B. vereinbarten Durchführungsdatum der abfließende Geldbetrag auf seinem Zahlungskonto gesperrt gewesen sei, widerspreche § 38 Abs 4 ZaDiG.
Im angefochtenen Straferkenntnis wird Erstberufungswerberin daher zur Last gelegt, durch den oben genannten Sachverhalt gegen § 38 Abs 4 ZaDiG verstoßen zu haben, weshalb gemäß § 67 Abs 9 Z 2 ZaDiG eine Geldstrafe in Höhe von EUR 3.000,-- sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt wurden und sie weiters zum Ersatz der Kosten des Verfahrens in Höhe von EUR 300,-- verpflichtet wurde. Die Zweitberufungswerberin haftet gemäß § 9 Abs 7 VStG für die über die Erstberufungswerberin verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.
2. Berufungsgründe
2.1. Gegen die Fiktion des § 38 Abs 4 ZaDiG kein Verstoß möglich § 38 Abs 4 ZaDiG regelt, wie auch seine Überschrift deutlich macht, den Eingangszeitpunkt von Zahlungsaufträgen. Demnach gilt, sofern für die Ausführung eines Zahlungsauftrages zwischen Zahlungsdienstnutzer und Zahlungsdienstleister ein bestimmter Tag vereinbart wurde, dieser vereinbarte Termin für die Zwecke des § 42 ZaDiG als Eingangszeitpunkt. § 38 Abs 4 ZaDiG regelt daher fiktiv den Zeitpunktes des Eingangs eines Zahlungsauftrages. Es handelt sich daher auch nicht um eine Gebots- oder Verbotsnorm, die als solche verletzt werden könnte. Diese Fiktion greift vielmehr in jedem Fall automatisch, ohne dass dagegen verstoßen werden könnte. Schon aus' diesem Grund kann die Erstberufungswerberin nicht gegen § 38 Abs 4 ZaDiG verstoßen haben.
2.2. Fiktion des Eingangszeitpunktes nur für Zwecke des § 42 ZaDiG
Die in § 38 Abs 4 ZaDiG normierte Fiktion des Eingangszeitpunktes eines Zahlungsauftrages gilt nur für die Zwecke des § 42 ZaDiG. Das bedeutet, dass zur Beurteilung, ob ein Zahlungsauftrag vom Zahlungsdienstleister des Zahlers rechtzeitig durchgeführt wird, der der in § 38 Abs 4 ZaDiG genannte Zeitpunkt als Eingangszeitpunkt des Zahlungsauftrages betrachtet wird. Der Betrag muss dann dem Konto des Empfängers spätestens am Ende des dem Tag des Eingangszeitpunktes (§ 38 ZaDiG) folgenden Geschäftstages gutgeschrieben werden. Selbst wenn die Berufungsbehörde daher der Ansicht der FMA folgen sollte, dass mit der Ausführung des Zahlungsvorganges bereits vor dem 1.3.2010 begonnen worden sei, so verstößt dies nicht gegen § 38 Abs 4 ZaDiG; dieser regelt nämlich nur, wann ein Zahlungsauftrag für die Zwecke des § 42 ZaDiG, also die rechtzeitige Ausführung, als eingegangen gilt, um zu beurteilen, ob der Zahlungsdienstleister diesen rechtzeitig ausführt. Dass der Betrag rechtzeitig an Wiener Wohnen überwiesen wurde, wird von der FMA nicht einmal behauptet.
Sogar der Gesetzgeber sieht die Möglichkeit vor, dass ein Zahlungsauftrag im Fall der Vereinbarung eines Ausführungsdatums in der Zukunft bis zum Ende des Geschäftstages vor dem vereinbarten Tages widerrufen werden kann (§ 40 Abs 1 Z 2 ZaDiG). Wenn ein Zahlungsauftrag bis einen Geschäftstag vor dem vereinbarten Durchführungsdatum widerrufen werden kann, kann dieser Zahlungsauftrag nicht erst am Tag der vereinbarten Abbuchung eingegangen sein. Das ist rein praktisch unmöglich. Auch aus der Systematik und Logik des Gesetzes kann § 38 Abs 4 ZaDiG daher nur so verstanden werden, dass sich der dort fingierte Eingangszeitpunkt nur auf die rechtzeitige Ausführung nach § 42 ZaDiG bezieht. § 38 Abs 4 ZaDiG stellt daher bloß eine Fiktion auf, die für das Handeln des Zahlungsienstleisters nach dem fiktiven Eingangszeitpunkt bedeutsam ist und nicht für das Handeln des Zahlungsdienstleisters vor dem fiktiven Eingangszeitpunkt. Da der Erstberufungswerberin gerade nicht vorgeworfen wird, dass der gegenständliche Betrag dem Konto des Empfängers der Zahlung (Wiener Wohnen) verspätet gutgeschrieben worden wäre, sondern, dass er verfrüht "gesperrt" wurde, handelt es sich um eine gänzlich andere Konstellation. Auch aus diesem Grund hat die Erstberufungswerberin nicht gegen § 38 Abs 4 ZaDiG verstoßen.
3. "Sperre" entspricht § 40 Abs 1 Z 2 ZaDiG
Die "Sperre" war auch aus einem weiteren Grund jedenfalls gesetzeskonform; sie setzte nämlich die in § 40 Abs 1 Z 2 ZaDiG geregelte Unwiderruflichkeit von Zahlungsaufträgen um. Demnach kann ein Zahlungsauftrag im Fall einer Vereinbarung eines Ausführungsdatums in der Zukunft (§ 38 Abs 4 ZaDiG) nach dem Ende des Geschäftstages vor dem vereinbarten Tag nicht mehr widerrufen werden. Für Zahlungsvorgänge, die vom oder über den Zahlungsempfänger ausgelöst wurden regelt § 40 Abs 2 ZaDiG Entsprechendes. Die Ansicht der FMA, dass selbst unter der Annahme, dass die "Sperre" aufgrund § 40 Abs 1 Z 2 ZaDiG zulässig wäre, diese verfrüht erfolgt wäre (Bescheid S 7), ist unrichtig. Die E.-bank hat gemäß § 28 Abs 2 ZaDiG in Punkt 6.2 der "Informationen gemäß ZahlungsDiensteGesetz (ZaDiG) der E.-bank" (ZaDiG-Information) die Geschäftszeit für Zahlungsaufträge (Cut-off Zeiten) definiert. Demnach können Inlandsüberweisungen jeweils bis 20 Uhr eines Geschäftstages noch taggleich behandelt werden. Die definierten Cut-off Zeiten sind auch für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit eines Widerrufes eines Zahlungsauftrages als Gegenstück zur Auftragserteilung heranzuziehen. Daraus ergibt sich, dass nach Ablauf von 20 Uhr des der Abbuchung vorangehenden Geschäftstages der abzubuchende Betrag nicht mehr widerrufen werden konnte. Hätte der Kunde gewünscht, dass der von ihm autorisierte Zahlungsauftrag zum vereinbarten Termin nicht abgebucht werde, so hätte er diesen ohnedies bis zu dem in § 40 ZaDiG genannten Zeitpunkt, also bis zum 26.2.2010 20 Uhr, widerrufen können. Da er seinen Zahlungsauftrag jedoch gerade nicht widerrief, stellte die E.-bank durch die Sperre dessen spätere korrekte Durchführung sicher. Wie sich aus dem vorstehenden Punkten zweifelsfrei ergibt, ist. §. 38 Abs 4 ZaDiG auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anzuwenden und kann daher von der Erstberufungswerberin nicht verletzt worden sein.
3.1. Sperre ist kein "Mittelabfluss"
Die "Sperre" des Betrages von EUR 150,89 ist jedenfalls kein Mittelabfluss. Richtig ist vielmehr, dass der Betrag bis zum vereinbarten Buchungstag am 1.3.2010 auf dem Konto des Kunden Heinrich B. verblieben ist und auch die Wertstellung korrekt mit 1.3.2010 erfolgte. Dies hat selbst die FMA mittlerweile eingesehen, weshalb sie das vorliegende Straferkenntnis, anders als noch die Aufforderung zur Rechtfertigung, nicht mehr auf eine Verletzung des § 43 ZaDiG stützt.
Beweis: Kontoauszug Konto Nr. 20010-....
3.2. Kein Unrechtsbewusstsein der Erstberufungswerberin Unabhängig davon, dass der in Punkt 1 beschriebene Sachverhalt nicht gegen § 38 Abs 4 ZaDiG verstößt, ist die Erstberufungswerberin auch aus einem anderen Grund nicht zu bestrafen: Sie hatte nämlich keine Kenntnis davon, dass der in Punkt 1 beschriebene Sachverhalt gegen die Rechtsordnung verstieß. Selbst einem erfahrenen Juristen wäre es - trotz eingehender Auseinandersetzung mit der einschlägigen Vorschrift - gar nicht möglich gewesen, zu erkennen, dass er gegen eine Verwaltungsvorschrift verstößt. Noch weniger kann dies der Erstberufungswerberin vorgeworfen werden.
Das ZaDiG ist erst seit 1.11.2009 in Kraft: es gibt bisher kaum Literatur und keine höchstgerichtliche Rechtsprechung. Gerade in einem solchen Fall kann Frau S. nicht der Vorwurf gemacht werden, sich nicht hinreichend mit den Vorschriften auseinandergesetzt zu haben. Selbst wenn sie nämlich genau zu diesem Sachverhalt eine juristische Expertise eingeholt hätte, hätte sie - jedenfalls von der Vertreterin der Berufungswerber - die Antwort erhalten, dass dieser Sachverhalt mangels Subsumierbarkeit unter § 38 Abs 4 ZaDiG nicht gegen diesen verstößt. Auch die Juristen der FMA waren sich offensichtlich nicht sicher ob und gegen welche Verwaltungsvorschrift die Erstberufungswerberin verstoßen haben könnte. Noch in der Aufforderung zur Rechtfertigung gingen sie davon aus, dass die "Sperre" gegen § 43 ZaDiG verstoßen würde. Von dieser unrichtigen Rechtsansicht gingen sie offensichtlich aufgrund der Argumentation in der Rechtfertigung der Erstberufungswerberin - zu Recht wieder ab und stützten sich letztlich nur noch auf § 38 Abs 4 ZaDiG. Wenn aber sogar Juristen, die sich täglich mit derartigen Rechtsproblemen befassen, die "Sperre" nicht als Verstoß gegen § 38 Abs 4 ZaDiG werten, kann es der Erstberufungswerberin nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie die "Sperre" für erlaubt erachtete. Ihr Verbotsirrtum kann ihr daher jedenfalls nicht vorgeworfen werden.
3.3. Zur Strafhöhe
Selbst ausgehend davon, dass eine vorwerfbare Verwaltungsübertretung vorliegt, erweist sich die verhängte Strafe, gemessen am Handlungs- und Erfolgsunwert, als zu hoch. Die "Sperre" des Betrages hatte keinerlei Auswirkungen. Weder der Kunde B. noch die FMA erwähnte auch nur ein einziges Mal, dass die "Sperre" sich irgendwie, schon gar nicht nachteilig, ausgewirkt hat. Die Tatsache hätte daher als mildernd im Sinn des § 34 Abs 1 Z 13 StGB iVm § 19 Abs 2 VStG, dass trotz Vollendung kein Schaden herbeigeführt wurde, gewertet werden müssen.
Sollte die Berufungsbehörde davon ausgehen, dass der in Punkt 3.2 thematisierte Rechtsirrtum der Erstberufungswerberin vorwerfbar ist, ist die Tatsache, dass sie in einem die Schuld nicht ausschließbaren Rechtsirrtum handelte, jedenfalls mildernd zu werten (§ 34 Abs 1 Z 12 StGB iVm § 19 Abs 2 VStG).
Die Strafe hätte daher selbst unter der Annahme des Vorliegens einer Verwaltungsübertretung milder ausfallen müssen.
4. Berufungsantrag
Die Berufungswerber stellen den ANTRAG,
der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Wien möge * das angefochtene Straferkenntnis zur Gänze aufheben; in eventu * die Sache zu neuerlichen Verhandlungen die Behörde erster Instanz zurückverweisen; in eventu
* die Strafhöhe herabsetzen.?
Anlässlich der Berufungsverhandlung wurde am 29.6.2011 vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien wie folgt zu Protokoll genommen:
?Befragt, aus welchen Gründen die E.-bank gegenständlich den am 1.3.2010 zu überweisenden Geldbetrag schon am vorangegangenen Geschäftstag dem 26.2. 2010, gesperrt hat, antwortet der BwV:
Das war als Dienst am Kunden gedacht und sollte sicher stellen, dass der am 1.3.2010 durchzuführende Zahlungsauftrag gedeckt ist. Hätte der Kunde am dazwischen liegenden Wochenende zu viel Geld behoben, hätte es zu einer Unterdeckung und damit verbunden zu Gebührennachteilen für den Kunden geführt.
Die FMA kritisiert an dieser Vorgangsweise, dass der Kunde hier vereinbarungswidrig bevormundet wird. Vor allem bei Konten mit geringem oder keinem Überziehungsrahmen, etwa bei Mindestrentnern oder Studenten, könnten dadurch unzumutbare Einschränkungen der Dispositionsmöglichkeiten am Wochenende die Folgen sein. Die FMA sieht in der sperre des Geldbetrages am 26.2.2010 den vorzeitigen Beginn der Ausführung des Zahlungsauftrages und damit einen Verstoß gegen den § 38 Abs 4 ZaDiG. Ein Verstoß gegen § 42 oder gegen § 43 ZaDiG wie dies noch in der AZR angenommen wurde, liegt aus der Sicht der FMA gegenständlich nicht vor.
Der BWV betont noch, dass die E.-bank die Kritik der FMA aufgenommen hat und nunmehr keine Sperren der auszuzahlenden Beträge am Konto des Auftraggebers vor dem Eingangszeitpunkt im Sinne des § 38 ZaDiG vorgenommen werden.?
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:
In Ansehung des als erwiesen festzustellenden Sachverhaltes ist zunächst auf die in weiten Bereichen zutreffenden Ausführungen der Erstbehörde auf Seite 3 des Straferkenntnisses zu verweisen. Vor diesem Hintergrund wird der Berufungsentscheidung der folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:
Die Berufungswerberin ist seit 01.01.2001 (und war es auch zur verfahrensrelevanten Zeit, am 01.03.2010) ein gemäß § 9 Abs 1 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ, nämlich Vorstandsmitglied, der E.-bank AG, eines konzessionierten Kreditinstitutes mit der Geschäftsanschrift Q.-straße, Wien.
Laut aktenkundigem Kontoauszug besaß Herr Heinrich B. zur fraglichen Zeit bei der
E.-bank AG das Zahlungskonto mit der Konto-Nr. 20010-... lautend auf seinen Namen.
Am 01.03.2010 wurde von diesem Zahlungskonto des Herrn B. ein Betrag in Höhe von EUR 150,89 an Wr. Wohnen überwiesen. Die Abbuchung sowie die Wertstellung erfolgten am 01.03.2010. Für die Ausführung des Zahlungsauftrages war zwischen Herrn B. und der E.-bank AG der 01.03.2010 vereinbart.
Im Internetbanking wurde bereits am 26.02.2010 um 23:33 Uhr der Betrag in Höhe von EUR 150,89 auf dem Zahlungskonto von Herrn B. gekennzeichnet und für die Disposition am 01.03.2010 gesperrt.
Somit hatte die E.-bank AG im Internetbanking schon am letzten Bankarbeitstag vor der mit dem Kunden B. vereinbarten Durchführung des zuvor genannten Zahlungsauftrages den abfließenden Geldbetrag auf dem Zahlungskonto des Herrn B. gesperrt. An den Zahlungsempfänger (Wr. Wohnen) wurde der Betrag allerdings vereinbarungsgemäß erst am 1.3.2010 überwiesen. Die Verzinsung des gesperrten Betrages erfolgte bis zu diesem Datum, sodass dem Inhaber des Zahlungskontos, Herrn B. diesbezüglich kein Schaden erwachsen ist.
Dieser sich aus der erstinstanzlichen Aktenlage ergebende Sachverhalt steht im Einklang mit den Feststellungen der Erstbehörde aber auch mit der Verantwortung der Berufungswerber.
Im Hinblick auf die rechtliche Würdigung dieses Sachverhaltes kann der Erstbehörde nicht gefolgt werden und ist aus nachstehenden Erwägungen vielmehr den Ausführungen der Berufungswerber beizupflichten.
Die von der Erstbehörde angezogene, gemäß dem Tatvorwurf vermeintlich verletzte Gesetzesstelle (§ 38 Abs 4 ZaDiG) lautet:
?Sofern der Zahlungsdienstnutzer, der den Zahlungsauftrag auslöst, und sein Zahlungsdienstleister gemäß § 28 vereinbart haben, dass die Ausführung des Zahlungsauftrages an einem bestimmten Tag oder am Ende eines bestimmten Zeitraums oder an dem Tag, an dem der Zahler dem Zahlungsdienstleister den Geldbetrag zur Verfügung gestellt hat, beginnen soll, so gilt der vereinbarte Termin für die Zwecke des § 42 als Eingangszeitpunkt. Fällt der vereinbarte Termin nicht auf einen Geschäftstag des Zahlungsdienstleisters, so ist Abs 2 anzuwenden.?
§ 67 Abs 9 Z 2 leg. cit. stellt unter anderem die Person unter Strafsanktion, welche als Verantwortliche (§ 9 VStG) eines Zahlungsdienstleisters gemäß § 1 Abs 3 Z 1 und 3 bis 5 die Pflichten (u.a.) des § 38 dieses Bundesgesetzes verletzt. Auch wenn die zuletzt auszugsweise wiedergegebene Bestimmung des ZaDiG die ?Pflichtenverletzung? des § 38 leg. cit. pönalisiert, kann nicht darüber hinweggesehen werden und verdient festgehalten zu werden, dass § 38 ZaDiG lediglich den Eingangszeitpunkt von Zahlungsaufträgen regelt und dazu die Fiktion aufstellt, dass ? sofern für die Ausführung eines Zahlungsauftrages zwischen Zahlungsdienstnutzer und Zahlungsdienstleister ein bestimmter Tag vereinbart wurde, dieser vereinbarte Termin für die Zwecke des § 42 ZaDiG als Eingangszeitpunkt gilt. Es handelt sich bei dieser Regelung weder um eine Gebots- noch um eine Verbotsnorm, die verletzt werden kann. Vielmehr ergibt sich aus der Bestimmung des § 38 leg. cit. und dem dortigen Verweis (siehe § 38 Abs 4) auf § 42 leg. cit., dass sich der in ersterer Bestimmung fingierte Eingangszeitpunkt nur auf die rechtzeitige Ausführung nach § 42 Abs 1 ZaDiG bezieht. Diese Rechtsvorschrift, wonach der Zahlungsdienstleister sicherzustellen hat, dass der zu zahlende Betrag spätestens am Ende des dem Eingangszeitpunkt folgenden Tages dem Empfängerkonto gutgeschrieben wird, enthält im Gegensatz zu § 38 leg. cit. sehr wohl Gebote an den Zahlungsdienstleister des Zahlers, deren Missachtung einer (verwaltungs)strafrechtlichen Sanktion zugänglich ist. Einer Ausdehnung dieser Strafdrohung auf den Fall, dass - wie dies gegenständlich als erwiesen festgestellt werden konnte ? der zu überweisende Geldbetrag vom Zahlungsdienstleister schon vor dem Eingangszeitpunkt gesperrt wird, stehen das Analogieverbot im Strafrecht sowie der Rechtsgrundsatz ?nulla poena sine lege? entgegen.
Dass von Seiten der E.-bank AG mit der Durchführung des Zahlungsauftrages vor dem vereinbarten Zeitpunkt begonnen wurde, ist somit nach dem ZaDiG und insbesondere nach der Bestimmung des § 38 Abs 4 leg. cit. nicht strafbar. Inwieweit durch die vorzeitige Sperre des zu überweisenden Geldbetrages seitens der E.-bank AG eine zivilrechtliche (vertragliche) Vereinbarungen verletzt wurden, ist nicht Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens und kann daher dahingestellt bleiben. Im Ergebnis war der Berufung somit im Lichte der obigen Überlegungen Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.